Gewerkschaft will Leiharbeiter rekrutieren

Begonnen von Kuddel, 16:27:02 Mi. 12.Oktober 2016

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Kuddel

ZitatBMW-Leiharbeiter berichten über aggressiven Druck von IG Metall und Betriebsrat auf Nichtmitglieder der Gewerkschaft

Die IG Metall und der Betriebsrat von BMW drängen Leiharbeiter systematisch in die Gewerkschaft. Das berichtet die Wochenzeitung DIE ZEIT unter Berufung auf Leiharbeiter in der Belegschaft des Autoherstellers. "Leiharbeiter ohne IG Metall-Mitgliedschaft haben in vielen Bereichen des Unternehmens keine Chance auf eine Festanstellung", bestätigt ein früherer IG-Metall-Vertrauensmann. Andere Mitarbeiter berichten davon, dass Kündigungen manchmal zurückgenommen würden, weil die Mitarbeiter in der IG Metall seien. Stattdessen würden dann Mitarbeiter gekündigt, die nicht in der Gewerkschaft seien. Auch nach Austritten aus der Gewerkschaft werde auf Beschäftigte großer Druck ausgeübt.

Der Betriebsratsvorsitzende Manfred Schoch und BMW bestreiten die Vorwürfe. Schoch lässt mitteilen: "Weder bei der Auswahl, noch bei der Bewertung der Bewerber ist der Betriebsrat involviert. Der demokratisch legitimierte Personalausschuss des Betriebsrats wird nur nach Abschluss des Bewerbungsverfahrens angehört." Das Unternehmen äußert sich entsprechend.

Die ZEIT konnte zudem Unterlagen einsehen, die belegen, dass in diesem Herbst in großen Teilabschnitten des Werks in München fast jeder fünfte Beschäftigte Leiharbeitnehmer ist, in manchen Bereichen sogar jeder Dritte. Das Unternehmen hat sich verpflichtet, im gesamten Unternehmen höchstens zwölf Prozent der Mitarbeiter als Leiharbeitnehmer zu beschäftigen.
http://www.zeit.de/vorabmeldungen/neu-in-der-aktuellen-zeit/seite-2

Kuddel

Ekelig, einfach nur ekelig.

ZitatDie Recherchen zeigen, wie systematisch Leiharbeiter, die Schwächsten in der Arbeiterhierarchie, in die IG Metall gedrängt werden. Sie belegen, wie Betriebsräte in einem Geflecht von Finanzen und Abhängigkeiten das System stützen und das Unternehmen sich wohlwollend zurückhält. Was aus dieser Melange entsteht, ist nicht Freiheit, sondern Zwang.

Den erlebte vor Kurzem ein Lackierer, der seit 25 Jahren bei BMW schafft und ebenso lange in der IG Metall gewesen ist. Doch dann ärgerte er sich über den Betriebsratsvorsitzenden und überzeugten IG Metaller Manfred Schoch. Der Lackierer hatte genug von der Gewerkschaft, trat aus – und wurde sofort unter Druck gesetzt. Ein Belegschaftsvertreter habe ihn in die Mangel genommen, sagt er: "Wenn du deine Kündigung nicht zurücknimmst, dann wird es keine Festanstellung für deinen Schwiegersohn geben." In der Hand hielt das Betriebsratsmitglied "den Arbeitsvertrag meines Schwiegersohns, der ist Leiharbeiter", sagt der Lackierer. Er trat wieder ein. Sein Schwiegersohn sei kurz darauf fest angestellt worden.
ZitatEin früherer Vertrauensmann der Gewerkschaft erzählt, wie das funktioniert: "Leiharbeiter ohne IG-Metall-Mitgliedschaft haben in vielen Bereichen des Unternehmens keine Chance auf eine Festanstellung. Man wird zwei-, dreimal angesprochen, und wer dann nicht eintritt, dessen Name wird aussortiert, wenn er sich online auf eine Stelle bewirbt. Der wird richtiggehend aus der Liste gelöscht. Denn in jedem Bewerbungsverfahren muss der Betriebsrat angehört werden, und sagen wir es mal so: Die Beziehungen zwischen Personalrat und Betriebsrat sind sehr gut."
ZitatNach dem, was die Mitarbeiter berichten, kann eine fehlende Mitgliedschaft jedoch sogar zum Rausschmiss führen. Ein Arbeiter, der erlebt hat, wie im Unternehmen Stellen abgebaut werden, sagt: "Unser Meister musste sich von zwei Leuten trennen, und alle waren sich einig, wer gehen sollte. Die, die zuletzt ins Unternehmen kamen. Dann traten die zwei zuständigen Betriebsratsmitglieder auf und sorgten dafür, dass genau die zwei Kollegen nach Hause geschickt wurden, die nicht in der IG Metall waren."
http://www.zeit.de/2016/43/ig-metall-bmw-mitarbeiter-mitgliedschaft-drohungen/komplettansicht

Der lange Artikel ist lesenswert. Es gibt dort mehr Infos über den korrupten Haufen.

dagobert

Zitat"Wenn du deine Kündigung nicht zurücknimmst, dann wird es keine Festanstellung für deinen Schwiegersohn geben." In der Hand hielt das Betriebsratsmitglied "den Arbeitsvertrag meines Schwiegersohns, der ist Leiharbeiter", sagt der Lackierer. Er trat wieder ein. Sein Schwiegersohn sei kurz darauf fest angestellt worden.
ZitatNach dem, was die Mitarbeiter berichten, kann eine fehlende Mitgliedschaft jedoch sogar zum Rausschmiss führen. Ein Arbeiter, der erlebt hat, wie im Unternehmen Stellen abgebaut werden, sagt: "Unser Meister musste sich von zwei Leuten trennen, und alle waren sich einig, wer gehen sollte. Die, die zuletzt ins Unternehmen kamen. Dann traten die zwei zuständigen Betriebsratsmitglieder auf und sorgten dafür, dass genau die zwei Kollegen nach Hause geschickt wurden, die nicht in der IG Metall waren."
Das erinnert sehr stark an die Schutzgelderpressung bei der Mafia.
Mafia: "Zahl Schutzgeld, und dein Laden bleibt heile."
IGM: "Zahl Gewerkschaftsbeiträge, und du behälst deinen Job.".

Zitat von: Kuddel am 15:03:22 So. 30.Oktober 2016Ekelig, einfach nur ekelig.
Yep.
"Sie haben die unglaubwürdige Kühnheit, sich mit Deutschland zu verwechseln! Wo doch vielleicht der Augenblick nicht fern ist, da dem deutschen Volke das Letzte daran gelegen sein wird, nicht mit ihnen verwechselt zu werden."
Thomas Mann, 1936

Fritz Linow

Der Autor des Artikels Claas Tatje arbeitet sich halt gerade an der IGM ab. Das ist nichts neues und hat jede löbliche K-Gruppe in den 70ern gemacht. Aus einem anderen Artikel:

ZitatWie kann sich ein Unternehmen zum Besseren wandeln, wenn Mitarbeiter nicht einfach die betriebswirtschaftlich beste Lösung suchen, sondern immer mitdenken müssen, was wohl Betriebsrat und IG Metall dazu sagen werden?
http://www.zeit.de/2016/16/volkswagen-ig-metall-betriebsrat-unternehmenskultur/komplettansicht

Die IG Metall ist in den Vorzeigeunternehmen seit jeher korrupt. Die mafiösen Methoden würden in einem ganz anderen Licht erscheinen, wenn es halt nicht die IG Metall wäre.

Kuddel

Ich verstehe nicht recht, worauf du hinaus möchtest.

Die IGM in der Autoindustrie oder auch der Stahlindustrie spielt eine finstere Rolle. Co-Manager, die sich selbst als Teil des Managements sehen und nicht einmal ein schlechtes Gewissen dabei haben. Sie denken, es soll so sein. Soll es vielleicht auch.

Nur die Beschäftigten gucken dabei in die Röhre, wenn es einen mafiös mit den Konzernen verschmolzenen Gewerkschaftsapparat gibt.
Dein Beitrag klang so achselzuckend, als wüßten wir das eh alle. Ich befürchte, es ist nicht so.
Auch viele Arbeiter glauben daran, daß eine Kritik an den bestehenden Gewerkschaften ein neoliberaler Angriff auf das Prinzip einer Arbeitervertretung ist.

Ich glaube auch nicht, daß es genügt, es nur publik zu machen, in welchem Zustand die Gewerkschaften sich befinden und wo sie sich positionieren. Die Leute sind eh frustriert und verunsichert. Sie fragen sich dann -zurecht- was denn die Konsequenz daraus wäre.

Um diese Frage kommen wir wohl nicht umhin, denn eine Kritik an den Gewerkschaften hinterläßt erst einmal ein Vakuum.

Fritz Linow

Ich wäre jetzt tatsächlich davon ausgegangen, dass es allgemein bekannt ist, dass die Führungsebene der IGM hochgradig korrupt ist, insbesondere in der Autoindustrie. Wenn die ZEIT bei ihrem Publikum da weitere Aufklärung verschafft, ist es gut. Andererseits frage ich mich, warum ausgerechnet die ZEIT  nun diese Schiene fährt. In den letzten Jahren wurden immer wieder Artikel pro Leiharbeit plaziert, und nun wird davon berichtet, wie die Leiharbeiter sogar gezwungen werden, in die IGM einzutreten. Ich suche noch nach dem tieferen Sinn...

ZitatNur die Beschäftigten gucken dabei in die Röhre, wenn es einen mafiös mit den Konzernen verschmolzenen Gewerkschaftsapparat gibt.

Die Leiharbeiter auf jeden Fall zuerst, die Stammbeschäftigten später, bis dahin nehmen sie aber auch jede Prämie und Vergünstigung mit, die die IGM als Zuckerbrot so verteilt. Die meisten werden halt mit Geld ruhiggehalten.

Ein Gewerkschaftsmitglied bei einer Einstellung oder Nichtentlassung zu bevorzugen, wenn die Macht dazu besteht, halte ich eigentlich für konsequent. Dafür sind Gewerkschaften u.a. da. Es wäre natürlich glaubwürdiger den Leiharbeitern gegenüber, hätte die IGM nicht entscheidend mitgewirkt bei der Ausbreitung der Leiharbeitspest und würde sie nun dafür kämpfen, Leiharbeit wieder abzuschaffen.

Ich denke, dass -wenn überhaupt- eine Veränderung der IGM-Strukturen und Denkweisen im Automobil- und Stahlbereich nicht direkt in diesen Megabetrieben geschehen kann, sondern nur von außen bei all den kleinen Zulieferern und anderen Dienstleistern.


Anm.: Da es in dem besagten ZEIT-Artikel auch darum geht, wie bei BMW ganze Produktionsbereiche fremdvergeben werden, nochmal ein Hinweis darauf, wie u.a. VW indirekt damit zusammenhängt:
ZitatEin besonders dreistes Beispiel für einen Werkvertrag kennt er von BMW am Standort Dingolfing. ,,BMW hat dort eine Werkshalle leergeräumt und per Werkvertrag den Kontraktlogistiker Schnellecke ins Haus geholt", sagt er. Der erledige mit 400 Leuten dort, was vorher BMW-Stammpersonal getan habe.
http://www.fr-online.de/wirtschaft/werkvertraege-protesttag-gegen-werkvertraege,1472780,31889392.html
Zu Schnellecke:
http://www.chefduzen.de/index.php?topic=28990.msg310203#msg310203
http://www.chefduzen.de/index.php?topic=28990.msg313248#msg313248

Fritz Linow

Wobei, die Geschäftstüchtigkeit des Betriebsrats von BMW ist schon erstaunlich:

https://bmw.mitarbeiterangebote.de/login
Da ist der Betriebsrat direkt im Header angegeben.

Derselbe Anbieter arbeitet auch für VW:
https://volkswagen.mitarbeiterangebote.de/login
Der Betriebsrat kommt nicht vor.

Ebenso für Opel:
https://opel.mitarbeiterangebote.de/login
Der Betriebsrat kommt nicht vor.

Daimler auch:
https://daimler.mitarbeiterangebote.de/login
Betriebsrat wird nicht erwähnt.

Und das ist der Koordinator:
https://www.corporate-benefits.de/

Das es bei den Autokonzernen nicht mal so ordentlich rummst, liegt wohl auch an diesen Angeboten.

Fritz Linow

Das neue AÜG "zwingt" den Betriebsrat von BMW und IGM darüber nachzudenken, ob man die Leiharbeiter nicht bis zu vier Jahren per Tarifvertrag beschäftigen kann. Die Formulierung  "Mindestüberlassungsdauer von 18 Monaten" scheint ein Freudscher Versprecher zu sein.

Zitat03.11.2016
(...)
Verlängerung gegen mehr Geld

Am 1. April 2017 soll zudem das neue Gesetz zur Leiharbeit in Kraft treten. Darin soll eine Mindestüberlassungsdauer von 18 Monaten festgeschrieben werden. Fakt sei aber, dass danach nicht plötzlich alle Leiharbeiter fest übernommen werden. Viele Zeitarbeitnehmer würden dann wahrscheinlich abgemeldet und durch andere ersetzt. Mit der Gewerkschaft IG Metall spreche man vor diesem Hintergrund über Öffnungsklauseln. In einem Tarifvertrag werde wohl voraussichtlich die Möglichkeit einer Verlängerung auf bis zu 48 Monate – unter der Voraussetzung weiterer Einkommensverbesserungen in der Zeitarbeit – festgeschrieben, so Zierer.
(...)
http://www.mittelbayerische.de/wirtschaft-nachrichten/zuendstoff-rund-um-leiharbeit-bei-bmw-21840-art1448035.html

dagobert

Zitat von: Fritz Linow am 10:20:51 Fr. 04.November 2016Die Formulierung  "Mindestüberlassungsdauer von 18 Monaten" scheint ein Freudscher Versprecher zu sein.
Oder ein Journalist, der nicht richtig recherchiert hat.
"Sie haben die unglaubwürdige Kühnheit, sich mit Deutschland zu verwechseln! Wo doch vielleicht der Augenblick nicht fern ist, da dem deutschen Volke das Letzte daran gelegen sein wird, nicht mit ihnen verwechselt zu werden."
Thomas Mann, 1936

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