Finanzkrise auch hier

Begonnen von Natascha29, 19:15:06 So. 05.Oktober 2008

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tleary

Zitat
Italiens Bankenkrise: Lunte am Pulverfass EU
05.07.2016  –  Ernst Wolff
Während die internationale Öffentlichkeit wie gebannt auf den Brexit und seine Folgen starrte, haben sich in der vergangenen Woche anlässlich der italienischen Bankenkrise hinter den Kulissen der EU dramatische Vorgänge abgespielt. Sie zeigen, dass nationale Regierungen und EU-Bürokratie aus Angst vor der Reaktion der Bevölkerung davor zurückschrecken, die von ihnen selbst zur Aufrechterhaltung des Bankensystems eingeführten rechtlichen Regelungen des Bail-in durchzusetzen.

Diese Kapitulation bedeutet im Grunde nichts anderes, als dass die Endphase der EU eingeläutet ist. Um die Hintergründe und die Tragweite der Geschehnisse zu verstehen, hier zunächst ein Blick auf die Situation der italienischen Banken.

Italienische Banken in tiefer Krise

Die italienischen Banken befinden sich seit Längerem in einer tiefen Krise. Sie führen nach offiziellen Angaben faule Kredite in Höhe von 360 Mrd. Euro in ihren Bilanzen. Erst im Dezember griff die Regierung in Rom ein und rettete vier regionale Banken vor der Insolvenz. Sie griff dazu auf das in der EU eingeführte Bail-in zurück und erleichterte ca. 150.000 Aktionäre und Anleihegläubiger um die runde Summe von 750 Mio. Euro.

Die italienische Bevölkerung quittierte die Enteignungs-Maßnahme mit so heftigen Protesten, dass sich die Regierung in Rom gezwungen sah, nach anderen Wegen zu suchen, um weitere Bankenpleiten abzuwenden. Im April dieses Jahres drängte sie mit Unterstützung der Zentralbank mehrere Finanzinstitute, einen Rettungsfonds mit dem Namen "Atlante" aufzulegen. Trotz des von staatlicher Seite ausgeübten Drucks kamen statt der geforderten 5 bis 6 Mrd. Euro nur 4,8 Mrd. zusammen. Wegen der Skepsis der Investoren scheiterte der Fonds bereits an seiner ersten Aufgabe, einer Kapitalerhöhung der Banca Popolare di Vicenza.

Da die italienischen Banken seit Jahresbeginn im Schnitt bereits 40 % ihres Aktienkurses verloren hatten und diese Verluste im Zuge des Brexit-Votums in Einzelfällen auf bis zu 75 % zunahmen, wandte sich Premier Renzi nach dem Brexit-Votum der Briten erneut mit einem dringenden Hilferuf an die EU. Mit Hinweis auf die Gefahr einer Panik unter Investoren und einen Banken-Run verlangte er 40 Mrd. Euro, um die Finanzinstitute seines Landes mit einer direkten Kapitalinjektion oder durch gedeckte Regierungsgarantien zu stützen.

Berlin sagt nein - die EU sagt ja

Die deutsche Bundeskanzlerin Merkel und ihr Finanzminister Schäuble reagierten umgehend mit einer scharfen Ablehnung und forderten Renzi auf, erneut die geltende Bail-in-Regelung anzuwenden. Ihr kategorisches Nein überraschte nicht, denn Deutschland muss als größte Volkswirtschaft der EU für einen großen Teil der 40 Mrd. geradestehen.

Dann aber geschah Unerwartetes: Kaum hatten Merkel und Schäuble abgewinkt, da verkündete die EU-Kommission nach Rücksprache mit der EZB, man habe der Rom bis zum Jahresende geltende Staatsgarantien von bis zu 150 Mrd. Euro - also fast das Vierfache der Summe, die Renzi als Direktmaßnahme gefordert hatte - zugesagt. Wie hoch die unmittelbar zur Verfügung gestellte Summe ist, wurde geheim gehalten.

Die Verkündung der Unterstützungsmaßnahme sorgte für eine - zumindest vorübergehende - Erholung der Aktienkurse der italienischen Banken. Während die europäische Politik die Ereignisse fast kommentarlos überging, führten die meisten Medien sie auf ein taktisches Manöver der Regierung Renzi zurück: Diese habe die Tumulte um den Brexit und die Angst um das Auseinanderbrechen der EU benutzt, um sich das zur Rettung der eigenen Banken notwendige Geld zu besorgen.

In Wirklichkeit aber offenbaren die Vorgänge viel mehr. Zum einen zeigen die bereitgestellten 150 Mrd. Euro, welche Summe offenbar nötig ist, um Investoren zumindest bis zum Jahresende zu beruhigen. Zum anderen hat Premier Renzi die 40 Mrd. Euro als Direkthilfe nicht etwa verlangt, um das System zu stabilisieren, sondern um einen Run auf die Banken zu verhindern - ein Anzeichen dafür, dass nach dem Brexit akuter Handlungsbedarf bestand.

Der Vorgang als Ganzes wirft im Übrigen einmal mehr ein deutliches Licht auf die wahren Machtverhältnisse in Europa: Wenn es um die Erhaltung des Finanzsystems geht, haben einzig und allein die Europäische Zentralbank und die EU-Kommission das Sagen. Das heißt: Das Schicksal des Kontinents liegt dann nicht in der Hand gewählter Politiker, sondern in der Hand nicht gewählter, sondern von politischen Gremien in Absprache mit der Finanzindustrie ernannter Technokraten.

Die wichtigste Erkenntnis aber betrifft das Bail-in: Der Ablauf der Ereignisse in Italien zeigt, dass diese inzwischen in ganz Europa rechtlich verankerte Regelung im Ernstfall einen riesigen Haken hat: Sie ist in großem Stil nicht durchsetzbar. Auch hierzu eine kurze Erläuterung:

Als der Hedgefonds Long Term Capital Management (LTCM) das globale Finanzsystem 1998 zum Einsturz zu bringen drohte, sprangen die Banken der Wallstreet ein und bewahrten ihn in einer gemeinsamen Rettungsaktion vor der Zahlungsunfähigkeit. Als mehrere Großbanken 2008 zusammenzubrechen drohten, sprangen die Regierungen ein und retteten die Banken mit Steuergeldern im Rahmen des sogenannten Bail-out. Da damals schon abzusehen war, dass eine weitere Krise noch höhere Summen verschlingen und die Staatshaushalte überfordern würde, suchten sämtliche Staaten der Welt nach einem Ausweg. Die Lösung wurde bald gefunden und hieß: Bail-in.

Banken, die von nun an in Schieflage gerieten, sollten nicht mehr durch das Geld der Steuerzahler, sondern durch die Beteiligung von Anleiheinhabern, Aktionären und Einlegern gerettet werden. Das Prinzip wurde weltweit gesetzlich verankert und gilt seit 2016 flächendeckend in der gesamten EU. Angewandt wurde es zum ersten Mal in Zypern, später in Italien, Portugal und Österreich.

Was sich allerdings bereits beim ersten Einsatz in Zypern andeutete, bestätigte sich bei der weiteren Anwendung in den anderen drei Ländern: Das Bail-in traf auf heftigsten Widerstand seitens der Bevölkerung. Während Großinvestoren ihre Gelder nämlich fast immer rechtzeitig in Sicherheit bringen konnten, war es fast ausschließlich der Mittelstand, der zur Kasse gebeten wurde.

So erzeugte insbesondere die Rettung der vier Banken in Italien im vergangenen Dezember einen Aufschrei in der gesamten Bevölkerung. Bedenkt man, dass es damals um die Summe von 750 Mio. Euro ging, während die italienische Regierung diesmal 40 Mrd. Euro - also mehr als das Fünfzigfache - forderte, so kann man sich vorstellen, welche Folgen ein Bail-in-Manöver in dieser Größenordnung im Gefolge des Brexit gehabt hätte: Es wäre zu möglicherweise nicht mehr beherrschbaren Protesten gegen die Regierung gekommen und hätte der Anti-EU-Bewegung solchen Rückenwind gegeben, dass ein Verbleib Italiens in der EU ausgeschlossen wäre. Kein Wunder also, dass nicht nur die Regierung Renzi, sondern auch die EU sich davor gescheut hat, zu diesem Mittel zu greifen.

Die Alternativen der EU: Gelddrucken bis zur Hyperinflation oder Anwendung von Gewalt

Rückwirkend betrachtet ist das Prinzip des Bail-in nichts anderes als der von Juristen und Wirtschaftlern am Reißbrett entworfene Versuch, ein längst zusammengebrochenes Finanzsystem künstlich am Leben zu erhalten. Sein entscheidender Schwachpunkt liegt allerdings darin, dass seine geistigen Urheber die Rechnung ohne den Wirt, d.h.: ohne das Volk, gemacht haben. Dessen möglicher Widerstand wurde nämlich nicht mit einkalkuliert, hat sich aber in Zypern und Italien bereits auf dramatische Weise bemerkbar gemacht.

Die EU-Kommission hat nun darauf reagiert, indem sie die Bail-in-Regelung im entscheidenden Moment außer Kraft gesetzt hat. Das heißt aber nicht anderes, als dass sie auch weiterhin auf Bail-outs, also auf die Rettung von Banken mit dem Geld der Steuerzahler setzt. Da die vorhandenen Summen aber wegen der Löcher in den Staatshaushalten aufgrund der vorangegangenen Bankenrettungen nicht ausreichen, bleibt ihr derzeit nur eine Möglichkeit: das Gelddrucken. Dies wird in Zukunft in vermehrtem Maße passieren und damit unweigerlich in eine Hyperinflation führen.

Hier liegt nun der Grund, weshalb die Vorgänge um die italienischen Banken für die EU das Einläuten ihres Endes bedeuten: Die einzige Möglichkeit, eine Hyperinflation zu vermeiden, besteht darin, doch wieder auf das Bail-in zurückzugreifen. Diese direkte und unverhohlene Enteignung großer Teile der Mittelschicht im Interesse der Finanzindustrie aber ließe sich nur gegen den Widerstand der Bevölkerung durchsetzen. Der erforderliche Einsatz von Gewalt aber würde unmittelbar zu einer Volksbewegung gegen die EU und zu deren endgültigem Auseinanderbrechen führen. Anders ausgedrückt: Die EU befindet sich in einer Situation, aus der es außer dem Herbeiführen der Hyperinflation keinen realistischen Ausweg mehr gibt.
Quelle: https://www.heise.de/tp/features/Italiens-Bankenkrise-Lunte-am-Pulverfass-EU-3255911.html

Der obige Beitrag ist zwar schon fast ein Jahr alt, sah aber damals schon das kommen, was nun auch die Mainstreammedien beim besten Willen nicht mehr totschweigen können. Ich denke, das ist jetzt der Beginn der Finanzkrise V2.0. Laut dem Artikel oben geht es um mindestens 150 Mrd. €, die allein Italien zur Bewältigung dieser neuen Bankenkrise kurzfristig benötigen wird. Und das wird dann wahrscheinlich in den nächsten Jahren immer mehr werden.
Momentan schauen ja Merkel und Schäuble, noch bis zu den Wahlen im Herbst den Deckel auf all dem zu halten. Deshalb auch die relativ reibungslos genehmigten 8,5 Mrd. für die Umschuldung der griechischen Kredite - natürlich mit den üblichen Zugeständnissen der Tsipras-Regierung die weitere Verarmung der griechischen Bevölkerung voranzutreiben.
»Wir wissen, so wie es ist, kann es nicht weiter gehen. Aber es geht weiter.«
(Autor unbekannt)

counselor

ZitatInterview mit Autor des "Draghi-Crashs" - Insider warnt: "In zwei Jahren fliegt uns das Bankensystem um die Ohren"

Markus Krall ist kein Spinner. Er berät unter anderem die Europäische Kommission. Doch die will nicht auf seine Warnungen hören. Deshalb hat Krall ein Buch geschrieben: "Der Draghi-Crash" beschreibt den Kollaps des Bankensystems. Im Interview erklärt er, warum das passieren wird.

Quelle: https://www.focus.de/finanzen/boerse/interview-mit-autor-des-draghi-crashs-banken-insider-warnt-in-zwei-jahren-fliegt-uns-das-system-um-die-ohren_id_8570527.html
Alles ist in Bewegung. Nichts war schon immer da und nichts wird immer so bleiben!

Troll

Zitatdas ARD radiofeature "Marktkonforme" Demokratie

Ein Feature über den Neoliberalismus und die Krise
Wie kann es sein, dass die Schere zwischen arm und reich sich immer weiter öffnet, dass neoliberales Denken die globalen Wirtschaftskrisen seit 2007 gestärkt überlebt hat? Und dass Angela Merkel unsere Demokratie "marktkonform" gestalten will? Wirtschaftswissenschaftler und ihre informellen Netzwerke gewinnen immer größeren Einfluss auf Politik und Gesellschaft. Die Lehre von den selbstregulierenden liberalen Märkten ist seit Jahrzehnten die vorherrschende ökonomische Theorie. Und ihre Vertreter pflegen enge Beziehungen zu Politik und Finanzwelt. Ökonomen wie Jörg Asmussen, Axel Weber und Ottmar Issing arbeiten mal für das Bundeskanzleramt und die Ministerien, mal für die Europäische Zentralbank und die Deutsche Bundesbank, aber auch für die private Finanzwelt. Wessen Interessen vertreten sie und welche Macht haben ihre Netzwerke?
Quelle: BR

Via NDS


MP3 224 Kbit/s, 84 MB

oder


MP3 128 Kbit/s, 48 MB

Es wird einfach weiter gemacht, völlige Lernresistenz aggressiv verteidigt.
Politik ist der Spielraum, den die Wirtschaft ihr lässt.
Dieter Hildebrandt
Es ist kein Zeichen geistiger Gesundheit, gut angepasst an eine kranke Gesellschaft zu sein.
Jiddu Krishnamurti

Tiefrot

Hm, ist es tatsächlich nur eine Frage der Zeit, bis man sieht, das
die "Zusammenbruchstheoretiker" Recht haben ?  ::)
Denke dran: Arbeiten gehen ist ein Deal !
Seht in den Lohnspiegel, und geht nicht drunter !

Wie bekommt man Milllionen von Deutschen zum Protest auf die Straße ?
Verbietet die BILD und schaltet Facebook ab !

BGS

Es stellt sich somit die Frage, ob, wann und wie wir Ausgebeuteten uns endlich gemeinsam wehren und unseren Teil fordern bzw. bekommen, oder ob auch wir "lernresistent" sind.

Muss zur Schicht.

MfG

BGS
"Ceterum censeo, Berolinensis esse delendam"

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Troll

Über den feststehenden Zusammenbruch beim "weiter so" braucht man nicht mehr zu sprechen, wie kommt es Angesichts des offensichtlich weltweiten Versagens dieser Ökonomietheorie überhaupt noch zum politischen "weiter so"? Da wird die Unfähigkeit der Politik bzw. der Parteien auch offensichtlich, der Bock wird zum beratenden Gärtner gemacht und soll politische Problemlösungen anbieten die überraschenderweise alternativlos im "weiter so" münden, nur jetzt schneller und radikaler, etwas anderes gibt es da nicht, es wird auch noch auf ihren eigenen Grabsteinen stehen.

Politik ist der Spielraum, den die Wirtschaft ihr lässt.
Dieter Hildebrandt
Es ist kein Zeichen geistiger Gesundheit, gut angepasst an eine kranke Gesellschaft zu sein.
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tleary

Es ist gar nicht so sicher, daß es diesen "Zusammenbruch" tatsächlich geben wird. Zumal dieser "Gelddruckausweg" noch nicht einmal bei den Kapitalisten selbst auf große Kritik stößt. Obwohl dadurch deren Reichtum zweifellos zumindest teilweise entwertet wird. Aber so ziemlich alle haben einen Teil ihres Vermögens schon in Sachwerte umgewandelt. Nicht umsonst sind die Preise für Grund und Boden in den letzten Jahren ins unermessliche gestiegen. Selbst wenn es nun eine totale Papiergeldentwertung geben sollte, dürfte es mit diesen Sachwerten für sie trotzdem noch locker reichen, ihren Lebensstandard beizubehalten.
Viel wahrscheinlicher ist mMn ein ganz langsamer Tod des Kapitalismus - mit entsprechend vielen menschlichen Opfern.  Allerdings wohl in erster Linie nicht in den entwickelten Ländern, sondern eben in der 3. Welt, wo dann produktionstechnisch gar nichts mehr sein wird. Aber die Hungertoten gibt's ja auch schon seit Jahrzehnten, und die haben sich auch nicht destabilisierend auf dieses System ausgewirkt. Die Flüchtlingsbewegungen von dort könnten da schon eher eine Gefahr darstellen. Allerdings ist man da auch dran, das "Problem" zu lösen, indem man die Grenzen dicht macht ("Schleppern das Handwerk legen", heißt das in bewußter Falschdeutung der Fakten in den Medien). Außerdem hat sich der Kapitalismus auch als sehr wandlungsfähig erwiesen. Während der großen Depression in den 1930er Jahren wurden vorübergehend sogar sozialistische Regelungen eingeführt, die aber mittlerweile schon größtenteils wieder rückgängig gemacht wurden.
»Wir wissen, so wie es ist, kann es nicht weiter gehen. Aber es geht weiter.«
(Autor unbekannt)

BGS

Zitat
Jede Familie zahlt 3000 Euro für Finanzkrise

Von Cerstin Gammelin, Berlin

-Die Finanzkrise wird die deutschen Steuerzahler wohl mehr als 68 Milliarden Euro kosten. Das zeigen Zahlen, die die Bundesregierung erstmals herausgegeben hat.

- Die Folgen der Krise sind demnach auch nach zehn Jahren noch nicht bewältigt. Bund, Länder und Kommunen sind weiter damit beschäftigt, heimische Banken zu stützen.

Die Finanzkrise hat die deutschen Steuerzahler eine zweistellige Milliardensumme gekostet - und es könnte noch teurer werden. Bis Ende 2017 summieren sich die Kosten der öffentlichen Haushalte auf 59 Milliarden Euro. Darin enthalten sind ausgereichte Garantien, Kredite und Kapitalspritzen. Diese Summe ist nur vorläufig, weil die Hilfen nicht abgeschlossen sind. Neue Zahlen weisen darauf hin, dass die Kosten auf mehr als 68 Milliarden Euro steigen werden. Es ist das erste Mal, dass die Bundesregierung die Daten zusammenhängend herausgibt. Sie gehen aus einer Anfrage der Bundestagsfraktion der Grünen hervor, die der Süddeutschen Zeitung vorliegt. "Die Bankenkrise in Deutschland ist noch nicht vorbei", sagt der Grünen-Finanzexperte Gerhard Schick.

Bund, Länder und Kommunen sind also zehn Jahre nach dem Ausbruch der globalen Finanzkrise weiter damit beschäftigt, heimische Banken zu stützen. Die Bilanz sei "verheerend", sagt Schick. Es werde erstmals sichtbar, wie stark die Bürger belastet worden seien. "Eine vierköpfige Familie hat mehr als 3000 Euro für die Pleitebanken bezahlt." Hinzu kämen die indirekten Kosten der Bankenkrise, also Entlassungen und Konjunkturpakete, Eurokrise und Streit in Europa, Nullzinsen und Probleme bei der Altersvorsorge und steigende Mieten. ... .

Die neuen Daten über die teure Bankenrettung sind auch deshalb brisant, weil der amtierende Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) wieder für deutsche Großbanken wirbt, um die Exportwirtschaft im Ausland zu finanzieren. Das überrascht, weil die deutsche Wirtschaft riesige Handelsbilanzüberschüsse erwirtschaftet, ohne dass es eine solche Bank gibt. "Statt Konsequenzen zu ziehen, sinniert ein sozialdemokratischer Finanzminister wieder über deutsche Großbanken", kritisiert Schick.

Er wirft der Bundesregierung vor, die Kosten nicht transparent zu machen. Sie verstecke viele Informationen in riesigen Tabellen. "Das geht so nicht". Tatsächlich gibt es auf den 42 Seiten keine Übersicht über die Gesamtkosten; Details fehlen.

Die Liste der geretteten Banken ist lang. Zu den Landesbanken gehören WestLB, SachsenLB, HSH Nordbank, BayernLB und LBBW. Auch die Stabilisierung der NordLB wird die Steuerzahler in den beteiligten Bundesländern noch etwas kosten. Anders als oft angenommen mussten auch Sparkassen gestützt werden, darunter die Flensburger Sparkasse, die Nord-Ostsee-Sparkasse, die Sparkasse Südholstein oder die Spar-und Leihkasse zu Bredstedt.

Besonders negativ schlägt die Rettung der Hypo Real Estate (HRE) zu Buche, Unterstützung brauchen zudem die IKB, die Commerzbank, die Corealcredit Bank, die Aareal Bank und die Düsseldorfer Hypothekenbank. Der Topf der Einlagensicherung des Bankenverbandes muss mit öffentlichem Geld gestützt werden. Die Liste erinnert an eine Bemerkung Angela Merkels aus dem Herbst 2008. Damals sei sie abends regelmäßig mit der Sorge schlafen gegangen, welcher Banker am nächsten Morgen um Geld bitten würde.

So wie die Bundesregierung 2018 vermeidet, über die Bankenrettung zu reden, wollte es die Bundesregierung 2008 nicht wahrhaben, wie tief deutsche Banken in internationale Finanzgeschäfte verstrickt sind. Und dass sich deshalb auch in ihren Büchern Milliardenrisiken angesammelt hatten. Die Krise habe in den USA begonnen, folglich sei sie auch von dort aus zu lösen, sagte der damalige Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) am Tag Zwei vor dem Crash von Lehman. ... .

Die Folgen der Krise sind noch nicht bewältigt

... . Zehn Jahre später ist auch klar, dass die Folgen nicht bewältigt sind. Auch nicht in Deutschland.

"Weder CDU, CSU, SPD noch FDP hatten Interesse an einer systematischen Aufklärung", sagt Schick. Das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln liefert Anfang 2009 ein Gutachten ab. Darin wird festgestellt, dass einige Banken "in erheblichem Umfang in amerikanische Hypothekenverbriefungen investiert hatten". Die Gutachter erhalten 55 570,62 Euro. Ansonsten wird externer Sachverstand nicht bemüht. Man überlässt es Experten aus Finanzministerium, Bundesbank und Finanzaufsicht, die Lehren aus einer globalen Krise zu ziehen. Die stellen fest, dass deutsche Banken sich zu sehr auf externe Ratings verlassen und Risiken unterschätzt hätten.

Scholz hält das offenbar für ausreichend, um für neue deutsche Finanzgiganten zu werben. Schick, der als einer der profiliertesten Finanzexperten des Bundestags gilt, zieht persönliche Konsequenzen aus der mangelnden Aufarbeitung. Er wird sein Mandat niederlegen und im kommenden Jahr in der Bürgerbewegung "Finanzwende" arbeiten. Er glaube, dass er in der Bürgerbewegung mehr erreichen könne als als Abgeordneter. Da es nach zehn Jahren Finanzkrise nicht gelungen sei, eine echte Wende am Finanzmarkt durchzusetzen, "sehe ich die dringende Notwendigkeit, stärker zivilgesellschaftlich zu arbeiten".


Quelle: https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/banken-jede-familie-zahlt-euro-fuer-finanzkrise-1.4126273

MfG

BGS
"Ceterum censeo, Berolinensis esse delendam"

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Kuddel

Die Wirtschaft brummt, doch die nächste Krise steht vor der Tür.

Wir sind nicht vorbereitet.
Weder mit Argumenten noch mit Strukturen für notwendige Kämpfe.


counselor

ZitatZehn Jahre Lehman Brothers-Pleite - Vorzeichen einer neuen Weltwirtschafts- und Finanzkrise nehmen zu

Am 15. September 2008 brach mit Lehman Brothers nach Bear Stearns die zweitgrößte der fünf weltweit größten Investmentbanken zusammen. Zehn Jahre später spitzt sich die Weltwirtschaftsentwicklung wieder zu

Quelle: https://www.rf-news.de/2018/kw37/vorboten-einer-neuen-weltwirtschafts-und-finanzkrise
Alles ist in Bewegung. Nichts war schon immer da und nichts wird immer so bleiben!

Rudolf Rocker

Eine interessante Doku:
Geheimakte Finanzkrise
https://www.zdf.de/dokumentation/zdfzoom/zdfzoom-geheimakte-finanzkrise-110.html


Wie sagte Oliver Welke in der heute show?
"Ich hab mir die ganzen Dokus über die Finanzkrise angesehen. Und wenn sie das gemacht haben, können sie Nachts nicht mehr schlafen!"

BGS

Herzlichen Dank für das Einstellen der zdf Doku über die Finanzkrise.

MfG

BGS
"Ceterum censeo, Berolinensis esse delendam"

https://forum.chefduzen.de/index.php/topic,21713.1020.html#lastPost
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ManOfConstantSorrow

In den Medien wimmelt es regelrecht an Beiträgen über die Finanzkrise. Ist es nur dem 10 jähigen Jubiläum der letzten großen Finanzkrise (nach der Lehman-Pleite) geschuldet, oder kündigt man die bereits heranrollende nächste Finanzkrise an?
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

Tiefrot

Wohl eher Letzteres.
Mir fiel es auch schon auf, das im neoliberalen Mainstream
kritische Stimmen immer hörbarer werden.
Denke dran: Arbeiten gehen ist ein Deal !
Seht in den Lohnspiegel, und geht nicht drunter !

Wie bekommt man Milllionen von Deutschen zum Protest auf die Straße ?
Verbietet die BILD und schaltet Facebook ab !

Rudolf Rocker

Zitat von: ManOfConstantSorrow am 08:47:26 Mo. 24.September 2018
In den Medien wimmelt es regelrecht an Beiträgen über die Finanzkrise. Ist es nur dem 10 jähigen Jubiläum der letzten großen Finanzkrise (nach der Lehman-Pleite) geschuldet, oder kündigt man die bereits heranrollende nächste Finanzkrise an?

Wenn man sich die verschiedenen Dokus anguckt, ist es schon fast erschreckend das das Fazit bei allen irgendwie heißt: Nichts ist gut. Die faulen Kredite geistern immer noch durch die Bankenwelt. Es wird weitergemacht wie bisher und bei einem erneuten Crash ist der Impact so groß, das er die Lehman- Pleite bei weitem in den Schatten stellt.
Zitat
Mir fiel es auch schon auf, das im neoliberalen Mainstream kritische Stimmen immer hörbarer werden.
Bei den öffentlich rechtlichen Sendern gab es diese kritischen Stimmen schon immer. Nur leider zu Sendezeiten, die sich keiner wirklich antun wollte.
Dank Mediathek und Youtube kann man sich solche Sendungen aber jederzeit angucken. Somit sind sie auch einer breiteren Menge zugänglich geworden.

Nikita

Fast jeder dürfte mal von General Electric (GE) gehört haben. Einer der größten multinationalen Konzerne der Welt. Umsatz: 123,7 Milliarden US-Dollar, Gewinn: 8,8 Milliarden US-Dollar. Der US-Privatermittler Harry Markopolos hat schon ein paar Konzerne zu Fall gebracht und sich GE über sieben Monate angeschaut. In einem Bericht an Staatsanwaltschaft und Finanzaufsicht der USA soll er Bilanzbetrügereien und verschleierte Verluste im zweistelligen Milliardenbereich aufgedeckt haben. Harry Markopolos hatte bereits ähnliche Betrügereien bei Großkonzernen wie Enron aufgedeckt, die daraufhin Insolvenz anmelden mussten. Markopolos macht das offensichtlich nicht aus moralischen Gründen, sondern verkauft seine Berichte vorher an Hedgefonds, die anschließend auf fallende Kurse des Unternehmens spekulieren und ihn an den Gewinnen beteiligen. In Deutschland hat GE etwa 10 000 Mitarbeiter. Vorwürfe der Bilanzfälschung gibt es schon seit zwei Jahrzehnten bei GE, aber sie sind wohl zu systemrelevant, als dass die Finanzaufsicht der USA sich damit beschäftigt. #TooBigToJail

https://www.gefraud.com/
https://www.onvista.de/news/general-electric-us-privatermittler-sorgt-fuer-wirbel-gigantischer-bilanzbetrug-aufgedeckt-oder-feindliche-kursmanipulation-aktie-bricht-ein-265449417

ManOfConstantSorrow

Das schweizer Untergrund Blättle hat ausführliche Gedanken zur Finanzkrise veröffentlicht.

Ich picke hier nur ein paar kurze Ausschnitte heraus.

ZitatSoziales Elend, militärische Eskalation und Nationalismus als Nachbeben der Finanzkrise Finanzkrise:
Die Billionen des Schreckens

Was hat der Zusammenbruch der Investmentbank Lehman Brothers mit dem Krieg in der Ukraine zu tun? Warum pumpen die Zentralbanken bis heute billiges Geld in die Märkte?

(...)
Zur Mechanik des Crashs. Schattenbanken, Finanzalchemie, Kartenhaus, Ratlosigkeit.

Die Geschichte der Krise lässt sich anhand ihrer Protagonist*innen erzählen: Der risikobegierige Bankmanager, der schockierte Wall-Street-Händler, der kollabierende Finanzminister, der entschlossene Zentralbanker und der realitätsbefreite Journalist. Sie sind ein Bild der Krise. Auf dieses starrten Politik und Öffentlichkeit gebannt, als sie sich nach dem Crash eifrig auf die Suche nach den Schuldigen machten. Hatten die Manager*innen zu gierig spekuliert? Hatten arrogante Banker*innen die kleinen Sparer betrogen? Hatten die Finanzbehörden zu spät gehandelt? Hatte die Finanzlobby die Politiker*innen manipuliert? Man stellte rund um den Globus dieselben Fragen. Doch sie führen nicht auf die Spur der Krisenursachen. Stattdessen muss man aufdecken, in welchen politisch-ökonomischen Strukturen die Verantwortlichen handelten und welche systemischen Mechanismen zur Krise führten und – Spoiler – nach wie vor bestehen.
(...)
Ronald Reagan trat mit deutlichen Worten Richtung Sozialdemokratie und Keynesianismus sein Amt als Präsident an: «Der Staat ist nicht die Lösung, er ist das Problem». Der ehemalige Schauspieler setzte Steuersenkungen für Unternehmen durch, um diese zu entlasten. Er hob zugleich aber den Militäretat drastisch an. Die Staatsverschuldung wurde mit dieser Doktrin, trotz des Gerüchts um den Rückzug des Staates, in bislang unbekannte Höhen getrieben.

Doch Reagan, Thatcher und ihre Abkömmlinge sanierten auch die Profitrate auf Kosten der Arbeiter*innenklasse. Die beiden Vorreiter*innen des Neoliberalismus dies- und jenseits des Atlantiks schliffen den Sozialstaat und versuchten alles auszutilgen, was auch nur nach Arbeiter*innenbewegung roch. Die Ausgaben des Kapitals für Arbeitskräfte nahmen künftig weit weniger schnell zu als die Produktivität.
(...)
Der Kurs des Kapitalismus in den letzten Jahrzehnten hat mit Deregulierungen, Freihandelsverträgen, verstärkter internationaler Konkurrenz und Reduktion der sozialen Absicherung den Nährboden für die aktuelle Weltlage gelegt: Die Krise nach 2008 und die politische Reaktion sind Beschleuniger des Unheils. Die Finanzkrise und deren politische Bearbeitung beförderten den Aufstieg der rechten Bewegungen. Viele Menschen begriffen, dass ihre Interessen einmal mehr hintanstehen mussten. Der Verlust der längst bröckelnden Legitimität, machte sich nun in Ausschlägen nach Rechts bemerkbar.

Die «kleinen Leute», zu der sich selbstredend auch die berühmte «Mittelschicht» zählt, sahen ihre Oppositions-Führer*innen vorrangig in der hässlichen Gestalt der rechten Demagog*innen. Denn überall präsentierten sich diese als legitime Sorgenträger*innen des einfachen Mannes: Gegen die Eliten, gegen die Finanzoligarchie, gegen die Machthaber*innen in Brüssel, zurück zur nationalen Souveränität. Die Unzufriedenheit fand ihren Ausdruck auch in einer staatlich organisierten Form der «konformistischen Rebellion».
(...)
Der Blick in den Abgrund. Der nächste Crash oder ein Ende des Kapitalismus.

Für nennenswerte Teile der Herrschenden ist der nationale Alleingang mittlerweile eine ernsthafte Option. Einer ökonomischen Zentrifugalkraft würde künftig international weit weniger politischer Zusammenhalt entgegengesetzt als noch 2008. Und auch die Mittel für eine künftige Rettung des Systems sind begrenzt: Etliche Staaten sind hoch verschuldet, während die Zentralbanken auf aufgeblähten Bilanzen sitzen. Die wirtschaftlichen Zeichen stehen derweil auf Sturm.
(...)
Mittlerweile melden sich in kurzen Abständen Expert*innen mit mahnenden Worten in den Wirtschaftsblättern. James Rickards, Investmentbanker und vormaliger Chefjurist des berüchtigten Hedge Fund Long-Term Capital Management (LTCM), fand kürzlich in der Finanz und Wirtschaft deutliche Worte: «Die kommende Krise wird mit solcher Wucht zuschlagen, dass nicht einmal mehr die Zentralbanken das System schützen können.»

Was auf den zu erwartenden Aufprall folgt, steht in den Sternen. Angesichts der ökonomischen und politischen Zentrifugalkräfte, den geopolitischen Spannungen und den nationalistischen Bewegungen, steht einiges zu befürchten. Doch in jüngerer Zeit rollt auch eine neue Welle massiver sozialer Proteste über den Globus, mit ungewissem Ausgang. Geschichte ist ein offener Prozess, auch wenn sie derzeit noch grossteils hinter unseren Rücken in der Sprache von Wert, Geld und strukturierten Finanzprodukten geschrieben wird.
https://www.untergrund-blättle.ch/wirtschaft/theorie/finanzkrise-finanzsystem-5842.html
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

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