"Einladung" der ARGE erhalten

Begonnen von Pat88, 12:14:12 Mi. 24.Juni 2009

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Pat88

Habe eine "Einladung" der ARGE nach § 309 Absatz 1 bekommen: Vorstellung für einen Billigarbeitsplatz in einem der berüchtigten Call-Center, für einen Hungerlohn. Outbound irgendwelche Leute belästigen, mit dem Ziel, diesen irgendwelche Telefon-, DSL- und Kabel-Anschlüsse zu verkaufen.

Vom sogenannten "Lohn" bleibt, nach Abrechnung der Fahrtkosen weniger, als das jetzige Hartz IV, müßte also doch weiterhin ergänzendes beantragen. Und das für 40 Stunden und Vollzeit, sowie zusätzlich mindestens 3 Stunden Wegezeit (Hin und Zurück) pro Tag.

Damit ich nicht falsch verstanden werde: Ich will arbeiten und habe all das oben beschriebene in ähnlicher Weise bereits mehrmals mitgemacht, ich weiß also nicht nur theoretisch, was mich erwartet. Jetzt, aber - jetzt habe ich die Schauze einfach voll von solchen Drecksarbeitsplätzen für NICHTS.

Problem ist: Wenn diese Sklaventreiber einfach sagen: "Wir nehmen dich", dann hast du leicht eine Sperre am Hals, wenn du nicht annimmst.

Wie soll ich mich bei dem Gespräch am Besten verhalten, ohne dass ich Gefahr laufe eine Sperre zu bekommen aber auch so, dass es zu keiner Einstellung unter *solchen* Bedingungen kommt?

Ich habe überlegt, ob ich vielleicht meine alte DGB-Brotbüchse mitnehme, die ist knallrot, trägt das DGB-Logo und den Slogan "Vertrauen ist gut, Betriebsrat ist besser". - Hier: http://yfrog.com/5kdsc03241yj

Die könnte man, wenn man die Bewerbungsmappe in seiner Tasche "sucht", ja mal kurz auf den Tisch legen - natürlich nur, um mehr Übersicht in der Tasche zu bekommen und die Bewerbungsmappe zu "finden".

Oder wäre davon abzuraten, könnte mir das als Verweigerung ausgelegt werden? - Was gebe es evtl. noch für Möglichkeiten? Danke, Pat.


Ratrace

Seit wann ist es verboten, nach einem Betriebsrat zu fragen oder zu signalisieren, daß man in der Hinsicht interessiert ist? Oder sogar gewerkschaftlich organisiert zu sein? Die ARGE will ich sehen, die Dir daraus erfolgreich einen Strick drehen kann. Und wenn es bis zum Prozeß vor dem Sozialgericht kommt: Diese Fragen sind erlaubt.

ZitatDamit ich nicht falsch verstanden werde: Ich will arbeiten und habe all das oben beschriebene in ähnlicher Weise bereits mehrmals mitgemacht, ich weiß also nicht nur theoretisch, was mich erwartet. Jetzt, aber - jetzt habe ich die Schauze einfach voll von solchen Drecksarbeitsplätzen für NICHTS.
Das ist nur natürlich und logisch, und hier im Forum wird Dir sicherlich keiner mit hirnverbrannten Parolen aus den hohlen Köpfen der neoliberalen Spinner kommen.
Ich höre aus Deinem Posting eine echte Müdigkeit (oder Schlimmeres) heraus, was die Arbeit in Callcentern oder vergleichbaren prekären Jobs angeht. Hast Du schon mal daran gedacht, einem Arzt Deines Vertrauens das zu schildern? Irgendwann kann nämlich jeder nicht mehr, und so ein Burnout ist kein Zuckerschlecken und gehört vor allem behandelt. Wenn man so etwas auf die leichte Schulter nimmt, kann es auch chronisch werden. Das würde ich an Deiner Stelle verhindern.
Das einzig Freie im Westen sind die Märkte.

Onkel Tom

Nachdem Mensch sich über einen gewissen Zeitraum mit der ARGE
rumärgern musste, geht das auf's Selbstvertrauen..

Kann dies nicht zu gelegentlichem Stottern führen ?

Behördenkoller hat doch viele Nebenwirkungen nach sich ziehen..

Nachdenk und kreativ Vorstellungsgespräche führen  ;D


Wer behauptet "Der/Sie will nicht" könnte sich eine Strafanzeige wegen übler
Nachrede einfangen..  Rationeller gehts nicht mehr..
Lass Dich nicht verhartzen !

Ratrace

ZitatNachdem Mensch sich über einen gewissen Zeitraum mit der ARGE
rumärgern musste, geht das auf's Selbstvertrauen..

Kann dies nicht zu gelegentlichem Stottern führen ?

Behördenkoller hat doch viele Nebenwirkungen nach sich ziehen..
Natürlich kann er das, in dem meisten Fällen tut er das auch - darauf ist das System ausgelegt, das ist einer der Gründe für Hartz IV. Einschüchterung, Verunsicherung, Angstverbreitung, die Leute für Dumpinglöhne geschmeidig machen und selbst unterhalb der Armutsgrenze noch mit Existenzängsten überziehen: Faschistoides Herrenmenschentum in den Behörden von Personen, die zu feige und größtenteils auch zu dumm sind, einen Job abzulehnen, der menschenverachtend ist. Klare Sache.

Ich wollte nur ausdrücken, daß gewerkschaftliches Interesse oder das Interesse an einem Betriebsrat nichts Verwerfliches ist und einem Arbeitnehmer nicht negativ angerechnet werden kann. Da wir aber alle wissen, daß die ARGEn gerne auch mal Recht beugen oder brechen, kann man keine hundertprozentig sichere Gewähr geben, daß die ARGE nicht eben doch versuchen wird, dem Bewerber irgendwie an's Bein zu pissen.
Und für diesen Fall muß man dann kämpfen. Aber ich glaube nicht, daß sich ein Fallmanager, so er noch über so etwas wie ein Resthirn verfügt, so weit aus dem Fenster lehnen wird. Oder daß ein Sozialgericht das Interesse an einem Betriebsrat für eine negative Selbstdarstellung hält. Zumindest ist mir kein derartiges Urteil bekannt. So ein Urteil würde dem Richter auch schlecht bekommen, wenn man es öffentlich machen würde, und spätestens in der nächsthöheren Instanz würde es kassiert werden.
Das einzig Freie im Westen sind die Märkte.

Workless

Zitat...Outbound irgendwelche Leute belästigen, mit dem Ziel, diesen irgendwelche Telefon-, DSL- und Kabel-Anschlüsse zu verkaufen.

Und je nach Aufgabenbereich ist die Sache doch eigentlich schon geritzt. Handelt es sich dabei um Cold Calls, ist das gesetzeswidrig.
Und zumutbar ist nur Arbeit, die nicht gegen Gesetze verstößt oder sittenwidrig ist.

Jetzt ist halt nur die Frage, inwieweit du (möglichst gerichtsverwertbar) nachweisen kannst, dass du bei Arbeitsaufnahme ungesetzlich handeln müsstest - und wie lang dein Atem im Falle einer Sanktion durch die ARGE ist.

Pat88

@Ratrace, Onkel Tom und Workless:

Danke für eure Antworten. Da das Gespräch ja erst stattfinden wird, weiß ich manchens natürlich noch nicht, einiges aber habe ich mir eben doch schon im internet über die Firma zusammengegoogelt.

@Workless:

Die (verbotene) Kaltaquise wird schon ewig dadurch umgangen, dass diese Firmen Adressen von irgendwelchen Versandhäusern oder auch dubiosen Gewinnspiel-Veranstaltern kaufen, in denen die Leute (meistens unwissentlich) einer Weitergabe ihrer Daten zugestimmt haben. - Sowas ist meistens in einem langen Textblock des "Kleingedruckten" versteckt.

@Onkel Tom:

Ich fürchte, ich eigne mich nicht zum schauspielernden Stotterer, wohl aber zum interessierten Frager nach Bildschirmpausen, Betriebsrat, Gewerkschaftsgruppen, Tariflohn usw. - In UNSERIÖSEN Firmen sollte so etwas auch meistens reichen.

@Ratrace:

Ich habe den Brief heute erst erhalten und das Eingangsposting dann kurz danach verfasst - möglich, dass meine Sprache angesichts dessen an der einen oder anderen Stelle deshalb auch etwas deutlicher ausgefallen ist. - "Ausgebrannt" bin ich deshalb aber noch lange nicht. Dein gutgemeinter Vorschlag mit dem Arzt, hat leider einen entscheidenenden Nachteil, nämlich den,dass mir das dann auch bei späteren Stellenbewerbungen schaden könnte und das ist nun gerade etwas was ich NICHT will. - Das letzte was mir vorschwebt ist, mein Leben bis zur Rente mit Hartz IV bestreiten zu müssen, also nee.

Alles was ich möchte, ist eigentlich eine Arbeit, von der ich wenigstens meinen eigenen lebensunterhalt insoweit bestreiten kann, dass ich nicht zusätzlich noch auf Hartz IV angewiesen bin.

Ist das denn wirklich zuviel verlangt?

Wilddieb Stuelpner

Zitat von: Ratrace am 13:26:35 Mi. 24.Juni 2009
Seit wann ist es verboten, nach einem Betriebsrat zu fragen oder zu signalisieren, daß man in der Hinsicht interessiert ist? Oder sogar gewerkschaftlich organisiert zu sein? Die ARGE will ich sehen, die Dir daraus erfolgreich einen Strick drehen kann. Und wenn es bis zum Prozeß vor dem Sozialgericht kommt: Diese Fragen sind erlaubt.

ZitatDamit ich nicht falsch verstanden werde: Ich will arbeiten und habe all das oben beschriebene in ähnlicher Weise bereits mehrmals mitgemacht, ich weiß also nicht nur theoretisch, was mich erwartet. Jetzt, aber - jetzt habe ich die Schauze einfach voll von solchen Drecksarbeitsplätzen für NICHTS.
Das ist nur natürlich und logisch, und hier im Forum wird Dir sicherlich keiner mit hirnverbrannten Parolen aus den hohlen Köpfen der neoliberalen Spinner kommen.
Ich höre aus Deinem Posting eine echte Müdigkeit (oder Schlimmeres) heraus, was die Arbeit in Callcentern oder vergleichbaren prekären Jobs angeht. Hast Du schon mal daran gedacht, einem Arzt Deines Vertrauens das zu schildern? Irgendwann kann nämlich jeder nicht mehr, und so ein Burnout ist kein Zuckerschlecken und gehört vor allem behandelt. Wenn man so etwas auf die leichte Schulter nimmt, kann es auch chronisch werden. Das würde ich an Deiner Stelle verhindern.

Gestern in "Neues aus der Anstalt", Folge 26, wo Georg Schramm das Merkel zitierte, was für ein Jobwunder die große Scheißhauskoalition in den letzten Jahren verbrochen hatte, war doch wirklich gut dargestellt. Das Jobwunder bestand in der Schaffung von verschiedenen Formen prekär bezahlter Arbeit für wandernde Tagelöhner und in der Vernichtung von tariflich bezahlter, gesetzlich und sv-pflichtversicherter Vollzeitarbeit. Das ist doch richtige Aufbauarbeit zum Vorteil der Unternehmer. Arbeitskräfte gibt es demnächst umsonst oder die müssen noch was mitbringen, um genommen zu werden. Früher gab es ja auch Schulgeld und Lehrgeld. Warum da nicht mal Bestechungsgeld von Arbeitslosen an Unternehmer, damit sie so gnädig sind und sie noch arbeitend halbwegs am Leben lassen. Ergo will die Politik und die Wirtschaft langfristig sämtliche Sozialsysteme abschaffen. Weiter so!!!

Und wer will in Zukunft Schützenhilfe leisten?

Das grinsende Spaßmonster Westerwelle!!!

Ratrace

ZitatIch habe den Brief heute erst erhalten und das Eingangsposting dann kurz danach verfasst - möglich, dass meine Sprache angesichts dessen an der einen oder anderen Stelle deshalb auch etwas deutlicher ausgefallen ist. - "Ausgebrannt" bin ich deshalb aber noch lange nicht.
Dann ist gut. Und achte darauf, daß es auch erst gar nicht so weit kommt. Zu viel prekäre Jobs am Stück können so etwas durchaus auslösen.

Und wie gesagt: Sich für einen Betriebsrat zu interessieren und auch aktiv danach zu fragen, ist kein Verbrechen und kann einem auch nicht als Jobvereitelung ausgelegt werden. Vor Gericht hätest Du in einem solchen Falle sicher gute Chancen, und das wissen auch die sogenannten "Fallmanager". Gerade in Callcentern werden Arbeitnehmerrechte fast immer mit Füßen getreten und arbeitsergonomische Standards mißachtet, die Branche ist eine einzige halb bis voll illegale Grauzone, gerade deshalb sollte man vor Unterzeichnung des Arbeitsvertrages genau prüfen, von wem man sich die nächste Zeit ausnehmen läßt.
Das einzig Freie im Westen sind die Märkte.

Ratrace

Sorry für OT:

@jokü:
ZitatDas grinsende Spaßmonster Westerwelle!!!

Jau, habe die Sendung gestern auch gesehen. Eine Folge "Neues aus der Anstalt" ist mehr Aufklärung als alle Polit-Talkshows im gesamten TV-Programm. Vor allem bei dem werten Herrn Schramm habe ich immer wieder das Gefühl, daß die Wut, die er als Rentner Dombrowski herüberbringt, echt ist. Muß ein befreiender Job sein, Kabarettist.
Das einzig Freie im Westen sind die Märkte.

Wilddieb Stuelpner

Zitat von: Ratrace am 16:54:57 Mi. 24.Juni 2009
Sorry für OT:

@jokü:

ZitatDas grinsende Spaßmonster Westerwelle!!!

Jau, habe die Sendung gestern auch gesehen. Eine Folge "Neues aus der Anstalt" ist mehr Aufklärung als alle Polit-Talkshows im gesamten TV-Programm. Vor allem bei dem werten Herrn Schramm habe ich immer wieder das Gefühl, daß die Wut, die er als Rentner Dombrowski herüberbringt, echt ist. Muß ein befreiender Job sein, Kabarettist.

Natürlich ist seine Wut echt. Nur Kunst und Kultur ist meist ein brotloses Gewerbe und ernährt kaum den Mann und die Frau.

Ausnahmen bestätigen die Regel im Sport-, Kultur- und Showgewerbe. Das nicht ganz verkalkte Publikum merkt ganz genau, was konstruiert oder was echt ist und von Herzen wie innerer Überzeugung kommt. Urban Priol und Georrg Schramm, Volker Pispers und andere verstehen ihr Handwerk.

Da können die Pfeiffen Harald Schmidt, Stefan Raab, Oliver Pocher und Co. einpacken oder zusammen mit Mathias Richling können denen aus der Anstalt oder aus den Mitternachtsspitzen oder aus den "3 von der Zankstelle" nicht mal im Ansatz das Wasser reichen. Harald Schmidt und Oliver Pocher haben bewiesen, daß sie zur Belustingung der Rechtsradikalen und der Unternehmerparteien taugen. Zu mehr ist nichts drin. Und so wie Harald Schmidt jetzt auftritt mit Vollrauschebart ist er nicht mal mehr für eine seriöse Jobbewerbung zu gebrauchen. Da trifft die Empfehlung vom Ministerpräsidenten Beck voll zu: "Waschen und rasieren, dann kriegen Sie auch einen Job" Oder will jetzt Harald Schmidt mit seinem äußeren Erscheinungsbild auf Joopi machen und bis 150 noch auf der Bühne stehen?
 

Blechraucher

Mach einfach die klassischen Fehler:

- Über frühere Arbeitgeber lästern
- Frag ob das Geld pünktlich kommt. Die sagen dann: "ja, aber natürlich" und du antwortest. "Sehr gut, hab echt keine Lust mehr, ständig meinem Geld hinterherzuklagen.
- latent ungepflegt erscheinen (3 Tage Bart.. unausgeschlafen, Aldi-Tüte (aber nicht übertreiben)
- juck dich öfter mal
- wenn du was gefragt wirst: lass immer viel Zeit verstreichen bis zu antwortest;
-  schau desinteressiert im Raum herum
- nimm Platz ohne das du aufgefordert wurdest
- "haben sie vielleicht was zu trinken"?
-  ...

-- ansonsten sei ruhig freundlich und willig.

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