[Maßnahmen] AUFRUF!

Begonnen von admin, 02:16:05 Sa. 29.November 2003

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admin

Es ist inzwischen eine ganze Branche geworden, die sich über die Arbeitslosen hermacht. Einrichtungen wie die Grone-Schule haben den Status der Gemeinnützigkeit und lassen es sich mit dem Griff in die Kassen des der Bundesanstalt für Arbeit gutgehen. Die Groneschule hat nach eigenen Angaben einen Jahresumsatz von 90 Millionen EUR.

Arbeitslose müssen an den vom Arbeitsamt beschlossenen Maßnahmen teilnehmen, ob sie wollen oder nicht, sonst droht eine Sperre der Geldleistungen. Doch was nützen die Maßnahmen den Betroffenen?

Das Bewerbungstraing ändert nichts an der Tatsache, daß es mehr Bewerber als offenen Stellen für halbwegs ansprechende Jobs gibt. Wenn jeder eine Bewerbung auf handgeschöpftem Papier mit Goldprägung und einem Paßbild von einem Star-Fotografen einreicht, entsteht keinezusätzliche freie Stelle.

Und wie sieht ein halbjähriges Auffrischungstraining der Burufskenntnisse (incl. Betriebspraktikum) aus? Ein Datenelektroniker mußte aus kaputten Fernsehern elektronische Bauteile (für die kein Geld da war) auslöten, um damit anschließend einen Blinkgeber zu basteln. Und zum Betriebspraktikum ging´s in eine Firma, in der er Aluminiumrahmen für Fenster zusägen mußte.

Diese Maßnahmen und Praktika sind entwürdigend und sollen Arbeitslose zwingen lieber einen miesen Job anzunehmen, als diese Maßnahme länger zu ertragen.

Skandalös ist, daß der DGB an diesen Schweinerein teilhat, z.B. als Mitbetreiber der KIBA.

Zitat


AUFRUF!

Maßnahmen zur Kenntnisauffrischung und Weiterbildung nur auf freiwilliger Basis!


Keine Kürzung der Bezüge, wenn ein Arbeitsloser eine Maßnahme für nicht nötig hält! Das Geld, das für Maßnahmen verschwendet wird, ist bei den Arbeitslosen besser aufgehoben!

Sofortiger Rückzug der Gewerkschaften aus den Maßnahmen gegen Arbeitslose!

Die Gewerkschaften müssen sich auf ihre Aufgabe rückbesinnen die Interessen der Arbeitenden sowie der Erwerbslosen zu vertreten, statt die der Wirtschaft.





Berlin (dpa) - SPD und Grüne haben die Forderung der FDP zurückgewiesen, die stellvertretende DGB-Vorsitzende Ursula Engelen- Kefer aus dem Verwaltungsrat der Bundesanstalt für Arbeit abzuberufen.

FDP hatte Engelen-Kefers Tätigkeit für Anbieter beruflicher Weiterbildungsmaßnahmen moniert, die von den Aufträgen der Bundesanstalt profitieren. Hier drohe ein "Interessenüberschneidung". Hans-Werner Bertl (SPD) bezeichnete die Vorwürfe am Donnerstagabend im Bundestag als "absurd" und nicht belegbar.

admin

Ich wünsche mir schon seit langem eine politische Kampagne gegen den Hartz IV Terror.
Es genügt einfach nicht allein die Einhaltung von ohnehin fragwürdigen Gesetzen und Regelungen einzufordern und die Erwerbslosen immer weiter in ihren "Rechten" zu schulen. Es muß das ganze System der Verarmung, Drangsalierung und Erniedrigung angegriffen werden.

Es müssen die politischen und wirtschaftlichen Interessen dahinter offengelegt werden.

Ein politisch und ökonomisch bedeutender Bereich ist der der Maßnahmen. Diese werden von den Betroffenen meist als "Sinnlosmaßnahmen" empfunden. De facto sind es auch sind es gleichzeitig repressive Maßnahmen gegen Erwerbslose. Sie leiden nicht nur an Armut, gleichzeitig soll ihnen auch noch ein Teil ihrer Zeit gestohlen werden. Ein ganzer Katalog an Maßnahmen macht dem Erwerbslosen das Leben in den Fängen der ARGE so unerträglich, daß die Flucht in einen Niedriglohnjob als Befreiung empfunden wird. Und hier kommen wir dem "Sinn" dieser Maßnahmen auf die Spur. Sie gehören zum Zwang in immer miesere Jobs, sie sind ein politisches Druckmittel auf das Lohnniveau. Und hier kommen wir zu dem eigentlichen Skandal: Dieser Druck zur Absenkung der Löhne kommt zu einem großen Teil vom DGB selbst.

Der DGB sitzt selbst im Verwaltungsrat der Arbeitsagentur und in den Aufsichtsräten den Maßnahmenindustrie. Es handelt sich um eine Milliardenindustrie. Es fließen astronomische Summen, die von den Arbeitenden eingezahlt worden sind für den Fall ihrer Arbeitslosigkeit, direkt in die Taschen der Maßnahmenträger, statt zu dem eigentlich Zweck, den Lebensunterhalt der Erwerbslosen zu finanzieren. Ich bat einen Fachmann einen Text darüber mit den politischen und wirtschaftlichen Verquickungen und den Summen, mit denen gearbeitet wird, für chefduzen zu schreiben. Dieser winkte ab, er hätte keine Zeit dazu.

Zufällig bin ich nun über einen nicht ganz taufrischen, aber sehr informativen Artikel im Wirtschaftsmagazin brandeins gestolpert. Hierin finden sich einige der Informationen, nach denen ich so lange gesucht habe:

ZitatDas läuft so: Die Bundesagentur verwaltet sich selbst. Das heißt, über die Einnahmen aus der Arbeitslosenversicherung und die ihr zustehenden Steuermittel bestimmt ein Verwaltungsrat, der vergleichbar ist mit dem Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft. Im Verwaltungsrat sitzen zu je einem Drittel Vertreter der Arbeitgeber, der Arbeitnehmer und der öffentlichen Hand. Sie segnen jedes Jahr den Haushalt ab und bestimmen, wie viel daraus sie für politische Ziele ausgeben – die Arbeitsförderung.

Arbeitgeberverbände und Gewerkschafter sind im BA-Verwaltungsrat, anders als in Tarifverhandlungen, keine Kontrahenten, sondern Partner mit ganz ähnlichen Interessen. Sie sind große Player in der Bildungsbranche. Und die lebt maßgeblich davon, dass es Arbeitslose überhaupt gibt.

Dieses Jahr bestimmen die Verwaltungsräte über 37,7 Milliarden Euro. Nur 13,7 Milliarden davon werden für den ursprünglichen Zweck der Pflichtversicherung gebraucht, die Zahlung von Arbeitslosengeld. Kaum weniger werden für Interventionen am Arbeitsmarkt ausgegeben. Für "Instrumente", die Vermittlungszuschüsse, Umschulungen, Eingliederungshilfen, Arbeitsgelegenheiten, Weiterbildungen, Berufsvorbereitungen, Gründungszuschüsse oder Coachings heißen, unter anderem.

Davon leben Unternehmen wie die Deutsche Angestellten-Akademie. Sie wurde als Bildungswerk der Deutschen Angestelltengewerkschaft gegründet, die später in der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi aufging. Die Akademie hat fast 422 Standorte, allein 83 in Nordrhein-Westfalen. Hinter der gemeinnützigen GmbH steht eine Stiftung mit 19 Sozialunternehmungen. Das Stiftungskapital kommt von Verdi. Die Gewerkschaft stellt mit Isolde Kunkel-Weber zugleich eine Verwaltungsrätin für die Arbeitnehmerseite in der Bundesagentur. Kunkel-Weber entscheidet also mit darüber, wie die Beiträge aus der Pflichtversicherung verwendet werden. Und im dreiköpfigen DAA-Stiftungsvorstand wiederum sitzen Gerd Herzberg, der ehemalige Vize von Verdi, und Dina Bösch, Mitglied im Bundesvorstand von Verdi.

Beim Berufsfortbildungswerk (bfw) ein ähnliches Bild. Das Unternehmen im Besitz des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) erwirtschaftete mit bundesweit knapp 1800 Beschäftigten 2011 einen Umsatz von 120 Millionen Euro. Und bezeichnet den "Bereich SGB III/SGB II" im jüngsten Geschäftsbericht trotz Einbußen weiter als sein "Kerngeschäft". SGB heißt Sozialgesetzbuch, und das bedeutet: Arbeitslosengeldempfänger sind die wichtigsten Kunden des Berufsfortbildungswerks, ihre "Bildungsgutscheine" von der Arbeitsagentur bare Münze. Die Wege zu den Entscheidern sind auch beim bfw kurz: Annelie Buntenbach, Vorstandsmitglied des DGB, ist stellvertretende Verwaltungsratsvorsitzende in der Bundesagentur. Buntenbach hat es, anders als ihre Vorgängerin Ursula Engelen-Kefer, vermieden, parallel noch Aufsichtsratsmitglied im bfw zu sein. Dessen Vorsitz hat jetzt Claus Matecki inne – der mit Buntenbach gemeinsam im DGB-Vorstand sitzt. Man kennt sich, man sieht sich.

Die Arbeitslosenindustrie floriert

Die Arbeitgeberseite hat längst nachgezogen. Das Bildungswerk der Bayerischen Wirtschaft (bbw) zum Beispiel, ein gemeinnütziges Firmengeflecht aus Betrieben in ganz Deutschland sowie Österreich, Italien, Polen, Tschechien und China, setzte 2011 mit 6300 Mitarbeitern 384,2 Millionen Euro um. Wie viel davon aus Mitteln der Bundesagentur stammt, gebe man, "mit Blick auf das Konkurrenzumfeld an einem freien Bildungsmarkt (...) grundsätzlich nicht nach außen", heißt es weniger gemeinnützig aus der Presseabteilung. Kein Geheimnis ist, dass Bertram Brossardt für die Arbeitgeberseite im Verwaltungsrat der Bundesagentur sitzt, in seiner Funktion als Hauptgeschäftsführer der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft. Die ist offizielle Förderin des Bildungswerks bbw. Und weil Brossardt in Personalunion noch Chef des Verbands der Bayerischen Metall- und Elektroindustrie ist und dieser Verband als Mitglied das Bildungswerk mitträgt, bleibt alles in der Familie.

Man könnte das fortsetzen, mit der Stiftung Grone-Schule, der Stiftung Bildung und Handwerk, der Siemens Professional Education oder gewerkschaftsnahen Gewächsen im Bildungsmarkt. Der Präsident des Internationalen Bundes ist zum Beispiel ein ehemaliger Bundesvorsitzender der IG Bau. Bei Ingrid Hofmann liegt es anders: Sie vertritt den Bundesarbeitgeberverband der Personaldienstleister im Verwaltungsrat – gleichzeitig ist die Bundesagentur Aufsichtsbehörde ihrer Branche.

Die Seilschaften verlaufen kreuz und quer. Als Aufseher und Akteure der aktiven Arbeitsmarktpolitik haben Arbeitgeber und Gewerkschafter zusammen immer eine Zweidrittelmehrheit im Verwaltungsrat, wenn sie sie brauchen. Und das nicht nur auf Bundesebene, sondern im Prinzip in jeder Agentur vor Ort.

Hier der ganze Artikel: http://www.brandeins.de/archiv/2012/interessen/die-arbeitsbeschaffungsmassnahme.html

jacha

Das ist auch noch nicht die ganze Wahrheit. Wer sitzt denn in den Beiraeten Eurer Job-Center und beaeugt, wer welchen Brocken vom Maßnahmenbudget zugeworfen bekommt? Genau - Gewerkschaftsfuzzis. Und natuerlich die organisierte Fuersorgeindustrie.

Daß die "Maßnahmen" weithin sinnfrei sind, stört nicht. Ist vom Gesetzgeber auch nicht gefordert. Ziel ist: Die Vollzugssubjekte sind weggesperrt und aus der Statistik gelogen. Waere ja noch schoener, wenn sie frei umherliefen und auf eigene Gedanken kaemen. 

Im Aufruf (ganz oben) hieß es: "Die Gewerkschaften müssen sich auf ihre Aufgabe rückbesinnen die Interessen ...der Erwerbslosen zu vertreten,..."
Frage: Wann taten sie das in der BRD jemals ernsthaft?
cetervm censeo h.IV esse delendam

Kuddel

Zitat von: jacha am 20:46:41 Fr. 24.Oktober 2014
Im Aufruf (ganz oben) hieß es: "Die Gewerkschaften müssen sich auf ihre Aufgabe rückbesinnen die Interessen ...der Erwerbslosen zu vertreten,..."
Frage: Wann taten sie das in der BRD jemals ernsthaft?[/color][/tt]

Eine rhethorische Frage, klar. Der DGB war noch nie der Interessenvertreter der Arbeiterklasse, zu der auch die Erwerbslosen gehören. Nach Kriegsende wurde der DGB unter aktiver Mithilfe der USA und GB aufgebaut, nicht als Stimme der Arbeiterinteressen, sondern zur Kontrolle der Arbeiter. Ihre Kämpfe sollten nie das System gefährden.


Bei dem Text von brandeins ist mir folgende Information ins Auge gesprungen:
Zitat37,7 Milliarden Euro. Nur 13,7 Milliarden davon werden für den ursprünglichen Zweck der Pflichtversicherung gebraucht, die Zahlung von Arbeitslosengeld.

In anderen Worten: Zwei Drittel der Kohle versickert in den Taschen der Maßnahmenindustrie, die zu einem Teil selbst in der Hand des DGB ist.
Oder: Wären die Sinnlosmaßnahmen abgeschafft, wäre genug Geld da um die Bezüge der Erwerbslosen zu verdreifachen!

BGS

Abgesehen vom finanziellen Aspekt werden Erwerbslose sogar um ihre Lebenszeit bestohlen, wenn sie z. B. in Schwachsinns"maßnahmen" gezwungen werden. Ungeheuerlich, wie verkommen das deutsche System ist.

Dennoch wünsche ich allen Ausgebeuteten ein sehr angenehmes Wochenende.

MfG

BGS
"Ceterum censeo, Berolinensis esse delendam"

https://forum.chefduzen.de/index.php/topic,21713.1020.html#lastPost
(:DAS SINKENDE SCHIFF DEUTSCHLAND ENDGÜLTIG VERLASSEN!)

inline

Sind die "Maßnahmen" eigentlich typisch DEUTSCH ?
Im Norden scheint es so etwas ja (noch ?) nicht zu geben.

BGS

Es gibt auch in Skandinavien "Maßnahmen", doch wird man soweit mir bekannt nicht unter Drohung des Entzugs des Existenzminimums dorthin gezwungen. Seinen Ursprung hat der Maßnahmeschwachsinn vermutlich in England, unter dem miserablem Thatcher Regime.

Leider hat sich die Unsitte kostenloser "Praktika" hier ebenfalls verbreitet, zumindest für die Unbedarften, denen wird erzählt, es erwüchsen hieraus irgendwelche "Chancen". Es kann natürlich auch Mal etwas positives für den "Praktikanten" daraus sich ergeben, doch ist das eher absolute Ausnahme. Wer zu viele "Praktika" gemacht hat, ist chancenlos, was die immer weniger werdenden "Normalarbeitsplätze" angeht.

Die Arbeit verschwindet eben überall. Dies sollte jedoch für die Ausgebeuteten positiv sein. Das Gute hier ist, daß ich offen im Arbeitsamt sagen kann, was ich von den Maßnahmen halte: Nichts.

MfG

BGS
"Ceterum censeo, Berolinensis esse delendam"

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schwarzrot

Zitat von: BGS am 22:16:49 Sa. 25.Oktober 2014
Die Arbeit verschwindet eben überall. Dies sollte jedoch für die Ausgebeuteten positiv sein. Das Gute hier ist, daß ich offen im Arbeitsamt sagen kann, was ich von den Maßnahmen halte: Nichts.
Yup,
das kannst du aber auch hier. Das problem ist eher, dass betroffene schon so verängstigt sind, in verbindung mit dem typisch toitschen untertanengeist, dass sie glauben für meinungsäusserungen gegenüber dem SB 'sanktioniert' werden zu können.
Ich hab schon mehrfach meinen SBs bei massnahmen'vorschlägen' gesagt, was ich davon halte, mit dem ergebnis, dass die mich in sowas nicht zwangsgesteckt haben. Es geht also, bzw. ich empfehle leuten, es doch auch mal etwas mutiger zu probieren.
(massnahmen machen dem SB einiges an schreibkram, leuten massnahmen aufzudrücken, die sich (gekonnt) wehren, macht noch mehr arbeit, er wird sich also eher opfer suchen, die still/verängstigt, sich nicht wehren)
Verlieren kann man dabei nichts: Falls der SB nicht drauf eingeht, hat man halt die massnahme am arsch, die man sonst eh machen muss, ausser, dass man vielleicht in der akte als 'querulant' gilt. Und wenn schon!  :D Das ist ja gerade das problem in doofland, jeder möchte möglichst von seinen oberen/wärtern geliebt werden bloss nicht auffallen!

Was 'sanktioniert' wird ist, wenn man zu massnahmen, die man aufgedrückt bekommt, nicht hin geht.

Bertolt Brecht/An die Gleichgeschalteten
ZitatUm sein Brot nicht zu verlieren
In den Zeiten zunehmender Unterdrückung
Beschließt mancher, die Wahrheit
Über die Verbrechen des Regimes bei der Aufrechterhaltung der Ausbeutung
Nicht mehr zu sagen, aber
Aber auch die Lügen des Regimes nicht zu verbreiten, also
Zwar nicht zu enthüllen, aber
Auch nichts zu beschönigen. Der so Vorgehende
Scheint nur von neuem zu bekräftigen, daß er entschlossen ist
Auch in den Zeiten zunehmender Unterdrückung
Sein Gesicht nicht zu verlieren, aber in Wirklichkeit
Ist er doch nur entschlossen
Sein Brot nicht zu verlieren. Ja, dieser sein Entschluß
Keine Unwahrheit zu sagen, dient ihm dazu, von nun an
Die Wahrheit zu verschweigen. Das kann freilich
Nur eine kleine Zeit durchgeführt werden. Aber auch zu dieser Zeit
Während sie noch einhergehen in den Ämtern und Redaktionen
In den Laboratorien und auf den Fabrikhöfen als Leute
Aus deren Mund keine Unwahrheit kommt
Beginnt schon ihre Schädlichkeit. Wer mit keiner Wimper zuckt
Beim Anblick blutiger Verbrechen, verleiht ihnen nämlich
Den Anschein des Natürlichen. Er bezeichnet
Die furchtbare Untat als etwas so Unauffälliges wie Regen
Auch so unhinderbar wie Regen.
So unterstützt er schon durch sein Schweigen
Die Verbrecher, aber bald
Wird er bemerken, daß er, um sein Brot nicht zu verlieren
Nicht nur die Wahrheit verschweigen, sondern
Die Lüge sagen muß. Nicht ungnädig
Nehmen die Unterdrücker ihn auf, der da bereit ist
Sein Brot nicht zu verlieren.
Er geht nicht einher wie ein Bestochener
Da man ihm ja nichts gegeben, sondern
Nur nichts genommen hat.
Wenn der Lobredner
Aufstehend vom Tisch der Machthaber, sein Maul aufreißt
Und man zwischen seinen Zähnen
Die Reste der Mahlzeit sieht, hört man
Seine Lobrede mit Zweifeln an.
Aber die Lobrede dessen
Der gestern noch geschmäht hat und zum Siegesmahl nicht geladen war
Ist mehr wert. Er
Ist doch der Freund der Unterdrückten. Sie kennen ihn.
Was er sagt, das ist
Und was er nicht sagt, ist nicht.
Und nun sagt er, es ist
Keine Unterdrückung.
Am besten schickt der Mörder
Den Bruder des Ermordeten
Den er gekauft hat, zu bestätigen
Daß ihm den Bruder
Ein Dachziegel erschlagen hat. Die einfache Lüge freilich
Hilft ihm, der sein Brot nicht verlieren will
Auch nicht lange weiter. Da gibt es zu viele
Seiner Art. Schnell
Gerät er in den unerbittlichen Wettkampf aller derer
Die ihr Brot nicht verlieren wollen: es genügt nicht mehr der Wille zu lügen.
Das Können ist nötig und die Leidenschaft wird verlangt.
Der Wunsch, das Brot nicht zu verlieren, mischt sich
Mit dem Wunsch, durch besondere Kunst dem ungereimtesten Gewäsch
Einen Sinn zu verleihen, das Unsagbare
Dennoch zu sagen.
Dazu kommt, daß er den Unterdrückern
Mehr Lob herbeischleppen muß als jeder andere, denn er
Steht unter dem Verdacht, früher einmal
Die Unterdrückung beleidigt zu haben. So
Werden die Kenner der Wahrheit die wildesten Lügner.
Und das alles geht nur
Bis einer daherkommt und sie doch überführt
Früherer Ehrlichkeit, einstigen Anstands, und dann
Verlieren sie ihr Brot.
"In der bürgerlichen Gesellschaft kriegen manche Gruppen dick in die Fresse. Damit aber nicht genug, man wirft ihnen auch noch vor, dass ihr Gesicht hässlich sei." aus: Mizu no Oto

Wieder aktuell: Bertolt Brecht

Rudolf Rocker

Ebenfalls Brecht:

ZitatRESOLUTION DER KOMMUNARDEN

                    1

In Erwägung unsrer Schwäche machtet
Ihr Gesetze, die uns knechten soll'n.
Die Gesetze seien künftig nicht beachtet
In Erwägung, daß wir nicht mehr Knecht sein woll'n.

      In Erwägung, daß ihr uns dann eben
        Mit Gewehren und Kanonen droht
        Haben wir beschlossen, nunmehr schlechtes Leben
        Mehr zu fürchten als den Tod.


                    2

In Erwägung, daß wir hungrig bleiben
Wenn wir dulden, daß ihr uns bestehlt
Wollen wir mal feststelln, daß nur Fensterscheiben
Uns vom guten Brote trennen, das uns fehlt.

        In Erwägung, daß ihr uns dann eben
        Mit Gewehren und Kanonen droht
        Haben wir beschlossen, nunmehr schlechtes Leben
        Mehr zu fürchten als den Tod.


                    3

In Erwägung, daß da Häuser stehen
Während ihr uns ohne Bleibe laßt
Haben wir beschlossen, jetzt dort einzuziehen
Weil es uns in unsern Löchern nicht mehr paßt.

        In Erwägung, daß ihr uns dann eben
        Mit Gewehren und Kanonen droht
        Haben wir beschlossen, nunmehr schlechtes Leben
        Mehr zu fürchten als den Tod.


                    4

In Erwägung: es gibt zuviel Kohlen
Während es uns ohne Kohlen friert
Haben wir beschlossen, sie uns jetzt zu holen
In Erwägung, daß es uns dann warm sein wird.

        In Erwägung, daß ihr uns dann eben
        Mit Gewehren und Kanonen droht
        Haben wir beschlossen, nunmehr schlechtes Leben
        Mehr zu fürchten als den Tod.


                    5

In Erwägung: es will euch nicht glücken
Uns zu schaffen einen guten Lohn
Übernehmen wir jetzt selber die Fabriken
In Erwägung: ohne euch reicht's für uns schon.

        In Erwägung, daß ihr uns dann eben
        Mit Gewehren und Kanonen droht
        Haben wir beschlossen, nunmehr schlechtes Leben
        Mehr zu fürchten als den Tod.


                    6

In Erwägung, daß wir der Regierung
Was sie immer auch verspricht, nicht traun
Haben wir beschlossen, unter eigner Führung
Uns nunmehr ein gutes Leben aufzubaun.

        In Erwägung: ihr hört auf Kanonen -
        Andre Sprache könnt ihr nicht verstehn -
        Müssen wir dann eben, ja, das wird sich lohnen
        Die Kanonen auf euch drehn!

schwarzrot

Um wieder zum eigentlichen thema zurückzukommen.
Die massnahmeindustrie läuft auch vorallem deshalb, weil sie mit pseudo-selbsständigen zu geringen kosten ihre 'kurse' fahren kann.
Damals, als ich in besagter schule meine weiterbildung gemacht habe, würde ich den prozentsatz der scheinselbstständigen ('kursleiter'/'referenten' haben teilweise seit jahren nur den einen arbeitgeber und sind bei genauem hinsehen den weisungen des massnahmeträgers unterworfen, weil von dem einen job abhängig) auf 50% schätzen.
Das ist bei anderen massnahmeträgern auch nicht anders, heutzutage würde ich den prozentsatz sogar noch auf höher schätzen.

Hätten wir funktionierende gewerkschaften, funtionierende ermittlungen/verbote von scheinselbstständigkeit, würden sehr viele dieser 'massnahmen' nicht mehr existieren.
"In der bürgerlichen Gesellschaft kriegen manche Gruppen dick in die Fresse. Damit aber nicht genug, man wirft ihnen auch noch vor, dass ihr Gesicht hässlich sei." aus: Mizu no Oto

Wieder aktuell: Bertolt Brecht

Rudolf Rocker

Ein Bekannter von mir hat auch mal als selbstständiger Dozent bei solchen Maßnahmeträgern gearbeitet.
Netto kam er auf einen Stundenlohn von grademal 6 Euro.
Ein absoluter Witz, erst recht für jemanden mit einem abgeschlossenen Studium.



Aufgewachter

Beschäftigung von (Schein )Selbstständigen ist zu einem hohen Prozentsatz die Regel. Der Rest bekommt auf Maßnahmelänge zugeschnittene befristete (Fest) Verträge die ggf um eine oder mehrere Maßnahmen verlängert werden Der Stundenlohn für einen Handwerksmeister wird wegen Mindestlohn auf 8,5 Euro aufgestockt.    kotz       Es wird mit dem geringstmöglichen finanziellen Aufwand eine Maßnahme aus dem Boden gestampft, die Kohle greift die übergeordnete Stiftung ab.  Mittlerweile hat das Jobcenter gelernt und fordert in den Aussreibungen fest angestellte Ausbilder.  Naja deshalb gibt es bei uns Aufstocker mit 23,25 Stunden Festvertrag als Ausbilder 8o . Die Filialen werden bewußt unter "Betriebsratsgröße" gehalten.

Wer an solch einer Maßnahme teilnimmt,- besorgt Euch das Konzept. Benutzt die Werkzeuge und Maschinen, die sind für EUCH da. Fordert,- holt die Ausbilder von dem grünen Bildschirn mit den Spielkarten weg und fragt konkrete Sachen. Laßt Euch Sachen zeigen die Euch interessieren. Man lernt nie aus, manche sind gar nicht so verkalkt wie die tun, oft sparen die nur ihren Elan für den Feierabend wenn am Tor das Gehirn wieder eingeschaltet wird. Ausbilder die sebstständig denken sind meist nicht gewollt.   Ich kenne einige Kollegen die hier fleißig mitlesen.... Wer kann, verläßt den Bildungszirkus sowieso so schnell wie möglich wieder, dazu wird viel zu schlecht bezahlt.    Euer Aufgewachter        der zur Zeit noch als Ausbilder arbeitet.   

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