Gewalt gegen Fabrikbesetzer in Argentinien

Begonnen von Wildkätzchen, 14:52:57 Mo. 14.März 2005

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Wildkätzchen

Gefunden bei Wildcat:

ZitatEskalation gegen die Arbeiter der besetzten Fabrik Zanon

Eine Woche nach den telefonischen Morddrohungen gegen Raúl Godoy und Alejandro López, Sprecher der Gewerkschaft SOECN und der Zanonarbeiter, kam es zu einem blutigen Überfall. Am 4. März wurde die Frau eines Zanon-Arbeiters entführt, bedroht und verletzt. Drei Männer und eine Frau zerrten die 24-Jährige in ein Auto, schlugen sie und drohten, auch ihrem Kind etwas anzutun: sie wüssten genau, wo sie ihr Kind lässt, wenn sie zur Arbeit fährt. Sie verfügten über Detailwissen und müssen die Familie systematisch beobachtet haben. Mit einem scharfen Gegenstand fügten sie der Frau blutige Schnitte am Oberkörper und im Gesicht zu und sagten: »Das ist für Godoy, für López und für Mariano Pedrero (den Anwalt der Zanonarbeiter). Das ist wegen Zanon. Sag denen, dass wir in der Gewerkschaft ein Blutbad anrichten werden. Wir wollen, dass du mit blutigem Gesicht dort ankommst, um ihnen zu zeigen, wie sie alle aussehen werden. Sie werden alle in die Fabrik umziehen müssen, denn wir werden sie sonst alle umbringen.« Nach zwanzig Minuten ließen die Vermummten ihr Opfer frei. In der folgenden Nacht drangen die Täter in das Haus der Entführten ein und bedrohten sie erneut. Das Fahrzeug der Täter ist ein Ford-Falcon. Dieser Autotyp hat in Argentinien einen schrecklichen Symbolwert, denn er wurde von den Militärs für ihre Entführungen benutzt. Vor und während der Miliärdiktatur in Argentinien (1976-83) »verschwanden« 30   000 Menschen. Die meisten von ihnen waren gewerkschaftlich und politisch aktive ArbeiterInnen.

Die ArbeiterInnen von Zanon sehen den Überfall als weitere Eskalation in der derzeitigen Repression, deren Beginn sie auf den November 2003 datieren. Damals ging die Polizei mit großer Brutalität gegen Arbeitslose vor, denen die Zanonarbeiter in einer stundenlangen Straßenschlacht zuhilfe kamen. Mehrere Menschen wurden durch Gummigeschosse und sogar scharfe Munition verletzt. Der Zanonarbeiter Pedro Alveal verlor dabei ein Auge. Erst vor kurzem ist es den AnwältInnen der Zanonarbeiter gelungen, nach mehreren Einstellungen doch noch ein Strafverfahren gegen beteiligte Polizisten in Gang zu bringen.

Noch ist unklar, woher genau die derzeitigen Angriffe kommen, aber alle Hypothesen deuten in dieselbe Richtung: auf die Provinzregierung. Dies gilt auch für die Vermutung, dass die ehemaligen unternehmertreuen Gewerkschafter dahinterstecken könnten, die schon einmal versucht haben, den Betrieb mit Gewalt »zurückzuerobern«, denn auch diese Mafia hat beste Verbindungen zur Provinzregierungspartei MPN.

Nachdem zuerst bekannte Führungspersönlichkeiten bedroht wurden, ist nun die Frau eines Arbeiters angegriffen worden, der keinerlei besondere Funktionen in der besetzten Fabrik ausübt. Wenn die Täter damit sämtliche ArbeiterInnen einschüchtern wollten, haben sie sich verrechnet. Bei einem Diskussionstag in der Fabrik über die Vorfälle haben die ArbeiterInnen ihre Einheit und Entschlossenheit bekräftigt. Die Entführte selbst hat sie aufgefordert, auf keinen Fall in ihrem Kampf nachzulassen und sich durch diesen Überfall nicht aufhalten zu lassen. Diese Entschlossenheit haben am 8.3. in Neuquén 5000 Menschen demonstriert. Die entführte compañera ging bei dieser Demonstration in der ersten Reihe. Die CTA (einer der drei Gewerkschaftsdachverbände, der vor allem im Öffentlichen Dienst vertreten ist) hat für diesen Tag in der Provinz Neuquén zu einem Streik mit Mobilisierung aufgerufen. Bei der Demonstration waren neben den ZanonarbeiterInnen und ihren Familien besonders viele LehrerInnen. Unterricht hat an diesem Tag in der Provinz kaum stattgefunden. In der über tausend Kilometer entfernten Hauptstadt Buenos Aires haben am Vorabend im instandbesetzten Vier-Sterne-Hotel BAUEN die Arbeiter der U-Bahn (Subte) ein großes Treffen organisiert, bei dem viele Organisationen und Delegationen aus Betrieben ihre Solidarität mit den ArbeiterInnen von Zanon bekräftigt haben. Hier wurde beschlossen, in der folgenden Woche mit einer "Karawane" nach Neuquén zu fahren, und zeitgleich mit den Zanon-Arbeitern in der Hauptstadt zu demonstrieren. Etwa zweihundert Leute haben dort zwei Stunden lang die Vertretung der Provinz Neuquén belagert.

Wieder einmal hat sich gezeigt, dass die ArbeiterInnen dieser besetzten Fabrik mit großer Unterstützung aus der Bevölkerung und anderen Betrieben rechnen können. Da zu befürchten ist, dass die Angriffe weiter gehen oder noch weiter eskalieren, ist Solidarität zur Zeit besonders nötig.

Für mehr Infos (auf spanisch), für Kontakt zu den ArbeiterInnen von Zanon und Solidaritätsadressen:
www.obrerosdezanon.org
oder schreibt an prensaobrerosdezanon@neunet.com.ar

Ein weiterer Artikel zu Zanon: Zanon gehört den ArbeiterInnen
Achtung: Kapitalismus fügt Ihnen und den Menschen in Ihrer Umgebung erheblichen Schaden zu

BakuRock

neu aus dem Labournet:

Zitat,,ZANON - eine der bekannten Fabriken in ArbeiterInnenselbstverwaltung
Argentiniens kämpft um´s Überleben. Ab 20. Oktober ist der Belegschaft der
Weiterbetrieb unter den bislang gerichtlich abgesicherten Bedingungen
untersagt worden. Die ArbeiterInnen haben Rechstmittel und einen
Protestmarsch (für morgen) angekündigt..." Artikel auf Indymedia vom
24.10.2007
http://de.indymedia.org/2007/10/197748.shtml

Anmerkung der Übersetzerin: Eine kleine Korrektur: statt "Diese Anordnung
bedeutet, dass die Kooperative ab dem 20. Oktober 2007 keine gerichtliche
Sicherheit mehr besitzen wird, um die Fabrik weiterzubetreiben" müsste es
heißen Oktober 2008. Die compañer@s haben also glücklicherweise ein Jahr
Zeit für die Mobilisierung, mit der sie aber aus gutem Grund jetzt sofort
beginnen.
---
Wenn eine Idee am Anfang nicht absurd klingt, gibt es für sie keine Hoffnung. .... A. Einstein

Eigentumsfragen stellen!

Wer sind FAUistas

Kuddel

Der bekannteste selbstverwaltete Betrieb in Argentinien, die Fliesenfabrik Zanon in Neuquén, ist erneut bedroht. Auf Antrag eines Gläubigers des alten Besitzers soll die Fabrik im Oktober versteigert werden. Dies könnte das Ende dieses außergewöhnlichen Experiments von Selbstverwaltung und Basisdemokratie bedeuten...

http://de.indymedia.org/2008/08/223809.shtml

Kater

ZitatInfoveranstaltung zu Zanon in Argentinien

Freitag 26.September

19.00 Uhr

Admiralstr. 17 (Kreuzberg):

Film/Diskussion

Die selbstverwaltete Fabrik "Zanon" steht kurz vor ihrer Räumung. Die Kämpfe
der Arbeiter der Kachelfabrik in Patagonien dauern nun schon 6 Jahre. Von
dieser selbstverwalteten Arbeit in der Fabrik leben 470 Familien. Die
Regierung wird im kommenden Oktober die Fabrik räumen lassen. Die
ArbeiterInnen bitten um internationale Solidarität. Wir laden euch alle,
organisierte und nicht organisierte Menschen, zur Veranstaltung mit Rosa
Maldonado ein. Rosa wird uns über die aktuelle Entwicklung informieren und
dann diskutieren wir zusammen, wie wir die ArbeiterInnen von "Zanon" in
dieser schwierigen Zeit konkret unterstützen können. Wir werden auch den
neuen Film "Corazon de Fabrica" zeigen.

"Zanon gehört den ArbeiterInnen!"

jobless0815

Leider zu weit weg der Veranstaltungsort. Warum soll die Fabrik geräumt werden?


jensen-ex

ZitatOriginal von jobless0815
Leider zu weit weg der Veranstaltungsort. Warum soll die Fabrik geräumt werden?


Link
So it goes.

Kurt Vonnegut


ManOfConstantSorrow

ZitatEnteignung des Patrons abgesegnet

Die derzeitige Provinzregierung von Neuquen (Patagonien) hat in der Nacht zum 14.8.2009 der lang umkämpften Enteignung der "Besitzers" Luis Zanon zugestimmt.
In der Sitzung herrschte keineswegs Einigkeit und so dauerte sie bis in die Nacht hinein."Diese Entscheidung reflektiert einen organisierten Kampf, der die Unterstützung der ganzen Gesellschaft gewonnen hat," so Veronica Hullipan von der Konfederation der Mapuche [Ein ethnische Uhreinwohner Minderheit in Argentinien und Chile]. Die Enteignung wird von den Arbeitern jedoch nicht als Schlusspunkt eines Kampfes gesehen, sondern eher als ein wichtiger Etappensieg. Unter den Rufen "No le damos tregua, que se vayan a la mierda...", zogen sie zur Legislatur, was in etwa heißt "Wir geben ihnen keine Waffenruhe, sie sollen sich verpissen...". Damit wollen sie klar machen, dass das Versprechen eines Privilegs sie keineswegs daran hindert andere Kämpfe weiterhin zu unterstützen. In diesem Fall wurde auch an den Tod des Lehrers Carlos Fuentealba hingewiesen, der bei Protestaktionen von der Polizei ermordet wurde.
In der Sitzung wurde auch versucht die Arbeiter auf "sozialen Frieden" in der Provinz einzuschwören. Thema waren auch die 20 Millionen Dollar Schulden, die der alte Luis Zanon bei der Weltbank hat sowie weitere 5 Millionen, die er einem Maschinenhersteller schuldet(insgesamt schuldet Zanon über 75 Millionen Dollar). Vorschlag war, dass der Staat insgesamt 7 Millionen Dollar an Schuldner zahlt. Die Arbeiter weisen dieses Vorgehen jedoch zurück und sagen, dass wenn jemand zahlen muss es nicht der Staat, sondern Zanon selbst ist, der sich bei dem "gefälschten" Bankrott 2001 alles Geld in die eigene Tasche gesteckt hat. Die Auseinandersetzung wird also weitergehen, auch nach diesem historischen Ereignis der Enteignung eines Fabrikbesitzers und der Übereignung an die Arbeitskooperative FaSinPat (Fabrik ohne Chefs).

http://www.labournet.de/internationales/ar/zanon_satzung.pdf

Trailer of the documentary film Heart of the Factory - Corazón de Fábrica - about the story of struggle of Zanon Workers, from Argentina.
Heart of the Factory - Trailer
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

admin

Eine Bekannte, die sich schwerpunktmäßig um Lateinamerika kümmert, hat mir folgende Mail geschickt:

ZitatIch habe ja schon häufig über die übernommenen Betriebe in Argentinien berichtet. Deren Situation ist unter der neuen neoliberalen Regierung von Macri allgemein schwierig. Auch Zanon, die bekannteste übernommene Fabrik in Argentinien, die aufgrund ihrer kämpferischen Haltung international bekannt und zum Vorbild wurde, steckt in einer existenzbedrohenden Krise. Nach 15 Jahren erfolgreicher selbstverwalteter Produktion brauchen die Kolleg_innen nun erneut Solidarität. Da ihnen die für die technologische Erneuerung dringend benötigten Kredite verweigert werden, können sie mit der veralteten Maschinerie nicht mehr rentabel produzieren. Es reicht nicht mehr für den Lebensunterhalt der Kolleg_innen. Sie kämpfen aber weiter um die Kredite und für den Erhalt ihrer Arbeitsplätze. In dieser Phase brauchen sie Solidarität – auch finanzielle.

Sie haben für die Kampagne eine neue Webseite eingerichtet mit dem Aufruf, einer Darstellung der Geschichte der Fabrik sowie Bildern und Videos:
http://endefensadezanon.com/

Hier kann und sollte über PayPal auch international gespendet werden:
http://endefensadezanon.com/donaciones/

Eine Übersetzung des Aufrufs und der Geschichte der Fabrik findet ihr schon online bei Labournet:
http://www.labournet.de/interventionen/solidaritaet/internationale-solidaritaetskampagne-fuer-die-kolleg_innen-der-selbstverwalteten-fliesenfabrik-zanon-in-neuquen-argentinien/

Zur allgemeinen Lage hatte ich im September einen Artikel für die ila geschrieben:
https://www.ila-web.de/ausgaben/398/schwierige-zeiten-f%C3%BCr-die-selbstverwaltung-in-argentinien
Ich würde mich freuen, wenn du den Aufruf weiterverbreiten würdest.

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