Hartz-IV-Empfänger zum Pflege-Praktikum

Begonnen von Eivisskat, 14:59:55 Sa. 22.Oktober 2011

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Eivisskat

Zitat

"Hartz-IV-Empfänger zum Pflege-Praktikum" das fordert aktuell BA-Vorstand Heinrich Alt (BZ vom 20 November 2011). Begründung: Langzeitarbeitslose sollen so prüfen können, ob der Pflegeberuf etwas für sie ist. Geld gibt´s für das Praktikum aber nicht.

Stichwort unbezahlten Praktika
Seit 2003 (Az. 6 AZR564/ 01) geht das Bundesarbeitsgericht (BAG) in seiner ständigen Rechtsprechung gegen unbezahlte Praktika vor, da diese sitten- und rechtswidrig sind. Ob es sich tatsächlich um ein Praktikum handelt, welches der Ausbildung dienen muss, oder um ein verdecktes Arbeitsverhältnis, ist lt. Rechtsprechung des BAG nur für die Höhe der Bezahlung entscheidend, denn generell besteht für geleistete Arbeit immer ein Vergütungsanspruch. Immer mehr Betroffene wehren sich erfolgreich gegen solch unverhohlene Ausbeuterpraxis und klagen ihre Vergütung ein. Für Arbeitgeber ist es deshalb zunehmend riskant geworden, von Bewerber auf vermeintliche Jobangebote unbezahlte Praktika zu fordern.

Arbeitslose als kostenlose Leiharbeiter

Durch eine geschickte Auslegung des SGB II und III umgehen Arbeitsämter und Jobcenter diese Rechtsprechung des BAG und fördern dabei gezielt rechtswidrige unbezahlte Praktika. Missbraucht werden dabei die Festlegungen in § 46 SGB III und § 16 SGB II, danach können Arbeitsämter und Jobcenter im Rahmen einer sog. Eignungsfeststellung Arbeitslose für bis zu 8 Wochen einem Arbeitgeber zuweisen, für den die Betroffenen dann in dieser Zeit umsonst arbeiten müssen. Lohn erhalten sie dafür keinen, auch keine Aufwandsentschädigung, nur ihr Arbeitslosengeld oder Hartz IV wird weiter gezahlt.

Erwerbslose haben kaum eine Möglichkeit, sich gegen eine solche Zuweisung zu wehren, da sie offiziell im Rahmen einer Maßnahme zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung mit dem Ziel der (vermeintlichen) Anbahnung eines Arbeitsvertrages erfolgt, zu dem es in der überwiegenden Mehrzahl jedoch nie kommt.

De facto werden Arbeitslose von Arbeitsämtern und Jobcentern dabei als kostenlose Leiharbeiter an Arbeitgeber ausgeliehen und müssen dort die gleichen Tätigkeiten ausführen, wie Festangestellte.

Kommen die Betroffenen der Zuweisung nicht nach, oder erfüllen sie die Arbeitsaufgaben, die ihnen der Arbeitgeber stellt, nach dessen Meinung nur unzureichend, droht Hartz IV Empfängern eine harte Sanktion nach § 31 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB II, wo ihnen für 3 Monate 30%, bei unter 25-jährigen sogar 100 Prozent ihrer ALG II Regelleistung gestrichen wird.

ALG I Empfängern droht eine Sperrzeit nach § 144 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 oder 4 SGB III, die sie in den Hartz IV Bezug zwingt, wobei sie dort nochmal, dann nach § 31 Abs. 2 Nr. 3 SGB II, wie schon o.g. sanktioniert werden.

Kein Wunder, das Arbeitgeber dies vermehrt schamlos ausnutzen, um unter dem Deckmantel eines vermeintlich zu besetzenden Arbeitsplatzes Personalengpässe zu überbrücken.

Hierbei kann man nur von einer ungeheuren Schweinerei sprechen. Dies zeigt einmal mehr, dass Arbeitslose in unserem Land keinerlei Rechte mehr haben. Dass die Bundesagentur für Arbeit (BA) nun sogar öffentlich zu unbezahlten Praktika aufruft, ist ein Skandal! (fm)

http://www.gegen-hartz.de/nachrichtenueberhartziv/hartz-iv-empfaenger-zum-pflege-praktikum-615116.php



anti-hartz4

Eigentlich nichts neues aus diesem neoliberalen Schandmaul. Darf man nur hoffen,dass er mal Hilfe braucht und an ein Hartz-Opfer gerät,das für diese Arbeit nicht geeignet ist. >:D
Widerstand dem Kapitalgesindel

Kurvalski

Das ist wieder so typisch für diesen  Staat :evil:

Problemen wird nicht sinnvoll begegnet sondern sie werden verlagert/verschoben,
populistisch ausgeschlachtet und mit Stammtischparolen garniert   8o

Die Wurzel des Pflegenotstands wird so garantiert nicht bekämpft werden können :evil:

Eine gute Pflegeversorgung setzt gut ausgebildetes und motiviertes Personal voraus,
und nicht zwangs gegängelte Hartz 4 Empfänger ohne entsprechende Ausbildung !

Die Vergreisung der Bevölkerung ist auf die bessere/modernere medizinische Versorgung zurückzuführen,
um diese im Alten-Pflegeheim zu gewährleisten braucht es gut ausgebildetes examiniertes Pflegepersonal,
dieses muss massiv gefördert bzw. motiviert werden !

Viele examinierte kehren der Pflege den Rücken; schlechte Bezahlung, unattraktives Umfeld/Arbeitszeiten etc.  :P

Die heutige (Lebensverlängernde-) Medizin setzt echte Fachkräfte voraus, nicht umsonst ist die Altenpflege
seit einigen Jahren ein Lehrberuf mit einer Ausbildungsdauer von 3 1/2 Jahren !

Doch das ist bei den Pseudopolitikern offensichtlich nicht in den Köpfen angekommen,
die haben immer noch das hundert Jahre alte Bild von der netten Oma ein Paar Geschichten vorlesen
und Händchen halten im Kopf ...
... und selbst das wäre von einem zwangs gegängelten Hartz 4 Empfänger nicht per Zwang zu fordern  :evil:

Gruss
Kurvalski


Fight against Capitalism

Ruby

*ironieon* Melde mich freiwillig für die Pflege von Herrn Alt. ;-) Da würden mir sicher tolle Dinge einfallen wie man da rangehen könnte. *ironieoff*
"neoliberales Schandmaul" trifft es.

Aber nun Spaß beiseite, für die Pflege muß man gut ausgebildet sein und es schlicht eine Zumutung für jeden Alten von ungelernten Personal betreut zu werden. Das kann bei weitem nicht jeder.
Wäre ja auch zuviel verlangt sich das Problem Pflegenotstand mal richtig anzuschauen und Maßnahmen dagegen zu ergreifen die Sinn machen. Da fragt man sich immer öfter wo hat man die nur laufen lassen? Welche geschlossene Abteilung hat Ausgang?

lg Ruby

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