Chile

Begonnen von Kuddel, 20:12:48 So. 15.Juli 2012

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Kuddel

Aus Chile hört man meist von den Schüler und Studentenprotesten. Es ähnelt nun ein wenig an Frankreich 68, wo die Schüler und Studentenproteste plötzlich die gesamte Bevölkerung erfaßten...

ZitatMassenproteste in ganz Chile
Heftige Proteste gegen Fischereigesetz. Demonstration für Verstaatlichung des Kupfers und Metro-Blockade in Santiago



Von Kristin Schwierz



für die Nationalisierung des Kupfers und gegen
die Privatisierung natürlicher Ressourcen

Santiago. In Chile ist es diese Woche zu einer Welle von Protesten gekommen. Fast jeden Tag fanden Aktionen und Demonstrationen statt. Am Donnerstag demonstrierten Studierende und Gewerkschafter, um an den 41. Jahrestag der Verstaatlichung der Kupferindustrie unter dem sozialistischen Präsidenten Salvador Allende zu erinnern. Aufgerufen hatten der Studierendenverband Confech, Schülerverbände sowie der Gewerkschaftsdachverband CUT. In ihrer Demonstration erneuerten sie ihre Forderung, das Kupfer wieder zu verstaatlichen und weitere Privatisierungen natürlicher Ressourcen zu unterlassen. Die Organisatoren beklagten die Repression durch Einheiten der militarisierten Polizei (Carbineros). Nur einer kleinen Delegation gelang es, zum Bergbauministerium sowie der Zentrale des Kupferunternehmens Codelco vorzudringen, um einen Brief mit ihrer Forderung zu übergeben. Durch die Verstaatlichung der ökonomisch wichtigen Kupferindustrie könnte ein qualitativ besseres und kostenloses Bildungssystem und andere, dringend notwendige soziale Programme finanziert werden, so die Begründung für die Forderung.

In Santiago sorgte am Montag eine Aktion von Angestellten des Callcenters Konecta für großes Aufsehen: Sie blockierten eine Metrolinie für 45 Minuten, gleichzeitig wurde eine Straßenkreuzung besetzt. Mit den Aktionen wollten sie auf ihre Lohnforderungen aufmerksam machen, für die sie in den Streik getreten sind. Die Protestierenden wurden von der Polizei geräumt, drei von ihnen wurden festgenommen. Die Metro will Klage gegen sie erheben. Die Regierung kündigte empfindliche Strafen gegen die Blockierer an und erwägt dazu die Anwendung des "Gesetzes zur inneren Sicherheit". In einem Schnellurteil wurde den Festgenommenen bis auf Weiteres gerichtlich untersagt, sich der Metro zu nähern.

Seit Dienstag protestieren zudem in ganz Chile tausende Fischer mit Straßenblockaden und brennenden Barrikaden gegen das neue Fischereigesetz, das im Parlament auf den Weg gebracht wird. Über 3.000 Fischer blockierten am Mittwoch die Zufahrtsstraße zur Küstenstadt Constitución. Die Polizei setzte Wasserwerfer und Tränengas gegen die Demonstranten ein. Hunderte Fischer besetzten daraufhin den Verwaltungssitz der Provinz Arauco, wo sie die Freilassung ihrer bei den Demonstrationen verhafteten Mitstreiter forderten.

Das Gesetz erlaubt es, Fischerei-Lizenzen über einen Zeitraum von 20 Jahren an private Unternehmen zu vergeben. Die Kleinfischer, die das Einkommen von circa 120.000 Familien erwirtschaften, werden im Gesetz dagegen nicht berücksichtigt. Die Regierung argumentiert damit, die nachhaltige Fischerei fördern zu wollen. Die parlamentarische Kommission für Fischerei hat das Gesetz am Mittwoch beschlossen.

Nach einer ergebnislosen Zusammenkunft zwischen Vertretern der Fischer und dem Generalsekretär des Präsidialamtes Cristián Larroule, riefen die Gewerkschaftsführer der Fischer am Freitag dazu auf, die Proteste fortzusetzen. "Wir rufen dazu auf, dass der landesweite Streik und die Proteste auf den Strassen mit allen Mitteln, auch mit Straßenblockaden weitergeführt werden, denn wir müssen gehört werden", sagte Nelson Estrada, Präsident der Nationalen Kommission zur Verteidigung der Fischerei, die etwa 50. 000 Fischer vertritt.
http://amerika21.de/nachrichten/2012/07/53345/protestwelle

counselor

18.08.12 - Chile: Polizei räumt besetzte Schulen

In Chile halten die Proteste von Schüler und Studenten für eine kostenlose und qualitativ hochwertige staatliche Bildung an. Seit einer Woche haben Schüler und Studenten in mehreren Städten verschiedene Schulen besetzt. Am Donnerstag begann die Polizei, gewaltsam drei große besetzte Schulen in Santiago zu räumen. Die Polizei setzte Wasserwerfer ein und nahm 139 Demonstranten fest. Die Studentenbewegung hat für den 23. und 28. August wieder zu landesweiten Protesten aufgerufen.

Quelle: RF News
Alles ist in Bewegung. Nichts war schon immer da und nichts wird immer so bleiben!

Kuddel

ZitatProteste und Festnahmen in Chile
Mapuche hungern seit 111 Tagen

Vier Indigene in Chiles Süden befinden sich seit über 100 Tagen im Hungerstreik. Den Mapuche soll unter Verwendung eines Anti-Terror-Gesetzes der Prozess gemacht werden. Bei Protesten nimmt die Polizei mehrere Demonstranten fest.




Im Streit um inhaftierte Indigene der Mapuche ist es im Süden Chiles zu heftigen Protesten mit mindestens zehn Festnahmen gekommen. Vier Mapuche sind in einem Gefängnis der Stadt Temuco, rund 670 Kilometer südlich von Santiago de Chile, seit 111 Tagen im Hungerstreik. Ihnen wird vorgeworfen, 2016 einen evangelikalen Tempel in der Gemeinde Padre Las Casas abgebrannt zu haben. Die Mapuche fühlen sich von der Regierung unfair behandelt und protestieren gegen ein Anti-Terror-Gesetz, das auf ihren Fall angewandt werden soll.

Vor wenigen Tagen wurden in der Region La Araucanía zudem zwei katholische Kirchen und ein evangelisches Gotteshaus in Brand gesteckt. Die Polizei gab an, am Tatort sei ein Bekennerschreiben von radikalen Mapuche gefunden worden.

Seit Monaten kommt es zu Mapuche-Konflikten in Chile und Argentinien. Die Indios wehren sich gegen den Verlust ihrer Siedlungsgebiete. Immer wieder verüben Mapuche Brandattacken. Sie sind bekannt für ihren Rebellionsgeist: In der Kolonialzeit verteidigten sie als einziges indigenes Volk Lateinamerikas erfolgreich ihr Territorium gegen die spanischen Kolonialherren. Heute ist ihr ursprüngliches Stammesgebiet weitgehend in den Händen von Investoren und Großgrundbesitzern.

Rund 600.000 Mapuche leben in Chile, sie sind die größte indigene Gruppe des Landes. Im Süden Argentiniens leben noch etwa 100.000 Mapuche. Dort macht seit Monaten ein Konflikt zwischen Mapuche und dem italienischen Textil-Konzern Benetton Schlagzeilen, der etwa eine Million Hektar im argentinischen Patagonien zur Schafzucht nutzt.
http://www.n-tv.de/politik/Mapuche-hungern-seit-111-Tagen-article20052954.html

Fritz Linow

Zur Entwicklung der Unruhen in Chile gibt es hier etwas:
https://forum.chefduzen.de/index.php/topic,329109.msg352298.html#msg352298

Da es keineswegs nur um den Nahverkehr geht, macht es Sinn, wenn es hier weiter geht.

Zitat21.10.19
Bereits gestern kam es zu zahlreichen weiteren Demonstrationen im Land, heute ebenso zu vielen größeren und kleineren Demonstrationen. Das Ausmaß der Proteste ist schwer einzuschätzen, aber es ist gewaltig. Leider auch das Ausmaß der Repression: Für den heutigen Tag bestätigt die Regierung 7 Tote, ohne jedoch weiter auf die Todesumstände einzugehen.
Der Ausnahmezustand wurde heute ausgedehnt von Santiago auf die gesamte Region, sowie die Städte Antofagasta und Valdivia. Insgesamt wird es ab morgen in neun Regionen im Land den Ausnahmezustand verhängen:

"Hemos extendido el estado de emergencia a otras zonas y regiones. En el día de hoy se ha incorporado bajo el estado de emergencia todas las comunas de la Región Metropolitana, más la ciudad de Antofagasta y la ciudad de Valdivia"

Chadwick agregó que "se encuentra en estos momentos en trámite los decretos de estado de emergencia para todas las comunas de la Región de Valparaíso, para la ciudad de Talca, para la ciudad de Chillán y Chillán Viejo, para la ciudad de Temuco y Padre Las Casas, y finalmente la ciudad de Punta Arenas".

Das ist fast das gesamte Land. In vielen dieser Städte bzw. Hauptstädten der Provinz gab es gestern und heute große Demos, mit Angriffen auf Banken und Regierungsgebäude, aber in der Vielzahl meist Kochtopfdemos, wo ganze Familien auf Kochtöpfe schlagend sich auf Plätzen und Straßen versammeln. "Nunca jamas" - Nie Wieder. Das Gefühl, sich gegen die Militärdiktatur erneut wehren zu müssen ist wieder da, befeuert durch Soldaten, die sich nicht nur in der Hauptstadt Santiago, sondern auch in Städten weiter im Süden den Demonstranten heute entgegenstellten. Wohlgemerkt vollbewaffnet in Kriegsmontur. Panzer patroullieren mit einer Person am schweren Maschinengewehr sitzend in siebener Kollonne durch die Innenstadt von Santiago. Dagegen die Demonstranten mit leeren Händen oder Kochtöpfen - zumindest tags.

In einer Pressekonferenz bestätigte die Regierung überdies einen Vorfall in Puente Alto, wo eine Militärpatroullie heute morgen um 4 Uhr zwei Personen angeschossen hat und diese sich in einem kritischen Zustand befinden. Ebenso nannten sie als Resultat der gestrigen Ausgangssperre 244 Festnahmen wegen Verstoßes gegen eben dieses.

Seit 19 Uhr ist wieder Ausgangssperre und die Lage scheint sich nicht zu beruhigen. Im Gegenteil. Die Nacht gehört den "Encapuchados", den Kapuzzenträgern. Es kommt immer wieder zu brennenden Barrikaden und Straßenschlachten mit der Polizei und auch der beliebte Volkssport Supermarktplünderungen ist im Kurs hoch gestiegen - Biobio zählte gestern Abend alleine bereits 7, davon manche über mehrere Stunden gehend. Auch hier spielt sich zwar das meiste in der Hauptstadt ab, aber eben nicht nur. Daher die Angst der großen Ketten, es scheint unberechenbar, wo es als nächstes losbricht. Auch heute soll es wieder zu vielen Plünderungen gekommen sein.

Im Fernsehen wurden derweil heute Bilder gezeigt von Ladenbesitzern, die sich bewaffnen und die großen Supermarktketten haben im gesamten Land die meisten ihrer Filialen heute geschlossen gehalten. Sonntags ist in Chile eigentlich ein Einkaufstag: mit der ganzen Familie in den Jumbo ist für viele feste Tradition. Stattdessen konnten sich heute die kleineren Läden freuen:  vor ihnen bildeten sich lange Schlangen und die ersten Hamsterkäufe beginnen. CencoSud, einer der Big-Player im Supermarktbusiness, kündigte bereits an, dass auch am Montag alle Filialen im Land geschlossen bleiben und auch die Cámara Nacional de Comercio (CNC) ließ verlauten, dass sie empfehle, nicht aufzumachen "solange der Staat nicht ein Minimum an Sicherheit für die Kunden und dort Arbeitenden gewährleisten kann".

Mehrere Organisationen rufen ab morgen zum Streik auf, der so lange dauern soll bis das Militär wieder aus den Straßen verschwunden ist. Die Schüler in Santiago müssen wohl nicht streiken, Unterricht fällt morgen staatlich angeordnet aus.Viele werden wohl auch streiken müssen, denn der Verkehr in Chile ist ziemlich paralysiert: viele Buslinien fahren Santiago nicht mehr an, die Metro in der Metropolregion ist bis mindestens morgen stillgelegt und auch dann nur eingeschränkt möglich, der Flugverkehr ist eingestellt. Bereits gestern mussten 5000 Personen im Flughafen von Santiago aufgrund abgesagter Flüge übernachten.

Die Presse versucht derweil einen Keil in die Bewegung zu schlagen, indem sie fordert, dass sich Repräsentanten verschiedener Organisationen von den Plünderungen distanzieren, was ihr bisher zumindest nicht gelingt. Der Tenor der Protestierenden ist, dass solange der Ausnahmezustand verhängt ist, alles was folgt Folge ebendiesem ist - mehr gebe es nicht zu sagen dazu.

Die Meinungen hier gehen auseinander darüber, was der genaue Auslöser ist, aber die Zustimmung zu den Protesten ist spürbar. Immer wieder wird Ecuador als Vorbild erwähnt. Ecuador spielt in doppelter Hinsicht eine gewichtige Rolle:
Zum einen hat es eine Vorbildfunktion, da dort die Kämpfe erfolgreich liefen. Zum anderen ist es das Horrorszenario für die Regierung Chiles, die genau das wohl verhindern wollte. Die Ausrufung des Ausnahmezustandes und die Ankündigung bereits am Freitag, dass das Militär zur Sicherung nach Santiago geholt wird, deuten auf eine Schockstrategie seitens der Regierung hin. Diese war in der Vergangenheit ja auch öfters erfolgreich. Mit dem direkten starken Auffahren der Repression sollte eingeschüchtert werden und somit die wenn auch für deutsche Verhältnisse sehr militanten Proteste im Keim erstickt werden. Das Gegenteil ist jedoch passiert. Spannend, spannend.
https://de.indymedia.org/comment/207312#comment-207312

Kuddel

Der Zündfunke kam wohl von der SchülerInnenbewegung, die in Chile seit mindestens 15 Jahren aktiv ist. Gemeinsam mit den Studenten bilden sie die lebendiste Bewegung des Landes, in deren Protesten bereits in den vorangegangenen Jahren Menschen ihr Leben verloren  haben.

Bericht von 2007:
ZitatSie sind jung, bestens organisiert und ihr Logo ist ein großer, wütender Pinguin: Die Schülerbewegung "Pinguinos" hält Chile in Atem. Vor einigen Monaten protestierten die Jugendlichen gegen das ungerechte Bildungssystem, in dieser Woche tauchten sie wieder auf. Am Donnerstag, dem "Tag des jungen Kämpfers" lieferten sie sich Straßenschlachten mit der Polizei. Warum? Weil der Nahverkehr lahm liegt.
...
Denn das chilenische Schulsystem gehört wohl zu den ungerechtesten der Welt. Das ,,Gesetz zur Organisation der Chilenischen Bildung" (LOCE) trat 1990 in Kraft, am letzten Tag der rechten Militärdiktatur Augusto Pinochets. Darin wird die gesamte Verantwortung für Bildung in den privaten Sektor verlegt, der Staat behält nur eine minimale Aufsicht.
...


,,Das Transportsystem ist einfach ein Symbol für das ganze Versagen unserer Regierung"
https://www.jetzt.de/wortschatztruhe/sie-sind-die-wilden-politikkinder-von-chile-ueber-die-pinguinos-373402

Fritz Linow

Während das Militär prügelt und schießt, ist die hiesige Berichterstattung über den Diktator "Pinochet" Piñera und die Ereignisse in Chile eher eine lästige Pflichtübung.







Es sieht eher dunkel aus:



"the militaries are on the streets waiting for the riots to happen and ready to shoot, the social media is slowly being blocked, and many people are afraid of what may happen.

We are in a great need of international support and solidarity since what it's coming next is uncertain. "

https://freedomnews.org.uk/what-is-happening-in-chile/


Fritz Linow




Es gibt überall Solikundgebungen:






Die schönste Solidaritätserklärung kommt aus Chile:


Kuddel

ZitatIn Chile scheitert das große Wirtschaftsexperiment der Neoliberalen.

"Unser Land ist eine wahre Oase, denn wir haben ein stabiles politisches System", sagte Chiles Präsident Sebastián Piñera vor wenigen Tagen. Kurz drauf verhängt er den Ausnahmezustand, schickt das Militär auf die Straßen des südamerikanischen Landes. Soldaten, Panzer, Tränengas, Scharfschützen, Schüsse und Tote sind das Resultat. "Wir sind im Krieg gegen einen mächtigen Feind", sagt Piñera zur Rechtfertigung.
https://www.n-tv.de/politik/Wut-auf-die-Elite-Krieg-gegen-das-Volk-article21344139.html

Dominoeffekt.
Mögen die neoliberalen Systeme ins Wanken geraten!

Kuddel

Wer sagt denn, daß Gewalt nix bringt?

ZitatKein Nachlassen: Die Proteste in Chile dauern an. Präsident Sebastián Piñera reagierte und kündigte an, unter anderem die Renten anzuheben und die Medikamentenpreise zu senken.
https://www.sueddeutsche.de/leben/momentaufnahmen-im-oktober-bilder-des-tages-1.4624980-4

ManOfConstantSorrow


,,Estado terrorista", ,,Staatsterrorismus" steht auf diesem Graffiti in Santiago de Chile

Unweigerlich fühlt man sich erinnert an die Zeit der Pinochet-Diktatur während der 1980er Jahre, läuft man derzeit durch Chiles Hauptstadt Santiago. Militärs mit Maschinengewehren und Panzerwagen patrouillieren, Militärhubschrauber kreisen über der Stadt. Ab 20 Uhr gilt eine Ausgangssperre. In die Krankenhäuser werden immer wieder Minderjährige mit Schusswunden eingeliefert.

,,Wir haben keine Angst", ist dann einer der Kampfrufe. Piñera hat zu viel Vertrauen verloren. Die einzige Möglichkeit, um die Lage zu beruhigen, ist sein Rücktritt. Auch wenn der Präsident nun plötzlich die soziale Not vieler Chilenen anerkennt und den Mindestlohn erhöhen will, wurde doch zu viel Vertrauen verspielt.

aus: https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/pinera-ist-sich-selbst-der-maechtigste-feind
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

Troll

In eher unbeachteten "exotischen" Staaten wird gerne experimentiert wie weit man gehen kann, dort fehlt die einlullende Wohlstandphase in der die Bevölkerung noch beteiligt wurde, hier möchte man gleich zuschlagen und vollendete Tatsachen schaffen.
Aber der Widerstand wächst.
Politik ist der Spielraum, den die Wirtschaft ihr lässt.
Dieter Hildebrandt
Es ist kein Zeichen geistiger Gesundheit, gut angepasst an eine kranke Gesellschaft zu sein.
Jiddu Krishnamurti

Troll

ZitatChile und Argentinien
Hier Rebellion, dort Linksruck

Die extreme Kluft zwischen Arm und Reich bringt in Chile Menschen aller Altersgruppen auf die Barrikaden. Im Nachbarland Argentinien herrscht angespannte Ruhe vor dem Sturm. Am Sonntag ist Wahltag und es wird abgerechnet.

Seit Freitag vergangener Woche herrscht in Chile Ausnahmezustand. Auslöser der Proteste war eine relativ moderate Erhöhung der Fahrpreise im öffentlichen Nahverkehr. Aber inzwischen geht es um viel mehr, wie die Studentin Natalia Cevedo erklärt:
,,Die Proteste gehen weiter, denn auch wenn die Erhöhungen der Ticketpreise zurückgenommen wurde, hier geht es um all die Themen, die wir seit langem reklamieren: die hohen Studiengebühren, der schlechte und ungleiche Zugang zu Bildung und Gesundheit, die niedrigen Renten und Pensionen.

Bildung, Gesundheit, Rente – alles privatisiert
...

HTML5:
https://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2019/10/24/chile_und_argentinien_hier_revolution_da_linksruck_drk_20191024_1830_9eee2c66.mp3
Quelle: dlf

Den alten Mist wird man einfach nicht los, überall.
Politik ist der Spielraum, den die Wirtschaft ihr lässt.
Dieter Hildebrandt
Es ist kein Zeichen geistiger Gesundheit, gut angepasst an eine kranke Gesellschaft zu sein.
Jiddu Krishnamurti

Kuddel

Zitat von: Troll am 09:27:51 Fr. 25.Oktober 2019
In eher unbeachteten "exotischen" Staaten wird gerne experimentiert...

Der Kapitalismus hat keinen Masterplan, bestenfalls ein paar Grundregeln. Profitmaximierung auf Teufel komm raus, Teile und Herrsche und bist du nicht willig, so brauch' ich Gewalt.

Nordirland war DAS Testfeld für radikale Arbeitsmarktpolitik. Dort experimentierte man mit Zwangsarbeit und entwarf Vorläufer von Hartz IV.

Kriegsführung mitten in Europa hat man im Bosnienkrieg ausgetestet, mit Belgrad hat man eine Millionenstadt bombardiert.

Griechenland ist in Europa das Experimentierfeld für radikale Verarmung bei gleichzeitiger Zerschlagung des Arbeits- und Streikrechts. Man hat den Griechen auch klargemacht, was man unter Demokratie versteht. Es ist scheißegal wen ihr in eure Regierung wählt, entschieden wird immer in Brüssel oder Berlin.

Jetzt haben wir die wohl radikalste Sandkiste für Macht- und Sozialpolitikspiele in Kurdistan/Türkei/Syrien. Humane und fortschritlliche Experimente des Zusammenlebens werden in Grund und Boden gebombt. Ganze Landstriche werden zu militärisch bewachten Großraumknästen. Die Geflüchteten in der Türkei werden bereits jetzt als riesiges Potential im Niegirgstlohnsektor gesehen. Ich nehme mal an, in der syrischen "Sicherheitszone" wird es sö ähnlich, wie es bereits heute in den Libyschen Lagern ist: Sklaverei, Folter und Mord.

Kuddel

ZitatChile erhebt sich
Unterirdisch, unsichtbar, hat sich das Unbehagen der sozialen Mehrheiten über viele Jahre akkumuliert

Von Andrés Figueroa Cornejo
Übersetzung: David Rojas-Kienzle




"Ich protestiere gegen so viel Ungerechtigkeit, so viel Machtmissbrauch und weil unsere Stimme nie gehört wird", sagt eine unbekannte Person. Es ist bereits Samstag, der 19. Oktober, und die Proteste, die mit der Erhöhung der Preise des Metro-Tickets begannen, sind zum Ausdruck der nicht existierenden sozialen Rechte in einem Land geworden, das die Karikatur des doktrinärsten orthodoxen Liberalismus-Handbuchs darstellt. Soziale Beziehungen sind zu Waren geworden, Gemeinschaftsgüter privatisiert, die kulturell konservative Oligarchie ist im wirtschaftlichen Bereich tollwütig.

Es ist eine Ordnung, die seit der Militärdiktatur als Polizei- und volksfeindlicher Staat aufgebaut worden ist; ein Fest der kapitalistischen Konzentration und Herrschaft der großen Wirtschaftskonzerne, die den Wettbewerb brutal zerstören, Preise aufdrücken und die kleinen und mittelständischen Betriebe in der Wertschöpfungskette unterordnen, entsprechend der Projektion ihrer Profitraten. Chile, großer Exporteur, Finanzplatz eines großen Teils Südamerikas, geschlagen vom Extraktivismus und seinen schädlichen Folgen für die Gemeinden und die Natur. Ungleiches Chile, das nicht nur die Technologien importiert, die seine nicht existierenden Industrien nicht produzieren, sondern auch Lebensmittel und Textilwaren. Von der Wirtschaft Chinas, der USA, Europas und letztlich vom Handel mit den Ländern der Region abhängiges Chile. Graues, selbstmörderisches, ausgebeutetes und geplündertes Chile: alte Menschen, die nicht in Rente gehen wollen, weil das Elend sie erwartet, und junge Menschen ohne Zukunft mit oder ohne Hochschulabschluss.

"Ich werde protestieren, bis das Leben besser ist", sagt eine junge Frau, die vor dem Gesicht eines Soldaten auf einen Topf schlägt. Ja, ein Soldat. Weil der ultrarechte Präsident Sebastián Piñera, eine der Figuren Washingtons auf dem Kontinent, und sein Regierungsteam am 19. Oktober den Ausnahmezustand in Form eines verfassungsmäßigen Notstands verhängt haben, um den mächtigen Demonstrationen der Bevölkerung am 17. Oktober und vor allem am 18. Oktober ein Ende zu setzen.

Was bedeutet das?

Neben der weiteren Aufstockung der Zahl der eingesetzten Spezialeinheiten der Militärpolizei liegt die nationale Sicherheit 15 Tage lang in den Händen von General Iturriaga del Campo und Truppen ziehen auf die Straßen Santiagos. Proteste, öffentliche Versammlungen und jede Mobilisierung sind verboten. Es ist quasi ein Belagerungszustand mit möglicher Ausgangssperre, die auf der Doktrin und dem Gesetz zur nationalen Sicherheit des Staates basiert. Das heißt, der politisch-militärische Feind des Staates und seiner Verwalter ist das chilenische Volk selbst. Obwohl es in diesem Fall nur friedlich demonstriert. Es ist unbewaffnet. Seine politische Linke ist dezimiert. Die institutionelle und die andere. Und klar haben die Menschen vor langer Zeit die Gewissheit gewonnen, kein Vertrauen in irgendeine Institution zu haben, von der Nomenklatur der katholischen Kirche bis zum System der traditionellen politischen Parteien.

Sicher ist, dass die Einnahme der Straßen durch die Armee, die Empörung der Bevölkerung von Santiago vervielfacht hat, statt sie einzudämmen. Trotz der Tatsache, dass mehr als ein Soldat auf die Menschen zielt, nähern sich die Demonstranten ihnen, fotografieren sie und legen ihnen nahe, wieder in ihre Kasernen zu gehen. Aber statt abzuziehen, provozieren die Streitkräfte die Bürger, indem sie mitten auf der Plaza Italia [zentraler Platz] in der chilenischen Hauptstadt Kriegsübungen durchführen.

Die unmittelbare Losung lautet "Schluss mit dem Ausnahmezustand". Die Angst besiegt den Protest nicht mehr. In einer landesweit übertragenen Rede im Fernsehen informiert Piñera, dass er einen Vorschlag vorlegen wird, um den Preisanstieg bei der U-Bahn "abzufedern". Aber außer Repression bietet der Präsident, der mit seiner Regierungsmannschaft zusammengekommen ist, keine Lösungen.

Noch vor ein paar Tagen hätte sich niemand vorstellen können, dass Chile Protagonist eines friedlichen Volksaufstandes nicht nur gegen die schlechte Regierung, sondern gegen das gesamte chilenische System und seine sozialen Beziehungen sein würde. Unterirdisch, unsichtbar, hat sich das Unbehagen der sozialen Mehrheiten, das sich zum Teil in zersplitterten Kämpfen ausdrückte, über viele Jahre akkumuliert.

Hinter den Protesten stehen weder politischen Parteien noch soziale Organisationen. Tatsächlich ist die institutionelle Opposition zu spät gekommen und niemand hat sie gerufen ‒ abgesehen davon, dass sie eine lahme und distanzierte Meinung zu einer außerordentlichen Regierungsmaßnahme geäußert hat, als lebe sie in einer anderen Welt.

Regierungsvertreter sprechen von nationaler Einheit und Dialog. Aber die soziale Ungleichheit, die allgemeine Prekarisierung des Lebens und die angesammelten Ungerechtigkeiten sind die Zutaten, die den Klassenkampf mehrdimensional erklären, über rein wirtschaftliche Forderungen hinaus, die die Bewegung zum Teil antreiben. Und es wird weder Kommissionen noch runde Tische geben, die unversöhnliche Widersprüche auflösen.

Wie leuchtende Orangen und nach Jahrzehnten erwacht das chilenische Volk. Und man darf nie vergessen, dass dieses Volk vor fast einem halben Jahrhundert mit seiner Stimme den ersten marxistischen Präsidenten der Geschichte gewählt hat. Ist das Bewusstsein der Mehrheit des chilenischen Volkes nicht ein Zustand der Latenz, das sich wie ein Blitz mitten in der Nacht entlädt?
https://www.amerika21.de/blog/2019/10/232996/chile-santiago-erhebt-sich

Troll

Zitat von: Kuddel am 10:55:14 Fr. 25.Oktober 2019
Zitat von: Troll am 09:27:51 Fr. 25.Oktober 2019
In eher unbeachteten "exotischen" Staaten wird gerne experimentiert...

Der Kapitalismus hat keinen Masterplan, bestenfalls ein paar Grundregeln. Profitmaximierung auf Teufel komm raus, Teile und Herrsche und bist du nicht willig, so brauch' ich Gewalt.

Nordirland war DAS Testfeld für radikale Arbeitsmarktpolitik. Dort experimentierte man mit Zwangsarbeit und entwarf Vorläufer von Hartz IV.

Kriegsführung mitten in Europa hat man im Bosnienkrieg ausgetestet, mit Belgrad hat man eine Millionenstadt bombardiert.

Griechenland ist in Europa das Experimentierfeld für radikale Verarmung bei gleichzeitiger Zerschlagung des Arbeits- und Streikrechts. Man hat den Griechen auch klargemacht, was man unter Demokratie versteht. Es ist scheißegal wen ihr in eure Regierung wählt, entschieden wird immer in Brüssel oder Berlin.

Jetzt haben wir die wohl radikalste Sandkiste für Macht- und Sozialpolitikspiele in Kurdistan/Türkei/Syrien. Humane und fortschritlliche Experimente des Zusammenlebens werden in Grund und Boden gebombt. Ganze Landstriche werden zu militärisch bewachten Großraumknästen. Die Geflüchteten in der Türkei werden bereits jetzt als riesiges Potential im Niegirgstlohnsektor gesehen. Ich nehme mal an, in der syrischen "Sicherheitszone" wird es sö ähnlich, wie es bereits heute in den Libyschen Lagern ist: Sklaverei, Folter und Mord.

Sorry, Verschwörung!
Ich glaube das ist der "Masterplan", über den Weg dahin haben kluge Köpfe Bücher geschrieben die die Welt verändert haben, daß das neoliberale Personal einzig aus geldgeilen Menschenfeinden besteht ist das Ergebnis einer Weiterentwicklung.

ZitatHinter den Protesten stehen weder politischen Parteien noch soziale Organisationen.

Das kommt in den Qualitätsmedien natürlich nicht vor, ohne Führung geht da nichts.
Politik ist der Spielraum, den die Wirtschaft ihr lässt.
Dieter Hildebrandt
Es ist kein Zeichen geistiger Gesundheit, gut angepasst an eine kranke Gesellschaft zu sein.
Jiddu Krishnamurti

ManOfConstantSorrow

ZitatTrotz angekündigter Sozialreformen zugunsten ärmerer Bevölkerungsschichten protestierten in Chile erneut zahlreiche Menschen. Hunderttausende nahmen am Mittwoch-abend an Kundgebungen in mehreren Städten teil. In der Hauptstadt Santiago weigerten sich Demonstranten, einen Platz zu verlassen und wurden von der Polizei mit Tränengas auseinandergetrieben. In Santiago sowie in der Hafenstadt Valparaíso kam es zu Plünderungen. Ein zweitägiger Generalstreik, zu dem Gewerkschaften und Sozialverbände aufgerufen haben, hat nun begonnen. Bei den Unruhen kamen seit Freitag mindestens 18 Menschen ums Leben.
https://www.zentralplus.ch/chile-proteste-und-pluenderungen-1640361/
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

ManOfConstantSorrow

ZitatFast eine Million Menschen fordern Rücktritt von Präsident Piñera

Das Versprechen des Staatschefs, Sozialreformen durchzuführen, hat das Volk nicht beschwichtigen können. Es kam zu den wohl größten Protesten in der Geschichte Chiles.


Fast eine Million Demonstrierende sind in Chile gegen Präsident Sebastián Piñera auf die Straße gegangen. Allein an einem riesigen Protestmarsch in der Hauptstadt Santiago de Chile beteiligten sich mehr als 820.000 Menschen, wie die Stadtverwaltung unter Berufung auf die Polizei bekanntgab. Weitere Demonstrationen mit mehreren tausend Teilnehmern gab es auch in anderen chilenischen Städten. Beobachter sprachen von den größten Protesten in der Geschichte des südamerikanischen Landes.
https://www.zeit.de/politik/ausland/2019-10/proteste-chile-santiago-de-chile-sebastian-pinera
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

counselor

ZitatMASSENREBELLION - Chile: "Die Angst besiegt den Protest nicht mehr"

Es fing mit einer scheinbaren Kleinigkeit an. Anfang Oktober wurden die U-Bahn-Preise in der chilenischen Hauptstadt Santiago de Chile um 30 Pesos – etwa 4 Cent - erhöht. Aber das war der Tropfen Öl ins heiße Feuer.

Quelle: https://www.rf-news.de/2019/kw43/repression-und-zugestaendnisse-koennen-massenrebellion-nicht-stoppen
Alles ist in Bewegung. Nichts war schon immer da und nichts wird immer so bleiben!

Kuddel

ZitatChile: Die Kriminalisierung des sozialen Widerstands

Vor einer Woche rief Präsident Sebastian Piñera den Notstand aus und verhängte in einigen Städten eine Ausgangssperre. Das Land sei im Krieg, so der Präsident


"Estamos en guerra contra un enemigo poderoso" – "Wir sind im Krieg gegen einen mächtigen Feind".

Der Notstand ist ausgerufen. Ausgangssperren werden verhängt.

Cacerolazos 1 ‒ Der soziale Widerstand bleibt aufrecht.

Militärs mit Maschinengewehren bewaffnet.

Es fallen Schüsse auf Demonstranten.

Nächtliche "Festnahmen" durch Polizisten in Zivil.

Folterpraktiken in Polizeirevieren.

Menschen, deren Aufenthaltsort unklar ist. ¿Dónde están?

Panzer, Tränengas.

Wut! Angst.

Bilder und Worte, die uns zurückwerfen in die Zeit der Militärdiktatur unter Diktator Augusto Pinochet (1973-1990). Doch diese Beschreibungen sind heute erneut Realität in Chile.

Laut dem Nationalen Menschenrechtsinstitut kam es im Lauf der Proteste bisher zu 2.686 Festnahmen, darunter auch Kinder, 584 Menschen wurden verletzt, 5 Menschen starben durch staatliche Gewalt (Stand 24.10.2019, 14.00 Uhr ). Auch liegen dem Institut Anzeigen wegen Entblößungen und sexualisierter Gewalt und deren Androhung gegenüber Frauen, wegen körperlicher und psychischer Gewalt, Folter und sexueller Belästigung seitens staatlicher Akteure vor.

Kriminalisierung der sozialen Proteste


Vor einer Woche rief Chiles Präsident Piñera den Notstand aus und verhängte in einigen Städten eine Ausgangssperre. Das Land sei im Krieg, so der Präsident.

Bei den Protesten geht es um weit mehr als die Erhöhung der Metro-Fahrkartenpreise. Es ist die Prekarisierung des Lebens in einem neokapitalistischen und neokolonialen System, das soziale, wirtschaftliche und kulturelle Rechte beschneidet und Rechte privatisiert. Doch was die konventionellen Medien zeigen, ist ein anderes Bild. Nichts ist zu sehen von Polizisten, die Supermärkte und Banken in Flammen aufgehen lassen. Keine Berichterstattung in traditionellen Medien über den Exzess von Staatsgewalt, der bereits zu Toten geführt hat. Stattdessen werden Schlangen vor Supermärkten gezeigt, Plünderungen und Nachbarn, die ihre Häuser verteidigen. Eine Informationsblockade, die den Einsatz von Gewalt auf staatlicher Seite legitimieren soll?

Doch was sind die Beobachtungen vor Ort? Was zeigen Menschen über soziale Netzwerke, was die unabhängige Presse?

In Temuco, Wallmapu, ein Territorium, das konstanter Militarisierung ausgesetzt ist und in dem staatliche Gewalt gegenüber den indigenen Mapuche-Gemeinden tagtäglich stattfindet, wird von einer deutlichen Zunahme der Gewalt berichtet. "Gestern Nacht, sehr spät, sind die Militärs in unser Viertel eingedrungen, um zu unterdrücken, und nahmen willkürlich Menschen mit, die ihnen über den Weg liefen", informiert eine Mapuche-Aktivistin über die Situation in Temuko.

Die Kriminalisierung des sozialen Widerstandes ist eine Praxis, die in Wallmapu zum gängigen Repertoire staatlicher Gewalt gehört: die "Operación Huracán"2, die Installation des Militärkommandos "Jungla" und im Zuge dessen die Ermordung des Mapuche-Aktivisten Camilo Catrillanca3, der politische Mord an der Mapuche-Aktivistin Macarena Valdés4.

Der UN-Sonderberichterstatter für die Menschenrechte indigener Völker, James Anaya, bereiste Chile im Jahr 2009, um Vorwürfe von Menschenrechtsverletzungen zu untersuchen, und berichtete vom exzessiven Gebrauch von Schusswaffen und Tränengas sowie körperlicher Gewalt und Beleidigungen seitens der Polizei gegenüber Mapuche5. In der Region Araukarien wird seit Jahren das Antiterrorgesetz (Ley No. 18314) auf die Mapuche-Bevölkerung angewandt. So finden in diesem Zuge regelmäßig widerrechtliche Hausdurchsuchungen statt, Tränengasangriffe auf Mapuche-Schulen und die Verfolgung und Einschüchterung von Aktivisten durch die ständige Präsenz von militarisierten Spezialeinheiten. Und dennoch gehen die Menschen, Chilenen und Mapuche, in Wallmapu auf die Straßen, feministische Anwältinnen stellen sich in den Dienst der Zivilbevölkerung, das Regionale Menschenrechtsinstitut ist in den Polizeirevieren anwesend, denn nur ihre Anwälte dürfen die Inhaftierten sprechen.

"El fantasma de la dictadura volvió con todo"


LKW-Fahrer informierten am Dienstag, den 22.Oktober, dass große (trans)nationale Supermarktketten die gelieferte Ware nicht annehmen. Darunter Wallmart und das von dem in Kassel geborenen Horst Paulmann Kemna gegründete Unternehmen Cencosud. Dem Unternehmer wird eine Verbindung zu der Folterstätte Colonia Dignidad vorgeworfen, in der im Dienste der Pinochet-Diktatur Oppositionelle gefoltert und ermordet wurden und das ebenso ein Ort systematischer sexualisierter Gewalt an Kindern war. Zu Beginn der derzeit stattfindenden sozialen Proteste traf sich Präsident Piñera mit den Besitzern der großen Supermarktketten. Eine weitere politische Inszenierung, in diesem Fall von Lebensmittelknappheit, um die Bevölkerung zu spalten?

Weltweit finden Solidaritätskundgebungen mit den sozialen Bewegungen Chiles und den indigenen Völkern statt. Medien berichten auch in Deutschland, mal mehr mal weniger differenziert, über die Geschehnisse. "El fantasma de la dictadura volvió con todo", so der Wortlaut einer feministischen Aktivistin aus Temuko. Der Geist der Diktatur sei zurück ‒ mit allem.

Ja, das macht Angst.


Die unverhältnismäßigen und gewaltvollen Maßnahmen von Staatsseite, die Einschränkungen von Grundfreiheiten, die Inszenierungen und Manipulation unabhängiger Berichterstattung sind entschieden abzulehnen und öffentlich zu verurteilen, auch von Akteuren in Deutschland. Die Menschen vor Ort bitten um die Verbreitung dessen, was sie erleben, denn auch die virtuelle Meinungsfreiheit sieht sich eingeschränkt: Videos, die von der Zivilbevölkerung in sozialen Medien verbreitet werden und das repressive Vorgehen staatlicher Akteure zeigen, verschwinden aus dem Netz.

Vor diesem Hintergrund ist es umso wichtiger zu berichten, was Menschen vor Ort erleben, wie sie die Situation einschätzen. Sie fordern die internationale Berichterstattung auf, über das repressive und menschenrechtsverletzende Vorgehen des chilenischen Staates zu informieren, um die Informationssperre aufzubrechen und internationalen Druck auszuüben.

Verena del Carmen Koch Santibáñez ist Enkelin von politisch Geflüchteten aus Chile und Tochter einer Exil-Chilenin; feministische Aktivistin und Sozialarbeiterin. 1991 in Deutschland geboren, lebte sie viele Jahre in Chile, unter anderem in Temuko, wo sie im Observatorio Regional de Equidad en Salud según Género y Pueblo Mapuche (Regionale Beobachtungsstelle zur Gleichstellung im Gesundheitssektor gemäß Gender und Mapuche) der Universidad de La Frontera arbeitete und ein Masterstudium in Gemeinwesenpsychologie (Psicología comunitaria) absolvierte. Seit 2019 befindet sie sich wieder in Deutschland.
https://amerika21.de/blog/2019/10/233140/chile-kriminalisierung-widerstand

ManOfConstantSorrow

ZitatWachsende Solidarität:
Über 1.000 Menschen in Berlin auf Kundgebung für Chile
https://amerika21.de/2019/10/233231/chile-solidaritaet-berlin
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

Fritz Linow

Zitat29.10.19
Bergleute der weltgrößten Kupfermine in Chile wollen 24 Stunden streiken

Zur Unterstützung der Proteste in Chile wollen Bergleute der größten Kupfermine der Welt in einen 24-stündigen Streik treten. Die Arbeiter der Escondida-Mine im Norden Chiles würden sich am Dienstag am Protest "gegen die Wirtschafts- und Sozialpolitik" beteiligen, "die uns als Arbeitnehmer und generell die große Mehrheit der chilenischen Gesellschaft betrifft", teilte die Bergarbeitergewerkschaft mit, der rund 90 Prozent der rund 2500 Minenarbeiter angehören.
https://www.zeit.de/news/2019-10/29/bergleute-der-weltgroessten-kupfermine-in-chile-wollen-24-stunden-streiken

Fritz Linow

Streik in der Kupfermine:







Insgesamt hat die Geschäftswelt durch die Proteste in Chile das hübsche Sümmchen von 1.4 Milliarden Dollar verloren:
https://www.mining.com/web/bhp-says-escondida-copper-mine-in-chile-operating-at-reduced-rate/

Troll

ZitatProteste in Chile gehen weiter, Polizei überwacht soziale Organisationen

Gewerkschaften, soziale Initiativen und Studierendenverband schließen sich zusammen. Offene Bürgerversammlungen im ganzen Land

Santiago. Auch zwei Wochen nach Beginn der Proteste in Chile ist kein Ende abzusehen. Am vergangenen Donnerstag beteiligten sich erneut mehre 10.000 Menschen an einem Generalstreik.
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Quelle: amerika21
Politik ist der Spielraum, den die Wirtschaft ihr lässt.
Dieter Hildebrandt
Es ist kein Zeichen geistiger Gesundheit, gut angepasst an eine kranke Gesellschaft zu sein.
Jiddu Krishnamurti

ManOfConstantSorrow

ZitatProteste in Chile und Südamerika
Aufruhr gegen soziale Ungerechtigkeit

Es begann mit Protesten gegen eine Fahrpreiserhöhung von wenigen Cent. Seit fast zwei Wochen protestieren in Chile bis zu eine Million Menschen gegen die Regierung von Präsident Sebastián Piñera, für soziale Gerechtigkeit, für eine neue Verfassung.


Denn die Wut der Chilenen hat sich über Jahre aufgestaut: Für breite Schichten ist die ökonomische Lage nach Jahren neoliberaler Wirtschaftspolitik aussichtslos geworden. Fehlende Altersbezüge zwingen ältere Arbeitnehmer, länger im Beruf zu bleiben, weshalb Jüngere keine Jobs finden. Junge Erwachsene müssen sich verschulden, um eine Ausbildung zu bezahlen oder ihre Eltern zu unterstützen. Die Studiengebühren sind enorm, das Gesundheitssystem marode, die Lebenshaltungskosten hoch.

Der Unmut der Protestierenden richtet sich gegen die herrschenden Eliten, gleich, ob die Regierungen politisch links oder rechts verortet werden. Grund für die Rebellion ist die wachsende soziale Ungleichheit, immer unüberbrückbarer wird in Lateinamerika die Kluft zwischen Arm und Reich.

https://www.deutschlandfunkkultur.de/proteste-in-chile-und-suedamerika-aufruhr-gegen-soziale.1083.de.html?dram:article_id=462407

ZitatProteste in Chile gehen weiter, Polizei überwacht soziale Organisationen

Gewerkschaften, soziale Initiativen und Studierendenverband schließen sich zusammen. Offene Bürgerversammlungen im ganzen Land



Einer von unzähligen "Cabildos abiertos", den neu entstehenden rätdemokratischen, offenen Versammlungsforen in Chile, in denen die Bevölkerung ihren Widerstand organisiert

Santiago. Auch zwei Wochen nach Beginn der Proteste in Chile ist kein Ende abzusehen. Am vergangenen Donnerstag beteiligten sich erneut mehre 10.000 Menschen an einem Generalstreik.

Aller Versuche Präsident Sebástian Piñeras zum Alltag zurückzukehren zum Trotz, versammeln sich weiterhin nahezu täglich tausende Chileninnen und Chilenen bei Demonstrationen im ganzen Land. Nachdem weder seine angekündigten Reformen, die sogenannte soziale Agenda, noch die Umbildung seines Kabinetts zu einem Ende der Proteste führten, sah sich Piñera gezwungen, die für November und Dezember geplanten internationalen Zusammenkünfte in Santiago ‒ den UN-Klimagipfel COP 25 und das Treffen der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (Apec) ‒ abzusagen.

Organisiert werden die Proteste in sogenannten Cabildos, rätdemokratischen Versammlungsforen, die von der Unidad Social einberufen wurden. Ihr gehören inzwischen 115 soziale Initiativen, Gewerkschaften sowie der Studierendenverband Chiles an.


Die Protestierenden fordern unter anderem auch würdigen Wohnraum

Zu ihren zentralen Forderungen gehören unter anderem die Einberufung einer verfassungsgebenden Versammlung, die Anhebung von Mindestlohn und Renten auf 500.000 Pesos (rund 600 Euro), die Rückverstaatlichung der natürlichen Ressourcen sowie allgemein bessere Lebensbedingungen, unter anderem Zugang zu würdigem Wohnraum, kostenloser Bildung und Gesundheitsversorgung.

Die Cabildos gibt es nicht mehr nur in Chile selbst. In der vergangenen Woche gab es derartige Versammlungen auch in Lissabon, Berlin sowie weiteren europäischen und deutschen Städten. Häufig organisiert von Exilchilenen wollen sie die internationale Solidarität und Unterstützung mit den Protesten zum Ausdruck bringen.

Am Freitag wurde unterdessen bekannt, dass die Polizei Umwelt- und soziale Organisationen sowie Teile der Gewerkschaften und deren Führungspersonal überwachen ließ. Dies geht aus den mehr als 10.000 internen Dokumenten hervor, die bei einem Cyberangriff entwendet wurden. Unter dem Stichwort "Alarmzustand Oktober" führte die Polizei demnach Buch über die Beteiligung einzelner Persönlichkeiten an Cabildos oder Demonstrationen. Darüber hinaus seien auch persönliche Informationen über Polizisten gestohlen worden. Wer hinter dem Angriff steckt ist nicht klar.

Währenddessen gehen die Proteste unvermindert weiter. Neben einem Generalstreik kam es auch Donnerstag und Freitag wieder landesweit zu Demonstrationen. Nach Regierungsangaben wurden dabei in den vergangen 24 Stunden 22 Menschen verletzt, davon 16 Demonstranten und sechs Polizisten. Neue Todesopfer seien nicht zu beklagen.


Auch die Konfrontationen auf den Straßen gehen unvermindert weiter


Kritik an den Zahlen der Regierung kam derweil vom chilenischen Roten Kreuz. Im Interview mit dem Fernsehsender Telesur gab dessen Präsident Patricio Acosta an, dass ihre Statistiken die doppelte Anzahl an Verletzten aufweisen würden als die offiziellen Zahlen. Viele der Verletzungen seien das Ergebnis von Schrotkugeln. Unter den Betroffenen findet sich auch ein Beobachter des Nationalen Instituts für Menschenrechte. Dieser war bei einer Demonstration am Dienstag von sieben Schrotkugeln getroffen worden.

Für die kommende Woche sind erneut Proteste angekündigt. Am Montag sollen in der Hauptstadt Santiago wieder zwei zentrale Demonstrationen stattfinden. Auch in weiteren Städten und Regionen gehen die Proteste weiter.
https://amerika21.de/2019/11/233549/proteste-chile-ueberwachung


Chile, Bolivien, Ecuador: In Lateinamerika häufen sich die Proteste gegen Regierungen. Wo und warum die Menschen auf die Straße gehen - ein Überblick: https://www.zdf.de/nachrichten/heute/chile-bolivien-ecuador-uebersicht-der-proteste-in-lateinamerika-100.html

Troll, uups, da waren wir gleichzeitig am gleichen Thema...
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

ManOfConstantSorrow

Zitat Santiago de Chile
Proteste erfassen auch Stadtviertel der Reichen

Die Demonstranten lieferten sich im Bankenviertel Providencia Straßenschlachten mit der Polizei, legten Brände und plünderten mindestens eine Apotheke und zwei Banken.
https://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/proteste-in-santiago-de-chile-erfassen-auch-stadtviertel-der-reichen-16474867.html
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

counselor

ZitatVIDEO - Chile in Flammen (Version mit deutschen Untertiteln)

Das unten stehende Video wurde von Chileninnen und Chilenen in Leipzig produziert, um Information über die Ereignisse der letzten Wochen in Chile zu verbreiten.

Dazu schreiben die Produzentinnen und Produzenten: ,,Wir widmen es den Gefolterten, Ermordeten und Vergewaltigten in Chile, in Zeiten der Diktatur sowie der Demokratie."

Quelle: https://www.rf-news.de/2019/kw46/chile-in-flammen-deutsche-version-mit-deutschen-untertiteln
Alles ist in Bewegung. Nichts war schon immer da und nichts wird immer so bleiben!

Kuddel

ZitatIn Chile gehen die Unruhen weiter. Die Polizei schießt, die Zahl der Toten und Verletzten steigt.
https://taz.de/Proteste-in-Chile/!5642451/

Troll

Zustände wie in Hong Kong, hier lassen Demokraten auf die "Demokratiebewegung" schießen, ohne Kommunisten ist es viel besser, auch noch tödlich, aber irgend wie ...hmm ... keine Ahnung... gesünder(?). Sie starben für die Demokratie! Das hört sich gut an.
Politik ist der Spielraum, den die Wirtschaft ihr lässt.
Dieter Hildebrandt
Es ist kein Zeichen geistiger Gesundheit, gut angepasst an eine kranke Gesellschaft zu sein.
Jiddu Krishnamurti

Troll

ZitatChile: Die 230 Augen des Sebastián Piñera

Auf "Kommando von oben" wütet in Chile die brutalste Polizei des Kontinents . Trotzdem: Zur feierlichen Begehung der seit 30 Tagen andauernden sozialen und politischen Proteste, die am 18. Oktober 2019 mit dem Fahrpreisboykott der U-Bahn begannen, versammelten sich erneut zigtausende Demonstranten auf dem Plaza Italia, der als Protest-Ikone mittlerweile in ,,Plaza de la Dignidad – Platz der Würde" umgetauft wurde. Ein Bericht aus Santiago de Chile von Frederico Füllgraf.

Doch anders als in den vorangegangenen, allwöchentlichen, teils alltäglichen Aufmärschen und Kundgebungen handelte die Carabinero-Bereitschaftspolizei diesmal mit unerwarteter Taktik. Sie fuhr Panzerwagen und Wasserwerfer auf, riegelte das mehrere Quadratkilometer messende Areal rund um den Platz ab, schaltete die Laternen der öffentlichen Beleuchtung ab, kesselte die tausendköpfige Menschenmenge in der Dunkelheit ein, beschoss sie mit Tränengas und ätzendem Wasser und knüppelte innerhalb weniger Minuten den Platz mit derart brutalem Gewalteinsatz leer, dass mehrere Dutzend entsetzter und verzweifelter Menschen sich in den angrenzenden Mapocho-Fluss stürzten, der mitten durch die chilenische Hauptstadt strömt.
...

Zum anhören:
https://www.nachdenkseiten.de/upload/podcast/191121-Chile-die-230-Augen-des-Sebastian-Pinera-NDS.mp3
Quelle: NDS

(mp3-link eingefügt)
Politik ist der Spielraum, den die Wirtschaft ihr lässt.
Dieter Hildebrandt
Es ist kein Zeichen geistiger Gesundheit, gut angepasst an eine kranke Gesellschaft zu sein.
Jiddu Krishnamurti

Nao

Ich halte die Globalisierung der Proteste für einen Meilenstein in der Geschichte des sozialen und politischen Kampfes.

Ich habe mir oft die Livestreams aus Hongkong von dem Youtuber Chilli Lucas angesehen, in denen er das Geschehen in Echtzeit auf Englisch kommentiert hat. Er steht der Protestbewegung sehr nah, in meinen Augen ist er ihr gegenüber etwas zu unkritisch. Doch damit verbreitete er die Stimmung dieser Bewegung.

Was ich nicht wußte, war, daß Chilli Lucas ein gebürtiger Chilene ist und in Hongkong lebt. Er bezeichnet sowohl Chile alsauch Hongkong als seine Heimat. Als er aber von Hongkonger Aktivisten hörte, sie würden Piñera, den Chilenischen Staatschef, bewundern, wurde er wütend. Ihm wurde klar, wie wenig viele Hongkonger über den Rest der Welt wissen und nahm sich vor, sie über Chile aufzuklären.

In einem sehr emotionalen Vortrag spricht er die Hongkonger auf Kantonesisch an und erklärt ihnen die Ähnlichkeiten der Aufstände in Chile und in Hongkong. Er will ihnen klarmachen, daß Piñera ebenso bekämpft werden muß, wie Carry Lam. Das Video hat englische Untertitel:


https://youtu.be/AJ6Gtxw9K4c

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