NSU Prozeß

Begonnen von ManOfConstantSorrow, 20:48:16 Do. 22.August 2013

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BGS

Tja, diese Hochwasser heutzutage können mit den frueheren Sturmfluten eben nicht mithalten  ;D

MfG

BGS
"Ceterum censeo, Berolinensis esse delendam"

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(:DAS SINKENDE SCHIFF DEUTSCHLAND ENDGÜLTIG VERLASSEN!)

Rappelkistenrebell

Kritik am Verfassungsschutz Neues Handy von V-Mann "Corelli" aufgetaucht

Stand: 11.05.2016 19:52 Uhr

Bei den Ermittlungen im Zusammenhang mit dem NSU-Terrortrio ist überraschend ein weiteres Mobiltelefon des 2014 gestorbenen V-Manns "Corelli" aufgetaucht. Die Abgeordneten des NSU-Untersuchungsausschusses haben jetzt weitere Fragen - an den Verfassungsschutz.

Von Lena Kampf, WDR/NDR

Es muss ein unscheinbarer Umschlag gewesen sein, der im Sommer 2015 plötzlich in einem Panzerschrank des Bundesamts für Verfassungsschutz auftauchte. "Privat beschafft" stand darauf. Bei vier vorherigen Sichtungen des Schranks war er nicht aufgefallen. Im Umschlag befand sich ein Mobiltelefon. Der Besitzer: der tote V-Mann Corelli.

Der Neonazi, mit bürgerlichem Namen Thomas Richter, hatte seinen V-Mann-Führern mehr als zwanzig Jahre lang Berichte über die rechtsradikale Szene geliefert und bis heute gibt es die Spekulation, dass er Kontakt zu den NSU-Terroristen gehabt haben könnte. Er galt als Top-Quelle des BfV, dessen Dienste sich das Amt fast 300.000 Euro kosten ließ.
Ein Who-is-Who der rechten Szene

Im Oktober beschäftigten sich Spezialisten des Verfassungsschutzes mit dem Fund und seit Mitte April dieses Jahres steht fest, dass sich auf dem Handy viele Bildaufzeichnungen befanden, offenbar rund 1000 Fotos und eine Kontaktliste: ein Who-is-Who der rechtsradikalen Szene.

Corelli ist vor zwei Jahren gestorben, im Zeugenschutzprogramm des Bundesamts, nachdem er nach dem Auffliegen des NSU enttarnt worden war. Bereits einmal hatten das Bundesamt für Verfassungsschutz wichtiges Material von Corelli im eigenen Archiv "übersehen", darunter eine CD mit einem frühen Hinweis auf den NSU.
"Grob regelwidrig"

Der daraufhin vom Parlamentarischen Kontrollgremium eingesetzte Sonderermittler Jerzy Montag sollte alle Mythen, die sich um den Fall des toten V-Manns "Corelli" rankten, ein für alle Mal klären. Er sichtete alle Akten und Vorgänge im Bundesamt für Verfassungsschutz und kam im Mai 2015 zu einem vernichtenden Urteil: Die Auswertung der Corelli-Lieferungen sei "grob regelwidrig" gewesen, schrieb Montag in seinem Bericht. "Sie ist schlicht unterlassen worden." Entdeckt wurde der Datenträger im Hause des Verfassungsschutzes nicht von Verfassungsschützern, sondern von Beamten des Bundeskriminalamtes. Der Verfassungsschutz sei "nicht in der Lage" gewesen", sie "im eigenen Haus zu finden", schrieb Montag.
Mehr zum Thema

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"Offenbarungseid" der Verfassungsschützer

Daran scheint sich nichts geändert zu haben, denn beim Handy kam es nicht viel anders. Es soll aus den Herbsttagen 2012 stammen. Knapp ein Jahr zuvor war die NSU-Bande aufgeflogen. Corelli soll es seinem V-Mann-Führer übergeben haben. Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) informierte jetzt den NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestages über den Fund. Der SPD-Bundestagabgeordnete Burkhard Lischka hält den Fall für einen "Offenbarungseid" des BfV, das offenbar "aus der Pleiten-Pech-und-Pannen-Serie beim NSU immer noch nichts gelernt" habe.

Der Vorsitzende des Ausschusses, Clemens Binniger, CDU, hält die Umstände des Fundes für "sicher kritikwürdig". Spätestens am 21. April 2016 erfuhr die Amtsleitung der Behörde von dem Fund des "privat beschafften" Telefons. Aber bei einer Sitzung des Kontrollgremiums am 27. April wurde den Abgeordneten darüber nichts mitgeteilt. Das BfV nehme das Kontrollgremium "offenbar nicht ernst" erklärte SPD-Politiker Lischka. Erst in diesem Monat soll das für die Aufsicht der Behörde zuständige Bundesinnenministerium über den Fund informiert worden sein. Mit der Auswertung der Daten beschäftigt sich jetzt das Bundeskriminalamt und der Generalbundesanwalt in Karlsruhe ist eingeschaltet.

Quelle

https://www.tagesschau.de/inland/corelli-107.html
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shitux


AKTUELLE MELDUNG!! München: Prozess gegen Zchäpe geplatzt: Ein gewaltig-riesen-großer Gletscher hat sämtliche Münchner-NSU-Gerichtsakten mit sich gerissen.



Noch ist völlig unklar wie dies unbemerkt passieren konnte. Die Parteivorsitzende der Grünen zu unserem Korrespondenten vor Ort: " Wir hatten wohl Unrecht. Eine Erderwärmung scheint es doch nicht zu geben"

Eine Zeugin gab später zu Protokoll , dass der Gletscher eine Breite von 210mm und eine lichte Höhe von 3 KM gehabt haben soll.
Der bay. Verfassungsschutz bestreitet das V-Mann "Gletscherspalte" involviert sei.





Kadavergehorsam begünstigt Verbrechen u. Verbrecher

Rappelkistenrebell

Ausgabe vom 13.05.2016, Seite 4 / Inland
»Primus« und Handygate
NSU-Prozess: Münchner Gericht will Ex-V-Mann Marschner nicht befragen. Mobiltelefon seines toten Kollegen »Corelli« bringt Verfassungsschutz in Erklärungsnot
Von Claudia Wangerin


Wie von der Bundesanwaltschaft gewünscht, hat das Oberlandesgericht München im NSU-Prozess die Zeugenvernehmung des früheren V-Mannes »Primus« abgelehnt. Der Unternehmer mit dem bürgerlichen Namen Ralf Marschner stand im Sold des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV) und soll nach Medienrecherchen in seiner Zwickauer Baufirma den untergetauchten Neonazi Uwe Mundlos beschäftigt haben. Nach Zeugenaussagen arbeitete auch die heutige Hauptangeklagte Beate Zschäpe vorübergehend in einem von Marschner betriebenen Szeneladen. Laut Anklage gründeten Mundlos und Zschäpe um die Jahrtausendwende mit Uwe Böhnhardt die Terrorgruppe »Nationalsozialistischer Untergrund« (NSU). Mehrere Nebenklagevertreter hatten daher im April beantragt, Marschner, der zur Zeit in der Schweiz lebt, als Zeugen zu vernehmen. Die Bundesanwaltschaft nahm dazu ablehnend Stellung. Manche Opferanwälte hofften zunächst, das Gericht werde Marschner trotzdem laden. Diese Hoffnung hat sich am Mittwoch zerschlagen: Selbst wenn Marschner Mundlos und Zschäpe nach ihrem Abtauchen kannte und beschäftigte, sei dies für die Tat- und Schuldfrage der Angeklagten nicht unmittelbar von Bedeutung, so der 6. Strafsenat. Das Gericht dürfe die Ladung eines Zeugen aus dem Ausland nach pflichtgemäßem Ermessen ablehnen. Auswirkungen auf die Rechtsfolgen seien nicht ersichtlich, selbst wenn sich alle Beweistatsachen als zutreffend erwiesen.

Im Kern geht es darum, ob das BfV den Aufenthaltsort der 1998 untergetauchten »Bombenbastler« bereits im Jahr 2000 kannte. Damals soll Mundlos alias Max-Florian Burkhardt bei Marschner zu arbeiten begonnen haben. Im selben Jahr hatte die bundesweite Mordserie begonnen, die 2011 dem NSU zugeordnet werden konnte.

»Eine Aufklärung des Netzwerkes NSU und der Möglichkeit der Verhinderung der Morde und Anschläge wird damit unterbunden«, kritisierte im Anschluss Rechtsanwalt Sebastian Scharmer, der die Tochter des 2006 in Dortmund ermordeten Mehmet Kubasik vertritt. »Marschner wäre einer der wichtigsten Zeugen in diesem Prozess gewesen«, so Scharmer. Über die Zeit des Untertauchens in Zwickau und das Innenleben des mutmaßlichen NSU-Kerntrios lägen »bislang kaum Erkenntnisse vor«. Von den drei Neonazis, die 1998 in Jena abgetaucht waren, lebt nur noch Beate Zschäpe. Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt kamen am 4. November 2011 nach einem Banküberfall in Eisenach zu Tode.

Mit Zschäpe stehen seit drei Jahren vier mutmaßliche Helfer des NSU vor Gericht, von denen zwei noch keine Fragen beantwortet haben. Zschäpe selbst tut dies nur schriftlich und belastete bisher vor allem die toten »Uwes«. Die Verteidigung des früheren NPD-Funktionärs Ralf Wohlleben, der als einziger außer Zschäpe in Untersuchungshaft sitzt, stellte ihren Mandanten bisher als Thüringer Jugendfreund von Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe dar, der mit der weiteren Radikalisierung des Trios nach dem Untertauchen nichts mehr zu tun gehabt hätte. Die habe sich schließlich in sächsischen »Blood & Honour«-Kreisen abgespielt. Zu diesen hatte nachweislich »Primus« enge Kontakte.

Sein V-Mann-Führer mit dem Arbeitsnamen »Richard Kaldrack« war in der BfV-Abteilung Rechtsextremismus/-terrorismus im Bereich »Beschaffung« auch für Thomas Richter alias »Corelli« zuständig. Dieser hatte sich ebenfalls als »Quelle« im Umfeld des Trios bewegt und war 2014 im Alter von 39 Jahren plötzlich verstorben – angeblich an unerkanntem Diabetes.

Ähnlich überraschend ist nun ein Handy aufgetaucht, das »Corelli« rund vier Monate lang benutzt haben soll, bevor er es 2012 bei der Aufnahme in ein Zeugenschutzprogramm dem BfV übergab.

Das Amt und die Bundesregierung informierten den NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestags am Mittwoch in nichtöffentlicher Sitzung darüber. Ausschussleiter Clemens Binninger (CDU) sagte im Anschluss, das Mobiltelefon habe rund vier Jahre lang in einem Panzerschrank der Behörde gelegen, bevor es im Juli 2015 bei einem Bürowechsel gefunden worden sei. Nach BfV-Angaben konnte es erst vor wenigen Tagen dem toten Ex-V-Mann zugeordnet werden. Der CDU-Abgeordnete Armin Schuster sagte mit Blick auf den Verfassungsschutz, er wolle jetzt »nicht in der Haut des Amtschefs stecken«.
Quelle

https://www.jungewelt.de/2016/05-13/015.php
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Kuddel

Ich habe mich bisher stets bemüht, vorsichtig bei der Wortwahl zu sein bei diesem Thema. Mir platzt inzwischen die Hutschnur.
Es handelt sich wohl kaum um einen durchgedrehten und außer Kontrolle geratenen Geheimdienst. Alle Geheimdienste waren involviert in den faschistischen Terror und dessen Deckung. Und die Polizeibehörden hatten ihren Anteil daran. Es wird weiterhin versucht zu verhindern, die Hintergründe des Terrors und die Verbindungen und Verflechtungen im Hintergrund aufzudecken. Die Bundesanwaltschaft ist aktiv, die Aufklärungsarbeit zu sabottieren und zu verhindern.

Der "Tiefe Staat" ist in meinen Augen nicht mehr zu verleugnen.
Der rechte Terror war und ist im Interesse des Staates.

Kuddel

Weitere Verstrickungen von Staatsdienern in den rechten Terror:

ZitatGeladen sind ein ehemaliger und ein noch aktiver Beamter der nordhessischen Polizei. Weitere Ermittler, die an der Aufklärung des Mordes an Halit Yozgat in Kassel gescheitert sind? Keineswegs. Es handelt sich um die beiden Polizisten, die, wie der Wiesbadener Kurier im vergangenen Jahr berichtet hatte, Kontakte zum militanten Neonazinetzwerk ,,Blood and Honour" gehabt haben sollen.

Die weltweit tätige Organisation, über die sich unter anderem rechtsextreme Bands vernetzen, wurde in Deutschland im Jahr 2000 verboten. Auch die Rechtsterroristen des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) standen ihr nahe – und setzten mit ihren Anschlägen um, was ,,Blood and Honour" propagierte: rechten Terror durch Kleinstgruppen nach dem Konzept des ,,führerlosen Partisanenkampfs". Mit ,,Combat 18" genannten Zellen verfügte ,,Blood and Honour" auch selbst über einen bewaffneten Arm.
http://www.fr-online.de/rhein-main/nsu-polizisten-mit-dubiosen-kontakten,1472796,34249014.html

Und weitere Versuche des Staates, die Ermittlungen zu sabottieren:
ZitatUnterdessen betreibt die Staatsanwaltschaft Wiesbaden weiter das Ermittlungsverfahren, das sie aufgrund der Berichterstattung des Wiesbadener Kuriers eingeleitet hatte. Nicht gegen die beiden Polizeibeamten richtet es sich, sondern gegen unbekannt. Wegen Geheimnisverrats.
(aus dem gleichen Artikel)

Rappelkistenrebell

Aus: Ausgabe vom 04.06.2016, Seite 4 / Inland

»Heil NSU« grüßte die Topquelle
V-Mann »Primus« und SIM-Karten seines toten Kollegen Thema im Untersuchungsausschuss
Von Christiane Mudra


Zwei Dinge will die Obfrau der Linken im NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestags, Petra Pau, nicht mehr hören: das Wort »Panne« und die Formulierung »Das hat keinen NSU-Bezug«.

Bereits vor zwei Jahren wurde eine CD mit der Aufschrift »NSU/NSDAP« im Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) gefunden, die der V-Mann Thomas Richter alias »Corelli« aber schon 2005 übergeben hatte. Vor wenigen Wochen tauchte dann ein bisher unbekanntes Handy »Corellis« auf, am 31. Mai hieß es, der Topquelle seien gerade noch vier SIM-Karten zugeordnet wurden. Der Panzerschrank mit dem »privaten Eigentum« des 2014 verstorbenen V-Mannes war dem Sonderermittler des Parlamentarischen Kontrollgremiums, Jerzy Montag (Grüne), verschlossen geblieben. Nun sei er beauftragt, ein Nachtragsgutachten zu erstellen, sagte er der Berliner Zeitung am Donnerstag.

In nichtöffentlicher Sitzung des Ausschusses soll BfV-Chef Hans-Georg Maaßen am Donnerstag von »Schlamperei« einiger Mitarbeiter gesprochen und Besserung gelobt haben. Er verließ sichtlich gut gelaunt das Gebäude und erklärte, der verstorbene »Corelli« habe ohnehin keine Bezüge zum NSU gehabt. Doch das BfV hat aktuell ein viel größeres, lebendes Sorgenkind: den V-Mann »Primus«. Denn eigentlich ging es in der Ausschusssitzung um ihn – Ralf Marschner alias »Primus«, eine weitere Topquelle des BfV, die hautnah am mutmaßlichen Kerntrio des NSU war. Das BfV will davon nichts gewusst haben. Ob dem Untersuchungsausschuss die Quellenberichte zu »Primus« vorlegt werden – oder ob auch hier das Staatswohl über der Aufklärung von Kapitalverbrechen steht – ist weiterhin unklar.

Marschner war mindestens von 1992 bis 2002 für das BfV tätig. Er soll den untergetauchten Neonazi Uwe Mundlos unter falschem Namen in seiner Abrissfirma beschäftigt haben. Beate Zschäpe, heute Hauptangeklagte im NSU-Prozess, soll in einem seiner Szeneläden gejobbt haben.

Zeitgleich mit Marschner, einer stadtbekannten Neonazigröße, lebte auch das untergetauchte Trio im überschaubaren Zwickau. Er will es aber nie gesehen haben. Hinzu kommen Autoanmietungen über Marschners Firma, die mit den Daten der NSU-Morde an Habil Kilic in München und an Abdurrahim Özüdogru in Nürnberg im Sommer 2001 korrespondieren. 2007 verließ Marschner Deutschland. Er lebt nun in der Schweiz, wo er bis mindestens 2013 von seinem V-Mann-Führer Richard Kaldrack »nachbetreut« wurde.

Der 30jährige BKA-Beamte Paul L., der am Donnerstag vor den Untersuchungsausschuss geladen war, hatte den Fragenkatalog für die zweite Vernehmung Marschners im Februar 2013 durch einen Schweizer Staatsanwalt erstellt. Den Abgeordneten antwortete er oft mit dem Satz »Das kann ich nicht sagen«. Wann er von Marschners V-Mann-Tätigkeit erfahren habe, wollte er nicht in öffentlicher Sitzung verraten. Nach mehreren Anläufen war immerhin klar: Er wusste es vor der Vernehmung Marschners, die er vorbereitet hatte.

Petra Pau wollte wissen, ob das BKA Marschners Aktivitäten und Kontakte auf Facebook unter die Lupe genommen habe. Der Zeuge verneinte, da man hierfür ja Facebook um Erlaubnis fragen müsse. Pau konterte, Marschners Profil sei offen zugänglich – und ließ einen Kommentar von ihm am 18. November 2011 einblenden: »Trink ordentlich! Heil NSU.... Hahahaha«.

Quelle

https://www.jungewelt.de/2016/06-04/016.php
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Rappelkistenrebell



Aus: Ausgabe vom 08.06.2016, Seite 1 / Inland

V-Mann »Corelli« wurde möglicherweise ermordet

Berlin. Der vor zwei Jahren überraschend gestorbene ehemalige V-Mann des Verfassungsschutzes »Corelli« könnte auch vergiftet worden sein. Laut Bericht der Berliner Zeitung vom Dienstag hat der Rechtsmediziner Professor Werner A. Scherbaum vor dem NSU-Untersuchungsausschuss des NRW-Landtages sein ursprüngliches Gutachten dahingehend revidiert, dass es eine Vergiftung nicht mehr ausschließt.

Die Obduktion »Corellis«, der mit bürgerlichem Namen Thomas Richter hieß und als einer der wichtigsten Zeugen im NSU-Prozess galt, hatte als Todesursache eine bislang nicht erkannte Diabetes ergeben. Scherbaum sagte, er habe sich in den vergangenen Monaten noch einmal mit dem Fall befasst und halte jetzt eine Tötung durch das Rattengift Vacor für durchaus denkbar. Aufschluss könne nur ein neues toxikologisches Gutachten geben. (jW)

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https://www.jungewelt.de/2016/06-08/004.php
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admin

Man kann es nicht oft genug wiederholen:
Es ist extrem wichtig, das Thema nicht ruhen zu lassen, die Recherchen voranzutreiben und die Öffentlichkeit informiert zu halten.
Die in den Terror verstrickten Behörden und die Hintermänner dürfen sich nicht in Sicherheit wähnen.

Rappelkistenrebell

Aus: Ausgabe vom 10.06.2016, Seite 1 / Titel

http://organisiertesversagen
AmnestyInternational:StaatlässtOpferrassistischerGewaltimStich.OberstaatsanwaltzeigtinNSU-AusschusskeinInteresseananonymenDNA-Spuren
VonClaudiaWangerin


Den Bericht »Leben in Unsicherheit – wie Deutschland die Opfer rassistischer Gewalt im Stich lässt« hat die Menschenrechtsorganisation Amnesty International am Donnerstag in Berlin vorgestellt. Das Titelfoto zeigt Feuerwehrleute vor einem schon weitgehend ausgebrannten Haus. Das Gebäude in Weissach war als Heim für Asylsuchende vorgesehen, als es im August 2015 in Flammen aufging. 1.031 Straftaten gegen Unterkünfte dieser Art verzeichneten die Behörden insgesamt im Jahr 2015. »Der Staat ist nicht in der Lage, Menschen vernünftig vor rassistischen Angriffen zu schützen«, sagte die Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland, Selmin Caliskan, bei der Vorstellung des mehr als 80seitigen Berichts. Flüchtlingsunterkünfte würden nicht ausreichend gesichert. Der Staat komme somit seinen menschenrechtlichen Verpflichtungen nicht nach. Auch gebe es deutliche Anzeichen für institutionellen Rassismus, vor allem bei der Polizei. Amnesty forderte die Bundesregierung auf, dies von unabhängigen Stellen untersuchen zu lassen. Die Innenministerkonferenz müsse sich auf ein bundesweites Konzept zum Schutz von Asylunterkünften verständigen.

Ein weiteres Kapitel des Berichts: »Staatliches Versagen bei der Untersuchung der Morde des ›NSU‹«. Fast zeitgleich zu der Pressekonferenz vernahm der Untersuchungsausschuss des Bundestags zum »Nationalsozialistischen Untergrund« Oberstaatsanwalt Jochen Weingarten. Der 46jährige ist einer der Vertreter der Bundesanwaltschaft im Münchner NSU-Prozess. Als Mitautor der Anklageschrift vertritt er die These, der NSU habe nur aus drei Vollmitgliedern bestanden. Am Donnerstag sollte er den Abgeordneten Auskunft über die Ermittlungen im Umfeld des Ex-V-Mannes Ralf Marschner geben, der nach Zeugenaussagen in seinen Firmen die untergetauchten Neonazis Uwe Mundlos und Beate Zschäpe beschäftigt hatte. Weingarten wies aber darauf hin, dass seine Aussagegenehmigung in öffentlicher Sitzung eingeschränkt sei, da die Ermittlungen andauerten. Das betraf vor allem den Zeugen, der Mundlos als Vorarbeiter in Marschners Zwickauer Baufirma gesehen haben will. Auch habe man »priorisiert« und nicht »die volle Manpower« für Ermittlungen zu Marschner einsetzen können.

Nach eigenen Angaben befasst sich Weingarten seit Ende 2011 dienstlich fast nur mit dem NSU, konnte aber nicht einmal die Frage beantworten, ob die DNA eines der mutmaßlichen Haupttäter Mundlos und Böhnhardt an einem der Tatorte gefunden wurde. Er sei »kein enzyklopädisches Lexikon zum Thema NSU«, erklärte der Oberstaatsanwalt dem Ausschussvorsitzenden Clemens Binninger (CDU). Sein Schwerpunkt seien Personen- und Komplexermittlungen. »Mir sind DNA-Spuren, meine ich, nicht bekannt«, sagte er mit Blick auf solche von Mundlos und Böhnhardt. Wenig Interesse zeigte Weingarten an anonymen DNA-Spuren, die bisher weder Beschuldigten noch »Tatortberechtigten« zugeordnet werden konnten – darunter eine an der Oberbekleidung des schwerverletzten Heilbronner Polizisten Martin A., dem die Täter nach dem Kopfschuss am 25. April 2007 die Waffe abgenommen hatten. Die Ermittler hatten die Spur nach dem Fund der Polizeiwaffen im Nachlass von Mundlos und Böhnhardt nicht weiterverfolgt. Weingarten sagte, anonyme DNA-Spuren stünden »nicht im Fokus unseres Problembewusstseins«. Sie müssten »nicht unmittelbar tatrelevant« sein. Binninger war anderer Meinung: »Mir würde die DNA-Spur am Rücken des Polizeibeamten schon ein bisschen Sorgen machen.«

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https://www.jungewelt.de/2016/06-10/001.php
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counselor

Hier ein interessantes Blog zum NSU-Prozess:
http://www.nsu-nebenklage.de/
Alles ist in Bewegung. Nichts war schon immer da und nichts wird immer so bleiben!

Kuddel

Es ist ja schwer erträglich, wie der Staat sich mit Händen und Füßen gegen die Aufdeckung der Verquickungen mit dem braunen Terror wehrt.
Hat ja langsam türkische Qualitäten.

ZitatKein Ohr für Spitzel

NSU Der Untersuchungsausschuss im Bundestag lehnt es ab, V-Leute zu befragen – mit abstrusen Begründungen


Sie sind Rechtsradikale und zugleich Informanten des Geheimdienstes. Ohne V-Leute ist der NSU-Mordkomplex nicht zu verstehen.
...
V-Leute sind anscheinend Sonderwesen, keine normalen Zeugen. Diese Haltung hat in diesem Ausschuss Tradition. Der aktuelle NSU-Untersuchungsausschuss hat noch nie einen V-Mann oder eine V-Frau befragt, der vorherige Ausschuss handhabte das genauso.
...
Marschner nicht befragen zu wollen, ist nicht nur ein mutwilliger, sondern auch ein fahrlässiger Umgang mit Zeugen. Der V-Mann Corelli starb, ehe er befragt werden konnte. Und möglicherweise, das wird gerade neu untersucht, wurde dabei nachgeholfen.
...
Die Opferanwälte wissen offenbar, was für ein wichtiger Zeuge Marschner ist – als Neonazi wie als Agent. Die Abgeordneten im Bundestag wissen das. Nur den letzten Schritt tun sie nicht.
https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/kein-ohr-fuer-spitzel

Rappelkistenrebell

Aus: Ausgabe vom 25.06.2016, Seite 1 (Beilage) / Wochenendbeilage

»Was die Yozgats mehr schmerzt, ist die Rolle von Temme«
Gespräch. Mit Thomas Bliwier. Über die Sicht des Nebenklageanwalts im NSU-Prozess, wo Beate Zschäpe als Angeklagte lügen darf – aber ein Geheimdienstzeuge nicht. Theoretisch zumindest
Interview: Claudia Wangerin



Ayse und Ismail Yozgat am zehnten Todestag ihres Sohnes bei der Gedenkfeier für Halit Yozgat und die anderen NSU-Opfer am 6. April in Kassel
Foto: Swen Pförtner/dpa- Bildfunk

Thomas Bliwier ... ist seit 1984 Rechtsanwalt in Hamburg und seit 1997 Fachanwalt für Strafrecht. Im Münchner Prozess gegen Beate Zschäpe und vier mutmaßliche Helfer des »Nationalsozialistischen Untergrunds« (NSU) vertritt er mit seinen Kanzleikollegen die Eltern und Geschwister von Halit Yozgat, der am 6. April 2006 im Alter von 21 Jahren in seinem Internetcafé in der Holländischen Straße in Kassel erschossen wurde. Erst im November 2011 konnten dieser und neun weitere Morde dem NSU zugeordnet werden.

Amnesty International hat gerade einen Bericht vorgestellt, in dem Deutschland »staatliches Versagen bei der Untersuchung der Morde des ›NSU‹« vorgeworfen wird. Die Rede ist auch von »Behördenfehlern«, die auf institutionellen Rassismus schließen lassen. Gemeint ist »kollektives Versagen« aufgrund eines rassistischen Tunnelblicks. Aus Ihrer Sicht erklärt das aber nicht alles. Warum?

Man muss zwei Dinge trennen. Das eine ist die Aufarbeitung des NSU-Komplexes und der Terrorserie. Da ist natürlich eine Menge passiert – es gab gravierendes Fehlverhalten, im Bundesamt für Verfassungsschutz wurden Akten geschreddert; V-Leute sind ums Leben gekommen. Das allein gibt einem schon erheblich zu denken. Das andere ist: Wie konnte es überhaupt zu dieser Terrorserie kommen? Und da sehe ich mehr als ein Versagen. Wir haben auch eindeutige Belege dafür, dass der NSU durch staatliche Stellen, Finanzmittel des Verfassungsschutzes gefördert worden ist. Stichwort: Geldzuwendungen an den »Thüringer Heimatschutz«, wo sich die Beteiligten radikalisiert haben, in Form von V-Mann-Honoraren des dortigen Landesamtes für Tino Brandt. Hinzu kam die Verhinderung der Festnahme des untergetauchten Trios durch den Verfassungsschutz Brandenburg, der damals bestimmte Erkenntnisse – Stichwort Waffenbeschaffung für drei untergetauchte Neonazis in Sachsen – nicht weitergegeben hat.

Natürlich haben wir eine relativ konzentrierte Aufarbeitung auch durch Untersuchungsausschüsse, die es zum Beispiel im Fall des Attentats auf das Münchner Oktoberfest 1980 bis heute nicht gab.

Sie vertreten im NSU-Prozess mit Ihren Kollegen die Angehörigen von Halit Yozgat, der 2006 in Kassel erschossen wurde, als ein hessischer Verfassungsschützer am Tatort war. Welche Rolle spielt aus Ihrer Sicht der Geheimdienstler Andreas Temme?

Wir wissen, dass Herr Temme nicht nur in Untersuchungsausschüssen, sondern auch in der Hauptverhandlung in München die Unwahrheit gesagt hat. Das kann man an verschiedenen Punkten nachweisen. Es gibt eine Zeitschiene, die belegt, dass er die Tat wahrgenommen haben muss. Für uns ist ein maßgeblicher Aspekt, dass er am Montag nach der Tat schon vormittags in einer Dienststelle davon gesprochen hat, dass für diesen Mord die Pistole vom Typ »Ceska« verwendet wurde, die auch bei der bundesweiten Mordserie benutzt wurde. Das wusste zu diesem Zeitpunkt noch niemand, das ist erst im Laufe des Nachmittags öffentlich bekanntgeworden. Das heißt, er hat Wissen, das er nur als Augenzeuge haben kann, der weiß, wie die Ceska aussieht, oder als jemand, der selbst in die Tat verstrickt ist – das ist nicht meine Idee, sondern die Schlussfolgerung der Kasseler Polizeiermittler in der Münchner Hauptverhandlung.

Dort hatte Temme allerdings nur Zeugenstatus. Denken Sie, dass gegen Temme ein Haftbefehl erlassen worden wäre, wenn er keinen Geheimdiensthintergrund hätte?

Ich glaube, ja. Der damalige Versuch, den Tatverdacht gegen Temme zu verifizieren, ist 2006 daran gescheitert, dass der hessische Verfassungsschutz und der damalige Landesinnenminister Volker Bouffier – CDU-Mitglied und heute Ministerpräsident – die Freigabe der Quellen verhindert haben. Wegen der Sperrerklärung Bouffiers konnte die Polizei Temmes V-Leute nicht vernehmen – und somit nicht recherchieren, woran er damals gearbeitet hat.

Ich glaube nicht, dass Herr Temme zufällig in diesem Internetcafé war; ich glaube nicht, dass er den Mord nicht beobachtet hat – im Gegenteil. Und wenn er ihn beobachtet hat – wovon ich mindestens ausgehe –, dann muss es ein Motiv dafür geben, dass er schweigt. Und darüber kann man sich viele Gedanken machen.

Die Bundesanwaltschaft hat Anfang Juni vor Gericht erklärt, es gebe »keine tragfähigen Anhaltspunkte« dafür, dass Geheimdienste während der aktiven Zeit des NSU von geplanten Anschlägen wussten. Was steckt aus Ihrer Sicht hinter diesem Verhalten und dem Dauerkonflikt zwischen Bundesanwaltschaft und Nebenklage?

Der Dauerkonflikt besteht natürlich darin, dass die Bundesanwaltschaft ihre Anklage durchbringen möchte; und das in angemessener Zeit. Sie hat das klare Interesse, streng entlang der Aufklärungspflicht des Gerichts eine Verurteilung der dort Angeklagten zu erreichen. Aber natürlich ist es interpretierbar, wie weit diese Aufklärungspflicht geht. Eine gerichtliche Hauptverhandlung ist kein Untersuchungsausschuss, der politisches Versagen aufarbeiten kann.

Die Kontroverse besteht aber darin, dass wir als Nebenklagevertreter die Aufklärungspflicht weiter fassen würden, da wir denken, dass die Frage der staatlichen Verstrickungen und der Ermöglichung von Straftaten dazugehört. Laut Bundesanwaltschaft gibt es dafür keine Anhaltspunkte, wir sagen aber, wir wollen es aufklären – und in Beweisermittlungsanträgen haben wir zum Teil Anhaltspunkte geliefert. Irgendwo muss man natürlich eine Grenze ziehen.

Was ist aus Ihrer Sicht noch diesseits dieser Grenze?

Meiner Meinung nach gehört mit hinein, was genau 1998 passierte, als der Brandenburger Verfassungsschutz wusste: Das untergetauchte Trio plant einen Raubüberfall, es verlangt nach Waffen und will sich möglicherweise nach Südafrika absetzen. Der Verfassungsschutzzeuge »Reinhardt Görlitz«, dessen V-Mann diese Information geliefert hatte, weiß angeblich nicht, was seine Behörde damit anfing. Das behauptete »Görlitz« erst kürzlich in München. Es ist aber nicht glaubhaft, da wir wissen, dass er am 17. September 1998 an einer Krisensitzung mit Verfassungsschutzbeamten aus Sachsen und Thüringen teilnahm. Das geht aus einem Aktenordner hervor, den er bei einem früheren Zeugenauftritt selbst als Gedankenstütze dabeihatte. Er wollte ihn zuerst nicht herausgeben, aber das Gericht ließ den Ordner beschlagnahmen. Brandenburgs Innenministerium hatte den Inhalt zeitweise zur Verschlussache erklärt, nach der Einziehung durch das Gericht übersandte es aber Kopien der Dokumente, einschließlich des Berichts über das länderübergreifende Treffen der Verfassungsschützer im September 1998. Nur die Namen der Teilnehmer waren geschwärzt. Ergebnis des Treffens war jedenfalls, dass dem Thüringer Landeskriminalamt keine weiteren Informationen für eine Festnahme der drei Neonazis geliefert wurden, weil der Inlandsgeheimdienst in Brandenburg seine Quelle nicht offenlegen wollte.

Wenn staatliche Stellen den NSU-Terror durch Strafvereitelung bei früheren Raubüberfällen der Täter ermöglicht haben, könnte das theoretisch eine Strafmilderung für sie bedeuten. Wie stehen Ihre Mandanten dazu?

Uns geht es einfach darum, den Sachverhalt vollständig aufzuklären. Die Familie Yozgat hat auch nie ein besonderes Interesse an der größtmöglichen Bestrafung von Frau Zschäpe geäußert. Wir wollen die staatlichen Verstrickungen aufklären – und wenn es sich für die Angeklagten strafmildernd auswirkt, dann ist es eben so.

Was erhoffen Sie sich noch von diesem Prozess – und was ist von den Untersuchungsausschüssen in Bund und Ländern zu erwarten?

Ziel des Prozesses ist natürlich eine Entscheidung über Schuld und Strafmaß der Angeklagten. Ich habe keine Zweifel daran, dass Frau Zschäpe der Anklage entsprechend als Mittäterin verurteilt wird und Ralf Wohlleben wegen Beihilfe. Im großen und ganzen gehe ich bei allen Angeklagten von einer Verurteilung gemäß der Anklageschrift aus.


Foto: Angelika Warmuth/lno/dpa-Bildfunk

In die Untersuchungsausschüsse gehört natürlich die Frage der politischen Verantwortung für die Blockade von Ermittlungstätigkeiten – Stichwort: Sperrerklärung von Bouffier. Was ich aber vom Münchner Prozess erwarte, ist die Beseitigung der Unklarheiten bezüglich der Rolle von Temme. Wir haben noch den Beweisantrag gestellt, die damalige Vorgesetzte von Temme, Iris Pilling, als Zeugin zu laden. Aus unserer Sicht muss in dieser Richtung mehr getan werden als bisher, aber irgendwann muss man natürlich diesen Prozess auch zu Ende bringen. Zwei Angeklagte sind in Untersuchungshaft, es gilt der Beschleunigungsgrundsatz.

Ayse Yozgat hat als Mutter eines Ermordeten schon 2013 an die Hauptangeklagte Zschäpe appelliert, ihr Schweigen zu brechen und nicht »die Sünden anderer« auf sich zu nehmen. Gut zwei Jahre später ließ Zschäpe eine Aussage verlesen, in der sie gar keine Verantwortung übernahm und zwei Tote als alleinige Täter darstellte. Wie haben Sie mit Ihren Mandanten diese Aussage analysiert?

Der Inhalt dieser Erklärung ist meines Erachtens nicht nur die Unwahrheit, sondern dummes Zeug. Man kann deutlich sehen, dass Zschäpes Aussage sich an der Anklage orientiert, aber die bisherige Hauptverhandlung völlig außer acht lässt. Was mich nicht überrascht, da ihre bisherigen Verteidiger Frau Zschäpe offenbar geraten hatten, zu schweigen, dann aber ein neuer Anwalt nach mehr als zwei Jahren hinzukam und mit ihr diese Einlassung vorbereitet hat. Das hat natürlich mit dem, was wir in der Beweisaufnahme gehört haben, überhaupt nichts zu tun. Es ist auch in keiner Weise glaubhaft, dass drei Personen gemeinsam untertauchen und 13 Jahre zusammenleben, Frau Zschäpe aber den beiden Männern jedesmal, wenn sie von einer Mordtat zurückkehren, sagt: Das macht ihr bitte nicht noch mal. Ich habe selten so einen Unsinn gehört. Das passt auch nicht zur Aktenlage. Stichwort: Aufzeichnen der Nachrichtensendung zum Bombenanschlag in der Keupstraße, als Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt noch gar nicht aus Köln zurück in Zwickau gewesen sein können. Gut, man weiß nicht, ob es Frau Zschäpe war, aber es war der Rekorder in der gemeinsamen Wohnung des Trios. Hinzu kommt am Ende die Brandstiftung in dieser Wohnung, das passt hinten und vorne nicht.

Die Brandlegung ist die einzige handfeste Straftat, die sie zugegeben hat.

Es ist natürlich ihr Recht, sich so zu äußern, aber das trägt nicht nur nicht zur Aufklärung bei, es hilft ihr selbst auch nicht weiter. Die Familie Yozgat ist natürlich über diese Aussage nicht glücklich, das tut auch weh, aber ich glaube, was die Yozgats mehr schmerzt, ist die Rolle von Temme, der das Blaue vom Himmel herunter lügt.

Was er als Zeuge nicht darf – und trotzdem kann er als freier Mann aus dem Saal gehen.

Dem nichts passiert, der jede wahrheitsgemäße Angabe verweigert. Wenn er seine Aussage ändern würde, müsste er in jedem Fall eine Straftat gestehen – und sei es nur, dass er vorher die Unwahrheit gesagt hat. Bisher kam er aber gefahrlos damit durch, dass er angeblich nichts gesehen hat. Man kann objektiv feststellen, dass das nicht stimmen kann, weiß dann aber noch nicht, was er tatsächlich gesehen hat. Mundlos und Böhnhardt sind tot, aber wenn lokale Unterstützer bei dem Mord eine Rolle gespielt haben, die möglicherweise noch frei herumlaufen, kann Selbstschutz das Motiv für Temmes Behauptung sein.

Zschäpe hat in ihrer Aussage nur Mundlos und Böhnhardt belastet, sie hat im Grunde die Anklage bestätigt – bis auf ihre eigene Rolle als planerische Mittäterin. Wie plausibel ist denn aus Ihrer Sicht die Behauptung, dass immer nur Mundlos und Böhnhardt an den Tatorten waren?

Es muss nach meiner Überzeugung lokale Unterstützer gegeben haben. Aber wenn Frau Zschäpe sich entschieden hat, ihre eigene Rolle so darzustellen, wie sie es tut, ist natürlich ihre Erzählung konsequent: Sie selber sitzt zu Hause und weiß von den Planungen nichts, sie erfährt von den beiden Männern auch nichts und will nichts wissen. Sie fragt nicht: Wie seid ihr eigentlich auf die Tatorte gekommen, wie habt ihr euch die Opfer ausgesucht? Dann kriegt sie einfach einen großen Schreck, weil schon wieder ein Mord passiert ist. Das ist in sich konsequent, ich glaube es aber nicht. Es muss lokale Unterstützer gegeben haben, es muss Neonazinetzwerke gegeben haben, die nicht nur beim Untertauchen geholfen haben, sondern auch beim Ausspähen der Tatorte. Ich fürchte, das wird man so, wie bisher ermittelt wurde, nicht herausfinden. Die Geheimhaltung der Ermittlungen gegen Unterstützer hat bisher nicht zu großen Erfolgen geführt.

In Kassel, wo Halit Yozgat erschossen wurde, gab es jahrelang den eingetragenen Verein »Sturm 18« – der Zahlencode für »Adolf Hitler«. Der Gründer Bernd Tödter, ein mehrfach verurteilter Intensivtäter, war Zeuge im Münchner Prozess, nahm aber dort die bei der Polizei gemachte Aussage zurück, er habe NSU-Mitglieder gekannt. Mit dem »Sturm 18«-Verbot hat sich Hessens Innenministerium viel Zeit gelassen. Wie beurteilen Sie die Arbeit des Untersuchungsausschusses in diesem Bundesland?

Grundsätzlich leiden Untersuchungsausschüsse oft unter dem Parteienproporz – und darunter, dass Parlamentarier Zeugen nicht so befragen können wie in einem Strafprozess, da die Redezeit begrenzt ist. Nicht immer gibt es die Möglichkeit, sich entsprechend vorzubereiten, da Akten zu spät geliefert werden. Hinzu kommt das unterschiedliche Aufklärungsinteresse. Gerade in Hessen ist es natürlich massiv eingeschränkt, da von einer Koalitionsregierung aus CDU und Grünen unter Bouffier natürlich nicht zu erwarten ist, dass ihre Vertreter im Untersuchungsausschuss das Fehlverhalten des heutigen Ministerpräsidenten aufklären. Anders als im NSU-Ausschuss des Bundestags gibt es in Hessen keine parteiübergreifenden Aufklärungsbemühungen, weil man damit zwangsläufig Herrn Bouffier beschädigen würde. Ich habe viel Kritik an diesem Ausschuss gehört und mache mir keine großen Hoffnungen, dass dort etwas zutage gefördert wird, was wir im Münchner Verfahren nicht herausfinden. Aber man kann sich überraschen lassen.

Dem NSU-Ausschuss im Bundestag war bisher keine Parteisoldatenmentalität vorzuwerfen. Allerdings vergeht oft viel Zeit zwischen den Terminen. Was halten Sie dort in dieser Legislaturperiode für möglich und nötig?

Um das einzuschätzen zu können, kenne ich den parlamentarischen Betrieb zuwenig. Richtig ist, man kann dem Ausschuss­vorsitzenden Clemens Binninger und anderen CDU-Abgeordneten dort wirklich nicht vorwerfen, dass sie etwas blockieren wollen. Das Problem ist aber: Die Hessen sind natürlich dichter dran an der zentralen Problematik im Fall Yozgat, einem der unaufgeklärten Morde in dieser Serie. Aber ausgerechnet in der Konstellation »Schwarz-Grün« ist keine Aufklärung möglich. Der Untersuchungsausschuss im Bundestag hat ja schon eine Menge herausgefunden, da kann man ihm nichts vorwerfen, aber ob er die zentralen Fragen in dieser Legislaturperiode noch aufarbeiten kann, weiß ich nicht.

Angesichts der rechten Gewaltwelle gegen Asylsuchende in Deutschland, den Morddrohungen gegen Mandatsträger, der allgemeinen Verunsicherung durch andere Straftaten wird ein Sicherheitsapparat gebraucht – allerdings ein anderer. Inwieweit denken Sie, dass dieser reformierbar ist?

Grundsätzlich würde ich sagen: Das erste, was abgeschafft gehört, sind die V-Leute, die aus gefährlichen Szenen angeworben werden. Das halte ich für die dringendste Forderung. Das Gegenteil wird zur Zeit gemacht: Das reformierte Gesetz ermöglicht sogar den erweiterten Einsatz von V-Leuten, unter bestimmten Voraussetzungen auch solchen mit schweren Vorstrafen. Das geht gar nicht! Wir können bis heute nicht einschätzen, welche Rolle der V-Mann Tino Brandt als Führungsperson des »Thüringer Heimatschutzes« dort wirklich in Diskussionen über Gewalt gespielt hat. Wir haben gehört, dass Kai Dalek, der V-Mann des bayerischen Landeskriminalamtes, gesagt hat, Tino Brandt habe dem Aufbau einer »Braunen Armee Fraktion« das Wort geredet – er sei der Scharfmacher gewesen. Brandt bestreitet das natürlich. Aber wir wissen nicht, wer in welchem Umfang lügt – und wieviel Tino Brandt zur Radikalisierung der Gruppe, aus der der NSU hervorging, beigetragen hat. Was haben denn all die V-Leute – Szczepanski, Brandt, Dalek – bewirkt? Die NSU-Taten haben sie jedenfalls nicht verhindert. Wenn mal Informationen kamen, wurden sie von den Verfassungsschutzämtern aus »Quellenschutzgründen« nicht weitergegeben.

Die Konsequenz kann nur sein: Die V-Leute müssen weg – und es muss verboten werden, dass derartige Gruppierungen durch staatliche Gelder finanziert werden.



Quelle

https://www.jungewelt.de/2016/06-25/064.php
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Rappelkistenrebell

"Verfassungsschutz": Von "vergessenen" Handys, toten Zeugen und 40 V-Leuten im Umfeld des NSU


29.06.16 - Vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass Handys und Sim-Karten der Jahre 2007 bis 2011 des langjährigen V-Manns Thomas Richter (Deckname "Corelli") mit 4.200 SMS und Hunderten Twitter-Einträgen angeblich unausgewertet beim "Verfassungsschutz" herumlagen (siehe rf-news). Der Inlandsgeheimdienst behauptet, es habe ja nur einen unbedeutenden Kontakt von "Corelli" zum faschistischen NSU-Terrioristen Uwe Mundlos gegeben. Dies immerhin weiß der Geheimdienst also schon, ohne die Daten ausgewertet zu haben.

"Corelli" war 18 Jahre als V-Mann in der faschistischen Szene aktiv. Er flog im September 2012 auf, sollte vor dem Untersuchungsausschuss aussagen, verstarb jedoch "überraschend" an einer nicht erkannten Diabetes kurz vor dem Termin. Mittlerweile spricht der damalige Gutachter Werner Scherbaum davon, dass es sich auch um Mord handeln könnte. Er selbst war zunächst davon ausgegangen, dass es gar keine Substanz gebe, die einen Insulin-Schock künstlich auslösen könne. Bei näherer Befassung stieß er nun auf drei mögliche Substanzen, die dies doch können, unter anderem ein Rattengift, das inzwischen allerdings nicht mehr im Handel ist. Zur Überprüfung seiner früheren vorschnellen These veranlasste ihn, dass "der Fall inzwischen ... an Brisanz gewonnen hat".

Sollte "Corelli" zum Schweigen gebracht werden, weil er doch eine aktive Verbindung zum NSU hatte? Dafür spricht auch, dass "Corelli" deutschlandweit in der neofaschistischen Szene vernetzt war. Unter anderem war er auch Mitglied einer deutschen Abteilung des Ku-Klux-Klan in Baden-Württemberg – in dem Bundesland, in dem 2007 die Polizistin Michèle Kiesewetter vom NSU ermordet wurde. Kiesewetters Gruppenführer war mit "Corelli" zusammen in genau dieser Ku-Klux-Klan-Gruppe aktiv. Alles Zufall? Wohl kaum!

Die Sache ist für den "Verfassungsschutz" äußerst brisant, weil damit offenkundig würde, dass Geheimdienst-Mitarbeiter direkt in den faschistischen Terror verstrickt waren. Hans-Georg Maaßen, seit 2012 Präsident des "Bundesamtes für Verfassungsschutz" und damit persönlich verantwortlich für die Vorgänge um das Handy, spielt die Angelegenheit herunter.

Die Kritik der Grünen im Bundestag, dieser habe die Kontrolle über das Bundesamt verloren, ist naiv. Seit dem Amtsantritt von Maaßen jagt eine "Fahndungspanne" die andere, verschwinden Akten und sterben überraschend fünf potenzielle Zeugen des NSU-Komplexes. Die Umstände sind alle mysteriös und voller Widersprüche. Ein anderer Zeuge für den NSU-Prozess, Sascha W., soll sich aus Liebeskummer getötet haben - unmittelbar vor einer geplanten Vernehmung. Über den Inhalt eines Abschiedsbriefs schweigen die Ermittlungsbehörden ("Sascha W.: Der Tod eines weiteren potenziellen Zeugen im NSU-Komplex wirft Fragen auf").

Unter Maaßen wurde nichts davon aufgeklärt - entgegen seinen großspurigen Ankündigungen und obwohl immer mehr Fakten auf den Tisch gekommen sind. Die Kritik an ihm wird immer lauter - auch innerhalb der bürgerlichen Parteien. Politiker aus SPD, Grünen, FDP und Linkspartei fordern inzwischen seinen Rücktritt. Dazu trägt auch sein maßlos arrogantes Verhalten gegenüber dem NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags bei, dem er vorwarf, die Arbeit seiner Behörde zu "erschweren".

Die Begründung für die Geheimniskrämerei des "Verfassungsschutzes" ist immer, nur so könne der deutsche Staat unter anderem vor "rechtsextremen" Kräften geschützt werden. Fakt ist aber, dass der NSU aus dem vom thüringischen "Landesamt für Verfassungsschutz" aufgebauten faschistischen "Thüringer Heimatschutz" hervorging. Die NPD-Führung war durchsetzt mit "Verfassungsschutz"-Mitarbeitern. Die Aufdeckung des ganzen Ausmaßes des NSU-Terrors fällt lächerlichen "Pannen" und "fehlenden Beweisen" zum Opfer, gleichzeitig waren über 40 V-Leute im NSU-Umfeld aktiv!

Das Vorgehen des "Verfassungsschutzes" ist Teil der Faschisierung des Staatsapparates und seiner Organe. Alle Geheimdienstorgane stehen unter direkter Führung des Bundesinnenministeriums und des Kanzleramtes! Am 24. Juni 2016 beschloss der Bundestag sogenannte "Anti-Terror-Gesetze". Danach soll auch der "Verfassungsschutz" künftig gemeinsame Dateien mit Nachbarstaaten, EU- und NATO-Ländern anlegen können. Nicht nur wie bisher das BKA, auch die Bundespolizei soll verdeckte Ermittler einschleusen.

All das richtet sich mitnichten gegen faschistische Terrorgruppen, sondern gegen revolutionäre und fortschrittliche Organisationen wie die MLPD, die konsequent den antifaschistischen Kampf führt und seit Jahrzehnten das Verbot aller faschistischen Organisationen und ihrer Propaganda fordert. Sie tritt für die revolutionäre Überwindung des kapitalistischen Systems als eigentlicher Wurzel der faschistischen Umtriebe ein.


Quelle

https://www.rf-news.de/2016/kw26/verfassungsschutz-von-vergessenen-handys-toten-zeugen-und-beziehungen-zum-nsu

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Troll

ZitatNSU: Zu viele Zufälle

Am heutigen Mittwoch tritt der zweite NSU-Untersuchungsausschuss im Landtag an. Kontext begrüßt ihn mit einem kritischen Beitrag von Peter Ohlendorf, der zwei Jahre lang zum "Heilbronn-Komplex" recherchiert hat. Der Journalist listet noch einmal alle ungeklärten Fälle auf und fragt sich, ob es hierzulande eine "Struktur des Nichtermittelns" gibt.

Der Schlüssel zur Dimension des Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) liegt auf der Theresienwiese in Heilbronn, wo die Polizistin Michèle Kiesewetter getötet worden ist. Für diese Annahme gibt es einige Hinweise. Auch Beate Zschäpe stellte zu diesem vermuteten Mord ihrer beiden Komplizen gegenüber dem Münchner Oberlandesgericht fest: "Ich glaube, dass die beiden mich angelogen haben, was ihre wahren Motive gewesen sind und tatsächlich etwas anderes dahinter steckte." Der Generalbundesanwalt hatte sich da schon längst auf die These festgelegt, dass Michèle Kiesewetter ein Zufallsopfer ist. Der erste baden-württembergische NSU-Untersuchungsausschuss schloss sich dieser These an, ohne genügend Zeit für eigene Nachforschungen zu haben.
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Der gesamte Beitrag "Wir können alles. Außer Rechtsterrorismus-Aufklärung?" steht unter diesem Link. (PDF-131KB)

Quelle: kontextwochenzeitung

Politik ist der Spielraum, den die Wirtschaft ihr lässt.
Dieter Hildebrandt
Es ist kein Zeichen geistiger Gesundheit, gut angepasst an eine kranke Gesellschaft zu sein.
Jiddu Krishnamurti

Rappelkistenrebell

Aus: Ausgabe vom 25.07.2016, Seite 3 / Schwerpunkt

Der Fall Temme
NSU-Prozess: Von ungehörten Schüssen und unsichtbaren Sterbenden zur unglaublichen Plausibilität. Das Kritikerlob des OLG München für die Performance eines Geheimdienstlers
Von Wolf Wetzel



Wahrheitssuche? Verfassungsschützer Andreas Temme verlässt nach seiner Befragung den hessischen Landtag (6. Juni)
Foto: Andreas Arnold/dpa - Bildfunk

Mit zwei Pistolenschüssen wurde Halit Yozgat am Nachmittag des 6. Juni 2006 am Tresen seines Kasseler Internetcafés getötet. Die erste Kugel traf ihn in die rechte Schläfe und riss ihn vom Stuhl. Ein weiteres Geschoss drang in seinen Hinterkopf ein, als er fiel.

Das Oberlandesgericht (OLG) München hält laut Beschluss vom 12. Juli 2016 für glaubwürdig, dass der als Zeuge gehörte Andreas Temme, der damals im Nebenraum saß, keine Schüsse gehört habe – ein Mann, der seine Freizeit im Schützenverein verbringt. Es hält für nachvollziehbar, dass der hessische Verfassungsschützer Temme, der kurz nach dem Mordanschlag das Café verließ, nach dessen Angaben auf der Suche nach dem jungen Besitzer, dreimal an dem Sterbenden vorbeigegangen war, ohne ihn hinter einem Tisch liegen zu sehen. Es hält für glaubwürdig, dass der rund 1,90 Meter große V-Mann-Führer weder die Blutspritzer auf dem 73 Zentimeter hohen Tisch sah, auf den er ein Geldstück für die Computernutzung legte, noch den dahinter liegenden Halit Yozgat.

Das Gericht hält für plausibel, dass der kurzzeitige Hauptverdächtige Temme zuerst glaubhaft bestritt, dass er das Café überhaupt kenne, dann glaubhaft leugnete, dass er an diesem Tag dort war – und schließlich glaubhaft einräumte, dass er vermeiden wollte, dass seine schwangere Ehefrau davon erfährt, dass er in besagtem Internetcafé in einem »Flirtportal« surfen gegangen ist. Für folgerichtig hält das OLG daher die eigene Entscheidung, die Schmauchspuren an Handschuhen, die in seinem Zimmer (bei seinen Eltern) gefunden wurden, nicht daraufhin zu untersuchen zu lassen, ob sie zu der bei dem Mord verwendeten Munition und zur Tatwaffe passen.

»Sachlich, nachvollziehbar und plausibel« finden das deutsche Richter im Großen und Ganzen. Sie üben schon einmal für das Urteil, das bald über eine neonazistische Terrorgruppe namens NSU gefällt werden wird – die dann selbstverständlich nur aus drei Mitgliedern und wenigen Helfern bestanden hat. Im Namen des deutschen Volkes.

Der Fall Temme belegt die kafkaeske »Wahrheitssuche« in Sachen »Nationalsozialistischer Untergrund« (NSU): Deutungen von Vertretern der Staatsmacht über »Pannen« und die Selbstidiotisierung mancher Akteure können nicht alles rund um die jahrelange Mord- und Anschlagsserie erklären. Es genügt nicht, Gründe für das »Komplettversagen« allein in schlampiger Polizeiarbeit und einem institutionellen Rassismus zu sehen, der die Ermittlungsrichtung vorgebe. Dieser Vorwurf kann zwar einiges erklären, aber hilft auch, einiges zuzudecken und zu verbergen, wenn es um die Gründe für Ermittlungssabotage, für den Schutz möglicher Mittäter oder Mitwisser geht.

Die polizeilichen Ermittlungen waren in Kassel – im Gegensatz zu anderen NSU-Tatorten – durchaus konsequent, geradezu vorschriftsmäßig: Man suchte tatsächlich in allen Richtungen und stieß somit sehr schnell auf den hessischen Geheimdienstmitarbeiter Andreas Temme. Aufgrund der Beweismittel wurde er als Tatverdächtiger geführt und wegen seiner Unglaubwürdigkeit abgehört – wochenlang und äußerst ergiebig. Es war sicher nicht Usus, dass die Polizei den Verfassungsschutz belauscht hatte. Die entsprechenden Protokolle sind aufschlussreich, nachdem eine von Anwälten entdeckte Manipulation rückgängig gemacht werden konnte. Sie belegen aufs Eindringlichste, wie der damalige Direktor des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV), Lutz Irrgang, und der seinerzeit Geheimschutzbeauftragte dieser Behörde, Gerald-Hasso Hess, oder auch Beamte des hessischen Innenministeriums die polizeilichen Ermittlungen sabotierten und Andreas Temme »coachten«, um die in Telefonaten immer wieder erwähnte »Kasseler Problematik« unter der Decke zu halten.

Bemerkenswertes hierzu hat im Juni 2012 Gerhard Hoffmann, leitender Kriminaldirektor des Polizeipräsidiums Nordhessen und damaliger Leiter der »Soko Café«, gegenüber dem NSU-Untersuchungsausschuss im Bundestag ausgesagt. Es ging um die Entscheidung des damaligen hessischen Innenministers und heutigen Ministerpräsidenten Volker Bouffier (CDU), die von Temme geführten V-Leute nicht von der Polizei vernehmen zu lassen. Aus dem Gedächtnis gab die Journalistin Mely Kiyak in der Frankfurter Rundschau folgenden Dialog zwischen Mitgliedern des Untersuchungsausschusses (UA) und Soko-Chef Gerhard Hoffmann (GH) wieder: »UA: Er war doch auch Ihr Minister! Ist Ihnen das nicht komisch vorgekommen? Jedes Mal, wenn gegen V-Männer ermittelt wurde, kam einer vom Landesamt für Verfassungsschutz vorbei, stoppt die Ermittlung mit der Begründung, der Schutz des Landes Hessen ist in Gefahr. Aus den Akten geht eine Bemerkung hervor, die meint, dass man erst eine Leiche neben einem Verfassungsschützer finden müsse, damit man Auskunft bekommt. Richtig? GH: Selbst dann nicht ... UA: Bitte? GH: Es heißt, selbst wenn man eine Leiche neben einem Verfassungsschützer findet, bekommt man keine Auskunft.« (FR vom 30.6.2012)

Damit hatte der Leiter der »Soko Café« sehr früh alles Nötige dazu gesagt, wie die »Aufklärung« vonstatten gehen würde. Die »rote Linie« war gezogen – und alle haben sich daran gehalten. Bis heute.

Das Gericht in München müsste diese »rote Linie« in einer Demokratie überschreiten können ohne sich in tödliche Gefahr zu begeben. Auch die parlamentarischen Untersuchungsausschüsse in Berlin und Wiesbaden könnten und müssten sie übertreten, es wäre ihre Aufgabe, ihre Pflicht. Wenn sie es dennoch nicht tun, liegt das ganz sicher nicht an Unwissenheit.

V-Mann-Führer nicht glaubhaft

Das Oberlandesgericht München hat den Fall »geklärt«: Es hält den früheren Verfassungsschützer Andreas Temme für glaubwürdig und unschuldig, die Wahrheitssuche zu seiner Rolle beim NSU-Mord an Halit Yozgat für abgeschlossen und weitere Beweisanträge der Nebenkläger für überflüssig. Das geht aus einem Beschluss hervor, den der Vorsitzende Richter Manfred Götzl am 12. Juli 2016 im Münchner NSU-Prozess verlas, um die Ablehnung offener Anträge zur Rolle von Temme zu begründen.

Der damalige V-Mann-Führer des hessischen Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) hatte sich zur Tatzeit in dem Internetcafé in Kassel aufgehalten, in dem Halit Yozgat am 6. April 2006 durch zwei Kopfschüsse ermordet wurde. Mehrfach hatte Temme später vor Gericht und in Untersuchungsausschüssen behauptet, er sei nur zufällig am Tatort gewesen und habe den Mord nicht bemerkt.

Sowohl vor dem Münchner Gericht als auch im NSU-Untersuchungsausschuss des hessischen Landtags hatten aber Polizeibeamte deutlich gemacht, dass sie Temme nicht glauben. Im August 2014 vertraten zwei hessische Ermittler im NSU-Prozess die Arbeitshypothese, dass der Geheimdienstler entweder selbst in die Tat verstrickt gewesen sei oder Beobachtungen gemacht habe, die er verschweige. Am 1. Juli 2016 bekräftigte einer der Polizeibeamten vor dem hessischen NSU-Ausschuss die gegenteilige Einschätzung. Nach einem Bericht der Frankfurter Rundschau wollte der Beamte Jörg Teichert »nicht ganz ausschließen, dass Temme selbst geschossen haben könnte«. Die wahrscheinlichste Variante sei aber aus Sicht des Beamten, dass Temme den Mord mitbekommen und dies den Behörden verschwiegen habe – womöglich, weil er sich nicht in dem Internetcafé hätte aufhalten dürfen, das nahe am Kasseler Sitz des LfV lag. (ww/jW)

Quelle

http://www.jungewelt.de/2016/07-25/012.php
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Kuddel

ZitatZwischenbilanz im NSU-Prozess: Richter Manfred Götzl will die Rolle des Verfassungsschutzes nicht weiter aufklären - weil sie unerheblich ist für die Causa Beate Zschäpe.
http://www.fr-online.de/neonazi-terror/nsu-prozess--staatlich-betreutes-morden--nicht-nachweisbar,1477338,34568412.html

Ich könnte kotzen!

Rudolf Rocker

Vielleicht sollte man auch die Rolle von Götzl in diesem Fall mal aufklären! >:(

ManOfConstantSorrow

Zitat von: Rudolf Rocker am 16:42:08 Di. 02.August 2016
Vielleicht sollte man auch die Rolle von Götzl in diesem Fall mal aufklären! >:(

Ein ähnlicher Gedanke war für mich der Anlaß, diesen Thread zu starten. Ich war angewidert von der Begeisterung der Presse, wie in dem Prozeß der Rechtsterrorismus "aufgearbeitet" wird. In meinen Augen sprach mehr dafür, daß die Aufarbeitung des Geschehens mit dem Prozeß verhindert werden soll. Man wollten einen Schlußstrich ziehen, um die Aufarbeitung für beendet zu erklären. So glatt funktionierte es dann doch nicht, die Angehörigengruppen, die Anwälte der Nebenklage, Antifaaktivisten und engagierte Journalisten ließen sich werder einlullen noch einschüchtern. Ihren bohrenden Fragen und ihren Recherchen haben wir viel zu verdanken. Wir bekommen eine vage Ahnung von den Verstrickungen von Staat und rechtem Terror.

Den Richter Götzl, von der Presse stets als "harter Hund" bejubelt, mochte ich nie. Er hat wohl Druck von oben gekriegt und soll nun endlich ein Ende finden.
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

Rudolf Rocker

Neben den Verstrickungen des Verfassungsschutzes, die nun unter den Tisch fallen sollen wird auch weiterhin krampfhaft an der Theorie festgehalten das der NSU quasi nur aus drei Personen bestanden haben soll!
Interessanterweise wird im Gegenzug jeder muslimische Einzeltäter zu einer umfangreichen Terrorzelle aufgebauscht!
Merkwürdig das Ganze!

Kuddel

ZitatNSU-Untersuchungsausschuss-Vorsitzender glaubt nicht an Trio-These

Der Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses im Bundestag, Clemens Binninger (CDU), vertritt die Überzeugung, dass die rechtsextremen NSU-Taten von mehr Tätern verübt wurden als bisher bekannt. Im Interview der "Frankfurter Rundschau" (Montagsausgabe) sagte Binninger: "Wenn ich die Fakten und Indizien aus Akten und Vernehmungen betrachte, bin ich zutiefst davon überzeugt, dass der NSU nicht nur aus drei Leuten bestand und dass es neben den Helfern und Unterstützern, die angeklagt sind, weil sie Wohnungen, Handys, Waffen beschafft haben, auch Mittäter gab."

CDU-Politiker Binninger forderte die Ermittler in der "Frankfurter Rundschau" dazu auf, sich um DNA-Proben aus dem Kreis möglicher Unterstützer zu bemühen, um diese mit den an Tatorten gefundenen Spuren abgleichen zu können. Bekannt sei ein großer potenzieller Unterstützerkreis von rund 100 Personen. "Von diesem NSU-Unterstützerkreis hat man nur von 19 Personen die DNA, um sie mit Tatortspuren abzugleichen. Das ist sehr wenig", monierte Binninger im Interview mit der "Frankfurter Rundschau".

"Von 81 Personen wurden keine DNA-Proben genommen. Es ist klar: Nur Beschuldigte können gezwungen werden, eine DNA-Probe abzugeben. Aber man muss die restlichen Personen doch wenigstens fragen, ob sie es freiwillig tun."
http://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2016-09/38485567-nsu-untersuchungsausschuss-vorsitzender-glaubt-nicht-an-trio-these-003.htm

Rappelkistenrebell

Aus: Ausgabe vom 06.09.2016, Seite 1 / Inland

Wie groß war der NSU?
Vorsitzender des Untersuchungsausschusses äußert Zweifel an Drei-Täter-These



Clemens Binninger (CDU), Vorsitzender des NSU-Untersuchungsausschusses im Bundestag, am 2. April 2015 in Stutgart
Foto: Wolfram Kastl/dpa-Bildfunk

Der Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses im Bundestag, Clemens Binninger (CDU), vermutet, dass der extrem rechten Gruppe »Nationalsozialistischer Untergrund« mehr Mitglieder als bislang bekannt angehört haben. Er sei »zutiefst davon überzeugt«, dass der NSU nicht nur aus drei Leuten bestanden habe und dass es neben angeklagten Helfern und Unterstützern auch Mittäter gegeben habe, sagte Binninger der Frankfurter Rundschau (Montagausgabe).

Dem »Nationalsozialistischen Untergrund« (NSU) werden zehn Morde zugerechnet. Aufgeflogen war die neofaschistische Terrorgruppe durch den Tod der beiden mutmaßlichen Mitglieder Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt im Jahr 2011. Das mutmaßliche dritte Mitglied Beate Zschäpe steht in München vor Gericht. Im Bundestag befasst sich bereits der zweite Untersuchungsausschuss mit dem NSU. Er wird am Donnerstag wieder zusammenkommen.

Binninger sagte, er teile die Auffassung der Bundesanwaltschaft nicht, »dass alle 27 Straftaten – zehn Morde, zwei Sprengstoffanschläge, 15 Banküberfälle – nur von den beiden Männern begangen wurden«. In einem dem NSU zugerechneten Mordfall in Kassel aus dem Jahre 2006 galt seinerzeit der Verfassungsschutzmitarbeiter Andreas Temme als Hauptverdächtiger der Polizei. Binninger äußerte im Interview erneut Zweifel am Hergang der Tat, wie ihn die Bundesanwaltschaft als gegeben sieht: Die dort gezeigte kaltblütige Professionalität passe nicht zu Tätern wie Mundlos oder Böhnhardt.

Der CDU-Politiker sagte, er habe die Sorge, »dass man sich sehr früh auf eine Hypothese festgelegt hat, nämlich dass das drei Leute waren«. Wenn man sich davon nicht mehr abbringen lasse, sei man nicht mehr offen für andere Spuren. Dieser Fehler sei schon gemacht worden, bevor der NSU aufgeflogen sei, »als man bei dessen Mordserie von organisierter Kriminalität ausging«. Binninger kritisierte, aus einem potentiellen NSU-Unterstützerkreis von rund hundert Menschen gebe es nur von 19 die DNA, um sie mit Tatortspuren abzugleichen. (AFP/jW)

Quelle

https://www.jungewelt.de/2016/09-06/002.php
Gegen System und Kapital!


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Rappelkistenrebell

Aus: Ausgabe vom 09.09.2016, Seite 4 / Inland

Wird Ex-V-Mann ausgeliefert?
NSU-Zeuge Ralf Marschner: Haftbefehl wegen Insolvenzverschleppung, Schweiz prüft Auslieferungsantrag, Untersuchungsausschuss will ihn vernehmen
Von Claudia Wangerin



In der Schweiz gelten andere Regeln. Vielleicht wäre aber auch ein anderer Tatbestand im Haftbefehl möglich
Foto: Patrick Seeger/dpa

Schweizer Behörden prüfen nach Medienberichten die Auslieferung des Neonazis und Ex-V-Mannes Ralf Marschner an die Bundesrepublik Deutschland. Ein entsprechender Antrag des sächsischen Justizministeriums werde zur Zeit vom Schweizer Bundesamt für Justiz geprüft, zitierte die Zeit Online am Donnerstag dessen Sprecher Folco Galli.

Ralf Marschner, der als Szeneunternehmer in Zwickau zugleich eine wichtige Schlüsselfigur des braunen Milieus war, soll nach glaubwürdigen Zeugenaussagen mindestens ein mutmaßliches Mitglied der Terrorgruppe »Nationalsozialistischer Untergrund« (NSU) in einer seiner Firmen beschäftigt haben. Der damals schon untergetauchte Neonazi Uwe Mundlos sei in den Jahren 2000 bis 2002 unter dem Namen Max-Florian Burkhardt als Vorarbeiter für Marschners Baufirma tätig gewesen, hatte das Rechercheteam um Ex-Spiegel-Chef Stefan Aust im April berichtet. Ein Bauleiter, der mit Marschner geschäftlich zu tun hatte, habe ihn im nachhinein identifiziert, er sei sich dessen sicher und habe eine eidesstattliche Versicherung abgegeben. Beate Zschäpe, die heutige Hauptangeklagte im NSU-Prozess, soll in den Geschäftsräumen einer weiteren Firma Marschners, einem Szene- und Klamottenladen namens »Heaven & Hell« in Zwickau gesehen worden sein. Hier waren sich Zeugen nicht sicher, ob sie als Aushilfe oder Freizeitbesucherin des Inhabers anwesend war. Der frühere Geschäftspartner Marschners will sie drei oder vier Mal dort angetroffen und im nachhinein erkannt haben, als das mutmaßliche NSU-Kerntrio bundesweit bekannt wurde.
Insolvenzverschleppung

Der deutsche Haftbefehl gegen Ralf Marschner lautet allerdings nicht auf Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung oder Unterstützung einer solchen, sondern nur auf Insolvenzverschleppung. Marschner hatte mehrere Unternehmen in den Sand gesetzt und war bereits mit einem ähnlichen Szeneshop und der Baufirma gescheitert, als er in den Jahren 2005 bis 2007 den »Heaven & Hell«-Shop betrieben hatte. 2007 war er nach Aussage des Mitinhabers mit viel Geld verschwunden und hatte einen Strafbefehl wegen Insolvenzverschleppung nicht bezahlt.

Weil dies in der Schweiz nicht strafbar sei, hatte Sachsens Justizministerium auch während der NSU-Ermittlungen vier Jahre lang keinen Auslieferungsantrag stellen wollen – dies sei aussichtslos, hieß es. Nun wird es zumindest versucht. Der Untersuchungsausschuss des Bundestags zur Mord- und Anschlagsserie des NSU will Marschner als Zeugen vernehmen. Das Gremium überlegt, dafür notfalls in die Schweiz zu fahren oder Vertreter dorthin zu schicken, falls das Auslieferungsersuchen abgelehnt wird.
V-Mann-Führer als Zeuge

Im Bundesamt für Verfassungsschutz war Marschner, der in der Neonaziszene »Manole« genannt wurde, unter dem Decknamen »Primus« bekannt. Er galt als »Spitzenquelle« des Geheimdienstes. Am Donnerstag hatte der NSU-Untersuchungsausschuss den früheren V-Mann-Führer von »Primus«, einen Beamten mit dem Arbeitsnamen Richard Kaldrack als Zeugen geladen. Kaldrack hatte auch den 2014 verstorbenen NSU-Zeugen Thomas Richter alias »Corelli« betreut. Dieser hatte sich ebenfalls als »Quelle« im Umfeld des Trios bewegt und war im Alter von 39 Jahren angeblich an unerkanntem Diabetes gestorben. Im Juni 2016 nahm die zuständige Staatsanwaltschaft Paderborn die Ermittlungen zur Todesursache wieder auf, nachdem ein Gutachter im NSU-Untersuchungsausschuss Nordrhein-Westfalens erklärt hatte, es gebe auch in einem Rattengift Wirkstoffe, die einen tödlichen diabetischen Schock auslösen könnten. Ein Ergebnis der neuen Untersuchung wurde noch nicht bekanntgegeben. Die Mobiltelefone und SIM-Karten des Toten, die der V-Mann-Führer gebunkert hatte und die das Bundeskriminalamt inzwischen ausgewertet hat, sollen allerdings keine Hinweise auf einen NSU-Bezug enthalten haben.

In der nichtöffentlichen Zeugenvernehmung Richard Kaldracks dürfte es am Donnerstag im Bundestag auch, aber nicht nur um »Primus« gegangen sein.

Quelle

https://www.jungewelt.de/2016/09-09/015.php

Gegen System und Kapital!


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Kuddel

Es wird mehr gemauert denn je.
Es wird nicht ausreichend untersucht, aufgearbeitet, aufgeklärt und es werden keine notwendigen Konsequenzen gezogen.
Es werden Nebelgranaten geworfen und man versucht weiterhin die Aufklärung nach Kräften zu verhindern.

Wir wollen die Wahrheit wissen.
Wir wollen eine strafrechtliche Verfolgung auch der Beteiligten, die zu den Strafverfolgungsbehörden und Geheimdiensten gehören.
Wir verlangen nach Konsequenzen, die ähnliche Zusammenarbeit von Staat und Terror in Zukunft ausschließen.


Ich habe ein wenig Material aus der Presse hierzu zusammengestellt. Fast alle Berichte habe ich gekürzt. Es ist trotzdem eine ganze Menge.
Ich empfehl das doch zusammenhängend zu lesen. Ist spannend wie ein Buch von John le Carré.

Vorab ein älterer Pressebericht:
ZitatEin NSU-Ermittler klagt an
"Man kann fast alles aufklären - man muss nur dürfen"

Nur Pannen oder Sabotage? In einer ARD-Trilogie über den NSU-Terror geht es auch um ein paar aufrechte Polizisten, die immer wieder ausgebremst wurden.


Mario Melzer hat in mehr als 20 Jahren beim Landeskriminalamt sicher einige Kriminelle verärgert. Drogendealer, Rechtsextremisten; zuletzt bekämpfte er Korruption in Thüringen. Doch die deutlichste Drohung, die er auch richtig persönlich nahm, weil sie genau so gemeint war, kam ausgerechnet aus den eigenen Reihen.

In allen möglichen Behörden wurden in diesen Tagen alte Akten gesucht, sortiert oder geschreddert.

Andere versuchten zuerst, eigene Versäumnisse zu vertuschen. Die Nerven lagen blank. Und so bekam auch Melzer erst mal eine barsche Standpauke – allerdings nicht wegen alter Pannen, sondern weil er unbedingt zu deren Aufklärung beitragen wollte.

Er sei als Beamter nicht tragbar, hieß es in der Erfurter LKA-Leitung, nachdem Melzer lediglich nach dem richtigen Formular für eine Aussagegenehmigung gegenüber den BKA-Kollegen gefragt hatte. Er bewege sich auf dünnem Eis, drohte sein Personalchef, man könne auch anders. Er werde schon sehen.

Etliche Ermittlungsverfahren gegen Tino Brandt, den Anführer des so genannten Thüringer Heimatschutzes, zu dessen engstem Umfeld auch die späteren Terroristen gehörten, führten damals zu keinem einzigen rechtskräftigen Urteil. Später stellte sich heraus, dass dieser Brandt der wohl bestbezahlte Spitzel des Thüringer Verfassungsschutzes war und mit Honoraren von insgesamt 200.000 Mark nicht nur das Netzwerk, sondern vermutlich auch das flüchtige Terrortrio unterstützte. Und weil es Mario Melzer satthatte, dass man kleinen Ermittlern wie ihm immer noch Mund und eigenes Denken verbieten wollte, war er kaum zu bremsen, als ihm doch endlich jemand zuhörte.

In aller Ausführlichkeit schilderte er deshalb vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestags auch die Einschüchterungsversuche seiner Vorgesetzten: wie er sich damals ausgebremst und heute immer noch "äußerst unflätig verbal bedroht" fühlte. Dass er schon vor Wochen Einsicht in Akten von damals beantragt hatte, um sich pflichtgemäß vorzubereiten, aber erst wenige Tage zuvor für ihn wertlose Auszüge erhalten habe. Und dass er wie viele Ermittler – damals und heute – immer noch vermutet, die späteren NSU-Mitglieder hätten zumindest auf dem Weg in den Untergrund eine Art passive, wenn nicht sogar aktive Strafvereitlung im Amt genossen.

In Wahrheit ist bis heute nicht geklärt, ob an diesem 26. Januar 1998 wirklich nur Dilettanten am Werk waren oder alles darauf angelegt war, die Ermittlungen von Melzer und seinen Kollegen zu sabotieren.

Bei einem Treffen von LKA-Beamten und Verfassungsschützern platzte Melzer schließlich der Kragen: Für ihn als Polizist sei es ein unhaltbarer Zustand, dass spielende Kinder eine Bombe mit TNT finden und die mutmaßlichen Täter von einer Quelle des Landesamts für Verfassungsschutz angeführt würden.

Im Film verzweifeln vor allem zwei Zielfahnder an dem undurchsichtigen Unterstützernetz und der Desinformation ihrer geheimen Gegenspieler aus dem gleichen Ministerium.

Warum er sich selbst nicht kleinmachen lässt, erklärt Melzer so: "Anders als andere habe ich nichts zu verlieren. Keine Familie, keine Schulden und spätestens seit meinen ersten Aussagen auch keine Karriere mehr."
http://www.stern.de/kultur/film/zur-ard-trilogie-mitten-in-deutschland--nsu--insider-enthuellt--wie-ermittlungen-behindert-wurden-6773850.html

Aktuelle Pressemeldungen:

ZitatNSU
,,Da ist Andreas Temme ausgewichen"

Im NSU-Untersuchungsausschuss sagt ein früherer Kollege des Verfassungsschützers aus.


Natürlich sei er mit Andreas Temme befreundet gewesen, sagt der Zeuge. Wenn man so eng zusammenarbeite, oft tagelang gemeinsam unterwegs sei, ergebe sich das wie von selbst. Zweimal sei er sogar mit Temme im Urlaub gewesen, einmal ein langes Wochenende und einmal eine Woche auf Pauschalurlaub in Singapur. Aber auch er frage sich manchmal heute noch, ob Temme mit dem Mord in Kassel etwas zu tun haben könnte. ,,Es ist eben für alle nicht nachvollziehbar, was da passiert ist."

Davon, dass Temme unter Mordverdacht geraten war, habe er damals aus der Presse erfahren, sagt H. ,,Der Informationsfluss im Amt war spärlich, sprich null."

Weil die Polizei den verdächtigen Temme abhörte, sind die Gespräche bis heute erhalten – und Zitate daraus haben, als sie an die Öffentlichkeit gelangten, für einige Irritationen gesorgt. Da spricht H. im Gespräch mit Temme davon, dass man in Kassel jemanden ,,umgedaddelt" habe, er fragt ihn, was er denn da ,,für eine Scheiße" gemacht habe – und im Bezug auf die Nachfolge des damaligen Verfassungsschutzpräsidenten Irrgang mutmaßt H., statt des ,,Irrsinn" werde man wohl demnächst ,,irgend so einen Bullenarsch" als Chef bekommen.

Auf Nachfrage sagt H., dass Temme sich nach dem Mord nicht als Zeuge gemeldet habe, sei ,,unprofessionell" gewesen. Ob Temme wie behauptet von dem Mord nichts gesehen und nichts gehört habe, könne er nicht sagen. Die ganze Geschichte sorge unter den Kollegen im Amt noch heute für Spekulationen. Als er Temme 2008 oder 2009 noch einmal privat getroffen und ihn gefragt habe, was denn wirklich passiert sei in dem Internetcafé, sagt H., ,,da ist er ausgewichen".
http://www.fr-online.de/rhein-main/nsu--da-ist-andreas-temme-ausgewichen-,1472796,34729532.html

ZitatDie mysteriösen DNA-Spuren im NSU-Fall

Etliche Spuren im NSU-Komplex sind weiterhin ungeklärt – insbesondere DNA-Material, das die Ermittler an verschiedenen Stellen sicherten, jedoch nicht zuordnen konnten. Dass es bislang keinen großflächigen Abgleich mit möglichen Helfern gab, bemängelte in der vergangenen Woche bereits Clemens Binninger, Vorsitzender des NSU-Untersuchungsausschusses im Bundestag. In der Stuttgarter Zeitung listet Armin Käfer die Indizien mit Genmaterial auf, die zweifelhaft erscheinen.

So fanden sich etwa DNA-Spuren einer unbekannten Person auf Patronenhülsen, die in Pistolen des NSU steckten. An Tatorten wurde hingegen kein Material der mutmaßlichen Täter Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt gefunden. Dabei hatten die beiden beim Polizistenmord in Heilbronn 2007 ihren zwei Opfern Pistolen und andere Ausrüstungsgegenstände abgenommen, waren also in direkten Kontakt mit den beiden gekommen. Spuren, so heißt es, entstünden schon durch Schwitzen oder Husten.
http://blog.zeit.de/nsu-prozess-blog/2016/09/12/medienlog-dna-nsu/

ZitatThüringen:
NSU-Ausschussmitglieder fürchten um ihre Sicherheit
In Thüringen wollen Landtagsabgeordnete mögliche Verbindungen des NSU zur organisierten Kriminalität untersuchen.


Der NSU blieb lange unentdeckt, weil die Ermittler die Täter im Bereich der organisierten Kriminalität suchten, statt dem Verdacht auf ein politisches Tatmotiv nachzugehen. In Thüringen will sich der NSU-Untersuchungsausschuss des Landtages jetzt seinerseits mit einer möglichen Verbindung der rechtsextremen Terroristen zu Schwerverbrechern widmen.

Dabei wird es unter anderem um die Frage gehen, welche Kriminellen bei der Beschaffung der Waffen der Rechtsterroristen geholfen haben. Zudem soll aufgeklärt werden, ob Ermittler im Bereich der organisierten Kriminalität Hinweise auf die Verbrechen des NSU hatten.

Anders als viele Rechtsextremisten seien es organisierte Kriminelle gewöhnt, im Verborgenen zu agieren und ihre Anonymität entschlossen zu schützen, sagten beide Abgeordnete. Ende der neunziger Jahre seien einige Neonazis in die organisierte Kriminalität gewechselt, sagt König ZEIT ONLINE. Als einen der bekannten Fälle nennt sie den Überfall auf einen Geldtransporter im thüringischen Pößneck 1999. Damals erbeuteten die Täter 70.000 Mark – mutmaßlich, um Geld für die Übernahme eines Bordells zu bekommen. Die Täter gehörten zum Thüringer Heimatschutz, aus dem später der NSU hervorging.
http://www.zeit.de/politik/deutschland/2016-09/thueringen-nsu-ausschuss-sicherheit-sorge-kriminalitaet

ZitatNSU-Mord an Michèle Kiesewetter
Aufklärung unerwünscht?

Der Polizistenmord in Heilbronn ist noch heute rätselhaft. Die Rollen von Polizei und Geheimdiensten sind mysteriös. Zwei Untersuchungsausschüsse wollen den Fall neu aufrollen. Doch wichtige Dokumente werden amtlich geheim gehalten.


Rätselhaft auch, welche Aufgabe die Polizei an jenem Tag hatte. Die brisanteste Frage allerdings ist: Waren amerikanische Geheimdienste am Tag des Mordes in Heilbronn?

Belastende Dokumente als "amtlich geheim" eingestuft

Vier Jahre nach dem Anschlag berichtete der stern 2011, dass es bei dem Polizistenmord womöglich prominente Zeugen gegeben hatte: Den deutschen Verfassungsschutz und amerikanische Agenten. Bundesanwaltschaft und die US-Botschaft dementierten. Vertrauliche Dokumente beweisen allerdings, dass Geheimdienste womöglich doch am Tattag in Heilbronn waren. Und wie nervös die Behörden nach der stern-Veröffentlichung reagierten.

Alle Dokumente, in denen wichtige Spuren und Hintergründe über die Ereignisse am Tattag stehen, und die dem stern vorliegen, wurden als "amtlich geheim" eingestuft. Offenbar soll die Öffentlichkeit nicht erfahren, was damals wirklich geschehen ist.

Kiesewetter und Martin A. waren der Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit 523 zugeteilt. Das heißt, sie hatten eine Spezialausbildung für den Einsatz bei gewalttätigen Demonstrationen, Fußballspielen und anderen Unruhen. Gehörten sie an diesem Tag zur "flexiblen Eingreifreserve"? Das Innenministerium Baden-Württemberg darf "diese Frage leider nicht beantworten", verweist an die zuständige Generalbundesanwaltschaft. Die GBA "geht davon aus", dass die beiden Polizisten für die Aktion "Sichere City" unterwegs waren. Der Verbleib des Streifenwagens, in dem Kiesewetter starb, ist unbekannt. Fest steht laut GBA nur, dass er sich nicht mehr im Bestand der Polizei befindet. Der Ausschuss ist nun die letzte Instanz, die klären könnte, ob die Polizisten im Anti-Terroreinsatz waren. Und welche Rolle Geheimdienste spielten.

Am 2. Dezember 2011 - zwei Tage nachdem der stern über einen möglichen Geheimdiensteinsatz in Heilbronn berichtet hatte, klingelt in einer Außenstelle des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) in Stuttgart das Telefon. Am Apparat ist der Verbindungsbeamte der Koordinierungsstelle der US-Geheimdienste in Süddeutschland. Er will mit einem Kollegen vom MAD sprechen. Es gehe um den Polizistenmord in Heilbronn. Und um die Veröffentlichung im stern. Doch der MAD fühlt sich nicht zuständig. Der Mitarbeiter verweist den Agenten an den Bundesnachrichtendienst (BND), und zwar an die "Verbindungsstelle Süd", die in derselben Stuttgarter Kaserne residiert.

Kiesewetter und Martin A. waren der Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit 523 zugeteilt. Das heißt, sie hatten eine Spezialausbildung für den Einsatz bei gewalttätigen Demonstrationen, Fußballspielen und anderen Unruhen. Gehörten sie an diesem Tag zur "flexiblen Eingreifreserve"? Das Innenministerium Baden-Württemberg darf "diese Frage leider nicht beantworten", verweist an die zuständige Generalbundesanwaltschaft. Die GBA "geht davon aus", dass die beiden Polizisten für die Aktion "Sichere City" unterwegs waren. Der Verbleib des Streifenwagens, in dem Kiesewetter starb, ist unbekannt. Fest steht laut GBA nur, dass er sich nicht mehr im Bestand der Polizei befindet. Der Ausschuss ist nun die letzte Instanz, die klären könnte, ob die Polizisten im Anti-Terroreinsatz waren. Und welche Rolle Geheimdienste spielten.

Am 2. Dezember 2011 - zwei Tage nachdem der stern über einen möglichen Geheimdiensteinsatz in Heilbronn berichtet hatte, klingelt in einer Außenstelle des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) in Stuttgart das Telefon. Am Apparat ist der Verbindungsbeamte der Koordinierungsstelle der US-Geheimdienste in Süddeutschland. Er will mit einem Kollegen vom MAD sprechen. Es gehe um den Polizistenmord in Heilbronn. Und um die Veröffentlichung im stern. Doch der MAD fühlt sich nicht zuständig. Der Mitarbeiter verweist den Agenten an den Bundesnachrichtendienst (BND), und zwar an die "Verbindungsstelle Süd", die in derselben Stuttgarter Kaserne residiert.

"Mögliche Kenntnis des FBI von den Ereignissen in Heilbronn"

Dort findet der US-Verbindungsbeamte endlich Gehör. Was er zu sagen hat, ist nachzulesen, in BND-internen Mails und einem "amtlich geheim gehaltenen" Brief, den der damalige BND-Chef Ernst Uhrlau am 8. Dezember 2011 an den Präsidenten des Militärischen Abschirmdienstes und ans Bundeskanzleramt schreibt. "Man hätte auf US-Seite Hinweise darauf, dass möglicherweise das FBI im Rahmen einer Operation auf deutschem Boden zwei Mitarbeiter nach Deutschland habe reisen lassen und diese nach dem Vorfall in Heilbronn wieder zurückbeordert habe." Uhrlau schreibt weiter: "Da hier nicht bekannt ist, ob Erkenntnisse in Ihrem Amt zum Sachverhalt vorliegen, rege ich an, diesen Fall in Ihrem Hause aufzunehmen."

Man hätte auf US-Seite Hinweise darauf, dass möglicherweise das FBI im Rahmen einer Operation auf deutschem Boden zwei Mitarbeiter nach Deutschland habe reisen lassen und diese nach dem Vorfall wieder zurückbeordert habe.

Der Verbindungsbeamte der US-Geheimdienste trifft sich sogar mit einem BND-Kollegen in der Stuttgarter MAD-Dienststelle. Auch hierüber gibt es ein Protokoll. "Der US-Mitarbeiter ließ dabei erkennen, dass eine eigene Untersuchung der Ereignisse die Beteiligung von zwei Mitarbeitern des FBI ergeben habe, und regte in diesem Zusammenhang ein offizielles Gespräch zu den Hintergründen an", hält BND-Mitarbeiter Axel R. am 5. Dezember 2011 um 9.20 Uhr in einer behördeninternen Mail fest, die zur Verschlusssache erklärt wird und "nur für den Dienstgebrauch" weitergegeben werden darf.

Uhrlaus Schreiben an den damaligen Generalbundesanwalt Harald Range trägt eine auffällige Einstufung für Verschlusssachen: Die Sperrfrist endet erst im Jahr 2071. 60 Jahre lang sollte die Öffentlichkeit nichts von all dem erfahren.

Auch der MAD will sich nicht mit der Angelegenheit beschäftigen.

Die Herren sprechen sich ab, was sie sagen wollen, um die Parlamentarier zu beruhigen. Es gebe "Abstimmungsbedarf zwischen dem BND und dem MAD", heißt es in einem vertraulichen Vermerk. Der BND besitze "aus den letzten Untersuchungsausschüssen über entsprechende, auch juristisch abgesicherte Textbausteine, die in den letzten Untersuchungsausschüssen, in denen der BND beteiligt gewesen sei, erfolgreich eingesetzt worden seien". Mit anderen Worten: Die Abgeordneten sollen mit Textbausteinen abgespeist werden.

Auch die Bundesanwaltschaft legt offenbar keinen besonderen Eifer an den Tag, um herauszufinden, was es mit der amerikanischen Operation in Heilbronn auf sich hatte. Zwar lässt sie den US-Verbindungsbeamten L. im Juni 2012 vernehmen. "Ich kann mich nicht erinnern, dass ich mich in dieser Angelegenheit an den MAD oder sonst eine Behörde gewandt habe", sagt er. Den Strafverfolgern reicht das.

Dumm nur, dass der Geheimdienst ausgerechnet von der Verkehrspolizei in Tatortnähe erwischt wurde. Ein BMW, der ein amerikanisches Tarnkennzeichen trug, wurde 55 Minuten vor dem Mord an Kiesewetter auf der Autobahn A6 bei Heilbronn geblitzt. Am Steuer saß Master Sergeant H., ein Elitesoldat der in Böblingen stationierten Special Forces Group, die unter anderem zuständig ist für die Bekämpfung des islamistischen Terrors. Die Special Forces werden vom US-Militärgeheimdienst DIA geführt.

Doch immer wenn es in der NSU-Affäre unangenehm werden könnte für Polizei, Verfassungsschutz oder andere Geheimdienste, weil sie den Mördern im Untergrund auffällig nahe kamen, ohne sie zu stoppen, erlahmt der Ermittlungseifer der obersten deutschen Strafverfolger offenbar. Aufklärung unerwünscht?

Dass der Verfassungsschutz am Tattag in Heilbronn war, lässt sich ebenfalls nicht mehr leugnen.

Vom Mord an der Polizistin habe er zunächst nichts mitbekommen, weil er in seinem Auto kein Radio, sondern eine CD gehört habe. Glaubwürdig? Tatsache ist: Wieder einmal war der Verfassungsschutz nicht weit vom Tatort entfernt. Ähnlich wie in Kassel.

Die Nervosität der Behörden im Mordfall Kiesewetter kommt nicht von ungefähr. Ausländische Geheimdienste auf deutschem Boden sind ein heikles Thema. Obwohl Deutschland ein souveränes Land ist, erlaubt das alliierte Vertragsrecht amerikanischen Geheimdiensten in Deutschland zu operieren. Im Frühjahr 2007 - als Kiesewetter erschossen wurde und die Ermittlungen gegen den islamistischen Terror auf Hochtouren liefen - spionierten mehr als 100 US-Agenten in Deutschland. Bei ihren geheimen Operationen wurden sie von US-Elitesoldaten geschützt. Bundesinnenministerium und Bundesamt für Verfassungsschutz waren eingeweiht. Nur die Öffentlichkeit sollte nichts erfahren.

Erst als der ehemalige Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden 2013 enthüllte, dass die National Security Agency (NSA) gemeinsam mit dem britischen Geheimdienst GCHQ, die halbe Welt abhörte und ausspionierte, wurde eine öffentliche Debatte losgetreten.

Thomas Feltes, Kriminologie-Professor an der Ruhr-Universität Bochum und zuvor Rektor der baden-württembergischen Polizeifachhochschule Villingen-Schwenningen, hat sich die Unterlagen angeschaut: "Dass in Heilbronn eine Operation durchgeführt wurde, ist für mich relativ klar", sagte er in einem noch unveröffentlichten TV-Interview mit Ulrich Neumann vom ARD-Politmagazin "Report Mainz".
http://www.stern.de/politik/deutschland/nsu-mord-an-mich%C3%A8le-kiesewetter--aufklaerung-unerwuenscht--7053036.html

ZitatDie Phalanx des Schweigens im NSU-Prozess steht


  • An diesem Dienstag geht der NSU-Prozess am Oberlandesgericht München weiter.
  • Die Angeklagte Beate Zschäpe soll weitere Fragen beantworten.
  • Doch die Nebenkläger sind bereits desillusioniert: "Aus jeder Antwort von ihr erwachsen nur neue Fragen."
  • Der CDU-Politiker Binninger glaubt, dass es noch weitere Mittäter gibt.

Der CDU-Bundestagsabgeordnete Clemens Binninger hat sich über die Jahre einen Ruf als seriöser Innenpolitiker erarbeitet. Diese Aufgabe passte zu ihm von Anfang an. Der 54-Jährige startete seine Karriere als Polizeibeamter. Deshalb überraschte es auch niemanden, dass der Schwabe nach Aufdeckung der Mordserie des sogenannten Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) Mitglied im Bundestags-Untersuchungsausschuss wurde.

Ausgerechnet der grundsolide Abgeordnete stellt bei seiner Bewertung eines der dunkelsten Kapitel der deutschen Nachkriegsgeschichte infrage, was bisher als gesichert galt: dass zum harten Kern des NSU genau drei Menschen gehörten: Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe.

"Ich bin zutiefst davon überzeugt, dass es nicht nur die drei gewesen sein können", sagt Binninger und betont, dass er die Einschätzung der Bundesanwaltschaft nicht mehr teile. Die Morde, die Sprengstoffanschläge, die Banküberfälle - für ihn ist es nicht mehr plausibel, dass nur die beiden Männer, unterstützt von Zschäpe, diese 27 brutalen Taten begangen haben. Sollte Binninger recht haben, dann liefen NSU-Terroristen noch immer frei herum - und die Gefahr des rechten Terrors in Deutschland wäre noch größer als bisher angenommen.

Dass im Prozess noch Aufsehenerregendes geschieht, ist nicht zu erwarten.

"Das Gericht beschränkt sich darauf, den Angeklagten die individuelle Schuld nachzuweisen. Aber dass das Gericht im Rahmen der Strafprozessordnung auch aufklärt, wie die rechte Szene damals durch Polizei und Verfassungsschutz ermutigt wurde, welche Kenntnisse der Verfassungsschutz über das Trio nach dem Untertauchen hatte, diese Hoffnung war vergebens", sagt die Berliner Anwältin Antonia von der Behrens. "Das Gericht hat sich weitgehend in dem engen Korsett der Anklage bewegt."

http://www.sueddeutsche.de/politik/beate-zschaepe-nsu-prozess-die-phalanx-des-schweigens-steht-noch-immer-1.3158277

Rappelkistenrebell

 Bundesanwaltschaft vernichtete NSU Dokumente über den Nazi Jan Werner

Akten des Hauptwaffenlieferanten der NSU Mörder namens Werner vernichtet 

Gruppenbild von Blood & Honour: Thomas Starke [1] (Informant des LKA Berlin) belastete Jan Werner [2] aus Chemnitz als Kontaktperson zum NSU. Jahre vorher verriet er die Neonaziband »Landser« und damit auch das Bandmitglied Christian Wenndorff [3].

Der Untersuchungsausschuss interessierte sich für Unterlagen über den Neonazi Jan Werner, der das NSU-Trio unterstützt haben soll. Jetzt kommt heraus, dass die Bundesanwaltschaft sie beseitigen ließ.

Die Bundesanwaltschaft hat im November 2014 die Vernichtung von Asservaten veranlasst, obwohl die Dokumente eine Schlüsselfigur im NSU-Verfahren betreffen und sie vom Bundeskriminalamt noch nicht ausgewertet worden sind. Der ,,Welt" liegt ein entsprechender Vermerk der Bundesanwaltschaft vor.

Im Mittelpunkt steht dabei ein Neonazi aus Chemnitz – Jan Werner. Er ist seit dem Jahr 2012 Beschuldigter im NSU-Komplex, das Verfahren gegen ihn läuft noch immer. Er hatte Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe geholfen, in seiner Stadt Fuß zu fassen, als die drei gerade aus Thüringen geflohen waren.

Im Sommer 1998 soll er dann für die drei auf der Suche nach Waffen gewesen sein, weil diese ,,weitere Überfälle" begehen wollten. So hatte es damals ein V-Mann berichtet, der auf Werner angesetzt war. Bei kaum einer Waffe, die dem NSU zugerechnet wird, konnte bislang ermittelt werden, woher sie ursprünglich stammt. Deswegen ist auch heute noch jeder mutmaßliche Waffenlieferant von großem Interesse.

Jan Werner, Spitzname ,,der Lange", war Ende der 1990er-Jahre Chef der sächsischen Sektion der Neonazi-Gruppe Blood & Honour, die als besonders gewaltbereit galt. Seit Mitte der 1990er-Jahre war Werner bereits verschiedenen Ermittlungsbehörden als Anführer der Neonaziszene bekannt. Vor allem in der rechtsradikalen Musikszene hatte er großen Einfluss. Werners Telefon wurde daher regelmäßig abgehört, mehrfach durchsuchten verschiedene Sonderkommissionen seine Chemnitzer Wohnung.

Wiederholte Durchsuchungen

Im Oktober 2001 – als der Nationalsozialistische Untergrund (NSU)  bereits zwei Bombenanschläge und vier Morde begangen hatte – wurde die Wohnung von Werner abermals durchsucht. Er wurde zu dem Zeitpunkt beschuldigt, der Produzent der einflussreichen rechtsradikalen Band Landser aus Berlin zu sein. Bei der Durchsuchung wurden mehrere Notizbücher sichergestellt, darin waren Kontakte und Telefonnummern notiert. Das geht aus Asservatenlisten hervor, die damals angelegt wurden und erhalten geblieben sind.

Da bis heute die Rolle von Werner nicht geklärt ist, hat sich auch der aktuelle NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestags für diese Asservate interessiert. Die Frage stellt sich, ob die Notizbücher etwa Kontakte von Werner zum NSU-Netzwerk oder den Tatorten des NSU belegen. Der Ausschuss hat den ehemaligen Richter Bernd von Heintschel-Heinegg als Ermittlungsbeauftragten eingesetzt, um den Abgeordneten bei ihrer komplexen Arbeit behilflich zu sein.

Heintschel-Heinegg erkundigte sich im Juli 2016 bei der Bundesanwaltschaft konkret nach einem der bei Werner gefundenen Notizbücher. Der Vertreter der Bundesanwaltschaft im NSU-Ausschuss machte sich auf die Suche und machte eine überraschende Feststellung: Ausgerechnet zwei Bundesanwälte hatten bereits im November 2014 nicht nur die Vernichtung von einem Notizbuch, sondern von allen noch vorhandenen Asservaten aus dem Besitz Werners angeordnet.

Seit 2003 waren die Asservate beim Landeskriminalamt Berlin aufbewahrt worden, das damals das Landser-Verfahren gegen Werner geführt hatte. Dem für die NSU-Ermittlungen zuständigen BKA waren diese Asservate jedoch nie vorgelegt worden, obwohl sie eine Phase betrafen, in der der NSU bereits aktiv war.

Mehrere Rücktritte

Werner war im Sommer 2014 dazu aufgefordert worden, die Gegenstände abzuholen, er kam jedoch der Bitte nicht nach. Besonders peinlich dabei: Zu dem Zeitpunkt der Vernichtung der Dokumente bestand seit zwei Jahren ein Vernichtungsmoratorium, ausgesprochen vom Bundesinnenministerium. Keine Akte mit möglichem Bezug zum NSU-Komplex darf seit Juli 2012 vernichtet werden.

Dazu gehören auch und gerade Dokumente, die Beschuldigte im NSU-Verfahren betreffen, wie etwa Jan Werner. Im Sommer 2012 war publik geworden, dass nicht nur im Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), sondern auch in anderen Behörden in der Bundesrepublik im großen Umfang Akten geschreddert worden waren, die Bezüge zum Umfeld des NSU hatten. Mehrere führende Verfassungsschützer waren damals zurückgetreten.

In dem Vermerk der Bundesanwaltschaft heißt es, dass die beiden Staatsanwälte, die die Vernichtung veranlasst hatten, zwar wussten, dass es dieses Vernichtungsmoratorium gab, ihnen sei aber zu dem Zeitpunkt ,,nicht bewusst" gewesen, ,,dass Jan Werner im Zusammenhang mit dem NSU-Komplex steht". Am 3. November 2014 wurde die Vernichtung angeordnet – kurz davor, am 15. Oktober, war Jan Werner Zeuge beim NSU-Prozess in München. Dort hatte er die Aussage verweigert. Trotzdem soll den Bundesanwälten also der Name nicht geläufig gewesen sein.

Aus dem Vermerk der Bundesanwaltschaft geht außerdem hervor, dass man davon ausgehe, dass eines der Notizbücher nur aus vier beschriebenen Seiten bestanden hätte, die als Kopie komplett in den Akten vorlägen. Es gäbe darüber hinaus keine Anhaltspunkte dafür, dass das Notizbuch mehr Informationen enthalten habe. Das allerdings ist nur ein Rückschluss.

Notizen zu ,,Max" und ,,Gerry"

Die Asservate sind damals im Landser-Verfahren vom LKA Berlin ausgewertet und zum Teil kopiert worden. Allerdings, und das ist das Problem, die Beamten hätten damals noch gar keinen Bezug zum NSU herstellen können, da die Schlüsselfiguren der Gruppe damals noch nicht bekannt waren.

Die Auswertung bezog sich ausschließlich auf Werners Rolle als Musikproduzent. Wenn sich also Jan Werner Notizen zu ,,Max" und ,,Gerry" gemacht hätte, wäre das den Ermittlern nicht auffallen. Max und Gerry waren Decknamen von Mundlos und Böhnhardt.

Dass ausgerechnet eine Berliner Behörde nun die Asservate im Auftrag der Bundesanwaltschaft vernichtet hat, ist darüber hinaus besonders peinlich. Auch der Berliner Verfassungsschutz hatte bereits 2012 Akten mit Bezug zu der Band Landser, Werner und Starke geschreddert. Die Rolle des Landeskriminalamts Berlin wirft in Sachen NSU zudem seit Langem Fragen auf.

Schon im Jahr 2000 hatte eben jenes LKA einen engen Vertrauten von Werner als Informanten angeworben. Dabei handelt es sich um Thomas Starke, der ebenfalls Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt im Untergrund geholfen und unter anderem für Mundlos bereits 1997 Sprengstoff organisiert hatte.

Jede weitere Aktenvernichtung im Umfeld der beiden NSU-Schlüsselfiguren Jan Werner und Thomas Starke hat daher ein bitteren Beigeschmack, selbst wenn sie ein Versehen gewesen sein mag, wie die Bundesanwaltschaft gegenüber dem Bundestag beteuert. Deshalb heißt es wohl auch in dem Vermerk: ,,Weitere Nachforschungen werden durchgeführt."

Wenig hat den linken Journalismus und die Antifa in und ausserhalb des Gerichtssaales mehr beschäftigt als der Spitzel Carsten ,,Piatto" Szczepanski, ein beinahe-Mörder, der sich selbst als V-Mann 1994 während der U-Haft angeboten haben soll, und dessen Verpflichtung auf ,,grösste moralische Bedenken" seitens des damaligen LfV-Chefs Hans-Jürgen Förster (heute Bundesanwalt) gestossen sein soll.

Piatto soll 1998 über die B&H-Sektion Sachsen (Thomas Starke & Co) Kontakt mit Jan Botho Werner gehabt haben, sogar per SMS und Handy, das ihm -als Knacki- sein V-Mann-Führer um den heutigen LfV Sachsen Präsidenten Gordion Meier-Plath netterweise zur Verfügung stellten.

Da haben Sie 2 potentielle Spitzel aus Chemnitz: Antje Probst und Jan Werner...


    Am 13. Oktober 1998 ist vermerkt: »Gesprächsweise konnte die Quelle von WERNER erfahren, daß dieser immer noch auf der Suche nach Waffen für die drei flüchtigen thüringischen Neonazis ist.« Knapp ein Jahr später, am 8. Oktober 1999, überfielen Mundlos und Böhnhardt die erste Bank in Chemnitz. Bewaffnet. Den vermutlich ersten Mord, an dem Blumenhändler Enver Simsek, verübte der NSU am 9. September 2000 in Nürnberg.

Da es nicht um die Mordwaffe Ceska 83 gehen kann, denn die soll ja vom Madley in Jena über eine lange Stafette aus der Schweiz gekommen sein, scheint diese Waffe des Piatto und des Jan Werner, so sie denn existiert, eine ,,späte Bruni" zu sein, eine umgebaute Pistole - 6,35 mm.

Vorgeschichte

Ein Gastbeitrag von René Heilig, zuerst erschienen im Neuen Deutschland vom 7.3.2013.
Spielte Brandenburgs Geheimdienst ein gefährliches Spiel mit den Helfern des NSU?
Der Brandenburger Verfassungsschutz hatte offenbar gleich zwei V-Leute im unmittelbaren Umfeld der NSU-Terrortruppe platziert: Carsten Szczepanski (»Piato«) und die – noch nicht enttarnte, womöglich weiter aktive – Quelle 370 004. Beide hatten auch intensive Kontakte zum militanten Nazi-Netzwerk Combat 18. »nd« las in geheimen V-Mann-Berichten.

»Laut Antje PROBST sind drei sächsische Skinheads (zwei Männer und eine Frau) zur Zeit wegen verschiedener Straftaten auf der Flucht vor der Polizei. Dieser Fall sei medienbekannt. Die drei, von denen einer anonym Artikel für die Publikation ›White Supremacy‹ geschrieben habe, wollen sich angeblich innerhalb der nächsten drei Wochen mit ›geliehenen Pässen‹ nach Südafrika absetzen und dort in neue Identitäten schlüpfen.«
So steht es in einer sogenannten Deckblattmeldung des Brandenburger Verfassungsschutz vom 19. August 1998, die Erkenntnisse der Quelle 370 004 zusammenfasst. Die Quelle ist mit der zweihöchsten Zuverlässigkeitsstufe bewertet worden.
Bei den drei Skinheads handelte es sich um Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe. Es sind die späteren Killer des Nationalsozialistischen Untergrundes (NSU). Die Artikel in der »Weißen Vorherrschaft« verfasste Uwe Mundlos. Er rief zum Kampf und war erzürnt, dass Kameraden sich dem Amüsement hingeben.

»Ein Nachrichtendienst muss... alle Maßnahmen ergreifen, die erforderlich und geeignet sind, eine nachrichtendienstliche Quelle gegen Enttarnung und deren Folgen zu schützen.«*
Am 9. September 1998 schrieb der Brandenburger Geheimdienst auf: »Einen persönlichen Kontakt zu den drei sächsischen Skinheads ... soll Jan WERNER haben. Jan WERNER soll zur Zeit den Auftrag haben, ›die drei Skinheads mit Waffen zu versorgen‹. Gelder für diese Beschaffungsmaßnahme soll die ›Blood&Honour‹-Sektion Sachsen bereitgestellt haben ...«
Vor ihrer beabsichtigten Flucht nach Südafrika soll das Trio einen weiteren Überfall nach dem Erhalt der Waffen planen, um mit dem Geld sofort Deutschland verlassen zu können. Der weiblichen Person des Trios will Antje PROBST ihren Paß zur Verfügung stellen. PROBST und WERNER sollen unabhängig voneinander und ohne Wissen des anderen für die drei tätig sein.»«
Am 13. Oktober 1998 ist vermerkt: »Gesprächsweise konnte die Quelle von WERNER erfahren, daß dieser immer noch auf der Suche nach Waffen für die drei flüchtigen thüringischen Neonazis ist.« Knapp ein Jahr später, am 8. Oktober 1999, überfielen Mundlos und Böhnhardt die erste Bank in Chemnitz. Bewaffnet. Den vermutlich erste Mord, an dem Blumenhändler Enver Simsek, verübte der NSU am 9. September 2000 in Nürnberg.

»Eine solche Fürsorge- und Schutzpflicht besteht auch im Blick auf die Gerichte fort.«*
Bislang ging man davon aus, dass die Informationen vom V-Mann »Piato« gesammelt wurden. Der Neonazi saß wegen versuchten Mordes, wurde als V-Mann des Verfassungsschutzes Freigänger, später verhalf der Geheimdienst dem Spitzel zur Freiheit, damit der seinen Job bei besagter Antje Probst antreten konnte.
Wer die V-Mann-Führer-Berichte, die der heutige Präsident des Sächsischen Verfassungsschutzes Gordian Meyer-Plath (damals noch Referatsleiter Rechtsextremismus in Potsdam) auf dem Tisch hatte, aufmerksam liest, erkennt, dass »Piato« und die Quelle 370 004 zwei verschiedene Personen sein müssen. Beide nahmen teilweise an denselben Veranstaltungen teil. Mehrmals trafen sie auf Thomas Starke, den späteren Berliner Polizeispitzel, der dem NSU-Trio Sprengstoff und die erste Wohnung in Chemnitz besorgte.
Man erkennt aber auch, wie bundesweit und international verwoben die Blood&Honour-Szene war. Verknüpft war sie mit Combat 18, der Kampfgruppe Adolf Hitler aus England. Deren Konzept ist quasi die Anleitung für den Terrorismus des NSU. »C 18« bekämpfte unter der Führung von William »Wilf« Browning politische Gegner unter Einsatz von Waffengewalt und Bomben. Ist es Dummheit oder Absicht – der Landesverfassungsschutz vermerkt lediglich: »Will BROWNING soll mittlerweile in einer Band namens ›Black Shirts‹ spielen.«
Auch das Bundesamt für Verfassungsschutz scheint blind. Noch im Juli 2004 heißt es: »Von der britischen Organisation C 18 gehen aktuell keine terroristischen Aktivitäten aus ... Auch in Deutschland gib es keine Terrororganisation C 18 und insbesondere kein bundesdeutsches Netzwerk.«
Die Quelle 370 004 und V-Mann Sczecepanski hatten mit den international wichtigsten Blood& Honour- und C 18-Führern zu tun. Die Rede ist von »angereisten NSM-Aktivisten STEVE SARGENT, TONY WILLIAMS«. NSM bedeutet »National Socialist Movement«. Das ist eine in England und den USA aktive Nazi-Bewegung, der Gruppen wie der Ku-Klux-Klan, die Aryan Nations oder die National Alliance angehören. Darüber hinaus berichtet Quelle 370 004 über Kontakte nach Italien, Schweden, Frankreich und in die Slowakei.

»Im Zweifel ist daher ein prozessuales Interesse, auch ein solches der Strafverfolgung, dem Schutz der Quelle unterzuordnen.«*
Aktuell mauert Brandenburgs Geheimdienst und versucht, die Quelle 370 004 hinter »Piato« zu verstecken. Der lebt im Zeugenschutzprogramm, kann sich also nicht wehren. Auch nicht, wenn ihm die Übermittlung von Informationen zugeschrieben wird, die er angeblich nie hatte. Szczepanski sagte gegenüber dem BKA 2012, dass er den Verfassungsschutz nicht – wie der behauptet – darüber informiert hat, dass Jan Werner für das NSU-Trio Waffen beschaffen soll. Ebenso bezweifelt er, dass von der Polizei abgefangene SMS an Werner, von denen einige mit CS gezeichnet wurden, von ihm stammen. Das wird vom Dienst suggeriert, er sagt: »Ich unterschreibe SMS an sich nie.«
Ging also auch Werners SMS-Frage vom 25. August 1998 (»Hallo. Was ist mit den Bums«) gar nicht an »Piato«? Hat der Geheimdienst da unter fremder Flagge ein »Spielchen« mit dem NSU getrieben, das für zehn Menschen tödlich war? Denkbar, immerhin hatten die Thüringer Kollegen auch 2000 Mark ausgegeben, damit sich Böhnhardt, Mundlos und Zschäpe falsche Pässe besorgen können.

*Alle Zitate aus Droste, Bernadette: Handbuch des Verfassungsschutzrechts, Boorberg

Nachtrag:
Ministerium dementiert Bericht über angebliche NSU-Informationen
Potsdam (dapd) . Das brandenburgische Innenministerium hat einen Medienbericht dementiert, wonach der Verfassungsschutz angeblich einen zweiten V-Mann mit Bezug zur rechtsextemistischen Terrorzelle NSU beschäftigt hat. Die in der Zeitung »Neues Deutschland« (Donnerstagausgabe) angestellten Spekulationen über bisher unbekannte NSU-relevante Informationen des Brandenburger Verfassungsschutzes seien haltlos, sagte Ministeriumssprecher Ingo Decker in Potsdam. Das Blatt hatte berichtet, dass neben der bisher bekannten Quelle »Piatto« offenbar ein weiterer V-Mann der Verfassungsschutzbehörde Ende der 1990er Jahre Informationen mit Bezug zum NSU geliefert habe.
Decker unterstrich: »Brandenburg hat seine Berichtspflichten bei der Aufarbeitung der NSU-Verbrechen vollumfänglich erfüllt und keinerlei Informationen zurückgehalten.« Bei den angeführten angeblich verschiedenen Quellen handele es sich nachweislich um ein und dieselbe Person. Die damaligen Hinweise von »Piatto« auf namentlich nicht benannte Rechtsextremisten in Sachsen und Thüringen, die er von Dritten erhalten habe, hätten sich auf die Mitglieder des NSU bezogen. Sie seien damals umgehend an das Bundesamt für Verfassungsschutz sowie die Verfassungsschutzbehörden von Sachsen und Thüringen übermittelt worden.
»Das alles ist aktenkundig und der Öffentlichkeit bereits bekannt«, sagte Decker. Nach monatelanger und weiter andauernder akribischer Prüfung lägen bislang keinerlei Erkenntnisse vor, dass Brandenburgs Sicherheitsbehörden Quellen geführt haben, die an irgendeiner Stelle direkten Kontakt zu den Mitgliedern des NSU hatten.
»Neues Deutschland« hatte berichtet, dass es neben »Piatto« auch die bislang nicht enttarnte »Quelle 370 004« gegeben habe. In den der Zeitung vorliegenden Berichten des zweiten V-Manns aus dem Jahr 1998 an den Brandenburger Geheimdienst werde mehrfach darauf verwiesen, dass für das untergetauchte NSU-Trio Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe Waffen besorgt werden sollten.

    Am 9. September 1998 schrieb der Brandenburger Geheimdienst auf: »Einen persönlichen Kontakt zu den drei sächsischen Skinheads ... soll Jan WERNER haben. Jan WERNER soll zur Zeit den Auftrag haben, ›die drei Skinheads mit Waffen zu versorgen‹. Gelder für diese Beschaffungsmaßnahme soll die ›Blood&Honour‹-Sektion Sachsen bereitgestellt haben ...«

    Vor ihrer beabsichtigten Flucht nach Südafrika soll das Trio einen weiteren Überfall nach dem Erhalt der Waffen planen, um mit dem Geld sofort Deutschland verlassen zu können. Der weiblichen Person des Trios will Antje PROBST ihren Paß zur Verfügung stellen. PROBST und WERNER sollen unabhängig voneinander und ohne Wissen des anderen für die drei tätig sein.»«

Quelle mit Fotos


http://internetz-zeitung.eu/index.php/3927-bundesanwaltschaft-vernichtete-nsu-dokumente-%C3%BCber-den-nazi-jan-werner
Gegen System und Kapital!


www.jungewelt.de

Rappelkistenrebell

Bundesanwaltschaft vernichtete wichtige Dokument
Von Dirk Laabs | Stand: 19.09.2016 | Lesedauer: 5 Minuten
Der Untersuchungsausschuss interessierte sich für Unterlagen über den Neonazi Jan Werner, der das NSU-Trio unterstützt haben soll. Jetzt kommt heraus, dass die Bundesanwaltschaft sie beseitigen ließ.

https://www.welt.de/politik/deutschland/article158260792/Bundesanwaltschaft-vernichtete-wichtige-Dokumente.html?wtrid=socialmedia.socialflow....socialflow_twitter
Gegen System und Kapital!


www.jungewelt.de

Kuddel

Man sollte die Verantwortlichen der Bundesanwaltschaft auf der Stelle einbuchten!


Kuddel

ZitatAkten aus dem NSU-Komplex vernichtet
Opferfamilien zeigen NSU-Ermittler an

Angehörige von drei NSU-Opfern stellen Strafanzeige gegen die Bundesanwaltschaft: Diese soll trotz eines Moratoriums Akten geschreddert haben.


,,Noch Teil der Lösung oder schon Teil des Problems?"

Denn nicht nur wurde so mögliches NSU-Ermittlungsmaterial beseitigt. Auch verordnete das Bundesinnenministerium bereits Mitte 2012 ein Moratorium, dass keinerlei Akten mit möglichem NSU-Bezug vernichtet werden dürfen, um die Aufklärung nicht zu behindern.

,,Sollten die Vorwürfe zutreffen, muss man leider fragen: Sind manche Beamte der Bundesanwaltschaft noch Teil der Lösung oder schon Teil des Problems?", sagte Anwalt Daimagüler der taz. Die Anzeige des Anwalts und seiner Kollegin Basay-Yildiz liegt der taz vor. Die Vernichtung der Unterlagen sei ,,nicht nachvollziehbar", heißt es darin. Die Asservate beträfen ,,zweifelsfrei" Zeitpunkte, zu denen Jan Werner in Kontakt mit dem NSU-Trio stand. Sie hätten darüber ,,näheren Aufschluss" geben können. Für Daimagüler wiegt der Vorwurf so schwer, dass sich auch das Bundesjustizministerium einschalten müsste.
http://www.taz.de/Akten-aus-dem-NSU-Komplex-vernichtet/!5342906/

Kuddel

Es wird immer deutlicher. Nix da, von wegen Schlampereien und Pannen bei den NSU Ermittlungen.
Und der Schutz, die Unterstützung des faschistischen Terrors, kam nicht nur von einem aus dem Ruder gelaufenen Geheimdienst in Sachsen, es steckten diverse staatliche Strukturen dahinter, auch Politiker.

ZitatBouffiers heikle Geheimhaltung

Nach dem NSU-Mord in Kassel hat die hessische Landesregierung offenbar versucht, den Verdacht gegen Verfassungsschützer Andreas Temme zu verheimlichen.


Die hessische Landesregierung hat versucht, den Tatverdacht gegen einen Verfassungsschützer beim Kasseler Mord an Halit Yozgat geheim zu halten. Das geht aus Dokumenten hervor, die von den Obleuten Nancy Faeser (SPD) und Hermann Schaus (Linke) am Freitag im NSU-Untersuchungsausschuss des hessischen Landtags zitiert wurden.

Der damalige Innenminister und heutige Ministerpräsident Bouffier und seine Staatssekretärin Scheibelhuber wurden anscheinend unmittelbar am 21. April über den Verdacht gegen den Verfassungsschützer informiert. In einem Sprechzettel für Scheibelhuber, der im Ausschuss zitiert wurde, hieß es: ,,Der Minister und ich wurden unverzüglich informiert."

Beide ließen den Innenausschuss und das Parlamentarische Kontrollgremium aber bis zum 17. Juli im Unklaren. Am 14. Juli hatte die ,,Bild"-Zeitung über den Verdacht gegen Temme berichtet.

Vor den Abgeordneten tat Bouffier dennoch so, als seien auch ihm die Vorgänge neu. Er nannte es ,,betrüblich", dass die Parlamentarier über einen solchen Vorgang erst aus der Zeitung erführen. Das gelte ,,insbesondere dann, wenn es auch der Minister erst aus der Zeitung erfährt", fügte er damals hinzu.

Erst durch die Journalistenanfrage wurde anscheinend auch verhindert, dass Temme in den Dienst beim Verfassungsschutz zurückkehren konnte.

Schaffer berichtete, dass sich die Polizei vom Verfassungsschutz in ihren Ermittlungen behindert gefühlt habe – etwa weil der Nachrichtendienst mit Bouffiers Unterstützung untersagte, dass die Polizei V-Leute von Temme direkt vernehmen konnte. Der Polizeibeamte, der früher selbst V-Personen geführt hatte, widersprach dem Argument, dies sei notwendig gewesen, damit keine Klarnamen der Informanten bekannt würden.
http://www.fr-online.de/rhein-main/nsu-ausschuss-bouffiers-heikle-geheimhaltung,1472796,34816424.html

Kuddel

Und weiter geht's:

ZitatNSU-Ausschuss deckt auf:
Vorsätzliche Aktenvernichtungen beim Bundesverfassungsschutz

Bundesanwaltschaft weiß Bescheid und unternimmt nichts


Die Aktenvernichtungen im Bundesamt für Verfassungsschutz nach dem Auffliegen des NSU-Trios im November 2011 geschahen vorsätzlich und nicht wie bisher kolportiert aus Versehen. Für diese Feststellung präsentierte der Untersuchungsausschuss des Bundestages bei seiner letzten Sitzung am Freitag Belege. Die Bundesanwaltschaft kennt den Sachverhalt seit mindestens zwei Jahren und unternahm nichts.

Nach der Vernichtung von Beweismaterial im Falle des NSU-Tatverdächtigen Jan Botho Werner, veranlasst durch die oberste Ermittlungsbehörde selbst, rückt damit der nächste Fall von Spurenverwischung durch Sicherheitsbehörden in den Fokus. Es sind Vorgänge, die Jahre zurückliegen und die belegen, wie sehr die Aufklärung des Mordkomplexes durch Behörden behindert wird. Der NSU-Skandal endet nicht 2011, sondern fand danach unter anderen Vorzeichen seine Fortsetzung und reicht bis in die Gegenwart.

Am 4. November 2011 wurde das NSU-Trio bekannt. Am 11. November veranlasste ein Referatsleiter im Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) in Köln die Löschung von Akten zu mindestens sieben Quellen im rechtsextremen Thüringer Heimatschutz (THS), in dem sich auch die NSU-Mitglieder Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe bewegt hatten.

Jetzt erfährt man: Der Bundestag wurde getäuscht, die Aktenvernichtung geschah aus Vorsatz, um die Verantwortung des Amtes, die drei Untergetauchten nicht gefasst zu haben, zu verschleiern.

Hinter verschlossenen Türen wurden noch drei Quellen-Führer des BfV befragt. Darunter der Beamte mit dem Decknamen "Richard Kaldrack", der die V-Leute Thomas Richter alias "Corelli" und Ralf Marschner alias "Primus" führte.

Auch die Aktenvernichtung im Falles des NSU-Beschuldigten Jan Botho Werner durch das Landeskriminalamt (LKA) Berlin auf Anordnung der Bundesanwaltschaft (BAW) war Thema im Untersuchungsausschuss. Interessant sind die zeitlichen Abläufe: Am 24. Oktober 2014 wurde der BfV-Mann Lingen zur Frage der Aktenvernichtungen vernommen.

Nur gut eine Woche später, Anfang November 2014, verfügte die BAW selber die Vernichtung von zwei Adress- und Notizbüchern des Blood and Honour-Anführers Jan Werner, gegen den seit Jahren ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachtes der Unterstützung des NSU läuft. Der Ausschuss hat herausgefunden, dass sich in den Adressbüchern unter anderem Daten der Brüder Maik und André Eminger befanden. André Eminger ist einer der fünf Angeklagten in München.

Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe hatte letzte Woche aufgrund eines Artikels in der Welt einen Vorgang angelegt, um zu prüfen, ob sie ein Ermittlungsverfahren gegen die Bundesanwaltschaft wegen dieser Aktenvernichtungen eröffnet
http://www.heise.de/tp/artikel/49/49575/1.html (stark gekürzt)

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