NSU Prozeß

Begonnen von ManOfConstantSorrow, 20:48:16 Do. 22.August 2013

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Kuddel

Man versucht offensichtlich den Namen Bouffier aus der Schußlinie zu nehmen, doch der NSU Komplex bleibt täglich(!) in den großen Medien.
Die Dimension dieses Skandals ist nicht länger kleinzureden.

Auch dieser FOCUS Bericht hat es in sich:

ZitatSMS nicht beachtet
Thüringer LKA ignorierte 1998 wichtige Hinweise zum NSU-Versteck

Bereits 1998 fing das LKA SMS der NSU-Zelle mit alarmierenden Stichwörtern ab - und ignorierte sie. Eine schwere Ermittlungspanne: Das Terror-Trio hätte nach FOCUS-Informationen bereits vor seinem Untertauchen gefasst werden können.


Die 1998 untergetauchten Neonazis Beate Zschäpe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt hätten schon kurz nach ihrer Flucht aus Jena gefasst werden können. Doch Zielfahnder des Thüringer Landeskriminalamts (LKA) sind Hinweisen auf eine Wohnung des Trios in Chemnitz offenbar nicht nachgegangen, dies erfuhr FOCUS aus vertraulichen Quellen.

Sie gingen erst kürzlich beim Oberlandesgericht (OLG) München ein, wo der Prozess zur Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) stattfindet.
SMS-Austausch gab Anzeichen

Die Protokolle enthalten nach Informationen von FOCUS abgefangene SMS von Rechtsextremisten aus Sachsen. Einige der Texte sind öffentlich noch nicht bekannt geworden, selbst Untersuchungsausschüssen lagen sie bislang nicht vor.

Hinweise zum Unterschlupf des Trios lieferte dem FOCUS zufolge ein SMS-Austausch zwischen den Rechtsradikalen Thomas S., Max-Florian B. und Mandy S. Am 6. und 7. August 1998 schrieben sie über eine ,,neue Wohnung", für die man alles Mögliche brauche – ,,Waschmaschine, Herd, Tisch", außerdem ,,Töpfe, Besteck, Kühlschrank". Max-Florian B. erklärte: ,,Meine Matratzen gehen mit."

Observation hätte wohl zum Trio geführt

Die Lage der Wohnung sollte geheim bleiben (,,nicht am Telefon"), aber ein Besichtigungstermin wurde vereinbart: ,,Nächste Woche Freitag 12 Uhr wäre gut" – gemeint war der 14. August 1998. Gut zwei Wochen später, am 1. September, bezogen Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt laut FOCUS ein Apartment in der Altchemnitzer Straße 12. Den Mietvertrag schloss ein Strohmann aus der rechten Szene für sie ab. Bis dahin hatte sich das Trio bei Kameraden versteckt.

Durch Observationen der abgehörten Neonazis und weitere Überwachungsmaßnahmen hätten die Thüringer Zielfahnder die Wohnung im Süden von Chemnitz unschwer finden und das Trio verhaften können – schon zwei Jahre vor Beginn der NSU-Mordserie. Doch den Akten zufolge blieben Folgeermittlungen aus.

Untersuchungsausschuss soll aktiv werden


,,Beim Stichwort ,neue Wohnung' und den konspirativen Absprachen hätten die Ermittler alarmiert sein müssen", sagte Rechtsanwältin Seda Basay, Nebenklagevertreterin im NSU-Prozess, dem FOCUS. ,,Warum die Spur nicht verfolgt wurde, ist mir ein Rätsel."

Aufklärung fordert auch die Vorsitzende des NSU-Untersuchungsausschusses in Thüringen, Dorothea Marx: ,,Wir werden genau prüfen müssen, warum die Zielfahnder trotz der Hinweise auf die Wohnung untätig blieben." Laut Marx lagen die SMS-Protokolle zum Thema Wohnung dem Ausschuss bislang noch nicht vor.
http://www.focus.de/politik/deutschland/nazi-terror/sms-nicht-beachtet-thueringer-lka-ignorierte-nsu-hinweise-im-jahr-1998_id_4574941.html


schwarzrot

Erweiterte form des 'aktenschredderns' geht weiter:

ZitatEx-Freundin von Florian H.: Zeugin im NSU-Untersuchungsausschuss tot aufgefunden

Erst kürzlich hat die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen um den Tod des Neonazis Florian H. wieder aufgenommen. Er verbrannte in seinem Auto. Nun wurde auch seine Ex-Freundin tot aufgefunden. Sie hatte als Zeugin im NSU-Ausschuss ausgesagt.


Stuttgart - Eine 20-jährige Zeugin im Stuttgarter NSU-Untersuchungsausschuss um den Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) ist tot in ihrer Wohnung aufgefunden worden. Laut Berichten der Deutschen Presseagentur soll es sich um die Ex-Freundin von Florian H. handeln. Dieser soll Informationen zum Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter gehabt haben.

Der Lebensgefährte der Frau habe sie am Samstagabend mit einem Krampfanfall in ihrer Wohnung gefunden, teilten Staatsanwaltschaft und Polizei mit. Die genaue Ursache für den Tod sei bislang unklar. Die Ärzte hätten das Leben der jungen Frau nicht mehr retten können.

Die 20-Jährige hatte im NSU-Untersuchungsausschuss in Stuttgart in einer nicht-öffentlichen Sitzung ausgesagt und erklärt, sie fühle sich bedroht.
...
http://www.spiegel.de/panorama/justiz/nsu-zeugin-tot-aufgefunden-a-1026171.html

Auch interessant, befragung von gerichtsmedizinischem sachverständigen:
Florian H.: ,,Doppelter" Suizid statt Fremdeinwirkung?
"In der bürgerlichen Gesellschaft kriegen manche Gruppen dick in die Fresse. Damit aber nicht genug, man wirft ihnen auch noch vor, dass ihr Gesicht hässlich sei." aus: Mizu no Oto

Wieder aktuell: Bertolt Brecht

Rudolf Rocker


NachbarArsch

Eine Zusammenfassung von der Taz:
http://www.taz.de/Ungereimtheiten-im-NSU-Prozess/!157365/

Früher haben wir gerufen: "Nazis morden der Staat schiebt ab ...."

War wohl mal wieder so ein Irrtum der Linken, sie morden beide! (?)

Wobei im Nachhinein wohl mehr Menschen sterben, bei den NSU-Morden oder bei ihrer vermeindlichen Aufklärung?

auch interresant:

https://www.youtube.com/watch?v=r7e8EmNX-aU

dagobert

ZitatOtto Brenner Stiftung publiziert IJK-Masterarbeit zur ,NSU'-Gerichtsberichterstattung

Die renommierte Otto Brenner Stiftung hat eine Masterarbeit des Studiengangs ,,Journalistik und Kommunikationswissenschaft" des IJK digital publiziert. Die Absolventin Astrid Hansen untersuchte die Berichterstattung aus dem sogenannten ,NSU'-Prozess in München.
http://www.wiso.uni-hamburg.de/professuren/ijk/aktuelles/single-view-news/meldung/otto-brenner-stiftung-publiziert-ijk-masterarbeit-zur-nsu-gerichtsberichterstattung/?no_cache=1


http://www.otto-brenner-stiftung.de/fileadmin/user_data/stiftung/Aktuelles/AH79/Masterarbeit_NSU-Gerichtsberichterstattung_Hansen_UHH_2015.pdf

https://www.otto-brenner-shop.de/publikationen/obs-arbeitshefte/shop/das-unwort-erklaert-die-untat-ah79.html
(siehe auch oben #51)
"Sie haben die unglaubwürdige Kühnheit, sich mit Deutschland zu verwechseln! Wo doch vielleicht der Augenblick nicht fern ist, da dem deutschen Volke das Letzte daran gelegen sein wird, nicht mit ihnen verwechselt zu werden."
Thomas Mann, 1936

Kuddel

Auf die unsägliche Rolle der Bundesanwaltschaft im NSU Prozeß kann nicht oft genug hingewiesen werden!

ZitatOpferanwälte
Schwere Vorwürfe im NSU-Prozess gegen Bundesanwalt

Die Nebenkläger im NSU-Prozess werfen Bundesanwaltschaft und Geheimdiensten vor, ihnen Akten und Erkenntnisse vorzuenthalten, um ihr Versagen zu verschleiern.
http://www.welt.de/politik/deutschland/article139966970/Schwere-Vorwuerfe-im-NSU-Prozess-gegen-Bundesanwalt.html

ManOfConstantSorrow

Dieser Nicht-Jornalismus aufgeblasen zum Multimediaspecial ist ein ständiges Ärgernis.
ZitatZschäpes letzter Triumph

Heute vor zwei Jahren begann der NSU-Prozess. Seither ist die einzige Konstante in diesem Verfahren das Schweigen von Beate Zschäpe. Warum tut sie sich das an?
http://www.zeit.de/feature/nsu-prozess-beate-zschaepe

Heruntergedampft bleibt nur küchenpsychologisches Gelaber.
ZitatWenn die Hauptangeklagte im NSU-Prozess dann in den Gerichtssaal tritt, ist ihr Mund ein zusammengekniffener Strich; mit den Augen tastet sie den Boden ab.
...
Die beherrschte Miene Zschäpes ist eine Maske, dahinter brodelt es.
...
Die Kultfigur Zschäpe braucht das Schweigen. "Sie wirkt größer und mächtiger, als sie eigentlich ist", sagt Rettenberger.

Die gesamte Geschichte stellt sich für mich völlig anders dar. Das Schweigen der Tschäpe ist keineswegs ihre Entscheidung aus irgendwelchen Psychogründen. Darauf gibt es sogar in diesem Artikel einen Hinweis:
ZitatVor dem Termin sagt sie einen denkwürdigen Satz zu einem der Beamten: Sie habe sich nicht gestellt, um nicht auszusagen.

Es sind zwei wichtige Dinge bekannt:
1. Das NSU-Anwaltstrio Sturm-Stahl-Heer (dem die Medien entgegen jeglichem Menschenverstand zuschreiben, "über jeden Zeifel erhaben" zu sein) rät der Angeklagten massiv zur Strategie des Schweigens.
2. Tschäpe hat bereits geredet. Sie hat gleich zu Beginn intensiv mit der Bundesanwaltschaft geredet. Wir wissen nicht, was sie gesagt hat. Wir sehen aber im Verlauf des Prozesses, daß die Bundesanwaltschaft kein Interesse an der Aufklärung des Falles hat, sondern ganz im Gegenteil sich an Vertuschung und Verschleierung beteiligt.

Uns bleibt somit nur die Möglichkeit zu mutmaßen, daß Tschäpe ein Deal angeboten wurde oder sie massiv unter Druck gesetzt wird, daß sie eine Aussage bereuen werde.

Es geht wohl nicht um die psychologische Struktur oder Verfassung dieser Frau, sondern um Politik und um "Staatsräson".  Und "Staatsräson" geht über Menschenleben und das hat Helmut Schmidt bereits unmßverständlich formuliert: "Der Staat [...] muß darauf mit aller notwendigen Härte antworten. Alle Polizei- und Sicherheitsorgane [...] haben deshalb die uneingeschränkte Unterstützung der Bundesregierung und ebenso meine sehr persönliche Rückendeckung." "Der Staatsräson halber wurde Schleyer zum Tode verurteilt."
http://www.bpb.de/geschichte/deutsche-geschichte/geschichte-der-raf/49296/staatliches-handeln  
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

Rudolf Rocker

Vielleicht hat man sie an das Ende von Heinz Lembke erinnert?

ZitatLembke stellte in Aussicht, gegenüber der Bundesanwaltschaft umfassend auszusagen. Am 1. November 1981, einen Tag vor seiner Vernehmung durch einen Staatsanwalt, wurde er jedoch mit einem Kabel erhängt in seiner Lüneburger Gefängniszelle aufgefunden.[12] Er hatte einen handschriftlichen Abschiedsbrief hinterlassen.[13] Die Ermittlungen wurden bald nach seinem Tod eingestellt und Lembke als Einzelgänger dargestellt, der die Waffendepots aufgrund seiner Furcht vor einer sowjetischen Invasion angelegt habe. Woher er die Waffen erhalten hatte, blieb ungeklärt. In Akten des Ministeriums für Staatssicherheit wurden abgehörte Funksprüche aufgefunden, in denen der Bundesnachrichtendienst eine Gruppe 27 von Gladio anwies, ,,Materialverstecke" in Lembkes Operationsgebiet anzulegen.[13]

In Spurenakten zum Oktoberfestattentat steht der Vermerk ,,Erkenntnisse über Lembke sind nur zum Teil gerichtsverwertbar". Solche Vermerke kommen normalerweise nur bei V-Leuten oder Mitarbeitern von Geheimdiensten vor.[14]

Rudolf Rocker

ZitatNSU-Prozess: Drei Verteidiger wollen Mandate niederlegen
Im Münchner NSU-Prozess haben die drei bisherigen Verteidiger der Hauptangeklagten Zschäpe beantragt, ihre Mandate niederzulegen.
http://www.tagesschau.de/

ManOfConstantSorrow

Bundesanwaltschaft und Innenministerium versuchen NSU Aufklärung zu be/verhindern:

ZitatEin Großteil der Nebenklagevertreter um die Berliner Anwälte Antonia von der Behrens und Sebastian Scharmer haben schon im Sommer den Antrag gestellt, die seinerzeit im Bundesamt für Verfassungsschutz vernichteten Akten zu einer V-Mann-Aktion in Thüringen für den NSU-Prozess heranzuziehen. Diese Akten waren im November 2011 in einer Nacht-und-Nebel-Aktion widerrechtlich vernichtet worden - als bekannt wurde, dass rund um den NSU auch V-Männer im Einsatz waren.

"Operation Konfetti" wurde das später ironisch genannt. Diese Akten aber sind zum Teil wieder hergestellt worden - und die Anwälte der NSU-Opfer halten es für unerlässlich, zu erfahren, ob der Verfassungsschutz mehr über den NSU und seine Mordtaten wusste, als bisher bekannt ist. Die Anwälte hatten auch verlangt, den Beamten vor Gericht zu hören, der die Akten vernichtet hatte.

Am Mittwoch hat sich die Bundesanwaltschaft nun dem entgegengestellt.
ZitatAm Mittwoch machten die Nebenkläger auch einen weiteren Vorstoß. Sie verlangten, das Innenministerium Brandenburg möge die Akten zu Carsten Szepanski herausgeben, der in der rechten Szene Sachsens als V-Mann gearbeitet hatte. Das hatte das Innenministerium in Potsdam, das den V-Mann führte, rundweg abgelehnt.

Nebenklage-Anwältin Seda Basay erklärte, diese Ablehnung sei willkürlich und rechtswidrig.
http://www.sueddeutsche.de/politik/nsu-prozess-streit-um-die-konfetti-akten-1.2651697
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

ManOfConstantSorrow

ZitatErfurt
NSU-Untersuchungsausschuss: LKA hat uns Akten vorenthalten

Das Thüringer Landeskriminalamt hat dem NSU-Ausschuss im Thüringer Landtag Akten vorenthalten. Die Ausschussvorsitzende Dorothea Marx sagte MDR THÜRINGEN, erst jetzt seien detaillierte Unterlagen der Kriminaltechnik zu den Eisenacher Ermittlungen 2011 eingegangen. Nach ihren Angaben lagen diese Akten bisher auch weder dem Bundeskriminalamt noch im NSU-Prozess in München vor.


Nach Informationen von MDR THÜRINGEN handelt es sich dabei um die teilweise handschriftlichen Protokolle der LKA-Experten, die damals die Waffen aus dem ausgebrannten Wohnmobil untersucht hatten. Zudem sollen die bisher zurückgehaltenen Akten Daten zur Schmauchspuranalyse der Leichen von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt enthalten. Mit ihnen könnte möglicherweise der Tod der beiden am 4. November 2011 besser rekonstruiert werden. In dem Material sind auch alle Daten der IT-Forensik zu finden. Dabei geht es um das technische Auswerten der im Wohnmobil gefundenen Mobiltelefone und Datenträger.

Der Vorgänger-Ausschuss in der vorherigen Legislaturperiode hatte von der Kriminaltechnischen Auswertung des Thüringer LKA 2013 nur wenige Blatt Papier erhalten. Nach Informationen von MDR THÜRINGEN waren damals nur Gutachten an den Ausschuss weitergereicht worden. Die eigentlichen Akten wurden durch die Behörde zurückgehalten.
http://www.mdr.de/thueringen/nsu-ausschuss160.html
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

ManOfConstantSorrow

Es ist unglaublich, wie sich immer weitere Beweise finden, wie verschiedendste staatliche Stellen an der Verwischeung des rechten Terrors und der Sabotage an de Ermittlungen beteiligt sind. Immer wieder bezeichnet man das als "Pannen".

ZitatNeue Panne bei NSU-Ermittlungen in Eisenach

Bei den Ermittlungen um den Tod der beiden mutmaßlichen Rechtsterroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt gibt es offenbar eine neue Panne. Nach einem Bericht der Zeitung "Freien Wort" wurde in dem ausgebrannten Wohnmobil eine bisher unbekannte Patronenhülse entdeckt.

Dies gehe aus den drei Jahre alten Aussagen eines Ermittlers hervor, die erst jetzt dem NSU-Untersuchungsausschuss in Thüringen vorliegen. Demnach hatten die Beamten drei Monate nach dem Brand in Eisenach die Hülse in dem kaputten Fahrzeug auf dem Fahrersitz zufällig entdeckt. Kollegen des Bundeskriminalamtes hätten die Thüringer Beamten angewiesen, die Hülse wieder auf den Sitz zu legen, sie sei unwichtig. Bei dem Fundstück habe es um einen ,,9mm Teilmantel" gehandelt.

Zudem sagte der Polizist aus, dass bei den damaligen Ermittlungen Asservatenlisten mehrfach verschwunden seien. Gleichzeitig kritisierte er, dass die Ansprechpartner bei den Ermittlungen ständig gewechselt hätten. Ordentliche Übergabe habe es nicht gegeben. Zuständigkeiten für die Auswertung der Spuren seien überstürzt verlagert worden. Der NSU-Ausschuss will morgen wieder Zeugen zu den Vorgängen von 2011 in Eisenach befragen.
http://www.mdr.de/thueringen/nsu-pannen102.html

ZitatNach einem Krach mit dem Innenministerium verbessert der NSU-Untersuchungsausschuss im Land den Schutz von Hinweisgebern. Die Vertreter der vier Landtagsfraktionen einigten sich am Montag in Stuttgart darauf, bestimmte nicht-öffentliche Informationen nicht mehr an die Regierungsvertreter in dem Landtagsgremium weiterzugeben.(...)
Im Zentrum stand dabei ein Disziplinarverfahren, das gegen einen Polizisten eingeleitet worden war, der sich in einem Brief an Ausschusschef Wolfgang Drexler (SPD) kritisch zum Aufklärungswillen der Behörden im NSU-Komplex geäußert hatte.(...)
Es lag der Verdacht in der Luft, dass mit dem Verfahren ein Kritiker der Sicherheitsbehörden «mundtot» gemacht werden sollten.
http://www.pz-news.de/baden-wuerttemberg_artikel,-NSU-Untersuchungsausschuss-will-Hinweisgeber-besser-schuetzen-_arid,1048256.html

ZitatDas baden-württembergische Innenministerium hat dem NSU-Untersuchungsausschuss erheblichen Schaden zugefügt, meint der StZ-Redakteur Reiner Ruf.
http://www.stuttgarter-zeitung.de/inhalt.nsu-untersuchungsausschuss-im-leerlauf.7bcdcaac-2130-4214-97f5-fce7af9b9c97.html
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

Kuddel

Zitat...Dem Innenressort ist es schwer gefallen, sich mit den Verbindungen des NSU nach Baden-Württemberg auseinanderzusetzen. Das wollte Gall mit einer Ermittlungsgruppe aufklären – er scheiterte erbärmlich. Die NSU-Enquetekommission des Parlaments machte sich lächerlich. Jetzt zerstören Galls Ministeriale den Rest Vertrauen in die parlamentarische Arbeit, die vielleicht noch bei den Bürgern – dem Souverän – vorhanden ist. Auf Gegenwehr stößt das im Parlament nicht.
...
Ein Untersuchungsausschuss soll das schärfste Schwert der Demokratie sein. In Baden-Württemberg ist das NSU-Gremium auf dem Weg, ein Wattebausch zu werden: Einer, der die Interessen des Innenministeriums sicher schützt.
http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.kommentar-zum-nsu-ausschuss-ein-flauschiger-wattebausch.399e3604-cba9-408d-a86b-34a6d378ba0c.html

Kuddel

ZitatDas NSU-Trio hat nach Erkenntnissen des Bundeskriminalamts (BKA) keine Unterstützer in Baden-Württemberg gehabt.
http://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.bka-beim-untersuchungsausschuss-nsu-hatte-keine-unterstuetzer-im-land.eaaac264-fc7a-45b3-8ea9-91680429ac2b.html

Es ist ekelhaft, wie dreist staatliche Stellen lügen. Ausgerechnet die Institution, die zur Aufklärung der Verbrechen da sein sollte.

Kuddel

Es ist ja noch zu harmlos zu sagen, es gäbe kein Interesse an einer Aufklärung. Es scheint eine Aufklärung aktiv sabotiert zu werden:

ZitatVerfassungsschutzakten fehlten - NSU-Ausschuss sauer

Zum Mord an der Polizistin Kiesewetter gibt es viele Spekulationen. Das BKA hält die Beamtin aber nach wie vor für ein Zufallsopfer des NSU. Unzufrieden ist der NSU-Ausschuss mit einem ganz anderen Thema.


Empörung im NSU-Untersuchungsausschuss des Landtags: Der Landesverfassungsschutz hat dem Gremium nach den Worten von Ausschusschef Wolfgang Drexler (SPD) zunächst nicht alle nötigen Akten zum Ku Klux Klan vorgelegt. Deshalb will der Ausschuss Verfassungsschutzpräsidentin Beate Bube und Ex-Präsident Helmut Rannacher als Zeugen laden. Mittlerweile liegen die sieben Akten dem Ausschuss aber vor. Daraus geht nach Drexlers Angaben hervor, dass der Verfassungsschutz 1994 - früher als bislang bekannt - Hinweisen auf einen Ku Klux Klan (KKK) in Baden-Württemberg gehabt hat.

Phantombilder

Der Ausschuss geht auch weiter der Frage nach, warum Phantombilder zu den Tätern zum Kiesewetter-Mord nicht veröffentlicht wurden. Dabei wurden noch einmal Meinungsverschiedenheiten zwischen Polizei und Staatsanwaltschaft deutlich. Der damals ermittlungsführende Staatsanwalt Christoph Meyer-Manoras hatte im Sommer erklärt, die Aussagen seien nicht glaubhaft gewesen. Dem widersprach nun der Beamte, der den Polizisten mehrfach befragte.

Erinnerungen seien nach und nach wiedergekommen - und glaubhaft gewesen. Erst nach einem Gespräch mit Meyer-Manoras habe Martin A. panische Angst vor der Veröffentlichung eines Phantombildes gehabt. Der Beamte legte damit den Verdacht nahe, dass Martin A. vom Staatsanwalt unter Druck gesetzt wurde - warum auch immer.

Dass insgesamt sieben Akten fehlten, sei Heintschel-Heinegg zufällig bei der Sichtung von Unterlagen im Bundesamt für Verfassungsschutz aufgefallen, sagte Drexler. Das Landesamt habe erklärt, die Akten seien nicht relevant für den Untersuchungsauftrag des Landtagsgremiums. ,,Das halte ich für nicht stichhaltig", meinte Drexler. Da müsse man schon Zweifel an der Analysefähigkeit des Verfassungsschutzes haben. Zwei baden-württembergische Polizisten waren 2001/2002 zeitweise Mitglieder in dem rassistischen Geheimbund.
http://www.stimme.de/heilbronn/polizistenmord/archiv/Verfassungsschutzakten-fehlten-NSU-Ausschuss-sauer;art133317,3485605

Rappelkistenrebell

Das große Zeugensterben geht weiter...der "Tiefe Staat" im brd Regime  beseitigt Zeugen und Akten...



Aus: Ausgabe vom 17.02.2016, Seite 2 / Inland
Angeblich wieder Selbstmord
Verlobter einer 2015 verstorbenen NSU-Zeugin soll Suizid begangen haben
Von Claudia Wangerin


Knapp elf Monate nach dem Tod einer 20jährigen Zeugin, die vor dem baden-württembergischen Untersuchungsausschuss zum »Nationalsozialistischen Untergrund« (NSU) ausgesagt hatte, soll deren Verlobter Selbstmord begangen haben. Der 31jährige Sascha W. aus Kraichtal bei Karlsruhe sei bereits am Abend des 8. Februar abends tot aufgefunden worden, berichtete am Montag das Internetmagazin Telepolis unter Berufung auf die Staatsanwaltschaft Karlsruhe. Eine Obduktion sei angeordnet worden, weil zunächst keine natürliche Todesursache festgestellt werden konnte. Nach Auskunft von Behördensprecher Tobias Wagner gebe es aber »bislang keine Anhaltspunkte für Fremdverschulden«. Außerdem sei elektronisch eine Abschiedsnachricht von Herrn W. verschickt worden. Man gehe von einem Suizid aus.

Es ist der dritte Todesfall in einer Kette. Am 16. September 2013 verbrannte Florian Heilig am Rand eines Festplatzes bei Stuttgart in seinem Auto. Der jetzt aufgefundene Sascha W. war der Lebensgefährte von Melisa M., die vor ihm 2013 eine kurze Beziehung zu dem NSU-Zeugen Florian Heilig gehabt hatte. Heilig, ein Neonaziaussteiger, soll sich kurz vor einer Verabredung mit Ermittlern des Landeskriminalamts aus Liebeskummer selbst verbrannt haben. So hieß es von offizieller Seite, bevor das Todesermittlungsverfahren Ende März 2015 wiederaufgenommen wurde. Melisa M. war am 13. März vergangenen Jahres als Zeugin vom Untersuchungsausschuss »Rechtsterrorismus/NSU BW« vernommen worden – am 28. März war sie tot. Als Ursache wurde eine Lungenembolie festgestellt – laut Staatsanwaltschaft verursacht durch Blutgerinnsel. Wie diese zustande kamen, ist nicht restlos gesichert. Behördensprecher vermuteten öffentlich, durch eine leichte Verletzung am Knie, die sie sich beim Motorradsport zugezogen hatte. Der Ausschuss hatte sie in nichtöffentlicher Sitzung vernommen. Florian Heilig hatte Hinweise auf bisher nicht angeklagte Mittäter beim Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter 2007 in Heilbronn geliefert, der seit 2011 dem NSU zugeordnet wird.

Telepolis-Autor Thomas Moser erwähnte in diesem Zusammenhang noch den Tod eines Jugendlichen, der unter ähnlichen Umständen in der Nähe von Heilbronn gestorben war – im Januar 2009. Die verbrannte Leiche des 18jährigen Arthur Christ war auf einem Waldparkplatz neben seinem Auto gefunden worden. Sein Name tauchte auch in den Ermittlungsakten zum Heilbronner Polizistinnenmord auf.

Quelle

https://www.jungewelt.de/2016/02-17/007.php
Gegen System und Kapital!


www.jungewelt.de

Rappelkistenrebell

Sascha W.: Der Tod eines weiteren potenziellen Zeugen im NSU-Komplex wirft Fragen auf



20.02.16 - Immer mehr Menschen aus dem Umfeld des faschistischen "Nationalsozialistischen Untergrunds" (NSU), die als Zeugen vor dem NSU-Untersuchungsausschuss Baden-Württemberg auftreten oder auftreten sollten, sterben eines merkwürdigen Todes. Der NSU hat zwischen 2000 und 2006 eine Serie von Morden und Anschlägen an neun Menschen mit Migrationshintergrund begangen. Die These, dass der NSU lediglich aus drei Personen bestanden hat, wird mittlerweile durch viele Experten bezweifelt. So sind allein über 40 V-Leute der Geheimdienste im Umfeld des NSU aktiv gewesen.

Am 15. Februar hat die Öffentlichkeit mehr als eine Woche nach dem Tod des 31-jährigen Sascha W. von seinem angeblichen Suizid erfahren. Laut Ermittlungsbehörden soll es zwar einen Abschiedsbrief geben, allerdings schweigen sie über seinen Inhalt. Fest steht für sie aber: Ein Jahr nach dem Tod seiner Verlobten soll der Trennungsschmerz so groß gewesen sein, dass er sich selbst getötet hat. Zweifel sind angebracht: Sascha W. galt bis zuletzt als lebensbejahend.

Seine Verlobte, Melisa M., war andererseits die ehemalige Freundin von Florian Heilig, einem Aussteiger aus der neofaschistischen Szene. Er soll sich angeblich am 16. September 2013 am Rand des Cannstatter Wasens in Stuttgart in seinem Auto verbrannt haben. Am selben Tag wollte er beim Landeskriminalamt eine Aussage machen. Für das Motiv seines angeblichen Suizids mussten nachträglich unterschiedlichste Motive herhalten.

Melisa M. wiederum hatte 2015 in einer geheimen Sitzung des baden-württembergischen NSU-Untersuchungsausschusses ausgesagt. Am 28. Mai 2015 starb sie dann. Die Karlsruher Staatsanwaltschaft bleibt bei den Todesursachen vage: Eine unfallbedingte Knieverletzung "dürfte" zu einer Lungenembolie geführt haben! Die Heidelberger Rechtsmedizin schweigt dazu.

Und da ist der 18-jährige Arthur Christ, dessen verbrannte Leiche im Januar 2009 neben seinem Wagen gefunden wurde. Sein Name taucht in Ermittlungsakten im Zusammenhang mit der Ermordung der Polizistin Michèle Kiesewetter am 27. April 2007 auf. Für die Heilbronner Staatsanwaltschaft war angeblich nicht zu klären, ob es sich bei seinem Tod um Suizid handelt. Eines der Phantombilder vom Tatort der Ermordung von Michèle Kiesewetter ähnelt Arthur Christ.¹

Schließlich der faschistische V-Mann "Corelli" alias Thomas Richter: 18 Jahre lang war er eine äußerst ergiebige Quelle des "Verfassungsschutzes". Bis er 2014 erneut vom Bundeskriminalamt vernommen werden sollte, wozu es nicht mehr kam: Am 7. April 2014 wurde er tot in seiner Wohnung aufgefunden. Angebliche Todesursache laut Ermittlungsbehörden: Ein "ketazedonisches Koma" als Folge einer nicht behandelten Diabetes. Allerdings erkranken nur 2 Prozent aller Männer unter 49 Jahren an der Form von Diabetes, die bei "Corelli" tödlich geendet haben soll. Thomas Richter war zum Todeszeitpunkt 39 Jahre alt. Außerdem liegt die Todesrate bei einem solchen diabetischen Koma ohne Vorerkrankung unter 2 bis 5 Prozent.²

Die fünf toten potenziellen Zeugen im NSU-Komplex werfen Fragen auf: Wer hat ein Interesse daran, dass Wahrheiten über faschistische Netzwerke nicht ans Tageslicht kommen? Wem ist damit gedient, wenn mögliche Hintermänner und Tatbeteiligte an NSU-Morden unerkannt und straffrei bleiben? Es sieht vielmehr Vieles danach aus, dass die Verstrickung der Geheimdienste in die NSU-Aktivitäten noch viel größer war als bisher stückchenweise bekannt wurde.

Die plötzlichen Todesfälle potenzieller Zeugen im NSU-Komplex müssen lückenlos aufgeklärt werden!

¹) http://www.heise.de/tp/artikel/47/47412/1.html; http://taz.de/Erneut-moeglicher-Zeuge-gestorben/!5275907/

²) http://friedensblick.de/18528/interview-mit-mediziner-tod-von-nsu-informant-corelli...; eigene Recherchen, u.a. Gespräch mit einem Internisten.


Quelle

https://www.rf-news.de/2016/kw7/sascha-w.-der-weitere-tod-eines-potenziellen-zeugen-im-nsu-komplex-wirft-fragen-auf
Gegen System und Kapital!


www.jungewelt.de

Rappelkistenrebell

Aus: Ausgabe vom 23.02.2016, Seite 3 / Schwerpunkt

Selbstmord »unvorstellbar«
Wer aus erster oder zweiter Hand etwas über den Heilbronner Polizistinnenmord wissen könnte, lebt gefährlich. Freundin eines Toten widerspricht Suizidthese
Von Wolf Wetzel


ass in Baden-Württemberg auffallend junge Menschen auf merkwürdige Weise ums Leben kommen, kann reiner Zufall sein. Dass diese Menschen alle potentielle oder tatsächliche Zeugen im Prozess um die Mordserie des »Nationalsozialistischen Untergrunds« (NSU) oder in entsprechenden Untersuchungsausschüssen waren, ist alles, nur kein Zufall. Nun gibt es in diesem Zusammenhang den vierten Toten in Baden-Württemberg: Sascha Winter aus Kraichtal wurde 31 Jahre alt. Seine Verlobte Melisa Marijanovic, Exfreundin des 2013 verbrannten Zeugen Florian Heilig, starb vor knapp einem Jahr – im Alter von 20 Jahren. Laut Obduktionsbericht an einer Lungenembolie infolge einer Thrombose, die sich nach einer Knieprellung bei einem Motocross-Unfall gebildet hatte – trotz zweimaliger ärztlicher Vorsorgemaßnahmen gegen Thrombose. Am 28. März 2015 fand Sascha Winter seine Freundin Melisa Marijanovic mit Krampfanfällen in ihrer gemeinsamen Wohnung vor. Jede Hilfe kam zu spät.

Nun ist auch ihr Freund und Verlobter tot. Nach Polizeiangaben starb er am 8. Februar 2016. Woran – oder wie er angeblich Suizid begangen haben soll, wovon die Staatsanwaltschaft bisher ausgeht – und wer ihn gefunden hat, dazu schweigen die Ermittlungsbehörden. Eine Obduktion wurde angeordnet, das Ergebnis ist noch nicht bekannt.

Dabei soll Winter in einem elektronischen Abschiedsbrief alles erklärt haben. Eine langjährige Freundin des Toten hat dergleichen aber nicht bekommen. »Es ist für mich unvorstellbar, dass er sich selbst das Leben genommen haben soll«, betonte Sandra D.*, die Sascha W. bereits 2004 kennengelernt hatte, gegenüber junge Welt (siehe Hintergrund). Aber die Staatsanwaltschaft schweigt auch zum Inhalt des elektronischen Abschiedsbriefs, zu den Adressaten und zum Zeitpunkt des Versendens.

Man darf und muss annehmen, dass die Behörde gelernt hat: Als Florian Heilig am 16. September 2013 auf dem Cannstatter Wasen bei Stuttgart qualvoll in seinem Auto verbrannt war, wusste die Staatsanwaltschaft angeblich sofort alles über den Tod des 21jährigen – und wollte ihn als privates, unpolitisches Drama ad acta legen. Man behauptete ebenfalls einen Suizid, bevor die Obduktion beendet war, und hatte ein Motiv, das außer der Staatsanwaltschaft niemand kannte: Liebeskummer. Man wollte das verbrannte Auto sofort in die Schrottpresse geben, obwohl sich darin wichtige Beweismittel – Laptop, Handy, Camcorder, Schlüsselbund und Waffen – befanden, die zu sichern eine Selbstverständlichkeit hätte sein müssen.

Welche Kontakte Florian Heilig kurz vor seinem Tod noch hatte, wollte man nicht untersuchen. Weder die Eltern noch die Schwester des Toten wurden befragt. Weder Melisa Marijanovic, von der sich Florian Heilig fast getrennt hatte, noch seine andere Freundin, mit der er eine längere Beziehung hatte.

Heilig war ein brisanter Zeuge: Der Szeneaussteiger hatte bereits vor Bekanntwerden des NSU Aussagen zum Mord an der Polizistin Michèle Kiesewetter 2007 in Heilbronn gemacht, der Ende 2011 der Gruppe zugeordnet wurde. Aussagen, die in Widerspruch zur These der Bundesanwaltschaft stehen: Demnach waren andere oder mehr Personen in den Mordanschlag verwickelt als die Neonazis Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, für deren direkte Täterschaft weder Zeugenaussagen noch Spuren am Tatort sprechen. Die Phantombilder ähneln vielen – auch aus der regionalen Neonaziszene, in der V-Leute des Verfassungsschutzes bisher keine Seltenheit waren –, nur nicht Mundlos und Böhnhardt. Eines soll auch Arthur Christ ähnlich gesehen haben, dessen Name in den Ermittlungsakten zu Heilbronn aufgetaucht war. Der Jugendliche starb 2009 unter rätselhaften Umständen im Alter von 18 Jahren.

Ob Florian Heilig seine Aussagen von Mitte 2011 hätte präzisieren können, weiß man nicht. Er starb acht Stunden vor seiner Vernehmung. Der Untersuchungsausschuss des Landtags von Baden-Württemberg hielt es laut Abschlussbericht im Januar 2016 für ausgeschlossen, dass Heilig »eigenes Wissen über das Tatgeschehen in Heilbronn« gehabt habe. Es seien auch keine Belege für ein Fremdverschulden oder eine Fremdeinwirkung bezüglich des Feuertodes gefunden worden.

Die Partei des Ausschussvorsitzenden Wolfgang Drexler (SPD) und die Grünen hatten den Ausschuss lange für überflüssig erklärt. Beide Parteien haben dafür gesorgt, dass sie recht behalten sollten. Warum aber starben in Baden-Württemberg vier mögliche Zeugen, wenn Florian Heilig ein Spinner war?

Für das Außerkraftsetzen gängiger Ermittlungsmethoden gibt es ein Motiv: Wenn es in Heilbronn andere oder mehr Täter gab als Mundlos und Böhnhardt, dann bricht das Gesamtkonstrukt der Anklage gegen die angeblich einzige Überlebende des NSU, Beate Zschäpe, zusammen, das besagt, der NSU habe nur aus ihr, Mundlos und Böhnhardt bestanden.

* Name von der Redaktion geändert

Sandra D. (ihr richtiger Name ist der Redaktion bekannt) war eine sehr gute Freundin von Sascha Winter aus Kraichtal, der am 8. Februar tot aufgefunden wurde. »Sascha und ich haben uns bereits 2004 kennengelernt, auf einem Gras- und Sandbahnrennen – damals war er noch Beifahrer bei einem Gespannfahrer.« Nach dem plötzlichen Tod seiner Verlobten Melisa Marijanovic am 28. März 2015 erlebte Sandra ihn als niedergeschlagen, manchmal vielleicht auch mutlos. In dieser Phase hatten Sandra und Sascha intensiven und vertraulichen Kontakt. Sandra sagt, sie habe seine Niedergeschlagenheit gut nachempfinden können. Sandra kann sich sehr genau an diese von Trauer geprägte Zeit erinnern – auch daran, dass Sascha an der Todesursache zweifelte. Dennoch fing sich Sascha langsam wieder, was Sandra auch daran festmachte, dass er wieder ganz in seinem Lieblingssport aufging: Motocrossrennen. Das führte dazu, dass Sandra für ihn mögliche Rennstrecken ausfindig machte, da Sascha Lust auf neue Pfade hatte. Das war im Oktober letzten Jahres. Noch an seinem Geburtstag, am 19. Januar 2016, hatten sie Kontakt. Auf Sandra wirkte er alles andere als lebensmüde. »Es ist für mich unvorstellbar, dass er sich selbst das Leben genommen haben soll«, betont sie.

Sie will diese Zweifel nicht für sich behalten, auch wenn sie spürt, wie viele Angst haben – und wie viele, die sie bisher kontaktiert hat, nicht auf ihre Fragen antworten. Dazu gehört auch die Frage: Wer soll diesen »elektronischen Abschiedsbrief« bekommen haben? Sie habe ihn jedenfalls nicht erhalten. Sie fragt sich auch: »Warum hätte er dies per Mail tun sollen? Das sieht Sascha so gar nicht ähnlich.«

Dass Melisa eine kurze Beziehung zu dem früheren Neonazi Florian Heilig hatte, erfuhr Sandra erst nach deren Tod. »Ob Sascha etwas zu dem ganzen Thema wusste oder nicht, kann ich leider nicht sagen. Aber er wird bestimmt mit seiner Verlobten darüber gesprochen haben.«


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Aus: Ausgabe vom 24.02.2016, Seite 4 / Inland

Unternehmen deutsche Mafia
NSU-Prozess: Zeugenaussage wirft Fragen zu organisierter Kriminalität auf
Von Claudia Wangerin


ange standen vor allem die für Rechtsextremismus zuständigen Abteilungen der Verfassungsschutzämter in der Kritik, wenn es um die Rolle der Sicherheitsbehörden seit der Frühgeschichte des »Nationalsozialistischen Untergrunds« (NSU) ging. Inzwischen sind die Berührungspunkte zwischen Neonazis und dem Milieu der organisierten Kriminalität sowohl im NSU-Prozess als auch im Thüringer Untersuchungsausschuss thematisiert worden. Es stellt sich die Frage, ob noch andere Abteilungen V-Leute im Umfeld des Terrornetzwerks NSU geführt haben könnten und Informationen zurückhalten.

Vergangene Woche war ein ehemaliges Bandenmitglied aus Jena vor dem Oberlandesgericht München befragt worden. Der Zeuge hatte eingeräumt, seine Gruppe habe in den 1990er Jahren Neonazis bewaffnen wollen, um gegen ausländische Konkurrenten mit ähnlichen Geschäftsmodellen vorgehen zu können. Die Beschaffung von Waffen sei damals in Thüringen kein Problem gewesen. Laut Nachrichtenagentur dpa hatte er als Bezugsquellen abziehende russische Soldaten, eine Mafiagruppe und Waffenhändler in der Schweiz genannt, deren Namen aber nicht verraten. Als damalige Anführer der Thüringer Bande nannte er die Zwillingsbrüder Ron und Gil E. Die Frage des Richters, ob das Brüderpaar die mutmaßlichen NSU-Terroristen Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt gekannt habe, wollte er laut dpa nicht beantworten – er wies darauf hin, dass er ein Kind habe.

Aktenkundig ist, dass der Neonazi Böhnhardt schon als Jugendlicher einer kriminellen Bande in Jena angehört und seit 1993 Vorstrafen wegen Diebstahls und Fahren ohne Führerschein gesammelt hatte. Etwa zur selben Zeit trieb der damalige Bundesinnenminister Manfred Kanther (CDU) die Einbindung der Geheimdienste »bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität durch Beobachtung ihrer Strukturen und ihrer Entwicklung im Vorfeld« voran, wie es im »Programm Innere Sicherheit« der Unionsfraktionen im Bundestag genannt wurde.

Nach Einschätzung der Thüringer Landtagsabgeordneten Katharina König, die im dortigen NSU-Untersuchungsausschuss die Fraktion Die Linke vertritt, wäre Böhnhardt sowohl in der Neonaziszene als auch im Bereich der organisierten Kriminalität eine »perfekte Quelle« nach Logik des Verfassungsschutzes gewesen. König äußerte am Samstag bei einer Podiumsdiskussion in Berlin den Verdacht, dass Böhnhardt als V-Mann angeworben werden sollte. Als der damals 20jährige Anfang 1998 mit Beate Zschäpe und Uwe Mundlos in Jena untergetaucht war, hatte sich der Verfassungsschutz an ihre Fersen geheftet und wichtige Informationen nicht an die Polizei weitergeleitet.

Die Frage nach dem »Warum« steht im Raum, seit der NSU nach dem mutmaßlichen Selbstmord von Mundlos und Böhnhardt 2011 einer breiteren Öffentlichkeit bekannt wurde. Kritische Prozessbeobachter und ein Teil der Nebenklagevertreter in München schließen nicht aus, dass ehemalige V-Leute sogar auf der Anklagebank vertreten sind, denn der Geheimdienst enttarnt seine »Quellen« in der Regel nicht freiwillig. Bei den bisher aufgeflogenen V-Leuten im Umfeld des NSU war in einigen Fällen die Grenze zum Einflussagenten überschritten – so etwa bei Tino Brandt, der den »Thüringer Heimatschutz« angeführt hatte, als sich das spätere mutmaßliche NSU-Kerntrio dort radikalisierte. Auch Brandt war zeitweise noch in andere kriminelle Aktivitäten verstrickt – in Haft sitzt er zur Zeit wegen sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen, die er an andere Männer weitervermittelt haben soll. Nicht ausermittelt ist, wer diese erpressbaren Männer waren, was sie heute tun – und in welchen Positionen.

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Aus: Ausgabe vom 16.03.2016, Seite 15 / Antifa

Staatliche Beihilfe
Dienstwege eingehalten, Ermittlungsarbeit sabotiert: Wie der Verfassungsschutz die NSU-Morde möglich machte
Von Wolf Wetzel



Der Geheimdienst im Spiegel der politischen Aktionskunst: Vertreter der Kampagne »Blackbox Verfassungsschutz« im April 2015 vor dem Münchner Gericht
Foto: Andreas Gebert/dpa- Bildfunk

Es war die Welt am Sonntag, die am 13. März zu den neuesten Erkenntnissen über den »Nationalsozialistischen Untergrund« (NSU) schrieb: »Im September 1998 hätte das Brandenburger Amt das Trio fassen können – noch vor dem ersten Mord der Gruppe.« Hintergrund waren die Aussagen des Verfassungsschützers Reinhard Görlitz vor dem Oberlandesgericht München und brisante Aktenvermerke, die der Zeitung nach eigenen Angaben vorliegen.

Die Verfassungsschutzabteilung des brandenburgischen Innenministeriums hatte über Jahre einen der wichtigsten V-Männer im Nahbereich des NSU geführt: Carsten Szczepanski, Deckname »Piatto«, der am 14. September 1998 seinen Vorgesetzten mitteilte, dass sich die drei abgetauchten Neonazis Waffen besorgen wollten und einen »weiteren« Raubüberfall planten – mit dem Ziel, sich nach Südafrika abzusetzen. All das habe »Piatto« von Jan Werner erfahren, einem Helfer des Trios aus dem Neonazinetzwerk »Blood and Honour«.

Offenbar führte eine spärliche und ungenügende Information des Verfassungsschutzes an die Polizei dazu, dass das Thüringer Landeskriminalamt dieser »heißen Spur« folgen wollte. Die Absicht war einfach und erfolgversprechend: Man wollte die Quellen abhören und observieren lassen, um die drei Untergetauchten Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe zu finden. Genau das, was Aufgabe eines Inlandsgeheimdienstes ist, Vorbereitungen von schweren Straftaten aufzudecken, damit sie polizeilich – durch Fahndung und Festnahme – verhindert werden können, wurde aber systematisch unterlassen. Die Ermittler bekamen eine Abfuhr mit Verweis auf den Quellenschutz.

Diese Sabotage folgte dem Schema, das sich später an verschiedenen NSU-Tatorten wiederholte: Die jeweilige Landesbehörde des Geheimdienstes verweigert die Mitarbeit. Weder wollte der Verfassungsschutz die Quellenmeldung freigeben noch der Polizei mit einem »Behördenzeugnis« aus dem Bundesamt für Verfassungsschutz helfen. Mit einem solchen Schriftstück hätte die Bundesbehörde den Inhalt des Treffberichts wiedergeben können, ohne dass »Piatto« enttarnt worden wäre.

Auch wenn das – im nachhinein – gerne kolportiert wird: Der Geheimdienst operierte damit nicht im Alleingang, sondern im Schutz vorgegebener und eingehaltener Dienstwege. Der Konflikt zwischen Geheimdienst- und Polizeiinteressen landete auf dem Schreibtisch des Innenministeriums, wo der oberste Dienstherr von Polizei und Geheimdienst sitzt. Was sich später noch wiederholen sollte, passierte auch in diesem Fall. Das von der SPD geführte Brandenburger Innenministerium stellte sich hinter das Vorgehen des Geheimdienstes und trug so zur Sabotage der Fahndung bei.

Diese Weigerung, das Wissen der Geheimdienste an die Polizei weiterzugeben, hat System. Es ist sehr präzise belegbar, dass die jeweiligen Innenministerien dies politisch gedeckt hatten. Dennoch hatte der vormalige Vizepräsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz (laut Wikipedia zwischen Oktober 1996 und November 2005, jW), Klaus-Dieter Fritsche, im Oktober 2012 vor dem ersten NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestags erklärt: »Aus der Berichterstattung über die bisherigen Ausschusssitzungen konnten Bürger den Eindruck gewinnen, das Bundesamt für Verfassungsschutz, kurz: BfV, oder die Landesämter hätten nach dem Abtauchen des NSU-Trios Ende der 90er Jahre, also ca. zwölf Jahre bevor der NSU als Terrorgruppe überhaupt bekannt wurde, eine mangelhafte Zielfahndung durchgeführt«.

Fritsche sagte weiter, der Verfassungsschutz erfülle auf der Basis des Grundgesetzes eine »Frühwarnfunktion für unsere Demokratie«. Es sei nicht Aufgabe des Geheimdienstes, gegen einzelne Personen exekutive Maßnahmen zu Abwehr konkreter Gefahren oder zur Strafverfolgung vorzubereiten und durchzuführen. »Nach dem Trennungsgebot ist dies exklusive Aufgabe der Polizeibehörden und Staatsanwaltschaften – zu Recht eine Lehre aus der dunkelsten Zeit deutscher Geschichte, der NS-Zeit.« Sehr wohl sei es aber Aufgabe des Verfassungsschutzes, »gewonnene Erkenntnisse zu gemeingefährlichen Personen an die Ermittlungsbehörden weiterzugeben«. Das sei explizit in Paragraph 20 des Bundesverfassungsschutzgesetzes geregelt, betonte Fritsche.

Das nennt man Irreführung im Amt, denn es ging weder in Brandenburg noch in Thüringen darum, dass der Verfassungsschutz etwas tun soll, wozu er nicht befugt ist – schon gar nicht etwas, womit Handlungen aus der »dunkelsten Zeit deutscher Geschichte« wiederholt würden. Es geht darum, dass der Geheimdienst auf Bundes- und Landesebene fortgesetzt die »Aufgabe des Verfassungsschutzes, gewonnene Erkenntnisse zu gemeingefährlichen Personen an die Ermittlungsbehörden weiterzugeben« sabotiert hat. Denn so hat er taterheblich dazu beigetragen, dass es den NSU gab, dass die Terror- und Mordserie nicht verhindert oder gestoppt wurde.

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Es ist ein Ding. Ex-Spiegelchef Stefan Aust ist nun Chefredakteur beim Springerblatt WELT. Ein widerlicher Karrierist.
Doch kommt von ihm die wohl beste Recherche zum NSU.

ZitatDie NSU-Mordserie an neun Migranten und einer Polizistin, ist sie tatsächlich aufgeklärt? Ganz sicher ist sich Generalbundesanwalt Peter Frank offenbar nicht, dass die beiden toten Neonazis Böhnhardt und Mundlos die alleinigen Killer sind, unterstützt von Beate Zschäpe, der einzigen Überlebenden des Trios, und einigen wenigen Handlangern im Hintergrund. Denn die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe ermittelt weiter. In großem Stil. Außerhalb der bekannten Verfahren und im Verborgenen.
...
Neue Recherchen der "Welt am Sonntag" belegen, dass in diesem zusätzlichen Geheimverfahren mehr als ein Dutzend Zeugenaussagen zum Verfassungsschutz-Spitzel Ralf Marschner enthalten sind. Es wurden auch drei V-Mann-Führer und mindestens ein V-Mann des BfV vernommen sowie zwei weitere V-Leute der Landesämter Hamburg und Thüringen. Es ist unbekannt, ob sich Marschner oder sein V-Mann-Führer mit dem Decknamen "Richard Kaldrack" darunter befinden. Die Protokolle? Unter Verschluss. Die Ergebnisse? Streng abgeschirmt. Das Verfahren zur Aufklärung einer beispiellosen neonazistischen Mordserie? Unter Ausschluss der Öffentlichkeit, der Richter, der Anwälte, der Opfer-Vertreter. Geheim. Black Box NSU.

Die Verschleierung erscheint systematisch.
http://www.welt.de/print/wams/politik/article154429186/Black-Box-NSU.html

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Aus: Ausgabe vom 19.04.2016, Seite 4 / Inland

Braune Mafia, tiefer Staat
NSU-Prozess: V-Mann-Führer Temme könnte Rechtsterrorist Mundlos in krimineller Mischszene aus Rockern und Neonazis in Hessen getroffen haben
Von Claudia Wangerin


Ein von Alltagsrassismus geprägter Tunnelblick in Polizeikreisen erklärt nur teilweise, warum eine migrantenfeindliche Mordserie erst nach dem Tod von zwei mutmaßlichen Haupttätern als solche erkannt wurde. Selbst die Bundesanwaltschaft soll nach einem Bericht der Welt am Sonntag inzwischen Ermittlungen führen, die sich mit der Rolle der Geheimdienste im »Nationalsozialistischen Untergrund« befassen – »gegen Unbekannt« und im Verborgenen. Yavuz Narin, Nebenklageanwalt der Witwe von Theodoros Boulgarides im nun fast dreijährigen Münchner NSU-Prozess, geht schon lange davon aus, dass manche Personen aus dem Staatsapparat genau wussten, was sie taten. Am Mittwoch letzter Woche zeigte Narin in einem Beweisantrag Überschneidungen zwischen dem Umfeld des mutmaßlichen NSU-Kerntrios aus Jena und dem des hessischen Ex-V-Mann-Führers Andreas Temme auf. Die Wege des Verfassungsschützers könnten sich in einer Mischszene aus Rockern und Rechten mit denen des untergetauchten Neonazis Uwe Mundlos gekreuzt haben. Narin hat nun zwei Zeugen benannt, um diesen Verdacht zu untermauern.

Temme hatte es als Zeuge vor Gericht als unglücklichen Zufall dargestellt, dass er 2006 zum Zeitpunkt des Mordes an Halit Yozgat in Kassel am Tatort gewesen war. Angeblich hatte er weder die Schüsse bemerkt, noch den Sterbenden hinter der Ladentheke gesehen, als er dessen Internetcafé verließ. »Wir wissen alle, dass dieser Mann lügt«, erklärte der Vater des Ermordeten am 30. Juni 2015 vor Gericht. Auch seine Anwälte stellten dazu schon mehrere Beweisanträge.

Indizien für eine oder mehrere Begegnungen zwischen Temme und Mundlos gibt es seit langem. Beide sollen in einer Kneipe namens »Scharfe Ecke« im hessischen Reinhardshagen verkehrt haben. Temme nahm in dem Ort mit weniger als 5.000 Einwohnern regelmäßig an Schießübungen einer Reservistenkameradschaft teil, stritt aber vor Gericht ab, die »Scharfe Ecke« zu kennen. Dagegen spricht, dass andere Stammgäste ihn dort gesehen haben wollen. Auch könnte das Milieu, das sich dort traf – nach Recherchen von Anwälten und Journalisten eine Mischszene aus Rockern und Rechten – Temme zugesagt haben. Vor Gericht hat er private Kontakte zu Roc kergruppierungen eingeräumt. Hinweise auf seine extrem rechte Gesinnung hatte die Polizei bei Durchsuchungen 2006 gefunden, als Temme Verdächtiger im Mordfall Yozgat war – darunter »Judas Schuldbuch« und Lehrmaterial des SS-Hauptamts.

Narin benennt einen Zeugen namens Volker B., der Anfang der 2000er Jahre sowohl in der rechten Szene als auch im kriminellen Rockermilieu im Großraum Kassel verkehrte. Er soll Mundlos mehrfach in der »Scharfen Ecke« gesehen haben. Das Lokal habe sowohl den Kasseler »Hells Angels« als auch Mitgliedern der rechten »Kameradschaft Northeim« von Thorsten Heise als Treffpunkt gedient. Volker B. hatte sich bereits Ende 2011 – kurz nach Bekanntwerden des NSU – an das Bundeskriminalamt gewandt und ausgesagt, Mundlos habe in der »Scharfen Ecke« Kontakt »zu Mitgliedern der Hells Angels und der ›Blood & Honour‹-Gruppe« gehabt. Das BKA ging dem Hinweis nicht nach, weil – so die Begründung – weder Beziehungen der NSU-Mitglieder zu Rockergruppen noch zum in Deutschland verbotenen Netzwerk »Blood & Honour« bekannt seien.

Das Gericht dürfte inzwischen Bezüge zu »Blood & Honour« nicht mehr bestreiten. In den letzten Wochen hörte es auch vermehrt Zeugen aus dem Milieu der organisierten Kriminalität. Dazu gehörte als Jugendlicher in den 1990er Jahren auch Uwe Böhnhardt, der mit Mundlos und Beate Zschäpe den NSU gegründet haben soll. Ein weiterer Zeuge namens Ralf L. soll in derselben Bande in Thüringen für die Rekrutierung von Nachwuchs – auch gewaltaffinen Jugendlichen und Heranwachsenden aus der rechten Szene – verantwortlich gewesen sein. Der heute 59jährige stammte aus Hessen. Er sah dem Vernehmen nach aus wie ein Rocker und hatte freundschaftlichen Kontakt zu Polizeibeamten, die die 2007 ermordete Polizistin Michèle Kiesewetter kannten. Ein Onkel der jungen Frau hatte ihren Tod schon damals mit »den Türkenmorden« in Verbindung gebracht.

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Aus: Ausgabe vom 20.04.2016, Seite 4 / Inland


Arbeitgeber des NSU
V-Mann »Primus« hieß nicht zufällig so. Viele Fäden liefen beim Beamten »Kaldrack« zusammen
Von Wolf Wetzel


Ralf Marschner war Mitglied einer Skinheadband und lebte bis mindestens 2007 in Zwickau. Seit den 1990er Jahren unterhielt er dort Szeneläden wie »The Last Resort Shop« und »Heaven & Hell«. Marschner gehört zum Umfeld des deutschen Ablegers von »Blood & Honour«. Zudem war er Besitzer der Zwickauer Firma »Marschner Bauservice«. Der Mann mit dem Rufnamen »Manole« spielte nicht nur in der Neonaziszene eine führende Rolle. Er war seit 1992 V-Mann des Bundesamtes für Verfassungsschutz (BfV). Sein Deckname »Primus« ist keine Übertreibung: Als »einzige wirklich relevante Quelle in dem subkulturellen Bereich in den neuen Bundesländern« bezeichnete sein V-Mann-Führer mit dem Arbeitsnamen »Richard Kaldrack« Marschner vor dem ersten NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestags. Nach einem BfV-Vermerk, den Welt am Sonntag zitierte, sollte Marschner zum »Kristallisationspunkt« aufgebaut werden. Das ist – in jeder Hinsicht – gelungen.

Marschner Bauservice beschäftigte offenbar den Neonazi Uwe Mundlos von 2000 bis 2002, als dieser von den Strafverfolgungsbehörden als »untergetaucht« und nicht auffindbar deklariert worden war. Nach Aussage eines Szenezeugen kannten sich Marschner und Mundlos und waren bereits 1998 in Thüringen zusammen gesehen worden. In Marschners Firma war Mundlos Vorarbeiter, die »rechte Hand« des Chefs.

Marschner selbst behauptete in einer Vernehmung nach Mundlos' Tod und dem Bekanntwerden des NSU, er habe den Untergetauchten weder gekannt noch unter dem Namen Max-Florian Burkhardt eingestellt. Sein ehemaliger Vorarbeiter gleichen Namens sei ein anderer gewesen.

Dem widerspricht der Bauleiter Arne-Andreas Ernst, der mit Marschner Aufträge abgewickelt hatte, vehement: Auf Bildern, die ihm vom Rechercheteam um Stefan Aust vorgelegt wurden, soll er den als »Max-Florian Burkhardt« geführten Vorarbeiter zweifelsfrei als Uwe Mundlos erkannt haben.

Weitere Zeugenaussagen deuten darauf hin, dass Marschner auch Beate Zschäpe beschäftigte – als Verkäuferin in seinen Klamottenläden für Hooligans und Szenegänger. Wenn man der »Trio-Version« folgt, war Marschner quasi Arbeitgeber des NSU. Im Zuge der Berichterstattung erinnerte sich nach eigener Aussage auch Bauleiter Ernst an eine Begegnung mit Zschäpe. Er habe 2002 oder 2003, nachdem Marschner Bauservice pleite gegangen war, »Manole« in der Zwickauer Kreisigstraße vor dem »The Last Resort Shop« getroffen und Marschner habe ihn mit hineingenommen. »Er wollte mir ganz stolz seinen Laden zeigen«, zitierte Welt am Sonntag Ernst. »Und da stand die Frau, die dann später als Beate Zschäpe durch die Medien ging, hinter der Kasse und hat bedient.«

Lässt man alle anderen »heißen Spuren«, die zu den abgetauchten Neonazis führten, beiseite, so müsste der Geheimdienst seit 2000 über seinen V-Mann »Primus« gewusst haben, wo man Uwe Mundlos und Beate Zschäpe finden konnte.

Marschners V-Mann-Führer Kaldrack muss inzwischen selbst als eine Schlüsselfigur des NSU-Komplexes gesehen werden. Im Bereich »Beschaffung« der BfV-Abteilung Rechtsextremismus/-terrorismus war er nicht nur V-Mann-Führer von Ralf Marschner, sondern auch von Mirko Hesse, Deckname »Strontium«, und von Thomas Richter, alias »Corelli«, der im Alter von 39 Jahren überraschend an unentdeckter Diabetes gestorben sein soll. Ende März 2014 wurde er leblos in einer Wohnung in Nordrhein-Westfalen aufgefunden.

Bereits im November 2011, als der NSU sich in einem zynischen Videoclip der Öffentlichkeit vorgestellt hatte, waren zahlreiche V-Mann-Akten aus Kaldracks Abteilung vernichtet worden. Laut Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfang 2016 gestellte Anfrage von Martina Renner (Die Linke), Mitglied im Innenausschuss, sind die Treffberichte von Marschner und seine Akte schon 2010 beseitigt worden. Eine Rekonstruktion der Dokumente wurde mit der Begründung abgelehnt, das »Staatswohl« gehe vor.

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Aus: Ausgabe vom 20.04.2016, Seite 15 / Antifa

Zum Schweigen verdonnert
Braune »Widerstandsdivisionen«: Hessens NSU-Ausschuss befragte Sänger »Reichstrunkenbold« – und streng geheim V-Mann Sebastian Seemann
Von Claudia Wangerin


Hessens Untersuchungsausschuss zum Neonaziterror und zur Rolle der Behörden hat am Montag einen Liedermacher mit dem zeitweiligen Künstlernamen »Reichstrunkenbold«, der eigentlich Philip Tschentscher heißt , und den ehemaligen V-Mann Sebastian Seemann vernommen. Letzteren unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Vorher hatte Tschentscher versucht, den Unterschied zwischen seiner »nationalpatriotischen« Einstellung und den Liedern zu erklären, die er »zur Unterhaltung« gesungen habe, obwohl sie angeblich nicht seiner Meinung entsprachen. Nach einem Bericht der Frankfurter Rundschau ging es um Songs wie »Brauner Terrorist« und eine CD, die zu dem Titel »Viel Asche um nichts« ein Bild eines Krematoriums zeigt. Zu seinem 25. Geburtstag im Jahr 2006 hatte der »Nationalpatriot« ein Konzert mit 300 internationalen Gästen veranstaltet – auf dem »Reichshof« des damals 77jährigen, mehrfach verteilten Rechtsterroristen Manfred Roeder im hessischen Schwarzenborn. Roeder soll große Stücke auf Tschentscher gehalten haben, der aus Hofgeismar stammt und in Thüringen studiert hat.

In der braunen Musikszene spielte auch Sebastian Seemann eine wichtige Rolle, den die hessischen Abgeordneten hinter verschlossenen Türen befragen mussten. Seemann hat zwar – soweit bekannt – nur für den Verfassungsschutz Nordrhein-Westfalens gearbeitet, war aber in einer Gruppe aktiv, in der sich Neonazis aus NRW und Hessen sammelten. Die »Oidoxie Streetfighting Crew« übernahm bei Rechtsrockkonzerten die Aufgaben eines Sicherheitsdienstes. Polizeibekannt wurde er im Jahr 2000 als Freund des Polizistenmörders Michael Berger, der damals an einem Tag im Juni drei Beamte in Dortmund und Waltrop sowie sich selbst erschoss – angeblich, weil er ohne Führerschein erwischt worden war und mehrere Waffen im Auto und in seiner Wohnung hatte. Bergers Kontakte zur rechten Szene waren bekannt, weitgehende Schlüsse in Richtung eines bewaffneten neofaschistischen Netzwerks wurden aber von Behördenseite nicht gezogen. Der damals 20jährige Sebastian Seemann wurde ein umtriebiger Organisator von Konzerten mit Bands aus dem Umfeld des Netzwerks »Blood & Honour«, dessen deutsche Sektion 2000 verboten worden war. Einige Konzerte fanden in Belgien statt, Seemann fungierte als deutscher Kontaktmann. Die Erlöse flossen 2004 unter anderem an die »Kameradschaft Dortmund«. In einem Forum prahlte Seemann außerdem, das Geld fließe »ohne Ausnahme wieder zurück in die Bewegung«, nämlich an »deutsche und belgische politische und m...... Widerstandsdivisionen«. Das »m«, das für »militant« oder »militärisch« stehen dürfte, ist auch wegen Seemanns nachweisbarer Kontakte zu hessischen Neonazis und der zeitlichen Nähe zwischen den Morden in Dortmund und Kassel im April 2006 interessant. Der Dortmunder Kioskbesitzer Mehmet Kubasik und Halit Yozgat, der in Kassel ein Internetcafé betrieb, waren am 4. und am 6. April vor zehn Jahren erschossen worden.

Als ausführende Haupttäter sieht die Bundesanwaltschaft Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt, die damals unter falschen Namen im sächsischen Zwickau lebten und am 4. November 2011 nach einem Banküberfall in Eisenach Selbstmord begangen haben sollen. Als planerische Mittäterin gilt Beate Zschäpe, die heutige Hauptangeklagte im Münchner NSU-Prozess. Das Anklagekonstrukt: eine terroristische Vereinigung mit nur drei Vollmitgliedern – vier Mitangeklagte von Zschäpe gelten als Helfer, alle stammen aus den neuen Bundesländern. Nebenklagevertreter gehen aber davon aus, dass es bei den zehn Morden, die bisher als NSU-Taten bekannt sind und die überwiegend in westdeutschen Städten verübt wurden, jeweils lokale Unterstützer oder sogar Mittäter gab. Die Tatwaffe der neun rassistischen Morde wurde 2011 im Brandschutt der Zwickauer Wohnung von Mundlos, Böhnhardt und Zschäpe gefunden, die Dienstwaffe der getöteten Polizistin Michèle Kiesewetter in dem Wohnmobil, in dem sich die beiden Männer mit einer Pumpgun erschossen haben sollen.

Am Tatort des Mordes an Halit Yozgat in Kassel war allerdings kein Verdächtiger gesehen worden, der einem der »beiden Uwes« ähnelte. Statt dessen beschrieben Augenzeugen einen Mann mit dem Aussehen des hessischen V-Mann-Führers Andreas Temme, der eine Plastiktüte mit einem schweren Gegenstand getragen habe. Temmes Log-in-Daten waren in dem Internetcafé festgestellt worden, angeblich war er dort aus privaten Gründen. Als »Quelle« führte Temme damals unter anderem den Neonazi Benjamin Gärtner, der sich auch im Umfeld der »Oidoxie Streetfighting Crew« bewegte.

Über die geheime Vernehmung von Seemann im NSU-Ausschuss des hessischen Landtags dürften die Abgeordneten nicht einmal preisgeben, ob es theoretisch etwas Neues zu berichten gäbe, wenn sie nicht zum Schweigen verpflichtet wären, erklärte der Obmann der Linksfraktion, Hermann Schaus, am Dienstag gegenüber junge Welt.

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Im Klartext:

Der Staat versucht massiv die Aufklärung der Hintergründe des NSU Terrors zu verhindern:
ZitatOpfervertreter wollen einen früheren V-Mann vorladen, der Beate Zschäpe und Uwe Mundlos beschäftigt haben soll. Die Bundesanwaltschaft will das verhindern.
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Aus: Ausgabe vom 22.04.2016, Seite 4 / Inland

Rote Roben, schützende Hände
NSU-Prozess: Bundesanwälte lehnen Zeugenvernehmung von V-Mann ab, der ­mutmaßlichen Haupttäter als Vorarbeiter in Baufirma beschäftigte
Von Claudia Wangerin


In »normalen« Strafprozessen sind Streitereien zwischen Staatsanwalt und Nebenklage die Ausnahme. Nicht so bei staatlichen Verstrickungen wie im Fall des »Nationalsozialistischen Untergrunds« (NSU). Im Münchner Prozess um die langjährige Mord- und Anschlagsserie kam es am Mittwoch zu einem heftigen Eklat zwischen Opferanwälten und Anklägern. Letztere lehnten es ab, den früheren V-Mann Ralf Marschner alias »Primus« als Zeugen zu laden. Bundesanwalt Herbert Diemer sagte zur Begründung, Marschners Aussagen spielten keine Rolle für die Beurteilung der Schuld von Beate Zschäpe und ihren vier mutmaßlichen Unterstützern.

Der heute 44jährige Marschner war lange in der rechten Szene Sachsens tätig und hatte in den Jahren 2000 bis 2002 offenbar den Neonazi Uwe Mundlos unter dem Namen Max-Florian Burkhardt als Vorarbeiter in seiner Baufirma beschäftigt. Sorgfältig recherchierte Medienberichte legen das nahe. Mundlos gilt heute als einer von drei mutmaßlichen NSU-Gründern. Er war 1998 mit Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe in Jena untergetaucht. Die beiden 2011 zu Tode gekommenen Männer waren laut Anklage die ausführenden Haupttäter der Mordserie, Zschäpe wird eine gleichberechtigte planerische Mittäterschaft vorgeworfen.

Bundesanwalt Diemer sieht in der Rolle des V-Mannes als möglichen Arbeitgebers von NSU-Terroristen keine Relevanz für das Verfahren – das gelte auch für den Fall, dass Mundlos tatsächlich von ihm beschäftigt worden sei, weil damit noch kein »Zusammenhang mit den angeklagten Taten« bewiesen werde, zitierte ihn die Deutsche Presseagentur am Mittwoch.

Dabei hatte das Rechercheteam um Stefan Aust und Dirk Laabs berichtet, dass Marschners Baufirma in Zwickau zeitnah zu NSU-Morden Leihwagen angemietet hatte. Am 13. Juni 2001, dem Tag der Ermordung von Abdurrahim Özüdogru in Nürnberg, sowie am 29. August 2001, an dem Habil Kilic in München erschossen wurde, hatte Marschner Bauservice dort Kraftfahrzeuge ausgeliehen.

Auch die Hauptangeklagte Zschäpe hat nach Zeugenaussagen möglicherweise nach dem Abtauchen in einer der Firmen des V-Mannes Marschner gearbeitet – als Verkäuferin in einem Klamottenladen. Dafür sieht Diemer »außer Gerüchten keine belastbaren Hinweise«.

Nebenklageanwalt Alexander Hoffmann reagierte auf Diemers Stellungnahme empört: Er sprach von einer »Aufkündigung des Aufklärungsversprechens durch die Bundesanwaltschaft« und warf ihr vor, damit den Verfassungsschutz zu schützen. Hoffmann, der eine Geschädigte des Bombenanschlags in der Kölner Keupstraße vertritt, ist nicht der einzige Opferanwalt, der diesen Vorwurf erhebt. Einige, die sich regelmäßig zu Wort melden, gehen inzwischen von systematischer Vertuschung aus. Rechtsanwalt Sebastian Scharmer sagte am Mittwoch vor dem Gerichtssaal der Süddeutschen Zeitung, seine Mandantin Gamze Kubasik, deren Vater vom NSU getötet wurde, glaube nicht mehr daran, dass hier wirklich nach der Wahrheit gesucht werde.

Der NSU-Untersuchungsausschuss des Bundestags hat offenbar noch nicht entschieden, ob er Marschner als Zeugen vernehmen soll. Der Ausschussvorsitzende Clemens Binninger wurde am Montag mit den Worten zitiert, er wolle »solchen Leuten eigentlich keine Bühne bieten«. Telepolis-Autor Thomas Moser fand dieses Argument »fragwürdig und anachronistisch«. Den meisten V-Leuten, die bisher vor Gericht und in anderen Ausschüssen vernommen wurden, sei das »eher unangenehm« gewesen. Letzteres deckt sich mit den Beobachtungen dieser Zeitung. Binninger selbst war bis Redaktionsschluss nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.

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Aus: Ausgabe vom 06.05.2016, Seite 3 / Schwerpunkt

Staatsräson gegen Aufklärer
NSU-Prozess: Nach drei Jahren Blockade durch Bundesanwälte setzen Nebenkläger auf Untersuchungsausschüsse, Journalisten und »Kommissar Zufall«
Von Claudia Wangerin


Seit drei Jahren und 280 Prozesstagen wird nun vor dem Oberlandesgericht München gegen Beate Zschäpe als mutmaßliches Gründungsmitglied des »Nationalsozialistischen Untergrunds« (NSU) und vier als Helfer angeklagte Männer verhandelt. Das Verhältnis zwischen Bundesanwälten und aktiven Nebenklagevertretern ist nach wie vor mehr von einem Interessengegensatz geprägt: Die Familien der zehn Mordopfer sowie mehr als 20 Verletzte von Anschlägen und Raubüberfällen wollen, dass die Hintergründe aufgeklärt und alle Schuldigen zur Verantwortung gezogen werden. Die Ankläger sind dagegen der Staatsräson verpflichtet und nicht gewillt, geheimdienstliche Verstrickungen im Umfeld des NSU aufzudecken. »Es wurde und wird uns durch die Bundesanwaltschaft so schwer wie möglich gemacht, bei der Einlösung des staatlichen Versprechens nach umfassender Aufklärung zu helfen«, sagte Rechtsanwalt Yavuz Narin am Donnerstag im Gespräch mit junge Welt. Narin, der Angehörige des 2005 in München ermordeten Theodoros Boulgarides vertritt, und elf weitere Nebenklagevertreter hatten sich deshalb am 7. April mit einer gemeinsamen Erklärung an die Öffentlichkeit gewandt. Aktueller Anlass: Die Bundesanwälte sprachen sich dagegen aus, den Ex-V-Mann Ralf Marschner als Zeugen zu laden, obwohl es handfeste Hinweise gibt, dass er zwei der mutmaßlichen NSU-Mitglieder aus Jena nach ihrem Untertauchen in seinen Firmen in Sachsen beschäftigt hatte. Narin hofft allerdings noch, dass der Strafsenat unter dem Vorsitz von Richter Manfred Götzl sich für die Ladung von Marschner entscheidet: Götzl, der anfangs häufig Nebenklagevertreter gemaßregelt und ihnen das Wort abgeschnitten hatte, respektiere inzwischen deren Arbeit. Der Prozess allein könne aber keine umfassende Aufklärung bringen. »Wir müssen wohl auch auf Untersuchungsausschüsse, investigative Journalisten und ›Kommissar Zufall‹ setzen«, so Narin. Die im Dezember verlesene Aussage der Hauptangeklagten Zschäpe sei unglaubwürdig und habe »weder ihr selbst noch den Hinterbliebenen etwas gebracht«. Nach mehr langem Schweigen und erbittertem Streit mit ihren drei bisherigen Anwälten hatte Zschäpe am 249. Verhandlungstag durch ihren neuen, vierten Pflichtverteidiger Mathias Grasel erklären lassen, sie sei im Untergrund nur aus Liebe und Freundschaft bei Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos geblieben. Deren Morde habe sie abgelehnt. Abgesehen von ihrer eigenen Rolle bestätigte sie aber die Anklageversion: Ausführende Täter waren demnach immer Mundlos und Böhnhardt. Zschäpe wird planerische Mittäterschaft vorgeworfen. Letzteres bestreitet sie. Außer Mundlos und Böhnhardt, die 2011 zu Tode kamen, belastet sie niemanden erheblich. Dabei gibt es an einigen NSU-Tatorten Hinweise auf andere Täter beziehungsweise weitere Mittäter und staatliche Verstrickungen. Die 2007 in Heilbronn erschossene Polizistin Michèle Kiesewetter hatte zum Beispiel Vorgesetzte, die dem rassistischen Ku-Klux-Klan angehörten. Dessen südwestdeutscher Ableger war von dem V-Mann Achim Schmid gegründet worden. Obwohl Phantombilder dagegensprechen, beharrt die Bundesanwaltschaft darauf, dass Mundlos und Böhnhardt auch auf Kiesewetter und ihren überlebenden Kollegen schossen – mit anderen Waffen als bei der rassistischen Mordserie an Enver Simsek, Abdurrahim Özüdogru, Süleyman Tasköprü, Habil Kilic, Mehmet Turgut, Ismail Yasar, Theodoros Boulgarides, Mehmet Kubasik und Halit Yozgat. Aus der Sicht von Nebenklageanwalt Narin können »nur die Bundesanwaltschaft und die Geheimdienste mit den Zschäpe-Aussagen zufrieden sein«. Terminiert ist der Prozess noch bis Januar 2017.

Übersicht: Angeklagte und Verteidiger

Beate Zschäpe, Jahrgang 1975, angeklagt wegen Mittäterschaft bei zehn Morden, zwei Sprengstoffanschlägen, mehreren Raubüberfällen und schwerer Brandstiftung, gilt als Mitbegründerin des »Nationalsozialistischen Untergrunds« (NSU). Sie wird von den Anwälten Wolfgang Heer, Wolfgang Stahl und Anja Sturm sowie Mathias Grasel und Hermann Borchert vertreten. Nur die beiden letztgenannten gelten als Anwälte ihres Vertrauens. Heer, Stahl und Sturm versuchte sie mehrfach von ihren Pflichtmandaten entbinden zu lassen – auch sie selbst beantragten dies vergeblich.

Ralf Wohlleben, Jahrgang 1975, ist neben Zschäpe der einzige Angeklagte in Untersuchungshaft. Ihm wird Beihilfe zum Mord in neun Fällen vorgeworfen. Seine Verteidiger Nicole Schneiders, Olaf Klemke und Wolfram Nahrath gelten als »Szeneanwälte«. Nahrath war bis 1994 Anführer der seither verbotenen »Wiking-Jugend«.

Holger Gerlach, geboren 1974, wird Unterstützung einer terroristischen Vereinigung vorgeworfen. Seine Anwälte sind Stefan Hachmeister und Pajam Rokni-Yazdi.

André Eminger, Jahrgang 1979, gilt ebenfalls als Unterstützer des NSU. Sein Anwalt Herbert Hedrich vertrat auch Hells-Angels-Rocker.

Carsten S., geboren 1980, dem Beihilfe zum Mord vorgeworfen wird, hat mit Johannes Pausch einen linken Anwalt gewählt und distanziert sich von der braunen Szene. Sein zweiter Anwalt ist Jacob Hösl, dem im April der Ehrenamtspreis der Aidshilfe NRW verliehen wurde. (jW)

Quelle

https://www.jungewelt.de/2016/05-06/012.php
Gegen System und Kapital!


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shitux

Muah:
http://www.mdr.de/sachsen/nsu-akte-vom-hochwasser-verschluckt-100.html
Zitat
Die Staatsanwaltschaft Chemnitz habe mitgeteilt, die Akte sei 2010 dem Hochwasser in Sachsen zum Opfer gefallen.

Kadavergehorsam begünstigt Verbrechen u. Verbrecher

Rudolf Rocker

Lass mich raten: Dieses Hochwasser hat auch, rein zufällig, nur die NSU Akte vernichtet und keine anderen?

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