moin Pappel-Max
Das ist schön, das Du Dich zum Thema Jobcenter und Co. weiterbilden möchtest

Dein Satz, das Aktionen vor dem JC müßig sind, sagt mir "Oha, der sollte mal dabei
sein, dann wird er sehen, was er so verpasst hat".
Verständlich, das Außenstehende durch Infos von Aktionen dies als müßig empfinden,
weil so manches "Aktionserlerlebnis" nicht so einfach in Zeilen zu bringen ist.
Das Hauptinteresse ist ja in solchen Infos zu vermitteln, warum diese Aktion und
welche Forderungen im Raum stehen.
Klar trinken JC-Mitarbeiter weiter ihren Kaffee, während sich im Flurfunk folgende
Signale verbreiten..
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Vor der Tür stehen drei Leute und verteilen was.
Was verteilen die da ? Hat ein Kollege schon ein Exemplar gesichert ?
Ja, die verteilen Tipps für die Kunden.
Was denn für Tipps, woher sind die ?
Oh, die sind von St.Pauli und könnten Randalierer sein.
Willi Wichtig, hast Du schon die Lage gescheckt ?
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Die Neugierde eines SB`s, zum Feierabend zu wissen, wie viel Fälle heute in die Ablage
"in Arbeit vermittelt" und "Sanktionieren" selektiert sind, wird durch etwas unbekannten
abgelenkt. Die Unbekannten erzeugen Verunsicherung und aus diesem Grund erstmal
ein weiteren Schluck Kaffee, der jedoch nicht mehr ganz so gut schmeckt als sonst.
Währenddessen in den Wartebereichen wartende Kunden, die ein Flugblatt lesen..
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pip.. Ja, hier Willi Wichtig. Die Leute vor der Tür sind normal bekleidet und lassen
sich nicht weg schicken. Sie verteilen weiter und ignorieren mich einfach. pip.
pip.. Soll ich die Polizei rufen ? pip..
pup.. Ja hier die Standortleiterin. Nicht gleich die Polizei rufen, ich schaue mir das
mal an. pup..
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Eine halbe Stunde schon verteilen sie Infoblätter und der Regen lässt sie nicht davon
abhalten. Die Standordleiterin befragt die Aktivisten, was sie dort verteilen und warum
ausgerechnet vor Ihrem JC. Mit der Erkenntnis das ihr JC wohl negativ aufgefallen sein
muss, geht sie zurück ins Büro, trocknet ihre Haare, nimmt ein Schluck Kaffee und
schreibt folgende Nachricht in den Flurfunk :
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Keine Aufregung bitte, an den drei ist nichts krimminelles. Sie stehen außerhalb unseres
Hausrecht, von daher besser keine Polizei.
Heute bitte etwas zügiger arbeiten und Kundenreibereien vermeiden, damit der Wartebereich
nicht zu voll wird. Weiter ordne ich für heute 16:00 eine Teamsitzung an.
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Der Arbeitstag nähert sich dem Ende. Die drei trotzen immer noch dem Regen und haben fast
allen Kunden des Tages mit Tipps versorgt. 5 Kunden fanden das besonders gut und bekamen
Verabredungen, um ihre Diskrepanzen mit dem JC besser lösen zu können.
Im Flurfunk ging es weiter drunter und drüber.. Manche Mitarbeiter wurden unruhig und
fühlten sich schon allein damit gestört, das sie sich heute nicht so austoben konnten
wie sonst. Willi Wichtig hatte heute auch etwas mehr zu tun als sonst. Er versuchte die
drei vom verteilen ab zu bringen, jedoch vergebens und so trafen sich alle um 16:00 im
Seminarraum mit der Erkenntnis, das sie heute Leute ertragen mussten die ihnen nicht
wohlgesonnen sind.
16:00 - Teamsitzung :
Soo.. Ich habe heute die Teamsitzung anberaumt, ihr Könnt euch ja schon denken warum.
Nun hatten wir ja heute drei Leute vor der Tür, die was verteilten, was unsere Arbeit
erschwert. Ich reiche mal 2 Exemplare rum, mehr konnten wir nicht sichern, weil die
Kunden diese Überlebenshefte einsteckten statt sie im Müll zu werfen..
Während sich die Augen der Mitarbeiter auf den Inhalt der Überlebenshefte konzentrieren
fragte die Mitarbeiterin Frau Bammel:
Ja, aber warum wurden die denn nicht einfach entfernt ? Also wenn ich das jetzt jeden
Tag erleben muss, kann ich nicht arbeiten. Dann diese Tipps. Was sollen wir denn blos
machen, wenn alle unsere Kunden davon Gebrauch machen ? Dann kriegen wir hier ja
nichts mehr auf die Reihe. Und was sind denn das für Leute ? Sind das etwa Chaoten oder
Terroristen ?
Nein Frau Bammel, es handelt sich um Leute, die wohl einer Erwerbsloseninitiative
angehören und wollen mit unseren Kunden in Kontakt kommen. Ich habe in meinen Unterlagen
geschaut, ob wir die Verteilaktion unterbinden können, aber die kannten sich gut mit der
Materie Versammlungsrecht aus.
Frau Bommel: Ja und warum waren die heute ausgerechnet bei uns ? Kann man den garnichts
dagegen machen ??
Nun, Frau Bammel, beruhigen Sie sich doch bitte.. Solange diese Leute keine Grenzen
überschreiten, müssen wir sie dulden und wie es heute war ist ja nicht jeden Tag so.
Ich habe deswegen auch drum gebeten Kundenreibereien zu vermeiden, damit die Lage ruhig
bleibt.
Und falls die nochmal auftauchen gilt die Regel die Kunden SGB-konform zu behandeln.
Druckmittel etzetera sind dann auf ein Minnimum zu reduzieren, nicht das ein Kunde sich
denen noch anschließt und wir hier die Kontrolle verlieren.
Wir wurden deswegen aufgesucht, weil wohl ein Kunde von uns mit denen Kontakt aufgenommen
hat. Zunächst bitte ich euch, eurer Arbeit wie bisher nach zu gehen und in den Fallakten
nach Problemfällen zu schauen. Deren Namen dann bitte in die Q-Liste eintragen, die ich heute
erstellt habe. Muss ja keiner wissen, das das Q für Querulannt steht und diese Liste bitte
nur im internen Infoverteiler austauschen.
In Zukunft können wir durch die Q-Liste sehen, mit welchem Kunden wir es gerade zu tun
haben. Die Kunden, die dort eingetragen sind dann mit mehr Vorsicht bearbeiten.
Alle anderen wie gehabt.
Unser Sparpegel ist zu 95% erfüllt und es ist nicht ganz so schlimm, wenn wir dieses Jahr
im Ranking auf ein parr Plätze runter fallen.
Die letzten Geschäftsjahre sind ja hervorragend ausgefallen, was Ranking angeht und wenn
Mekker von oben kommt, haben wir ja schon die Schuldigen dafür.
Die Teamsitzung ging seinem Ende zu. Frau Bammel erleichtert auf dem weg nach Hause mit dem
Gedanken "Das ging ja heute auf die Nerven.."
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So, Pappel-Max.
Flurfunk lässt sich natürlich von aussen schlecht abhören..
Dieser hier, der nur eine Vorstellung ist, kann die Ursache dafür sein, das ein JC durch
solch Erlebnis wieder auf dem Teppich kommt und mit den Kunden etwas besser umgehen wie zuvor.
Diese Wirkung hält zwar meistens nicht lange an, aber mit jeder Widerholung solcher Aktionen
werden Gemüter von JC-Mitarbeiter_innen wieder geweckt und löst bei manchen Mitarbeitern
sogar Reflektionen aus, die ihre Tätigkeit und das wie in Frage stellen.
Die Ängste, die sie bei Kunden schüren und züchten, durften sie nun mal selbst erleben.
Zwar in anderen Formen, aber Angst ist Angst und die Folgen immer gleich.
Weiter ist es für Aktive ein Hochgenuss, lange Gesichter von JC-Mitarbeitern zu sehen.
Ich verkneife mir dann die Schadenfreude, weil ich wenig Bock darauf habe, mich mit
aufgebrachten JC-Mitarbeitern ab zu kaspern.
Möchtest Du ein Schluck Kaffee abhaben ?
M.s.G. Tom
