ALG1 vor Vollzeitschule

Begonnen von Schueler, 02:48:35 Fr. 03.April 2015

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Schueler

Hallo Freunde,
leider hat es mich auch erwischt und ich bin Arbeitslos geworden aus Betrieblichen Gründen.
Kurz zu meiner Vorgeschichte.
Ich bin 22 Jahre alt und habe 3 Jahre bei einer Firma gearbeitet als sie mir Betriebsbedingt gekündigt hat.
Ich habe zu diesem Zeitpunkt den Techniker auf der Abendschule begonnen.
Als ich Arbeitslos wurde habe ich die Schule abgebrochen und mich auf die Vollzeitschule beworben, wo ich auch angenommen wurde.
Die Vollzeitschule geht erst im September los und bis dahin bin ich Arbeitslos.
Die Frau vom Amt meinte nun das sie mich ja an Zeitarbeitsfirmen vermitteln kann.
Leider bin ich hier im Forum nicht fündig geworden was mich zu meiner eigentlichen Frage führt.
Ist es möglich ALG1 zu beziehen unter der Voraussetzung das man bald Schüler wird.
Und wie bekomme ich es am besten hin das ich nicht an Irgendwelche Firmen vermittelt werde sondern einfach bis September warten kann.
Was für rechte und was für Pflichten habe ich als ALG1 Bezieher. Das mit der 20 bzw 30 Prozenregel habe ich schon gesehen.

Danke schon mal im Vorraus für eure Hilfe

Grüße

Hochseefischer

Hallo Schueler,

ich gehe davon aus, dass Du einen Anspruch auf Arbeitslosengeld I erworben hast, weil Du 3 Jahre lang ununterbrochen sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen bist bis zum Eintritt Deiner Arbeitslosigkeit.

Zitat von: Schueler am 02:48:35 Fr. 03.April 2015
Die Vollzeitschule geht erst im September los und bis dahin bin ich Arbeitslos.
Die Frau vom Amt meinte nun das sie mich ja an Zeitarbeitsfirmen vermitteln kann.

Ja, das kann/darf sie (leider).

Denn Voraussetzung für den Bezug von Arbeitslosengeld I ist unter anderem, dass man dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht, also in der Lage ist, aus der Arbeitslosigkeit heraus eine Beschäftigung anzunehmen. Dies geht aus § 16 Abs. 1 SGB III hervor, dort heißt es:

Zitat(1) Arbeitslose sind Personen, die wie beim Anspruch auf Arbeitslosengeld

1. vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis stehen,

2. eine versicherungspflichtige Beschäftigung suchen und dabei den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit zur Verfügung stehen und

3. sich bei der Agentur für Arbeit arbeitslos gemeldet haben.

http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_3/__16.html

ZitatLeider bin ich hier im Forum nicht fündig geworden was mich zu meiner eigentlichen Frage führt.
Ist es möglich ALG1 zu beziehen unter der Voraussetzung das man bald Schüler wird.

Du meinst, dass man dabei den Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit nicht zur Verfügung steht? Nein, das geht nicht, siehe oben.

ZitatUnd wie bekomme ich es am besten hin das ich nicht an Irgendwelche Firmen vermittelt werde sondern einfach bis September warten kann.

Du meinst damit speziell Zeitarbeitsfirmen (ZAF's), richtig?

Das Verhindern von Anstellungen bei ZAF's ist ein recht komplexes Thema. Das kann ich hier nicht mit ein paar Sätzen erläutern. Das Verhindern von Anstellungen bei ZAF's fängt schon mit dem Anschreiben an, aber dort lauert dann auch die Gefahr einer Sperre (bei Bezug von ALG I) bzw. einer Sanktion (bei Bezug von ALG II oder auch "Hartz IV" genannt), wenn die Bewerbung von der ZAF als so genannte Negativbewerbung ausgelegt wird.

ZitatWas für rechte und was für Pflichten habe ich als ALG1 Bezieher.

Die Rechte und Pflichten eines Beziehers von ALG I können z.B. aus dem § 140 SGB III abgeleitet werden:

http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_3/__140.html

Beachte dort im § 140 SGB III vor allem folgende Absätze: (3) und (4).

Abs. (3) dieses Paragrafen bezieht sich auf die zumutbare Höhe des Lohns bei einer Arbeit, die Dir von der Agentur für Arbeit unter Nennung einer so genannte Rechtsfolgenbelehrung angeboten wird. Der Vergleichsmaßstab hierfür ist das so genannte Arbeitsentgelt. Das Arbeitsentgelt wird, so weit ich mich erinnern kann, tagesgenau auf den Bewilligungsbescheiden für Bezieher von ALG I ausgewiesen.

Damit Du feststellen kannst, ob eine Arbeit, die Dir die Agentur für Arbeit in Form eines Vermittlungsvorschlags mit einer Rechtsfolgenbelehrung "angeboten" hat, im Sinne der Entlohnung zumutbar ist, müsstest Du rauskriegen, wie hoch der Lohn bei der Firma ist. Bei ZAF's gestaltet sich das im Vorfeld schwierig, weil Du nicht weißt, welche so genannte Entgeltgruppe die ZAF Dir anbieten würde. Die Entgeltgruppe sagt die ZAF Dir meistens im Erstgespräch.

Abs. (4) dieses Paragrafen bezieht sich auf zumutbare Pendelzeiten.

Was ist eine Rechtsfolgenbelehrung (RFB)? In einer RFB werden Sperrzeiten angekündigt, wenn man nicht das tut, was von einem gefordert wird. Bei einem Vermittlungsvorschlag mit RFB bedeutet dies sinngemäß: "Wenn Sie sich nicht auf den Vermittlungsvorschlag hin bewerben oder das Zustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses vereiteln, dann verhängt die Agentur für Arbeit Ihnen gegenüber eine Sperrzeit von x Wochen".

Während einer Sperrzeit erhält man kein ALG I, und die Gesamtdauer der Anspruchsdauer auf ALG I vermindert sich durch die Dauer der Sperrzeit. Während einer Sperrzeit kann man zwar ersatzweise ALG II beantragen, aber da Du unter 25 bist, würde Dein ALG-II-Anspruch während einer Sperrzeit so aussehen: Du würdest nur die Kosten für Unterkunft und Heizung (Miete, Nebenkosten, Heizung) bezahlt bekommen und die Krankenkasse, aber keinen Cent für den sonstigen Lebensunterhalt.

Bei Vermittlungsvorschlägen (VV's) ist beim Bezug von ALG I generell folgendes zu beachten:

1. Nur schriftliche, also per Post zugestellte VV's sind maßgeblich. VV's, die man nur online einsehen kann (im persönlichen Bereich der Jobbörse der Bundesagentur für Arbeit) haben keine rechtliche Relevanz. Sie werden erst rechtlich gesehen relevant, nachdem Du sie per Post erhalten hast.

2. Auf VV's, die keine Rechtsfolgenbelehrung enthalten, muss man sich nicht bewerben. Es darf keine Sperrzeit verhängt werden, wenn man sich auf solche VV's nicht bewirbt.

3. VV's, die sehr wohl eine Rechtsfolgenbelehrung enthalten, sollten, bevor man eine Bewerbung rausschickt, auf ihre Zumutbarkeit hin geprüft werden. Hier kommt dann der oben bereits genannte § 140 SGB III, und dort vor allem die Absätze 3 und 4, ins Spiel. VV's mit Rechtsfolgenbelehrungen können zur Verhängung von Sperrzeiten führen.

Dies erstmal als Einstieg.

PS: Du schriebst:

ZitatDas mit der 20 bzw 30 Prozenregel habe ich schon gesehen.

Du bringst da was durcheinander. Diese Prozentregeln (die 20%ige gibt es übrigens nur in Form zweier addierter 10%iger Kürzungen) gelten beim Bezug von ALG II / "Hartz IV". Sie gelten nicht beim Bezug von ALG I. Beim Bezug von ALG I können so genannte Sperren verhängt werden. Eine Sperre bedeutet, dass Dein Anspruch auf ALG I eine bis n Wochen lang gesperrt wird, wodurch sich Deine Anspruchsdauer durch die Anzahl der Sperrwochen entsprechend mindert. Im § 159 SGB III sind die unterschiedlichen Sperrzeiten und deren Gründe beim Bezug von ALG I genannt:

http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_3/__159.html

Schueler

Vielen Dank Hochseefischer für die sehr ausführliche Antwort.
Sollte ich dann der Agentur überhaupt mitteilen dass ich auf die Schule möchte?
Wie verhalte ich mich an geschicktesten? Soll ich in Eigeninitiative mich bei Firmen bewerben und nichts tun und mich nur auf die Vorschläge mit RFB bewerben und dann hoffen das es nichts wird?
Grüße

Hochseefischer

Zitat von: Schueler am 14:15:31 Fr. 03.April 2015
Sollte ich dann der Agentur überhaupt mitteilen dass ich auf die Schule möchte?

Das weiß ich nicht genau. Handelt es sich bei dieser Schule um eine Ausbildungsstätte, in der Ausbildungsverhältnisse existieren. Falls ja, beachte bitte § 38 Abs. 2 SGB III. Dort heißt es:

ZitatAusbildung- und Arbeitsuchende, die Dienstleistungen der Bundesagentur in Anspruch nehmen, haben dieser die für eine Vermittlung erforderlichen Auskünfte zu erteilen, Unterlagen vorzulegen und den Abschluss eines Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses unter Benennung des Arbeitgebers und seines Sitzes unverzüglich mitzuteilen.

http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_3/__38.html

ZitatWie verhalte ich mich an geschicktesten? Soll ich in Eigeninitiative mich bei Firmen bewerben und nichts tun und mich nur auf die Vorschläge mit RFB bewerben und dann hoffen das es nichts wird?

Wie gesagt, auf VV's ohne RFB musst Du Dich nicht bewerben, auf VV's mit RFB jedoch schon.

Hier kommt außerdem die Eingliederungsvereinbarung (EGV) mit ins Spiel. Die Agentur für Arbeit wird mit Dir eine abschließen wollen/müssen. Was ist eine EGV? Ich zitiere mal das entsprechende Gesetz:

Zitat(2) In einer Eingliederungsvereinbarung, die die Agentur für Arbeit zusammen mit der oder dem Ausbildungsuchenden oder der oder dem Arbeitsuchenden trifft, werden für einen zu bestimmenden Zeitraum festgelegt

1.das Eingliederungsziel,

2. die Vermittlungsbemühungen der Agentur für Arbeit,

3. welche Eigenbemühungen zur beruflichen Eingliederung die oder der Ausbildungsuchende oder die oder der Arbeitsuchende in welcher Häufigkeit mindestens unternehmen muss und in welcher Form diese nachzuweisen sind,

4. die vorgesehenen Leistungen der aktiven Arbeitsförderung.

Die besonderen Bedürfnisse behinderter und schwerbehinderter Menschen sollen angemessen berücksichtigt werden.

http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_3/__37.html

Eine EGV ist ein so genannter öffentlich-rechtlicher Vertrag, der zwischen Dir und der Behörde geschlossen werden soll bzw. kann. Das bedeutet, dass für das Wirksamwerden der EGV auch Deine Unterschrift notwendig ist. Weigert sich ein Leistungsbezieher, die EGV zu unterschreiben, kann das Amt die EGV als so genannten Verwaltungsakt erlassen. Bei einem Verwaltungsakt ist Deine Unterschrift nicht mehr notwendig, damit der Verwaltungsakt rechtskräftig wird. Gegen einen Verwaltungsakt kann man jedoch Widerspruch einlegen. Gegen eine von Dir unterschriebene EGV ist ein Widerspruch jedoch nicht möglich.

In einer EGV steht zum Beispiel drin, dass man pro Zeiteinheit (pro Woche oder Monat oder bis zum xx.xx.yyyy) so und so viele Eigenbemühungen (Bewerbungen) zu schreiben hat. Diese Anzahl legt in der Regel der Sachbearbeiter alleine fest.

Auch deswegen empfehle ich Dir, wenn man Dir eine EGV zur Unterschrift vorlegt, dass Du diese nicht sofort an Ort und Stelle unterschreibst. Denn wenn Du die EGV unterschreibst, hast Du Dich damit an deren Inhalt gebunden, und ein Widerspruch gegen die unterschriebene EGV ist nicht mehr möglich. Bitte deswegen den Sachbearbeiter um eine Frist für die Prüfung der EGV, ehe Du sie unterschreibst (oder einen Gegenvorschlag in dieser Zeit entwickelst, aber das sage dem Sachbearbeiter besser nicht). User schwarzrot ist der Meinung, dass einem für die Prüfung der noch nicht unterschriebenen EGV eine Frist von 2 Wochen zusteht.

Wenn Du eine EGV von der Agentur für Arbeit erhalten hast, kannst Du ja deren Inhalt hier einstellen. Entweder tippst Du sie hier ab (nur das Relevante), oder, weil man hier im Forum keine Anhänge hochladen kann, Du lädst die EGV eingescannt bei einem Gratis-Filehoster hoch und stellst hier im Forum den Link zu der dort hochgeladenen EGV ein. Dann können wir sagen, ob die EGV in Ordnung ist oder nicht. Auch wenn Du die EGV trotzdem schon unterschrieben hast.

Wenn Du Deine EGV hier einstellst (eingetippt oder verlinkt zu einem Gratis-Filehoster), dann achte bitte darauf, dass Du alle Personennamen, auch die des Sachbearbeiters) und alle Ortsangaben unkenntlich machst bzw. nicht abtippst. Datumsangaben solltest Du hingegen besser lesbar lassen bzw. angeben.

Schueler

Auch hier wieder ein Herzliches Dankeschön an dich!
Also kann mich das Arbeitsamt zwingen einen Job an zu nehmen bei dem ich Wesentlich weniger verdiene als bei meinem bisherigen?
Da eine Zeitarbeitsfirma ja immer recht wenig bezahlt und ich deren Sklave bin.
Wäre es nicht auch möglich das ich mich auf normale Jobs bewerbe und auch dort zu Bewerbungsgesprächen gehe so das das Arbeitsamt mich nicht mit Zeitarbeitsfirmen zu schüttet?
Die Schule ist eine Vollzeitschule zum staatlich geprüften Techniker fällt diese unter das Gesetzt?
Grüße

Hochseefischer

Zitat von: Schueler am 12:02:10 So. 05.April 2015
Auch hier wieder ein Herzliches Dankeschön an dich!

Danke, gern geschehen.

ZitatAlso kann mich das Arbeitsamt zwingen einen Job an zu nehmen bei dem ich Wesentlich weniger verdiene als bei meinem bisherigen?

Nein, Du kannst diese Jobs ablehnen. Siehe hierzu meine Anmerkungen zum § 140 SGB III in meinem ersten Beitrag hier, und der § 140 SGB III selbst.

ZitatWäre es nicht auch möglich das ich mich auf normale Jobs bewerbe und auch dort zu Bewerbungsgesprächen gehe so das das Arbeitsamt mich nicht mit Zeitarbeitsfirmen zu schüttet?

Du kannst natürlich zu Vorstellungsgesprächen richtiger Firmen gehen. Das hindert die Agentur für Arbeit aber nicht daran, Dir Vermittlungsvorschläge mit Rechtsfolgenbelehrungen für Zeitarbeitsfirmen zuzuschicken.

ZitatDie Schule ist eine Vollzeitschule zum staatlich geprüften Techniker fällt diese unter das Gesetzt?
Grüße

Ich glaube nicht.

Schueler

Zitat von: Hochseefischer am 08:15:11 Fr. 03.April 2015

PS: Du schriebst:

ZitatDas mit der 20 bzw 30 Prozenregel habe ich schon gesehen.

Du bringst da was durcheinander. Diese Prozentregeln (die 20%ige gibt es übrigens nur in Form zweier addierter 10%iger Kürzungen) gelten beim Bezug von ALG II / "Hartz IV". Sie gelten nicht beim Bezug von ALG I. Beim Bezug von ALG I können so genannte Sperren verhängt werden. Eine Sperre bedeutet, dass Dein Anspruch auf ALG I eine bis n Wochen lang gesperrt wird, wodurch sich Deine Anspruchsdauer durch die Anzahl der Sperrwochen entsprechend mindert. Im § 159 SGB III sind die unterschiedlichen Sperrzeiten und deren Gründe beim Bezug von ALG I genannt:

http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_3/__159.html

Dann war das ein Missverständnis dies Regel habe ich auf meinen ehemaligen Verdienst bezogen.
Mein Vorteil scheint es dann wohl zu sein das ich sehr viel Geld verdient habe bevor ich Arbeitslos geworden bin (Knapp 3800€) und es hoffentlich kaum Firmen gibt die einem so viel Bezahlen (das Wären dann knapp 3000€ die ich verdienen müsste).

Wie sieht die Lage bei Praktika und Probearbeiten aus?

Vielen Danke Grüße

Hochseefischer

Hi Schueler,

aha, dann habe ich Dich falsch verstanden. Du hast mit der 20%- und 30%-Regel den § 140 Abs. 3 SGB III gemeint. Ja, das stimmt in Deinem Fall.

Bei Deinem ehemaligen Lohn musst Du Dir wahrscheinlich keine Sorgen machen, dass Dir eine ZAF eine Entlohnung anbietet, die Deinen genannten 3000 Euro brutto entspricht. Ich glaube, ZAF's bezahlen äußerst ungern so viel Geld an Leiharbeiter. Kommt aber eventuell drauf an, falls Du tatsächlich eine Fachkraft bist, nach der man wirklich händerringend sucht.

Zitat von: Schueler am 12:07:55 Mo. 06.April 2015Wie sieht die Lage bei Praktika und Probearbeiten aus?

Da kommt die bereits erwähnte Eingliederungsvereinbarung ins Spiel. Unterzeichne bloß nicht eine EGV, in der Praktika und Probearbeiten von Dir verlangt werden. Wenn man Dir so eine EGV vorlegt, dann sage, dass Du sie mit nach Hause zum Prüfen mitnehmen willst, ehe Du sie unterschreibst. Dann aber deren Inhalt hier einstellen, dann schauen wir drüber.

dagobert

Zitat von: Schueler am 12:07:55 Mo. 06.April 2015
Wie sieht die Lage bei Praktika und Probearbeiten aus?
In der Form dass dazu ein befristeter Arbeitsvertrag mit üblichen / annehmbaren Konditionen angeboten bzw. abgeschlossen wird: keine Einwände.
In der Form dass du irgendwo umsonst arbeiten sollst: höflich auf das Mindestlohngesetz hinweisen (wenigstens da ist das Ding mal nützlich).
"Sie haben die unglaubwürdige Kühnheit, sich mit Deutschland zu verwechseln! Wo doch vielleicht der Augenblick nicht fern ist, da dem deutschen Volke das Letzte daran gelegen sein wird, nicht mit ihnen verwechselt zu werden."
Thomas Mann, 1936

Schueler

Hallo Leute,

ich muss zu meiner Schande gestehen das ich wohl beim Ersten Treffen eine EVB unterschrieben habe, ohne das mir das so richtig klar war.
Ich gehe mal davon aus das der Teil 2. Aktivitäten von "Schueler" der Interessante sein wird. Da heißt es:
- Aktive Suche nach Arbeitstellen im Internet, in der Zeitung, über Bekanntenkreis und in den "Gelben Seiten"
- Sie bewerben sich Zeitnahe auf Stellenangebote der AfA bis spätestens am dritten Tag nach er halt und teilen das Ergebnis mit
- Dokumentation der Bewerbungsbemühungen
- Bitte bewerben Sie sich bis zum nächsten Termin wöchentlich bei mindestens zwei Arbeitgebern und dokumentieren diese Bewerbung in der Ausgehändigten Liste und bringen sie diese zum nächsten Termin mit
- Daten für Stellengesuche dürfen an den Arbeitgeberservice weitergeleited werden.
- Mitteilung von Veränderungen wie Adressen und so soll ich mitteilen.

das mit zwei Bewerbungen die Woche finde ich recht heftig und mir war das so nicht bewusst als ich das im Januar unterschrieben habe.

Nun bleibt nur zu hoffen das ich nicht zu großen Mist gebaut habe. Ich wüsste um ehrlich zu sein noch nicht mal wo ich mich 2 mal in der Woche überall Bewerben soll...

Hochseefischer

Hi Schueler,

Zitat von: Schueler am 12:56:15 Sa. 11.April 2015
Nun bleibt nur zu hoffen das ich nicht zu großen Mist gebaut habe. Ich wüsste um ehrlich zu sein noch nicht mal wo ich mich 2 mal in der Woche überall Bewerben soll...

In Deiner EGV, gibt es dort einen Abschnitt mit der Bezeichnung "Rechtsfolgenbelehrung"? Das ist meist der letzte eingekästelte Abschnitt in Deiner EGV. Falls ja, was steht da drin? Bitte mal abtippen.

Zur vorläufigen Beruhigung: laut § 159 SGB III (das ist der Paragraf mit all den Sperrzeittatbeständen) wird ein Verstoß gegen die Pflichten in einer EGV - zumindest beim Bezug von ALG I - nicht mit Sperrzeiten bedacht. Es sei denn, es steht irgendwas in der Rechtsfolgenbelehrung der EGV drin, was Verstöße gegen die EGV mit Sperrzeiten bedenkt.

Hochseefischer

Zu meinem letzten Post muss ich relativierend Folgendes hinzufügen, denn ich habe in der Geschäftsanweisung der Bundesagentur für Arbeit über den § 159 SGB III nachgeschaut. Dort heißt es:

ZitatEigenbemühungen, unzureichende (159.36)

(2) Werden Eigenbemühungen ganz oder teilweise abgelehnt, ist der Anspruch nach § 138 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 137 Abs. 1 Nr. 1 abzulehnen.

http://www.arbeitsagentur.de/web/wcm/idc/groups/public/documents/webdatei/mdaw/mtay/~edisp/l6019022dstbai407897.pdf?_ba.sid=L6019022DSTBAI407900

Wenn Schueler also nicht die geforderten 2 Bewerbungen / Woche nachweisen kann, dann frage ich mich, ob er somit seine Eigenbemühungen teilweise abgelehnt hat und er dadurch seinen Anspruch auf ALG I komplett verliert.

Oder anders gefragt: in welcher Situation liegt die ganze oder teilweise Ablehnung von Eigenbemühungen vor? Etwa auch dann, wenn Schueler die Anzahl an Bewerbungen / Woche, die in seiner EGV festgelegt worden sind, nicht einhält?

PS: In der genannten Geschäftsanweisung kommt das Wort "Eingliederungsvereinbarung" kein einziges Mal vor.

Schueler

Hallo Hochseefischer,

zu deiner Frage:

3. Rechtsfolgebelehrung
Ich bin darüber informiert, dass ich verpflichtet bin, die für die Vermittlung erforderlichen Auskünfte zu erteilen, Unterlagen vorzulegen und den Abschluss eines Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses unter Bennenung des Arbeitgebers und seines Sitzes unverzüglich mitzuteilen (§ 38 Abs. 2 SGB III).

Das steht da.

Grüße

Hochseefischer

Hi Schueler,

wie ich es mir dachte: die Rechtsfolgenbelehrung in Deiner EGV ist vergleichsweise ungefährlich. Im Vergleich zu den Rechtsfolgenbelehrungen von EGV's von Beziehern von Arbeitslosengeld II. Die sind nämlich 3 Seiten lang und haben es in sich.

Was ergibt sich aus der Rechtsfolgenbelehrung in Deiner EGV?

Nur wenn Du gegen den § 38 Abs. 2 SGB III verstößt, ergibt sich theoretisch die Grundlage für die Verhängung einer Sperre. Was steht im § 38 Abs. 2 SGB III drin? Das hier:

Zitat(2) Ausbildung- und Arbeitsuchende, die Dienstleistungen der Bundesagentur in Anspruch nehmen, haben dieser die für eine Vermittlung erforderlichen Auskünfte zu erteilen, Unterlagen vorzulegen und den Abschluss eines Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnisses unter Benennung des Arbeitgebers und seines Sitzes unverzüglich mitzuteilen. Sie können die Weitergabe ihrer Unterlagen von deren Rückgabe an die Agentur für Arbeit abhängig machen oder ihre Weitergabe an namentlich benannte Arbeitgeber ausschließen. Die Anzeige- und Bescheinigungspflichten im Leistungsverfahren bei Arbeitsunfähigkeit nach § 311 gelten entsprechend.

http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_3/__38.html

Falls Dich in diesem Zitat der § 311 SGB III interessiert, hier der entsprechende Link:

http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_3/__311.html

In der Rechtsfolgenbelehrung Deiner EGV steht also nicht drin, dass Du ne Sperre kriegst, wenn Du nicht die geforderten 2 Bewerbungen / Woche nachweisen kannst.

Wie bereits früher in diesem Thread dargelegt, sieht der "Sperrzeitparagraf" 159 SGB III keine Sperrzeit für den Fall vor, dass jemand die festgelegte Bewerbungszahl in der EGV nicht erfüllt. Hier noch mal der §b 159 SGB III zum Nachlesen:

http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_3/__159.html

An und für sich könnte man jetzt denken: Prima, ich kriege keine Sperre, wenn ich die die festgelegte Bewerbungszahl in der EGV nicht erfülle. Jedoch:

Wie ich bereits in meinem vorherigen Beitrag in diesem Thread ausgeführt habe, bin ich mir da nicht ganz sicher. Bitte lies noch mal meinen vorherigen Beitrag in diesem Thread. Leider hat da noch kein anderer User zu Stellung genommen, zu meinem vorherigen Beitrag.

Also ist zum jetzigen Zeitpunkt dieses Threads von einem gewissen Unsicherheitsfaktor in Sachen Verhängung einer Sperre auszugehen, wenn Du die festgelegte Bewerbungszahl in der EGV nicht erfüllst.

PS: Wenn Du aber Vermittlungsvorschläge mit einer RFB erhältst, dann musst Du Dich bewerben, es sei denn, der VV ist unzumutbar im Sinne des § 140 SGB III, also im Sinne von:

http://www.gesetze-im-internet.de/sgb_3/__140.html

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