Mitteilungsblätter des JC rechtswidrig?

Begonnen von HeiBa, 12:17:06 Di. 10.Mai 2016

⏪ vorheriges - nächstes ⏩

dagobert

Hab mal noch etwas geändert.
Bei der Forderung nach einer "Rechtsgrundlage" muss man immer damit rechnen, dass die irgendein Einzelfallurteil oder sowas aus dem Hut zaubern (wie bei den WUB). Deshalb halte ich es für besser, nach der "gesetzlichen" Grundlage zu fragen.
Die andern Sätze würde ich so lassen, sieht gut aus.
Zitat
Da das Jobcenter XXX mir leider bisher keine rechtliche gesetzliche Grundlage i.S.d. § 31 SGB I für diese Forderung, die ich als einen Eingriff in die Datenschutzrechte meiner Familie empfinde, mitteilen konnte, würde ich mich freuen, wenn sie mir diese Frage beantworten könnten.
[...]
Von der Notwendigkeit einer Notenbescheinigung oder gar der Rechtsgrundlage gesetzlichen Grundlage hierfür konnte ich bisher weder im Antrag, noch im Informationsblatt und auch nicht in den Paragraphen des SGB II, auf die mich das Jobcenter verwiesen hat, einen Hinweis finden.
"Sie haben die unglaubwürdige Kühnheit, sich mit Deutschland zu verwechseln! Wo doch vielleicht der Augenblick nicht fern ist, da dem deutschen Volke das Letzte daran gelegen sein wird, nicht mit ihnen verwechselt zu werden."
Thomas Mann, 1936

Rudolf Rocker

Stimmt, gesetzliche Grundlage ist besser!

HeiBa

Vielen Dank nochmal für eure Hilfe.
Ich hab das jetzt so umgeändert, heute die Notenübersicht besorgt und alles zusammen abgeschickt. Jetzt warten wir mal ab, wie es weitergeht.
Ich werde euch auf dem Laufenden halten.  :)

HeiBa

So, jetzt ging es dann schnell. Ich hab heute zwei Briefe bekommen, einmal vom Sozialgericht und einmal vom JC. Die Nachhilfe ist bewilligt.
Alles in allem trotzdem nicht so recht zufriedenstellend. Das JC will, dass der Nachhilfelehrer nochmal ein Formular ausfüllt und seine Kontodaten angibt, damit sie ihm die Kosten überweisen können. Die Kosten haben jetzt aber natürlich wir schon längst jede Woche gezahlt. Da muss ich mir jetzt auch wieder was überlegen, wie ich das hinkrieg.  >:(

Ja, und das Sozialgericht will, dass wir unseren Antrag zurücknehmen, weil das JC unseren Antrag ja genehmigt hat und besteht nach wie vor darauf, dass die Notenübersicht rechtens wäre.   ::)

Ich werd das Ganze jetzt mal zensieren und hochladen. Kann ein paar Minuten dauern.

HeiBa


HeiBa

Und das hier ist das Schreiben des Sozialgerichts:








Sunlight

Das war voraus zu sehen und erstaunt mich keineswegs. Denn in den BUT-Richtlinien wird ausreichend erklärt,
welche Unterlagen bei Antragstellung benötigt werden. Da dann trotzdem nach einer rechtlichen Grundlage
für die Notenübersicht/Zeugnis zu fragen, kann keinen Erfolg bescheren.
Man beruft sich hier zurecht auf:
Zitat
§ 60
Angabe von Tatsachen

(1) Wer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat
   1.    alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,
   2.    Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammenhang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen,
   3.    Beweismittel zu bezeichnen und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers Beweisurkunden vorzulegen oder ihrer Vorlage zuzustimmen.

Satz 1 gilt entsprechend für denjenigen, der Leistungen zu erstatten hat.

(2) Soweit für die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 genannten Angaben Vordrucke vorgesehen sind, sollen diese benutzt werden.






HeiBa

Das ist ja alles schön und gut, aber faktisch betrachtet gibt es doch nun keine einzige Rechtsgrundlage für dieses Vorgehen oder? Interne Richtlinien hin, Richtlinien her.
Heißt dass dann im Umkehrschluss, dass das JC bei Anträgen zukünftig jeden Stuss, bzw. jede noch so private Intimität erfragen darf und ich verpflichtet bin, dem nachzukommen, nur weil sie sich dann immer wieder auf diesen § 60 berufen und das SG ihnen dabei Recht gibt?

schwarzrot

Zitat von: HeiBa am 00:30:12 Sa. 02.Juli 2016
Heißt dass dann im Umkehrschluss, dass das JC bei Anträgen zukünftig jeden Stuss, bzw. jede noch so private Intimität erfragen darf und ich verpflichtet bin, dem nachzukommen, nur weil sie sich dann immer wieder auf diesen § 60 berufen und das SG ihnen dabei Recht gibt?
Nein das heisst es eben nicht, auch wenn dein SB glaubt, es würde so heissen.

Weil: 'alles' heisst im juristischen sinne 'gar nichts', wenn 'alles' nicht näher spezifiziert ist. bzw. es bleibt bei einer 'sanktion'+klage in so einem fall dem richter überlassen, zu erfinden, was er für 'alles' vertretbar hält und was nicht (und das ist in der regel weniger, als dein SB sich in seinen feuchten träumen zurechtlegt).

Genau deshalb sind jokecenter so wild 'EGV's mit ihren betroffenen abzuschliessen, weil auch hier es im gesetz heisst, man müsse 'alles' tun um einen job zu bekommen. Spezifiziert wird aber erst in einer 'EGV'/VA, was genau getan werden muss.

Diese 'alles' und gummibandformulierungen sind einerseits deshalb im Hartz-SGB, um auf uninformierte erwerbslose eine vorstellung von maximalen druck zu erzeugen und andererseits mussten die schreiber der hartz-gesetze aufpassen, dass es nicht zu deutlich wird, das viele der regelungen gegen das GG/BGB/die EU-sozialcharta verstossen.

Es gibt ausserdem sehr wohl eine rechtsgrundlage für das anfordern von kontoauszügen (ist hier im thread schon besprochen worden, wenn verdachtsmomente existieren, oder z.b. betroffene dazu neigen, die miete nicht dem vermieter zukommen zu lassen).
Bei obdachlosen, die vom jokecenter so eingeschätzt werden, dass sie mit geld nicht umgehen können ('sozialwidriges verhalten'), oder obdachlos wurden, weil sie miete schulden, liesse sich so ein verdachtsfall konstruieren (trifft auf eueren fall eher nicht zu).

Am besten fährst du, wenn du dir klar machst, dass das jokecenter halt gerne dinge erstmal versucht (auch gerne ohne, oder sehr fragwürdiger rechtsgrundlage) und dann schaut, ob sie damit durchkommen.
Wer da nicht mitspielen will, muss sich halt wehren.

Das ist alles teil des politischen auftrags, dass sich betroffene im ALGI/II-bezug sich möglichst nicht 'wohlfühlen' sollen.
"In der bürgerlichen Gesellschaft kriegen manche Gruppen dick in die Fresse. Damit aber nicht genug, man wirft ihnen auch noch vor, dass ihr Gesicht hässlich sei." aus: Mizu no Oto

Wieder aktuell: Bertolt Brecht

Rudolf Rocker

@sunlight: Was willst Du immer mit deiner komischen BUT- Richtlinie?
Das SG bezieht sich hier auf §60 SGB I! Eine Richtlinie hat (und das schreibe ich nicht zum ersten mal) keinen Gesetzescharakter.

Und außerdem steht da
ZitatWer Sozialleistungen beantragt oder erhält, hat
1.    alle Tatsachen anzugeben, die für die Leistung erheblich sind, und auf Verlangen des zuständigen Leistungsträgers der Erteilung der erforderlichen Auskünfte durch Dritte zuzustimmen,

Und genau um die Frage, ob diese Notenübersichten für die Leistung erheblich sind, geht es!

Ansonsten könnten die mit dem § ja alles rechtfertigen!
Hausbesuche, in die Schränke gucken, Krankenakten einsehen wollen, Unterlagen anfordern, die es gar nicht gibt, usw. usw.
Aber wie schwarzrot schon sagte, sind das feuchte Träume von SBs! Egal was in irgendwelchen Richtlinien steht!

HeiBa

Zitat von: schwarzrot am 07:11:49 Sa. 02.Juli 2016

Es gibt ausserdem sehr wohl eine rechtsgrundlage für das anfordern von kontoauszügen (ist hier im thread schon besprochen worden, wenn verdachtsmomente existieren, oder z.b. betroffene dazu neigen, die miete nicht dem vermieter zukommen zu lassen).
Bei obdachlosen, die vom jokecenter so eingeschätzt werden, dass sie mit geld nicht umgehen können ('sozialwidriges verhalten'), oder obdachlos wurden, weil sie miete schulden, liesse sich so ein verdachtsfall konstruieren (trifft auf eueren fall eher nicht zu).



Hallo schwarzrot,

das mit den Kontoauszügen ist wieder ne andere Baustelle (anderer Thread) von uns. Da bekamen wir ja jetzt endlich Recht, da sie keine Begründung dafür liefern konnten, da es auch keine gab.

Das hier dreht sich jetzt um die Notenübersicht. Da bekamen wir jetzt zwar die Nachhilfe bewilligt, aber eben erst nachdem wir die Notenübericht ans Gericht schickten, welches die Rechtmäßigkeit der Notenübersicht mit dem §60 SGB I begründet.
Ich persönlich finde das Ganze nach wie vor absolut schwammig, weil man mit der Logik eigentlich jeden Stuss mit dem § rechtfertigen könnte.

counselor

Zitat von: HeiBa am 19:21:03 Sa. 02.Juli 2016
Ich persönlich finde das Ganze nach wie vor absolut schwammig, weil man mit der Logik eigentlich jeden Stuss mit dem § rechtfertigen könnte.
Letztlich rechtfertigen die auch jeden Stuss damit. Das ganze Armenrecht in Deutschland ist so konzipiert, dass die Behörden weite Teile Deiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ausschnüffeln dürfen. Daher halte ich ein bedingungsloses Grundeinkommen für absolut notwendig. Damit würde die ganze Schnüffelei aufhören.
Alles ist in Bewegung. Nichts war schon immer da und nichts wird immer so bleiben!

HeiBa

Hat jemand einen Vorschlag, wie ich das mit den Formularen nun am Besten regel?

Wie gesagt, der Nachhilfelehrer hat von uns ja schon das Geld bekommen. Jetzt den nochmal ein Formular ausfüllen lassen, dass er das Geld auf sein Konto bekommen will, ist für uns natürlich auch wieder totaler Mist, weil wir dann ihm wieder hinterher rennen müssen, dass wir das Geld wieder zurück bekommen. Wird aber vermutlich jetzt die einzige Lösung sein oder?

schwarzrot

Zitat von: counselor am 10:04:35 So. 03.Juli 2016
Zitat von: HeiBa am 19:21:03 Sa. 02.Juli 2016
Ich persönlich finde das Ganze nach wie vor absolut schwammig, weil man mit der Logik eigentlich jeden Stuss mit dem § rechtfertigen könnte.
Letztlich rechtfertigen die auch jeden Stuss damit. Das ganze Armenrecht in Deutschland ist so konzipiert, dass die Behörden weite Teile Deiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ausschnüffeln dürfen.

Zitat§ 65 Grenzen der Mitwirkung
(1) Die Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 bis 64 bestehen nicht, soweit

1.  ihre Erfüllung nicht in einem angemessenen Verhältnis zu der in Anspruch genommenen Sozialleistung oder ihrer Erstattung steht oder
2.  ihre Erfüllung dem Betroffenen aus einem wichtigen Grund nicht zugemutet werden kann oder
3.  der Leistungsträger sich durch einen geringeren Aufwand als der Antragsteller oder Leistungsberechtigte die erforderlichen Kenntnisse selbst beschaffen kann.


...

https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_1/__65.html

Des weiteren hat Rudi schon zu recht gepostet, dass dies nur für angaben gilt, 'die für die Leistung erheblich sind'.

Leider gibt es leider immer mal wieder richter an SGen, die genauso scheisse sind, wie SBs in jokecentern, oder die es für einfacher halten, dem betroffenen alle belege abzuverlangen, statt sich mal hinzusetzen und zu überlegen, ob es die gesetze überhaupt hergeben, dass ein SB im jokecenter bewerbungsbeurteiler und notenprüfer spielen darf.

Zitat von: HeiBa am 22:50:55 So. 03.Juli 2016
Hat jemand einen Vorschlag, wie ich das mit den Formularen nun am Besten regel?

Du hast doch hoffentlich quittungen der nachhilfe, dass du bezahlt hast?
Die sollten als beleg reichen.
"In der bürgerlichen Gesellschaft kriegen manche Gruppen dick in die Fresse. Damit aber nicht genug, man wirft ihnen auch noch vor, dass ihr Gesicht hässlich sei." aus: Mizu no Oto

Wieder aktuell: Bertolt Brecht

HeiBa

Nein, hab ich nicht, da die Nachhilfe ja innerhalb der Schule von einem Schüler der älteren Klassen stattfindet. Da wird dann immer zu den Stunden bar bezahlt.
Das heißt, ich müsste jetzt wieder dem Schüler ein Formular selbst schreiben, auf dem er bestätigt, welches Geld er bisher von uns bekommen hat und wieviel er bis Ende des Monats noch bekommt und hoffen, dass das JC uns das Geld dann überweist.

Oder aber ich müsste das Formular vom JC ihn ausfüllen lassen, wo sie dann aber ihm nochmal das Geld überweisen (ob er überhaupt schon ein Konto hat?) und wir dann wieder schauen müssen, dass wir das Geld von ihm zurück bekommen.

So oder so ist das schon wieder so umständlich gemacht, dass ich gar keinen Bock mehr hab, überhaupt noch irgendwas beim JC zu beantragen.

schwarzrot

Zitat von: HeiBa am 13:33:06 Mo. 04.Juli 2016
Nein, hab ich nicht, da die Nachhilfe ja innerhalb der Schule von einem Schüler der älteren Klassen stattfindet. Da wird dann immer zu den Stunden bar bezahlt.
Das ist ja dann noch besser, wenn die schule das organisiert, hol dir ein schreiben der schule, dass dein filius inzwischen x nachhilfen in anspruch nehmen musste. Gezahlte aufwandsentschädigung pro stunde, und stempel von schule drauf und prima ist.
Zitat

So oder so ist das schon wieder so umständlich gemacht, dass ich gar keinen Bock mehr hab, überhaupt noch irgendwas beim JC zu beantragen.
Das ist genau der geplante effekt, dieser Von Uschi v. d. Leyen 'teilhabe'.
Betroffene sollen durch schnüffelleien, drohungen(§60 + 66 SGBI) und bürokratische hürden davon abgebracht werden, diese hilfen überhaupt in anspruch zu nehmen.

Und hat diese taktik erfolg, wird es dann noch in den medien heissen, die armen kümmern sich nicht um den schulerfolg ihrer kinder und nehmen die vom staat angebotenen hilfen nicht an.  ;D
"In der bürgerlichen Gesellschaft kriegen manche Gruppen dick in die Fresse. Damit aber nicht genug, man wirft ihnen auch noch vor, dass ihr Gesicht hässlich sei." aus: Mizu no Oto

Wieder aktuell: Bertolt Brecht

Rudolf Rocker

Hängst wohl auch mit der Linie des  JC zusammen und dort wiederrum mit den einzelnen SBs.
Aber das ist schon ein ganz klar gewollter Nebeneffekt, die Hürden erst mal so hoch zu hängen, das da keiner mehr Bock hat, überhaupt was zu beantragen.

ZitatUnd hat diese taktik erfolg, wird es dann noch in den medien heissen, die armen kümmern sich nicht um den schulerfolg ihrer kinder und nehmen die vom staat angebotenen hilfen nicht an
Guckst Du Wikipedia:
ZitatDie einzigen "echten" Neuheiten, die Lernförderung und die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben, werden hingegen nur sehr selten in Anspruch genommen, was vor allem an restriktiven Anspruchsvoraussetzungen liegt. Die Lernförderung kann nur in Anspruch genommen werden, wenn die Versetzung ernsthaft gefährdet ist. Da dies in der Regel vom Klassenlehrer beschieden werden muss, entscheidet faktisch dieser über die Leistungsgewährung und nicht das Jobcenter. Außerdem ist eine Förderung ausgeschlossen, um in die Realschule oder das Gymnasium anstatt in die Hauptschule versetzt zu werden, obwohl genau das die späteren Zukunftschancen am Arbeitsmarkt massiv verbessern würde.
https://de.wikipedia.org/wiki/Leistung_f%C3%BCr_Bildung_und_Teilhabe#Kritik

  • Chefduzen Spendenbutton