Randstad kauft Jobbörse

Begonnen von Rappelkistenrebell, 19:30:53 Mi. 10.August 2016

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Rappelkistenrebell

Aus: Ausgabe vom 11.08.2016, Seite 9 / Kapital & Arbeit

Randstad kauft Jobbörse
Personalvermittler will mit Erwerb des Onlinedienstes Monster sein Geschäftsfeld vergrößern. Auch Konkurrent Adecco wächst weiter
Von Gerrit Hoekman



Monster war Pionier auf dem Gebiet der Online-Börsen. Bei der New Yorker Jobbörse »Keep America Working« fungiert das Unternehmen als Sponsor
Foto: Mike Segar/Reuters

»Immer mehr Menschen suchen online nach Jobs«, weiß Pieter Gautier, der als Arbeitsökonom an der Freien Universität in Amsterdam lehrt. In den 1990ern hat nur jeder Vierte im Internet nach einer neuen Anstellung gesucht, heute seien es zwei Drittel, sagt er der Tageszeitung De Volkskrant (Mittwochausgabe). Der Grund: Das Angebot freier Stellen ist auf den einschlägigen Internetportalen einfach deutlich größer als in den herkömmlichen Printmedien. US-Studien haben ergeben, dass Arbeitssuchende heutzutage online viel schneller einen neuen Job finden.

Kein Wunder also, dass sich die Leiharbeitsfirma Randstad inzwischen auch für diese Sparte interessiert. Das Unternehmen aus Diemen bei Amsterdam, nach Adecco weltweit die Nummer zwei der Branche, will angeblich 387 Millionen Euro für die US-amerikanische Jobbörse Monster Worldwide auf den Tisch legen (siehe jW-Meldung vom Mittwoch). Randstad ist in 39 Ländern aktiv und verfügt dadurch über einen riesigen Fundus an Betrieben, mit denen es zusammenarbeitet. Mit Monster Worldwide würden die Niederländer auch über ein global eingeführtes Medium verfügen, um Unternehmer und Jobsucher online zueinander zu bringen. Bevor der Deal abgeschlossen werden kann, müssen aber noch die Kartellämter der USA und der Europäischen Union zustimmen. Randstad hofft, den Kauf bis Ende 2016 über die Bühne zu bringen, meldete die Nachrichtenagentur AFP am Dienstag.

Nach Ansicht mancher Ökonomen ist Monster ein Schnäppchen. Skeptiker weisen aber auf den Wertverfall seit der Gründung 1994 hin: In den besten Zeiten kostete die Aktie 142 Dollar, Randstad zahlt jetzt noch 3,40 Dollar, was deutlich mehr ist als der an der Börse am Montag notierte Wert. In den letzten Geschäftsjahren machte Monster häufiger Verlust als Gewinn, im vergangenen Quartal verzeichnete es ein Minus von 124 Millionen Dollar, wie aus am Dienstag veröffentlichten Zahlen hervorgeht. »Der Glanz der Gründerjahre ist weg«, urteilt das NRC Handelsblad.

Für Randstad kein Grund, nicht zuzugreifen. »Die Übernahme von Monster Worldwide passt zu unsererer Strategie, Technologie zu kaufen, um Betrieben besser zu Personal zu verhelfen«, zitiert das Financieele Dagblad einen Sprecher des Unternehmens. Bei der aktuellen Übernahme geht es deshalb wohl vor allem um die Suchmaschine »6Sense«, mit der Monster arbeitet. »In einer Ära massiven technologischen Wandels stehen Arbeitgeber vor der Herausforderung, bessere Wege zu finden, um Talente herauszufiltern und anzustellen«, lässt Randstad-Chef Jacques van den Broek in einer Pressemitteilung wissen. Monster sei mit seinem technologischen Wissen eine »natürliche Ergänzung«.

»Bereitet sich Randstad auf eine Schlacht um den Arbeitmarkt gegen Internetgiganten wie LinkedIn und Google vor?«, fragt das NRC Handelsblad. In der Branche geht nämlich das Gerücht, dass Google eine eigene Jobbörse plant. Den Internetgiganten demnächst als Konkurrenten zu haben, setzt traditionelle Leiharbeitsfirmen wie Randstadt unter Druck. »Jeder im Zeitarbeitssektor fürchtet, dass ein Uber für den Arbeitsmarkt entsteht«, sagt Jakub Zavrel, Geschäftsführer von »Textkernel«, einem anderen niederländischen Personalvermittler, im NRC Handelsblad. Der Online-Vermittlungsdienst Uber ist wegen seiner aggressiven Dumpingmethoden auf dem Taximarkt in Europa berüchtigt.

Randstad will sich wappnen, indem es seine Marktmacht ausbaut. In den letzten Monaten steigerten sich die Niederländer in einen Kaufrausch: Im Mai schnappten sie sich die italienische Zeitarbeitsfirma Obiettivo, im Juni die japanische Careo und das deutsche Selbstständigenportal Twago. Allein diese Zukäufe steigerten Randstads Umsatz um geschätzte zwei Milliarden Euro. In den Jahren zuvor hatte der Konzern unter anderem bereits die Konkurrenten Vedior (Niederlande), Fujistaff (Japan), SFN (USA), Proffice (Schweden) und Ausy (Frankreich) geschluckt.

Randstad beschäftigt fast 30.000 Menschen in mehr als 4.400 Niederlassungen in 39 Ländern, auch in der Bundesrepublik. Ob alle 3.800 Mitarbeiter von Monster übernommen werden, ist noch unbekannt.

Unterdessen wächst auch Weltmarktführer Adecco weiter. Der Konzern aus aus Glattbrugg bei Zürich vermeldete am Mittwoch für das zweite Quartal um vier Prozent höhere Umsätze gegenüber dem ersten. Die Erlöse stiegen auf 5,7 Milliarden Euro. Der Gewinn erhöhte sich gegenüber dem Vorjahr um sieben Prozent auf 190 Millionen Euro, wie mitgeteilt wurde. Damit sei man mindestens so stark gewachsen wie die Hauptkonkurrenten Manpower und Randstad, hieß es aus der Zentrale des Schweizer Unternehmens. Einen negativen Einfluss des Votums der Briten für den Austritt aus der Europäischen Union auf die wirtschaftliche Lage von Adecco sehe er nicht, sagte Konzernchef Alain Dehaze.

Quelle

https://www.jungewelt.de/2016/08-11/039.php
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