Sanktionen treffen die Schwächsten

Begonnen von dagobert, 15:15:18 Fr. 07.Oktober 2016

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dagobert

ZitatSanktionen treffen die Schwächsten

Arbeitslosengeld-II-Empfängern, die zu einem Termin nicht erscheinen oder eine Stelle nicht annehmen, drohen empfindliche Strafen. Besonders häufig trifft es weniger Gebildete. Damit verstärkt das Sanktionssystem soziale Ungleichheit.

Hartz-IV-Empfänger, die sich nicht an die Regeln halten, müssen drei Monate lang unterhalb des Existenzminimums leben. Wer ohne wichtigen Grund einen Termin beim Jobcenter versäumt, dem wird die Regelleistung – derzeit 404 Euro – um zehn Prozent gekürzt. Wer ein zumutbares Arbeitsverhältnis abbricht, muss mit einer Kürzung von 30 Prozent rechnen. Unter 25-Jährigen wird die Regelleistung sogar komplett gestrichen. ,,Wiederholungstätern" drohen noch empfindlichere Strafen: Ihnen werden auch die Kosten für Miete und Heizung nicht mehr erstattet. Gerechtfertigt wird das Sanktionssystem vor allem damit, dass es den Übergang in Beschäftigung beschleunige.

Neue Befunde des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) ,,deuten nun darauf hin, dass die Sanktionsregeln nur formal für alle gleich sind". Die IAB-Forscher stützen sich dabei auf Statistiken der Arbeitsagentur. In einer quantitativen Analyse zeigen sie, dass Hartz-IV-Empfänger ohne oder mit niedrigem Schulabschluss häufiger sanktioniert werden als beispielsweise Abiturienten. Indem sie das Haushaltspanel ,,Arbeitsmarkt und soziale Sicherung" hinzuziehen, können die Wissenschaftler außerdem nachweisen, dass dies nicht an mangelnder Arbeitsmotivation oder fehlender Konzessionsbereitschaft der Geringqualifizierten liegt. Sie werden ohne statistisch erkennbaren Grund häufiger sanktioniert.
weiterlesen:
http://www.boeckler.de/67545_67565.htm
"Sie haben die unglaubwürdige Kühnheit, sich mit Deutschland zu verwechseln! Wo doch vielleicht der Augenblick nicht fern ist, da dem deutschen Volke das Letzte daran gelegen sein wird, nicht mit ihnen verwechselt zu werden."
Thomas Mann, 1936

Kuddel

ZitatSeit 2007
Jobcenter verhängten Hartz-IV-Sanktionen in Höhe von zwei Milliarden Euro

Hartz-IV-Bezieher, die einen Job ablehnen oder zusätzliche Einkommen verschweigen, werden mit Sanktionen belegt. In den vergangenen zehn Jahren behielten Jobcenter so fast zwei Milliarden Euro ein.
http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/hartz-iv-zwei-milliarden-euro-sanktionen-in-zehn-jahren-a-1153457.html

ManOfConstantSorrow

ZitatMehr Sanktionen gegen Arbeitslose verhängt
Wohlfahrtsverband fordert Abschaffung der Strafmaßnahmen / Fast 40 Prozent der Klagen gegen Bescheide teilweise oder vollständig erfolgreich


Die Zahl der Sanktionen gegen Hartz-IV-Bezieher ist in den ersten neun Monaten 2017 leicht auf 718.803 gestiegen. Das waren 14.410 oder zwei Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum, wie die »Bild«-Zeitung (Mittwoch) unter Berufung auf Zahlen der Bundesagentur für Arbeit (BA) berichtete. Im September sei ihre Zahl so stark gestiegen wie noch in keinem Monat zuvor seit Einführung von Hartz IV – und zwar um 30,3 Prozent auf 91.590 Strafen.

Hartz-Empfänger werden etwa wegen der Verweigerung eines Jobangebots, des Verschweigens von zusätzlichem Einkommen oder der Ablehnung einer Fortbildung sanktioniert.

Der Paritätische Wohlfahrtsverband forderte einen generellen Verzicht auf Hartz-IV-Sanktionen, die Arbeitsämter und Jobcenter aussprechen. »Sanktionen stürzen viele Menschen in existenzielle Not und Bedrängung – das kann zu Obdachlosigkeit führen«, sagte die Arbeitsmarktreferentin Tina Hofmann dem MDR-Magazin »Exakt«. »Das darf sich der Sozialstaat nicht leisten.«

Die Bundesagentur für Arbeit führte die starke Zunahme auf das Ende der Sommerpause im September zurück, hieß es. Auch viele Hartz-IV-Empfänger hätten in der Ferienzeit einen Teil des ihnen zustehenden Urlaubs genommen. Sie erhalten bis zu 21 Tage weiter Leistungen, auch wenn sie dem Arbeitsmarkt dann nicht zur Verfügung stehen. Möglicherweise hätten viele jedoch vergessen, sich wieder pünktlich beim zuständigen Jobcenter zurückzumelden.
https://www.neues-deutschland.de/artikel/1076514.hartz-iv-mehr-sanktionen-gegen-arbeitslose-verhaengt.html
Arbeitsscheu und chronisch schlecht gelaunt!

Just B U

Gut auf den Punkt gebracht, finde ich:


ZitatPsychologe: "Arbeitslose haben gefälligst zu leiden"

Johann Beran über Abeitslose im Burnout und warum die Arbeitswelt nicht humaner wurde
Karin Bauer

22. Jänner 2018, 12:41


STANDARD: Die aktuelle Diskussion über Arbeitslosigkeit positioniert Erwerbsarbeit als Gütesiegel der gesellschaftlichen Brauchbarkeit ...

Beran:
Ja, ein seltsamer Wert, der Arbeit damit zugeschrieben wird, fast schon religiös: Arbeitslose haben gefälligst zu leiden, wenn sie das nicht freiwillig tun, dann helfen wir ihnen dabei. Dasselbe machen wir übrigens mit den Alten. Der Trick: Entziehe ihnen in der öffentlichen Diskussion den Wert, dann sind sie wertlos. Ein extremes Gegeneinanderarbeiten – nur bringt das niemandem etwas, außer den gemeinsamen Untergang.

(...)




Weiter zum Interwiew:
https://www.derstandard.de/story/2000072712961/psychologe-arbeitslose-haben-gefaelligst-zu-leiden
Die Dummheit der Einen ist die Macht der Anderen.
Je dümmer u. desinteressierter die Einen desto mächtiger die Anderen.

Hätte man den christlichen Klerus mit der gleichen Vehemenz verteidigt, wie Teile der Linken das heute mit dem islamischen tun, hätte die Aufklärung nie stattgefunden.
Seyran

tleary

Zitat
Psychologe: "Arbeitslose haben gefälligst zu leiden"

Ein extremes Gegeneinanderarbeiten – nur bringt das niemandem etwas, außer den gemeinsamen Untergang.
Wieso soll das "niemandem etwas bringen", wenn der Staat ein paar Arbeitslose in die Obdachlosigkeit schickt oder verhungern lässt. - Ganz im Gegenteil: Er blüht durch die eingesparten Gelder dadurch erst so richtig wieder auf! Und für die, die aufmucken, gibt's dann eine extra staatliche Zuwendung durch die Staatsgewalt in Form der Polizei.
»Wir wissen, so wie es ist, kann es nicht weiter gehen. Aber es geht weiter.«
(Autor unbekannt)

Kuddel

ZitatDie Bundesagentur für Arbeit hat im vergangenen Jahr eine etwas höhere Zahl an Sanktionen gegen Hartz-IV-Empfänger verhängt als im Vorjahr. Mit knapp 953.000 seien es rund 13.700 Sanktionen mehr gewesen als 2016, teilte die Agentur mit. Die Sanktionsquote, also das Verhältnis der verhängten Sanktionen zu allen Leistungsberechtigten, habe sich jedoch nicht verändert. Sie liege bei 3,1 Prozent.
http://www.zeit.de/politik/deutschland/2018-04/bundesagentur-fuer-arbeit-hartz-iv-sanktionen-anstieg

Kuddel

Ich bin angewidert.

ZitatUnion lehnt Abschwächung von Hartz-IV-Sanktionen ab
Fraktionsvize Gröhe stellt sich gegen die Pläne der SPD, Sanktionen für Hartz-IV-Empfänger zu lockern. Wer Solidarität erfahre, habe auch Pflichten, sagt er.
http://www.zeit.de/wirtschaft/2018-04/arbeitsmarkt-union-hermann-groehe-hartz-iv-sanktionen

Rappelkistenrebell

Aus: Ausgabe vom 13.04.2018, Seite 5   / Inland

Repression vom Amt
Hartz IV: Jobcenter sanktionierten vergangenes Jahr auch Tausende Kinder, Elternpaare und Alleinerziehende – teils bis auf Null
Von Susan Bonath



Vereinigt und verteidigt euch, denn der einzelne ist Ämterwillkür hilflos ausgeliefert
Foto: Sebastian Kahnert/dpa

Hartz IV soll das physische und soziokulturelle Existenzminimum sichern. Das gebietet die Menschenwürde. So jedenfalls sah es das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) in zwei Urteilen von 2010 und 2014. Doch die Sanktionsparagraphen im Sozialrecht stehen dem entgegen: Wer nicht bereit ist, zu jedem Preis zu arbeiten, eine Maßnahme ablehnt oder einen Termin versäumt, bekommt das Minimum gekürzt oder gestrichen. Im Jahr 2017 praktizierten Jobcenter dies fast eine Million Mal gegen 420.000 Menschen (siehe auch jW vom 11. April 2018). Wie schikanös die Ämter dabei nicht nur gegen Erwachsene vorgehen, zeigt nun eine gesonderte Auswertung, die die Bundesagentur für Arbeit (BA) auf Anfrage dieser Zeitung erstellt hat.

Danach gilt offenbar das Jugendschutzgesetz nicht für alle: Insgesamt 18.540mal kürzten Jobcenter im vorigen Jahr Minderjährigen die Grundsicherung. Monatlich waren im Schnitt mehr als 200 15- bis 17jährige wegen einer »Pflichtverletzung« komplett sanktioniert. Das praktizieren die Behörden, weil sie Jugendliche ab dem 15. Geburtstag als erwerbsfähig ansehen, wenn sie nicht mehr regulär zur Schule gehen. In 88 Prozent der Fälle war ihr einziges »Vergehen« ein Meldeversäumnis. Der Rest hatte entweder eine Maßnahme abgebrochen oder eine andere Auflage des Jobcenters nicht erfüllt.

Jobcenter gehen beim Umsetzen der Strafpraxis auch rücksichtslos gegen Leistungsbezieher mit Kindern vor. Ähnlich wie in den Vorjahren kürzten sie in mehr als jedem dritten Fall einer Familie die Grundsicherung. Von den monatlich insgesamt rund 137.000 Sanktionierten lebten 46.000 mit Kindern in einem Haushalt. Wiederum ein Drittel dieser Betroffenen (14.300) war alleinerziehend. Monat für Monat strichen die Ämter sogar 2.800 Eltern, darunter mehr als 200 Singlemüttern und -vätern, die Leistungen komplett.

Dass dieses Ausmaß der Schikanen 2016 ähnlich hoch war, zeigt eine jW ebenfalls vorliegende ältere Sonderauswertung. Auch damals betraf ein Drittel der verhängten Strafen Familien. Monatlich waren im Schnitt 2.300 Minderjährige sanktioniert, knapp 200 von ihnen vollständig. Von den 18- und 19jährigen waren sogar mehr als 6.500 jeden Monat von solchen Hartz-IV-Strafen betroffen, 840 erhielten gar keine Leistungen mehr.

Nach Einführung von Hartz IV im Jahr 2005 unter der damaligen Koalition aus SPD und Grünen galt zunächst für alle Bezieher ein einheitlicher Strafkatalog: zehn Prozent Abzug bei einem verpassten Termin, 30 Prozent bei einer darüber hinausgehenden »Pflichtverletzung«, 60 Prozent beim zweiten Verstoß innerhalb eines Jahres. Beim dritten Mal sollte für ein Vierteljahr jede Zahlung wegfallen. 2007 führte die »große« Koalition aus Union und SPD unter Bundeskanzlerin Angela Merkel eine Art schwarze Sonderpädagogik für 15- bis 24jährige ein. Seitdem reichen eine abgebrochene Maßnahme oder zu wenige Bewerbungen aus, den jungen Menschen für drei Monate den kompletten Regelsatz zu entziehen. Beim zweiten Verstoß fällt zusätzlich die Miete weg. Betroffene können dann Lebensmittelgutscheine zum maximalen Wert eines halben Regelsatzes beantragen. Ob Jobcenter sie gewähren, liegt im Ermessen des Sachbearbeiters.

Dass Jugendliche besonders unter der Strafpraxis leiden und diese auch Obdachlosigkeit produziert, hatte am Mittwoch auch BA-Chef Detlef Scheele (SPD) bei der Präsentation der offiziellen Sanktionsstatistik für 2017 eingeräumt. Am Donnerstag erklärte die SPD-Fraktionsvorsitzende im Bundestag und Exarbeitsministerin Andrea Nahles, bis dato eiserne Verfechterin des Vorgehens, die harten Sanktionen für unter 25jährige für »keinesfalls sinnvoll«. Die Kürzungen generell abzuschaffen halte sie aber für »schwierig«, sagte sie der Frankfurter Rundschau. Zuvor hatte ihr Nachfolger Hubertus Heil (SPD) angekündigt, die Sanktionen und die Höhe der Regelsätze prüfen zu wollen. Doch Koalitionspartner CDU/CSU stemmt sich dagegen. »Wir halten an den Sanktionen fest«, sagte deren Fraktionschef Hermann Gröhe der Rheinischen Post am Donnerstag. Mit den existenzbedrohenden Strafen wolle die Union »Menschen zur eigenverantwortlichen Lebensführung befähigen«.

Quelle

https://www.jungewelt.de/artikel/330698.repression-vom-amt.html
Gegen System und Kapital!


www.jungewelt.de

Kuddel

Rund 34.000 Empfängern von Hartz IV wurden nach einem Medienbericht im vergangenen Jahr die Leistungen komplett gestrichen, weil sie gegen Auflagen der Jobcenter verstoßen hatten.

Demnach wurden gegen insgesamt 204 000 erwerbsfähige Leistungsberechtigte zwei und mehr Sanktionen ausgesprochen, weitere 217.000 Bezieher von Hartz IV bekamen eine Sanktion auferlegt.

http://www.fr.de/politik/medienbericht-34-000-hartz-iv-empfaengern-wurden-leistungen-gestrichen-a-1515799

counselor

Zitat,,Notwendige Gesetzesreform" - Müller will Hartz-IV-Sanktionen für Kinder abschaffen

Familien mit minderjährigen Kindern und Jugendlichen sollen laut Müller von den Sanktionen, die ihre Eltern betreffen, ausgenommen werden.

Quelle: https://www.bz-berlin.de/berlin/mueller-will-hartz-iv-sanktionen-fuer-kinder-abschaffen
Alles ist in Bewegung. Nichts war schon immer da und nichts wird immer so bleiben!

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