Was ist in Frankreich los? 14.11. Kiel

Begonnen von admin, 18:08:22 Mo. 07.November 2016

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admin

Es war eine astreine Veranstaltung. Wenn man die Veranstalter und Mitorganisatoren abzieht, waren immerhin noch 20 Leute im Publikum, die alle extra wegen des Themas gekommen sind, denn am Montag hat die Kneipe normalerweise zu. Und es war ein regnerischer Montagabend.

Ich würde mich freuen, wenn ein anderer Besucher der Veranstaltung hier mal eine kleine Rückschau posten könnte. Ich wollte es ursprünglich machen, schaffe es jetzt nicht mehr und bin dann für einige Tage weg.

admin

Von der langen Veranstaltung blieb mir im wesentlichen folgendes hängen:

Kämpfe werden in Frankreich oft von einer nahezu heiligen Sommerpause unterbrochen. Der Kampf gegen das Arbeitsgesetz ist nach der Pause nicht mehr richtig in Fahrt gekommen. Er schwelt und könnte sich zu einem bestimmten Anlaß wieder entfachen.

Die Referenten legten besonderen wert darauf hinzuweisen, daß in Frankreich nicht ARBEIT das große Ziel ist, sondern ein vernünftiges Leben. So hatte sich ein Teil der Beschäftigten ein Renteneintrittsalter von 55 Jahren erkämpft. Seit vielen Jahren bissen sich verschiedene französche Regierungen die Zähne daran aus, die rebellische Bevölkerung zu einer längeren Lebensarbeitszeit zu zwingen. Sie lösten damit stets riesige Streikwellen und gewalttätige Proteste aus.

Der jetzige Angriff auf die Arbeitsbedingungen wurde unter dem Zustand eines andauernden Ausnahmezustands geführt, den man unter dem Vorwand der Terroranschläge ausgerufen hat.

Die Eroberung der öffentlichen Plätze war etwas besonderes und ganz besonders war das Zusammenkommen von klassischem Arbeitskampf und Protesten von Prekär Beschäftigten, Schülern, Studenten und Erwerbslosen. In Le Havre lautete die Parole "Blockiert alles!" und die Wirtschaft ließ sich lahmlegen durch Tor- und Straßenblockaden von Menschen, die nicht in entsprechenden Betrieben arbeiteten. Auch das Zusammenkommen von Traditionellen Gewerkschaften und den radikalen Basisgewerkschaften ist in Frankreich ein Novum. Man hatte zuvor nicht miteinander geredet.

Die große Solidarität mit militant kämpfenden Arbeitern ist aus deutscher Sicht auch unglaublich.
Als Arbeiter Air France Manager in die Mangel nahmen und sie dann mir zerrissenen Hemden flüchten ließen, waren es Bilder, die um die Welt gingen.


Als die Arbeiter vor Gericht standen, kamen Protestierende in 500(!) Bussen angereist.

Aber in den 2 Stunden wurde viel mehr berichtet.

Ich wollte nur ein wenig davon erzählen, da es ein Schritt in die Richtung bedeutet, die für chefduzen seit Anbeginn angedacht war.  Chefduzen sollte ein Stammtisch sein, bei dem man sich austauscht und von dem aus man Aktionen und Veranstaltungen organisiert. Der Onlinestammtisch chefduzen.de kam eher zufällig dazu. In dieser Größe war das nie geplant.

Es wäre astrein, wenn mehr solche praktischen Dinge offline passieren würden. Es gab bereits chefduzen Stammtische in mindestens 5 Städten, oftmals kurzlebig bis hin zum Berliner Stammtisch, den es viele Jahre lang gab. Es wäre schön, wenn sich mal wieder an anderen Orten Leute zusammenfinden könnten, die einen Stammtisch oder eine Veranstaltung organisieren oder die Leihkeule oder Quote verteilen oder etwas völlig anderes machen.

Die sozialen Auseinandersetzungen müssen in der wirklichen Welt geführt werden, online kann man sich bestenfalls informieren und verabreden.

Troll

Politik ist der Spielraum, den die Wirtschaft ihr lässt.
Dieter Hildebrandt
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