Volksverhetzung alá Spiegel - Teil 8, Stiefeltern

Begonnen von Klassenkampf, 11:29:01 So. 20.November 2005

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Klassenkampf

Bevor Fragen auftauchen: "Teil 8" ist Hirngespinst, genährt durch bereits verunglimpfte Bevölkerungsgruppen - einst Asylanten und Sozialhilfeempfänger, aktueller wohl Arbeitslose, Rentner, Schüler und Studenten sowie nimmersatte Arbeitnehmer. Geringschätzung zudem, erfahren in steter Weise alleinerziehende Mütter.

Stiefeltern sind nun an der Reihe - natürlich nur eine kleine Zwischenepisode, die in der Gesellschaft keinen Anklang finden wird, doch zeugt sie davon, wie leichtfertig der Spiegel mit Urteil und angeblicher Informationspflicht umgeht.
Man lese selbst, um sich das Ausmaß der Hatz vor Augen zu führen; einige Auszüge:

ZitatErbe aus der Urzeit

(...)
Aber in Extremfällen, so glauben Evolutionspsychologen, wirken andere Muster mit: Animalische Instinkte könnten dann jegliche Zivilisierung überdecken, ein Erbe aus der Urzeit könne den Nachwuchs in Gefahr bringen. Bei diversen Tierarten töten die Männchen häufig jene Nachkommen, die noch der Vorgänger gezeugt hat. Ein brutales Verhalten zur Sicherung der eigenen Gene.
(...)
"Wir sind auch nur Tiere", sagt der Evolutionspsychologe Harald Euler von der Universität Kassel. [...]
(...)
"Es ist so, wie es im Märchen gesagt wird", so Euler: "Stiefkinder leiden in der Familie eher als leibliche." Stiefväter würden den angenommenen Nachwuchs häufiger misshandeln als leibliche Väter, Stiefmütter seien eher kühl. Dies erkläre, warum Stiefkinder das Elternhaus in jüngeren Jahren verließen als leibliche Kinder.

"Der neue Partner will die Frau - er nimmt das Kind notgedrungen als Kostenfaktor mit", sagt Euler. Fordere das Kind dann aber Zuneigung, Fürsorge, Zeit, reagiere der Vater wider Willen überfordert, und: "Wenn er das gibt, investiert er in die Gene eines anderen Mannes. In der Evolution können sich solche Männer nicht behaupten."

Die Evolutionspsychologen berufen sich auf Dutzende Säugetierarten, in denen Männchen gezielt Nachkommen töten. Das ist etwa bei Primaten wie den Hanuman-Languren oder bei Löwen so: Jedes Löwenrudel wird von Männchen geleitet, und wenn ein neues Männchen die Sippe übernimmt, versucht es oft, alle Jungen zu töten, die noch gesäugt werden - damit die Mütter schnell wieder paarungsbereit sind.
(...)

Urinstinkte sind uns sicher zueigen, doch daraus strickend eine gesammte Bevölkerungsgruppe in Verruf zu bringen, grenzt an wissenschaftlicher Wahrheitsbeugung.
Natürlich zählt der Spiegel einige Fälle auf, in welchen Stiefeltern verachtend gehandelt haben. Wo aber sind die Fälle von "Stiefeltern-Dasein", die Respekt verdienen? Wo sind Stiefväter aufgeführt, die ihr Stiefkind lieben? Nur Einseitigkeit herrscht...

In polemischer Weise, in erster Erregung, ein Leserbrief an das Blatt, welches mir oftmals cholerische Anflüge beschert:

ZitatSehr geehrte Damen und Herren,
 
die ach so liberale Gesellschaft, mit ihren alternativen Lebensgemeinschaftsformen, mit ihrem "Patchwork" wird gerade von Medien als gleichwertige Alternative gepriesen. Selbst homosexuelle Gemeinschaften werden auf einen gleichwertigen Sockel gehoben.
Nun aber lassen Sie das alte Gesellschaftsbild der bösen Stiefeltern wiedererwachen. Die Stiefmutter "Hänsel und Gretels", ist nicht das reale Bild der "Zweitmutter" in dieser Gesellschaft.
 
Selbst Stiefvater, weiß ich, wovon ich spreche. Alleine diese Tatsache würde mich, im Rahmen Ihres ominösen Beitrages, verdächtig machen. Wohlwollend setzen Sie also eine Bevölkerungsgruppe dem Argwohn aller aus, indem Sie pauschal abkanzeln - man könnte gar von Volksverhetzung sprechen.
 
Hatzkampagnen des Spiegels sind nichts Neues, Arbeitslose und Rentner, Schüler und Studenten sind schon seit Jahren nicht mehr vom "öffentlichen Schandmaul" sicher...
Man erweitere die Riege derer, die sich nicht wehren können, um Stiefeltern.
 
Tiere sind diese, wie Sie darlegen. Sicher, der Mensch ist Tier - aber gerade bei Stiefeltern scheinen Instinkte des "Tierseins" aufzubrechen. Das bedeutet: Der Mensch ist ein durch Vernunft gemäßigtes Tier, der Stiefvater allerdings kennt keine Vernunft mehr.
 
Man möchte mit "hochachtungsvoll" grüßen, aber da man glaubt, ich bringe mein Stiefkind mit einem Laib Brot in der Hand in den Wald, erspare ich mir freundliche Floskeln.

Klassenkampf

Nicht das Tiefgründigste, daß mir je von der Hand ging, offen zugebend. Doch freche Scheinwissenschaft, im Rahmen der Sensationsgier und im Anbetracht der Volksverhetzung, die nur Einseitigkeit kennt und glaubt einige Zahlenspielerein seien als Tatsache zu werten (Hume kommt in den Sinn: Der Schluß von Einzelfällen auf Allgemeingültigkeit ist nicht als Beweis zu werten), darf keine profunde Antwort erwarten - freches Auftreten provoziert freches Entgegentreten.

Quelle
,,Diese Verhältnisse sind nicht die von Individuum zu Individuum, sondern die von Arbeiter zu Kapitalist... Streicht diese Verhältnisse, und ihr habt die ganze Gesellschaft aufgehoben."
--- Karl Marx, "Das Elend der Philosophie" ---

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