Rechtsruck auch in Schweden

Begonnen von Carsten König, 08:56:29 So. 24.September 2006

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Carsten König

ZitatSchwedens Sozialdemokraten haben die Parlamentswahl gegen die rechte Allianz unter Führung der Konservativen Partei von Fredrik Reinfeldt verloren. Der Sieg der Allianz wurde am 17. September schon drei Stunden nach Schließung der Wahllokale bekannt gegeben, als der amtierende Ministerpräsident Göran Persson seine Niederlage einräumte. Persson kündigte an, im März nächsten Jahres auch als Parteichef der Sozialdemokraten zurückzutreten. Die neue Regierung wird bis zum 5. Oktober gebildet werden.

Die Allianz siegte knapp mit 48 Prozent zu 46,2 Prozent der Stimmen. Das entspricht 178 zu 171 Sitzen im Riksdag, dem schwedischen Parlament, zu Gunsten der Vier-Parteien-Gruppierung aus Konservativen, Zentrum, Liberalen und Christdemokraten. Innerhalb der Allianz legten die Konservativen auf Kosten der Liberalen von 15,3 Prozent auf 26,1 Prozent zu. Sie gewannen auch Wähler von den Sozialdemokraten und den ehemaligen Stalinisten der Linken Partei für sich.

Obwohl die Sozialdemokraten mit 35,2 Prozent die bei weitem größte Partei blieben, verloren sie gegenüber der letzten Wahl 2002 4,6 Prozent. Es ist ihr schlechtestes Ergebnis seit 1920. Die Partei verlor auch im Stockholmer Rathaus die Mehrheit. Das Ergebnis ist insofern bedeutsam, als die Sozialdemokraten seit 74 Jahren, mit Ausnahme von nur neun Jahren, in Schweden die Regierung gestellt haben.

Das schlechte Abschneiden ihrer Verbündeten, vor allem der Linken Partei, hat die von den Sozialdemokraten geführte Quasi-Koalition die Mehrheit im 349-Sitze Riksdag gekostet. Die Linke Partei fiel von 8,3 Prozent auf 5,8 Prozent und verlor damit acht Sitze, während die Grünen von 4,6 Prozent auf 5,2 Prozent zulegten.

Die Wahl war von unfeinen Streitereien und hinterhältigen Wahlkampfmethoden, wie z.B. illegalen Hackerangriffen auf sozialdemokratische Wahlkampfcomputer, geprägt. Die zentralen Fragen, die die arbeitende Bevölkerung bewegen, wurden von beiden Lagern verzerrt.

Beide Lager bekannten sich zum so genannten "schwedischen Modell" des Wohlfahrtsstaats und zur Umschulung von Arbeitslosen. Die Sozialdemokraten behaupteten, der Sozialstaat sei bei ihnen in sicheren Händen, obwohl ihre Bilanz in der Regierung das Gegenteil beweist, während die Allianz behauptete, ihr Steuersenkungs- und Privatisierungsprogramm sei auch irgendwie mit dem "schwedischen Modell" vereinbar.

In Wirklichkeit planen beide, den Sozialstaat auszuhöhlen und die Deregulierung voranzutreiben. Sie unterscheiden sich nur darin, in welcher Geschwindigkeit und welchem Umfang das geschehen soll.

In den letzten Jahren haben die Sozialdemokraten Deregulierungen im Schul- und im Gesundheitswesen durchgesetzt und in Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften eine massive Steigerung der Produktivität erreicht. Die offizielle Arbeitslosenrate beträgt nur etwa fünf Prozent, aber die verdeckte Arbeitslosigkeit, die durch zahlreiche Maßnahmen verschleiert wird, soll bis zu fünfzehn Prozent betragen und betrifft besonders Einwanderer.

Der Persson-Regierung, die seit 1994 im Amt ist, wurde aus verschiedenen Gründen mit Misstrauen begegnet: Zum einen war sie unfähig, die Frage der Arbeitslosigkeit zu lösen, zum andern war sie in Korruptionsskandale verstrickt. Ihre weit verzweigten Beziehungen zum Staatsapparat, den Staatsmonopolen und der Gewerkschaftsbürokratie erlaubten es der Regierung, eine ganze Anzahl führender Positionen mit engen Freunden und Familienmitgliedern Perssons zu besetzen. Seine Frau wurde zum Beispiel zur Chefin des staatlichen Alkoholmonopols ernannt. Eine Untersuchung der Wahlkandidaten ergab, dass die sozialdemokratischen Bewerber die wohlhabendsten waren.

Die Regierung war auch scharf kritisiert worden, weil sie gleichgültig auf das Schicksal der vielen Schweden reagiert hatte, die in den Tsunami in Südostasien geraten waren.

Im Wahlkampf verurteilte Persson die "fiese Klassenpolitik" der Allianz. Aber das Misstrauen gegenüber den Sozialdemokraten wog schwerer als die Warnungen vor ihren Gegnern.

Die Allianz kam nach dem katastrophalen Abschneiden der Konservativen in der Wahl von 2002 zustande. Damals hatten ihr offener Rassismus und ihr Vorschlag, die Steuern um 14 Mrd. Euro zu senken, zu einem Einbruch auf nur noch 15 Prozent geführt.

Quelle: http://www.wsws.org/de/2006/sep2006/schw-s23.shtml

Mal ein Blick in andere europäischen Nachbarstaaten - auch das skandinavische Sozialstaatsmodell wird bewußt geschliffen.

Rudolf Rocker

ZitatBrandanschlag auf Moschee

Unbekannte haben einen Brandanschlag auf eine Moschee in der schwedischen Stadt Eskilstuna verübt. Fünf Menschen wurden dabei verletzt. Mit Rauchvergiftungen, Schnittwunden und Knochenbrüchen kamen sie in ein Krankenhaus.

Der Sprengsatz entfachte einen Brand in dem Gotteshaus, sagte der Sprecher der örtlichen Polizei, Lars Franzell. In der Moschee, die sich im Erdgeschoss eines Wohnhauses befindet, hielten sich laut Polizei 15 bis 20 Menschen auf. Augenzeugen berichteten, dass ein Unbekannter unmittelbar vor dem Ausbruch des Feuers einen Gegenstand durch ein Fenster geworfen hatte

http://www.tagesschau.de/ausland/brandanschlag-moschee-schweden-101.html

dagobert

ZitatKommentar Moscheebrände in Schweden
Von Dresden nach Uppsala

In Schweden nimmt die Zahl rassistischer Gewalttaten zu, in Foren wird gegen Geflüchtete gehetzt. Immer wieder taucht dabei Pegida als Vorbild auf.

Eskilstuna, Eslöv, Uppsala. Drei schwedische Städte, in denen es innerhalb nur einer Woche Brandanschläge auf Moscheen gegeben hat. 15 Anschläge in einem Jahr und eine hohe Dunkelziffer bei minderen Attacken wie Schmierereien, eingeworfenen Scheiben oder anonymen Drohungen. Zumindest in einigen Fällen nahmen die unbekannten Täter bei ihren Anschlägen auch den möglichen Tod von Menschen in Kauf.

[...]

Und in rassistischen Webbforen wird hemmunglos angeheizt. ,,Weitermachen", tönt es da, ,,raus mit der Muslimscheiße" und ,,so scheuchen wir sie aus dem Land". Es wird auf die angebliche ,,Überschwemmung" Schwedens mit Flüchtlingen verwiesen und das Beispiel anderer Länder gelobt, die nicht so ,,dumm" seien und wo man sich angeblich ,,endlich" gegen diese ,,Überfremdung" wehrt. Auffallend oft ist dabei jetzt von Deutschland und Pegida die Rede.

So erfreulich es ist, dass nicht nur in allen von den Moscheeanschlägen betroffenen Orten, sondern in landesweiten Manifestationen SchwedInnen ihren Abscheu gegen diese Taten bekunden und für ihre muslimischen MitbürgerInnen auf die Strasse gehen, so ausgesprochen lahm ist bislang die Reaktion der schwedischen Politik. Mit den üblichen Phrasen, dass man solche Angriffe auf die Demokratie nicht akzeptieren könne, ist es mittlerweile wirklich nicht mehr getan.
http://www.taz.de/Kommentar-Moscheebraende-in-Schweden/!152115/
"Sie haben die unglaubwürdige Kühnheit, sich mit Deutschland zu verwechseln! Wo doch vielleicht der Augenblick nicht fern ist, da dem deutschen Volke das Letzte daran gelegen sein wird, nicht mit ihnen verwechselt zu werden."
Thomas Mann, 1936

Rudolf Rocker

ZitatEinen Tag nach der Attacke auf eine Schule in Schweden bekommen die Ermittler eine Ahnung davon, was im Kopf des Attentäters vorging. Demnach war er von Horror fasziniert und glorifizierte Hitler.
http://www.n-tv.de/panorama/Schul-Attentaeter-hatte-krudes-Nazi-Weltbild-article16197936.html


ZitatSweden school killings: Attacker 'had racist motives'
http://www.bbc.co.uk/news/world-europe-34612000

Kuddel

ZitatDoch gibt es in Schweden das Phänomen, dass die rechtsnationalistische Partei der Schwedendemokraten seit einigen Monaten stark an Rückhalt in der Bevölkerung gewinnt. Laut Umfragen zählt sie mit rund 20 Prozent zu den stärksten Parteien des Landes; noch 2010 erhielt sie bei den Parlamentswahlen gerade einmal 5 Prozent der Stimmen.

Diese Veränderung in der Gesellschaft wollen die etablierten Parteien, vor allem die regierende Koalition aus Grünen und Sozialdemokraten, nicht wahrhaben.
http://www.nzz.ch/meinung/kommentare/ausgerechnet-schweden-1.18634835

Zitat"Kommt nicht her, Schweden ist voll!"

Schwedendemokraten wollen Anzeigenkampagne starten, um Flüchtlinge abzuschrecken


Die rechtspopulistische Partei "Schwedendemokraten" (SD) will demnächst für eine Abschreckungskampagne bis zu 25 Prozent ihres Budgets aufwenden (über eine Million Euro), das eigentlich für die Wahlen 2018 vorgesehen war. In Jordanien, dem Libanon und der Türkei, wo die großen Flüchtlingslager sind, soll eine Kampagne mit dem Titel "Kommt nicht her" geschaltet werden, die vom Reiseziel Schweden abschreckt. Unter anderem soll vor dem ungemütlichen Wetter in Schweden gewarnt werden.

Parteichef Jimmie Akesson sieht "die schwedische Gesellschaft vor der größten Katastrophe in jüngster Zeit". Es drohe ein Kollaps des Wohlfahrtsstaates.
http://www.heise.de/tp/artikel/46/46306/1.html

Fritz Linow

ZitatStrike back

Bericht über den Aufruf der schwedischen Sveriges Arbetares Centralorganisation

Für den 25.08. ruft ein von der syndikalistischen Gewerkschaft SAC (Sveriges Arbetares Centralorganisation) unterstütztes Bündnis zu einer militanten Demonstration in Stockholm und dezentralen Aktionen an anderen Orten auf. Auf dem Spiel steht das Streikrecht, das in Schweden bislang sehr freiheitlich ausgestaltet ist.

Die Ursachen des Protestes liegen in einem Vorstoß der sozialdemokratischen Regierung, zukünftig nur noch Streiks zuzulassen, die auf einen Vertrag zwischen Gewerkschaften und Arbeitgeber*innen abzielen, dem deutschen System nicht unähnlich. Vom schwedischen Arbeitgeberverband Svensktnäringsliv wurde ein geheimer Alternativvorschlag ausgearbeitet, der sich einer Nachforschung seitens des Protestbündnisses zufolge nicht wesentlich vom ursprünglichen Modell unterscheidet.
(...)
https://direkteaktion.org/strike-back/

Troll

ZitatMalmö: Multikulti oder Rechtsruck?

Es ist eine politische Zeitwende in Schweden: Die rechtspopulistische Partei  Schwedendemokraten wurde bei den Wahlen vom 9. September 2018 drittstärkste Kraft. Inwiefern prägt die fremdenfeindliche Partei die Gegenwart und Zukunft des Landes? 

HTML5:
https://arteptweb-a.akamaihd.net/am/ptweb/081000/081300/081327-075-A_EQ_0_VA-STA_03900585_MP4-1500_AMM-PTWEB_126G316IQMu.mp4
Quelle: Arte
Politik ist der Spielraum, den die Wirtschaft ihr lässt.
Dieter Hildebrandt
Es ist kein Zeichen geistiger Gesundheit, gut angepasst an eine kranke Gesellschaft zu sein.
Jiddu Krishnamurti

Kuddel


Kuddel

ZitatDie rechtsextremen Schwedendemokraten sind aus der Neonazi-Szene hervorgegangen. Jetzt sind sie zweitstärkste Kraft. Anstatt sie zu bekämpfen, öffnen ihnen die Konservativen die Tür.
https://jacobin.de/artikel/schweden-die-brandmauer-ist-gefallen-schwedendemokraten-christdemokraten-moderate-Ulf-Kristersson/

counselor

ZitatRECHTSENTWICKLUNG IN SCHWEDEN - Ultrarechte Allianz erzielt Mehrheit

Der Ausgang der Wahlen für den Reichstag in Schweden war bis zuletzt ein Kopf-an-Kopf-Rennen.

Die sozialdemokratische Partei, die mit Magdalena Andersson die Ministerpräsidentin stellte, blieb zwar stärkste Partei mit 30,5% der Stimmen (+ 2%). Ihre Minderheitsregierung gestützt auf Grüne (5,1%), Zentrumspartei(6,7%)  und Linkspartei(6,7%) erreichte jedoch nur noch 173 Sitze. Die bürgerlich ultrarechte Allianz um Ulf Kristersson von den Moderaten errang die knappe Mehrheit mit 176 Sitzen [1].

Quelle: https://www.rf-news.de/2022/kw37/ultrarechte-allianz-erzielt-mehrheit
Alles ist in Bewegung. Nichts war schon immer da und nichts wird immer so bleiben!

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