Eingliederungsvereinbarung (EGV) – Was man darüber wissen sollte (+++Update+++)

Begonnen von Paolo_Pinkel, 02:01:46 Di. 22.Mai 2012

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Paolo_Pinkel

+++Update, nach der in kraft getretenen Novellierung des SGB II zum 1.4.2011+++

Wenn du das liest wirst du vor der Entscheidung stehen, ob du unterschreiben sollst oder nicht. Hier erhältst du die Packungsbeilage, die man dir bewusst verschweigt.

Was ist eine Eingliederungsvereinbarung (EGV)?

Eine EGV ist ein öffentlich rechtlicher Vertrag i.S.v. § 53 SGB X. Du kannst es auch als eine Zielvereinbarung zwischen dir und deinem Jobcenter (JC) betrachten, die die Leistungen des JC und deine Bemühungen für die nächsten 6 Monate vertraglich d.h. verbindlich konkretisiert. Die Praxis hat gezeigt, dass ein Abschluss einer EGV sich für den Hilfebedürftigen (HE) oft negativ auswirkt, weil die Tragweite der Auswirkungen für einen Laien nicht überschaubar ist. Deine Freiheit sollte nicht am Hinduskusch verteidigt werden, sondern in jedem Jobcenter vor Ort in Deutschland. Ziel muss also sein, dass du einen permanenten Zustand der EGV-losigkeit erkämpfst, aus dem du a) deine Freiheit zurückgewinnst und b) völlig zwanglos die Eingliederungsleistungen, die du für dich als sinnvoll erachtest und Kostenerstattungsansprüche beantragen kannst. Andernfalls hilfst du deinem Jobcenter nur, dass man sprichwörtlich auf deine Kosten die Kosten des JC einspart, indem du mit deiner Unterschrift das Tor zu Sanktionen öffnet.

Um dir viel Ärger zu ersparen solltest du also eine EGV erst gar nicht unterschreiben! Ja, dass ist möglich, dein gutes Recht und funktioniert auch völlig sanktionslos! Und weil das so ist versucht das Jobcenter natürlich, dass man mit fingierten Drohungen der Leistungskürzung o. ä. den HE einschüchtert, um damit die nötige Unterschrift zu erpressen, um das Zustandekommen des Vertragsverhältnisses freiwillig aussehen zu lassen. Steige darauf nicht ein, denn es entbehrt jeglicher gesetzlichen Grundlage, wie du im weiteren Verlauf auch anhand von Querverweisen auf die aktuelle Rechtssprechung sehen wirst. Für diesen Fall hat dein Sachbearbeiter (SB) die Möglichkeit einen sog. ersetzenden Verwaltungsakt (VA) gem. § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II zu erlassen. Dies ist für dich die vorteilhaftere Variante, weil du damit im Gegensatz zu einer unterschrieben EGV (Vertrag) einen Bescheid in Händen hältst, welcher dir den Klagewege (Widerspruch und Klage) eröffnet, um diesen Bescheid gerichtlich anzufechten.

Eine EGV wird meist versucht schmackhaft zu machen, wenn man gem. seiner Meldepflicht § 59 SGB II i.V.m. § 309 SGB III in sein Jobcenter zitiert wird, um mit dir über deine berufliche Situation oder dein Bewerberangebot zu sprechen. Der eigentliche Termin zielt jedoch meist nur darauf ab, dass du dieses einseitige Diktat abzeichnen sollst. Zu diesem Termin solltest du nicht alleine erscheinen! Es steht dir frei, ob und wieviele Beistände
gem. § 13 Abs. 4 SGB X dich zu diesem Termin begleiten. Dies ist hilfreich, weil ein Beistand auch immer ein potentieller Zeuge ist. Ausführlichere Informationen dazu findest du im Beitrag zum Thema Meldetermine ==> Meldetermine richtig wahrnehmen

Unterschreibst du nun diese EGV, so legitimierst und legalisierst du für die nächsten 6 Monate das Handeln deines SB. Du bist auf Gedeih und Verderb der Fremdbestimmung ausgeliefert und musst auf Wohlwollen deines SB hoffen, was so sicherlich nicht eintreten wird.
Also unterschreibst du nicht, erwartest den VA und behältst dir dein Recht auf einen Klageweg vor!


Dein SB droht dir mit Sanktionen, wenn du nicht unterschreibst? So sieht die Realität aus!
ZitatKeinesfalls darf die Erfüllung des Anspruchs auf Leistungen der Grundsicherung zum Lebensunterhalt von der Unterzeichnung der EGV abhängig gemacht werden. Das gilt auch für erwerbsfähige Hilfebedürftige unter 25 Jahren (BSG vom 22.9.2009 – B 4 AS 13/09 R).

Der Arbeit Suchende sei mangels eines fairen Verfahrens nicht zum Vertragsabschluss verpflichtet gewesen, nachdem Ihm in einem einmaligen Termin die EGV als Formular präsentiert wurde (SG Braunschweig vom 15.12.2005 – S 19 AS 866/05 ER).

Fachliche Hinweise der BA zum § 31 SGB II Rz. 31.4: ,,Bei Weigerung des Leistungsberechtigten, eine Eingliederungsvereinbarung abzuschließen, liegt kein Sanktionstatbestand mehr vor. Bei Nichtzustandekommen einer Eingliederungsvereinbarung sind die zu bestimmenden Rechte und Pflichten
in einem Verwaltungsakt nach § 15 Absatz 1 Satz 6 verbindlich zu regeln."

Darüber hinaus sieht der geänderte Sanktionsparagraph § 31 SGB II eine Sanktion wegen einer diesbezüglichen "Pflichtverletzung" auch nicht mehr vor.
Dein SB gewährt dir keine Bedenkzeit? So sieht die Realität aus!
ZitatDer Hilfebedürftige hat das Recht, den Text der EGV vor Unterzeichnung von einer fachkundigen Stelle überprüfen zu lassen. Der SGB II-Träger hat ihm dazu Zeit (10-14 Tage) einzuräumen (LSG NRW vom 7.2.2008 – L 7 AS 1398/08 ER-B). Achtung! Die Gerichte entscheiden zunehmend zu Gunsten der Leistungsträger (LT), wonach LT auch ohne Verhandlungspfhase sofort eine EinV als VA erlassen dürfen, wenn dem LT das als das geeignestere Mittel erscheint. Siehe auch BSG v. 22.9.2009 - B 4 AS 13/09 R.
>>>Wie geht es weiter, wenn der ersetzende Verwaltungsakt (VA) ins Haus geflattert ist?<<<

Möglichkeit I

Hierbei handelt es sich um einen Bescheid gegen den du binnen 4 Wochen ab Erhalt Widerspruch einreichen musst. Den Widerspruch richtest du an den Absender. Also an dein JC. Genauere Angaben zur Adresse findest du in deinem Bescheid. Um im Zweifel den Nachweis erbringen zu können, solltest du ab jetzt den Schriftverkehr in Richtung Jobcenter so gestalten, dass der Versand durch dich eindeutig nachweisbar ist z.B. indem du die Sendung als Einschreiben versendest, sie mit Beistand persönlich beim JC abgibst und dir den erhalt schriftlich bestätigen lässt usw.

Deinen Widerspruch solltest du nicht zu detailliert begründen, weil die Erfahrung gezeigt hat, dass Widersprüche gegen EGV/VA im Regelfall als unbegründet zurückgewiesen werden. (Mit diesem Verhalten will dein JC wohl testen, wie weit du bereit bist zu gehen.) Darüber hinaus sieht das Sozialgerichtsgesetz (SGG) eine ausführliche Begründung auch nicht vor
Zitat"Begründung grundsätzlich nicht erforderlich, Widerspruch muss auch keinen Antrag enthalten, wenn das auch zweckmäßig ist...Im Zweifel ist anzunehmen, dass der Betroffene eine Überprüfung in vollem Umfang begehrt (BSG SozR Nr 7 zu § 84 SGG)" – Leitherer in Meyer-Ladewig LPK-SGG, 8. Auflage, § 84, Rz. 2
Das bedeutet also, dass dein JC nach dem sog. Untersuchungsgrundsatz gem. § 20 SGB X den Sachverhalt von Amts wegen eigenständig ermitteln muss. Sehe es also sportlich und spare dir dein brisantes Material für einen wahrscheinliches Klageverfahren am Sozialgericht (SG) auf, um auch nicht deine Taktik im Vorfeld der Gegenseite zu verraten.

Da ein Widerspruch gem. § 39 SGB II keine aufschiebende Wirkung mehr hat bedeutet dies, dass trotz deines Widerspruchs der VA sofort vollziehbar ist! Du solltest deshalb versuchen, dass du parallel zu deinem Widerspruch an das JC, du dir die aufschiebende Wirkung deines Widerspruchs durch deinem SG wiederherstellen lässt. Dies beantragst du schriftlich unter Berufung auf den § 86b Abs. 1 Nr. 2 SGG i.v.M. § 39 SGB II bei dem zuständigen SG. Deinen Widerspruch und den besagten VA solltest du als Kopie in zweifacher Ausführung deinem Antrag beifügen.

Möglichkeit II

Diese Variante solltest du wählen, wenn du mit der Materie vertraut bist, weil sie entsprechende Kenntnis voraussetzt. Du kannst deinen VA unmittelbar und ohne ein Vorverfahren (Widerspruch und Klage) angreifen. Diese Möglichkeit bietet dir eine Feststellungsklage gem. § 55 Abs. 1 Nr. 4 SGG. Mit dieser Klage kannst du begehren, dass das SG die Nichtigkeit deines VA feststellt. Hier musst du das Gericht aber davon überzeugen, dass du ein berechtigtes Interesse an einer alsbaldigen Feststellung hast
ZitatFeststellungsinteresse: Klage nur zulässig, wenn Kläger ein eigenes berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat...§ 55 verlangt wie bei § 43 VwGO, § 41 FGO ein berechtigtes Interesse, nicht, wie § 256 ZPO, ein rechtliches Interesse. Berechtigtes Interesse ist nicht gleichbedeutend mit einem rechtlichen Interesse, sondern schließt über ein solches Interesse hinaus jedes als schutzwürdig anzuerkennende Interesse wirtschaftlicher oder ideeller Art ein (BSG SozR 3-1500 § 55 Nr 34). – Keller in Meyer-Ladewig LPK-SGG, 8. Auflage, § 55 Rz. 15 – 15a
Deine Klage sollte dementsprechende genau aufgebaut sein und alle Rechtswidrigkeiten im VA aufführen, falls du dich für diesen Weg entscheidest. Folgende, immer wieder auftauchende Rechtswidrigkeiten, kannst du hier abgleichen.

Überprüfe deinen VA auf rechtswidrige Inhalte und sammle Munition für eine Klage:

Starre Anzahl von Bewerbungsbemühungen in der EGV?
ZitatDie Form und Häufigkeit von eigenbemühten Bewerbungen ist von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängig. Dabei sind insbesondere die individuellen Kenntnissen und Fähigkeiten des Hilfesuchenden, seine Vor- und Ausbildung, seine bisherigen beruflichen Erfahrung, seinen persönlichen und familiären Verhältnisse, der Grad der Flexibilität sowie die Lage auf dem örtlichen und regionalen Arbeitsmarkt zu berücksichtigen."
(Rixen in Eichner/Spellbrink § 15 Rz 8 [mit Bezug auf § 3 Abs. 1 SGB II)

Hinsichtlich der Anzahl der Bewerbungen ist Folgendes festzustellen:

- ,,mindestens drei im Monat" (OVG Lüneburg FEVS 52, 185), drei bis zehn pro Monat (BVerwGE 98, 203)

-,,Die Festsetzung einer bestimmten Mindestanzahl ist problematisch (...) Jedenfalls muss die Anzahl konkret auf die individuelle Vermittlungschance abgestimmt sein" (VG Hannover v. 19.01.1999, info also 1999, S. 90 ff.).

- ,,Generalisierte Empfehlungen sind (...) ungeeignet"(DA 15.12)

- Unzumutbar ist eine starre Mindestzahl von 10 Bewerbungen
und damit den Hilfeempfänger zu verpflichten, aussichtslose Blindbewerbungen abzuschicken. Es sollte vielmehr ein Durchschnittswert vorgegeben werden (SG Berlin, Urt. v. 12.05.2006, - S 37 AS 11713/05 -). Es besteht im Rahmen einer ,,Kann"- Entscheidung ein Anspruch auf Zuschuss für Bewerbungskosten gem. § 16 Abs. 1 Satz 2 SGB II i. V. m. § 46 Abs. 1 SGB II in Höhe von bis zu 260 EUR jährlich. Aus 260 EUR jährlich an Mobilitätshilfen ergeben sich statistisch 4,3 Bewerbungen im Monat.


Weichen Inhalte aus EGV von denen im VA ab?
Zitat"Eine Eingliederungsvereinbarung darf durch einen Verwaltungsakt ersetzt werden, wenn...der die Eingliederungsvereinbarung ersetzende Verwaltungsakt denselben Inhalt aufweist wie die Eingliederungsvereinbarung..." (SG Koblenz vom 26.4.2010 - S 2 AS 411/10 ER).
Besteht Unklarheit über deine Erwerbsfähigkeit ?
Zitat...dann verstößt der Abschluss einer EGV mit einem HE mit zweifelhafter Erwerbsfähigkeit gegen den elementaren Leistungsgrundsatz gem. § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II? (HessLSG vom 17.10.2008 – L 7 AS 251/08 B ER).
Hat eine Potentialanalyse (Profiling) vor Abschluss einer EGV stattgefunden?
ZitatSoll die EGV eine individuelle Eingliederungsstrategie erfüllen, muss vor deren Abfassung eine Potentialanalyse vorausgehen (SG Leipzig vom 19.2.2007 – S 19 AS 392/06; SH Hamburg vom 8.5.2007 – S 12 AS 820/07 ER).
Blanko-Verpflichtung, um an unbestimmte Trainingsmaßnahmen oder Arbeitsgelegenheiten teilzunehmen?
ZitatEine Verpflichtung zur Unterzeichnung bloßer Blankoerklärungen besteht nicht, da zu unbestimmt (SG Braunschweig vom 15.12.2008 – S 19 AS 866/05 ER; SG Hamburg vom 8.5.2007 – S 12 AS 820/07 ER).
Besteht deine EGV größtenteils aus allgemeinen Textbausteinen?
Zitat...ist sie keine ausreichende Grundlage für eine Sanktion nach § 31 SGB II; dem HE werden keine auf sein Vermittlungsproblem abgestimmte Pflichten auferlegt (LSG BaWü vom 22.1.2007 – L 13 AS 4160/06 ER-B; LSG Berlin-Brandenburg vom 23.2.2007 – L 28 B 166/07 AS ER; LSG NRW vom 7.2.2008 – L 7 B 201/07 AS ER).
Möchte man dich zu Heilbehandlungen verpflichten?
ZitatWeder Heilbehandlungen, Sucht- oder Schuldnerberatung dürfen Bestandteil einer EGV sein, weil diese auf Freiwilligkeit basieren und in die Persönlichkeitssphäre des HE eingreifen (SG Braunschweig vom 11.9.2006 – S 21 AS 926/06 ER; Aufsuchen eines Psychiaters ist keine EGV-Pflicht; LSG Rheinland-Pfalz vom 5.7.2007 – L 9 ER 175/07 AS: Begutachtung zur Feststellung der Erwerbsfähigkeit nicht in EGV aufzunehmen).
Erreichbarkeit in der EGV?
ZitatNachdem mit § 7 Abs. 4a SGB II die orts- und zeitnahe Erreichbarkeit zur Leistungsvoraussetzung per Gesetzt definiert worden ist, muss sie in einer EGV nicht erneut geregelt werden. Es sei denn, dass Ausnahmen von der Erreichbarkeit festgehalten werden sollen.
Mitwirkungspflichten in der EGV?
ZitatNachdem mit § 60 – 62 SGB I die Mitwirkungspflichten per Gesetz definiert worden sind, müssen diese in einer EGV nicht erneut festgehalten werden.
Wie verhalten, nachdem Widerspruch eingelegt wurde?

Durch deinen Widerspruch hast du bereits berechtigte Zweifel an dem erlassenen Bescheid bekundet. Durch eine umfassende Novellierung des SGB II können nun aber auch Pflichtverletzungen aus einem VA heraus sanktioniert werden, was vor der Novellierung wegen der entsprechenden Rechtsprechung (Hessischen Landessozialgerichts vom 9.2.2007 – L 7 AS 288/06 ER; ebenso LSG NRW vom 14.8.2008 – L 19 B 116/08 AS) nicht ohne weiteres möglich war. Jetzt dafür umso mehr! Solange also nicht über deinen Widerspruch oder deine Klage entschieden wurde, bist du an diesen VA gebunden!

Hat man Dich per VA z.B. zu einer Trainingsmaßnahme zugewiesen musst du diese antreten, weil jetzt auch der Nichtantritt einer Maßnahme sanktioniert werden kann. Trotz allem gilt auch hier, dass eine Trainingsmaßnahme zumutbar (§ 10 SGB II), wirtschaftlich (§ 3 Abs. 1 Satz 4 SGB II), rechtmäßig (§§ 84 – 86 SGB III) und für dich sinnvoll (§ 33 SGB I) sein muss. Da dies aber akut an deiner Situation nichts ändern wird, ggf. aber im Klageverfahren gute Argumente liefert, hast du zumindest folgende Möglichkeit zur Gegenwehr:

- Unterschreibe beim Maßnahmenträger KEINES der vorgelegten Formulare, Verträge, Entbindungen, Hausordnung usw.

Meist werden die Maßnahmenträger dann schon von dir ablassen, weil sie ohne diese Verträge keine zusätzliche Handhabe gegen dich haben und du für sie wertlos bist. Du bist nämlich nicht verpflichtet, Unterschriften bei einem Maßnahmenträger (oder generell, da Vertragsfreiheit) zu leisten. Dies sieht auch die aktuelle Rechtsprechung so (vgl. SG Ulm Az.: S 11 AS 3464/09 ER). Die Entsprechende Entscheidung kann hier nachgelesen werden. ==> Zum Urteil

Lasse dir deine Rechte am Rande der Gesellschaft nicht durch eine zweifelhafte Gesetzgebung nehmen, die von inkompetenten Handlangern mit Allmachtsfantasien nach Gutdünken umgesetzt werden, sondern setze dich zur Wehr!

Ich wünsche dir viel Erfolg!

Paolo_Pinkel

Achtung:
Der Verfasser erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit seines Beitrags, er dient lediglich der Aufklärungs- und Entscheidungsfindung des Hilfesuchenden, ersetzt jedoch keine fachkundige Beratung durch einen Anwalt für Sozialrecht. Entscheidest du dich für die Umsetzung, trägst du das volle Risiko für dein Handeln. Alle gemachten Angaben sind für dich nachprüfbar, um dich von der Authentizität zu überzeugen.

Quellen:
Leitfaden zum Arbeitslosengeld II (2011)
SGB I - X
Fachliche Hinweise der BA
Sozialgerichtsbarkeit

Prüfbericht BMAS zum Thema EGV/VA
"Hartz-IV ist die arbeitsmarktpolitische Endlösung der Erwerbslosenfrage " - Ich
1. Hilfe bei:
==>Antrag
==>Meldetermin
==>EGV

Sunlight

Zitat2. Entscheidungen der Landessozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

2. 1 LSG Hessen, Urteil vom 13.05.2015 - L 6 AS 132/14 - Revision anhängig beim BSG unter dem Az. B 14 AS 26/15 R

Grundsicherung für Arbeitsuchende - Eingliederungsvereinbarung - unzureichende Festlegung der Leistungen für Bewerbungskosten

Zum Prüfungsmaßstab und zur Prüftiefe der Sanktionierung der Verletzung einer durch eine Eingliederungsvereinbarung auferlegten Bewerbungspflicht.

Eingliederungsvereinbarung muss Zusage zu Bewerbungskostenübernahme beinhalten, wenn das Jobcenter Bewerbungsbemühungen fordert.

Leitsatz ( Autor )
1. Wird in der Eingliederungsvereinbarung die Pflicht zu Bewerbungsbemühungen individuell durch eine festgelegte Anzahl nachzuweisender Bewerbungen bestimmt, so muss die Eingliederungsvereinbarung auch eine entsprechende Konkretisierung zur Kostenerstattung enthalten.

2. Die Rechtswidrigkeit einer wirksam auferlegten Pflicht aus der Eingliederungsvereinbarung stellt einen wichtigen Grund im Sinne von § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II dar.

3. Offen bleiben kann nach alledem, ob die Bedenken hinsichtlich der Verfassungswidrigkeit des Sanktionensystems durchgreifen (dazu Beschluss des SG Gotha vom 26. Mai 2015 – S 15 AS 5157/14; vgl. auch Beschluss des Senats vom 8. September 2014 – L 6 AS 74/14 B ER).

https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/export.php?modul=esgb&id=179617&exportformat=PDF


Zitat3. Entscheidungen der Sozialgerichte zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II)

   3. 1 Sozialgericht Dresden, Beschluss vom 15. Juli 2015 (Az.: S 6 AS 3172/15 ER):

   Leitsätze Dr. Manfred Hammel
   1. Wenn ein vom Jobcenter nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II erlassener Eingliederungsverwaltungsakt Festsetzungen trifft, die über die Inhalte der von der Antragstellerin nicht akzeptierten Eingliederungsvereinbarung (§ 15 Abs. 1 Satz 1 SGB II) hinausgehen, dann hat dieser Verwaltungsakt als rechtswidrig aufgefasst zu werden.

   2. Erfolgt seitens des Jobcenters lediglich die Einräumung einer zweitägigen Bedenkzeit in Bezug auf die Gegenzeichnung einer Eingliederungsvereinbarung (EGV), dann genügt dies nicht dem Anspruch des Gesetzgebers (,,Fördern und Fordern"), durch den Abschluss einer EGV die Akzeptanz der leistungsberechtigten Person zur Durchführung aktiver Eingliederungsmaßnahmen zu fördern.

   3. Entsprechendes gilt auch aus dem Ansatz heraus, wenn eine Antragstellerin auf die Benutzung öffentlichen Verkehrsmittel angewiesen ist, weshalb Aspekte wie Pendelzeiten und die Entstehung von Fahrkosten stets vorab zu klären sind.


Tacheles-Sozialhilfe.de Rechtsprechungsticker KW 33/2015


ZitatLeitsätze Dr. Manfred Hammel

   Die Rechtswidrigkeit eines eine Eingliederungsvereinbarung entsprechend § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II ersetzenden Verwaltungsakts ergibt sich bereits aus der Tatsache, dass das JobCenter entgegen der aus § 15 Abs. 1 Satz 3 SGB II folgenden gesetzlichen Vorgabe ohne Ermessenserwägungen eine Geltungsdauer dieser Verfügung von über neuen Monaten angeordnet hat. ....

   Sozialgericht Chemnitz, Beschluss vom 29. April 2014 Az.: S 29 AS 1636/14 ER




 
ZitatErsetzung der Eingliederungsvereinbarung durch Verwaltungsakt - Aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen einen eine Eingliederungsvereinbarung ersetzenden Verwaltungsakt

   Leitsätze (Autor)

   Der Eingliederungsverwaltungsakt ist bereits aus formalen Gründen rechtswidrig, denn die Rechtswidrigkeit ergibt sich daraus, dass das Jobcenter (JC) den Antragsteller vor Erlass des Bescheides nicht ordnungsgemäß angehört hatte. Wenn in einem Eingliederungsverwaltungsakt eine Verpflichtung des Beteiligten enthalten ist, wie vorliegend, ist gem. § 24 SGB X eine Anhörung erforderlich. Die Anhörung kann zwar auch mündlich erfolgen, den Beteiligten ist jedoch Gelegenheit zu geben, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Hierbei darf eine Äußerungsfrist in der Regel zwei Wochen nicht unterschreiten.

   SG München, Beschluss vom 19.05.2014 - S 54 AS 1155/14 ER



 
ZitatZur Rechtmäßigkeit eines Eingliederungsverwaltungsaktes, wenn dieser nur für vier Monate gelten soll - Bewerbungskosten

   Leitsätze(Autor)

   Der Eingliederungsverwaltungsakt erweist sich als rechtswidrig, weil das Jobcenter entgegen der gesetzlichen Vorgabe eine Geltungsdauer von nur knapp vier Monaten angeordnet hat, ohne hierbei das erforderliche Ermessen auszuüben (vgl. BSG, Urteil vom 14.02.2013 -B 14 AS 195/11 R ).

   Die Rechtswidrigkeit des Bescheides folgt nicht schon aus der Kostenerstattungsbestimmung für die zu erbringenden Unterstützungsleistungen( Bewerbungskosten). Das LSG – Niedersachsen-Bremen hat in Eilverfahren wiederholt entschieden, dass die Eingliederungsvereinbarung oder ein Ersetzungsbescheid bei verbindlich vereinbarten oder festgelegten schriftlichen Bewerbungen auch Bestimmungen über die zu erbringenden Leistungen für entstehende Bewerbungskosten enthalten muss, welche über die bereits vorhandene gesetzliche Regelung hinausgehen und die Leistungen individuell und eindeutig unter Benennung der für die Gewährung maßgeblichen Gründe festlegen (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschlüsse vom 04.04.2012 – L 15 AS 77/12 B ER -, vom 01.08.2012 – L 15 AS 235/12 B ER – und vom 21.03.2013 – L 15 AS 307/12 B ER -). ....

   SG Bremen, Gerichtsbescheid vom 09.05.2014 – S 28 AS 1366/13



 
ZitatAnordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Eingliederungsverwaltungsakt

   Leitsätze (Autor)
   Das Gericht hat hier ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Eingliederungsverwaltungsaktes, denn die darin der Antragstellerin auferlegten Pflichten, deren Verstoß immerhin eine Minderung des Arbeitslosengeldes II zur Folge haben sollen, sind nicht hinreichend bestimmt beschrieben. Unter Nummer 2. des Eingliederungsverwaltungsaktes hinsichtlich der Bemühungen der Antragstellerin finden sich folgende Ausführungen: ....

   SG Köln, Beschluss vom 16.06.2014 - S 6 AS 2024/14 ER



ZitatEine Eingliederungsvereinbarung nach § 37 Abs. 2 SGB III oder § 15 SGB II ist ein öffentlich-rechtlicher Vertrag zwischen der Agentur für Arbeit und einem Arbeitslosen. In der Eingliederungsvereinbarung soll vereinbart werden, welche Ermessensleistungen die Agentur für Arbeit erbringt, um den Arbeitslosen zu ermöglichen, eine Beschäftigung aufzunehmen, und ihn damit in das Arbeitsleben einzugliedern, und welche Eigenbemühungen der Arbeitslose zu erbringen hat, um seine Arbeitslosigkeit zu beenden.
Erbringt der Arbeitslose die verbindlich vereinbarten Eigenbemühungen nicht, so führt dies zu einer zeitweisen Sperre des Arbeitslosengeldes oder Minderung des Arbeitslosengeldes II.


Ist für die Erbringung von Eingliederungsleistungen nicht die Agentur für Arbeit, sondern ein kommunaler Träger zuständig, ist dieser anstelle der Agentur Partei der Eingliederungsvereinbarung.
Eingliederungsvereinbarungen werden in Deutschland vor allem nach § 15 SGB II im Bereich der Eingliederung der Bezieher von Arbeitslosengeld II in den Arbeitsmarkt eingesetzt. Sie werden dort zwischen der Agentur für Arbeit oder einem zugelassenen kommunalen Träger (Optionskommune) und der leistungsberechtigten Person als öffentlich-rechtlicher Vertrag geschlossen. In diesem Bereich ist der Abschluss der Eingliederungsvereinbarung in der Regel vorgeschrieben. Im Unterschied zur früheren Rechtslage bleibt seit dem 1. April 2011 die Weigerung einer leistungsberechtigten Person, eine Eingliederungsvereinbarung abzuschließen, jedoch sanktionslos. Allerdings kann die Behörde anstelle der Eingliederungsvereinbarung die Eingliederung auch einseitig durch Erlass eines (dann aber anfechtbaren) Verwaltungsakts regeln.

In einer Eingliederungsvereinbarung werden die Pflichten und Leistungen beider Seiten bei der Arbeitssuche, das Ziel und die verfolgte Strategie festgelegt. Hat sich die Behörde in der Eingliederungsvereinbarung verpflichtet, eine bestimmte Leistungen zur Eingliederung in Arbeit, deren Erbringung in ihrem Ermessen steht, zu gewähren, so entsteht daraus ein Rechtsanspruch auf die Leistung. Das kann zum Beispiel eine Schuldnerberatung sein, wenn diese für die Eingliederung in das Erwerbsleben erforderlich ist (§ 16a SGB II). Weitere Inhalte können Zwischenziele und Maßnahmen sein sowie notwendige rechtliche Belehrungen. Eine genauere Definition über den Inhalt einer Eingliederungsvereinbarung enthält das Urteil des SG Hamburg vom 23. April 2007 - S 12 AS 820/07 ER.

Nach ganz überwiegender Auffassung ist die Eingliederungsvereinbarung ein öffentlich-rechtlicher Vertrag, für den die allgemeinen Bestimmungen nach dem § 53 SGB X und des BGB gelten. Der § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II ist keine Rechtsgrundlage dafür, eine bereits abgeschlossene und weiterhin geltende Eingliederungsvereinbarung durch einen Verwaltungsakt zu ergänzen, zu ändern oder zu ersetzen.[5]

Da die Eingliederungsvereinbarung kein einseitiger Verwaltungsakt ist, kann gegen sie kein Widerspruch erhoben werden. Sofern sie nicht sittenwidrig ist und ihr Zustandekommen nicht erzwungen wurde, ist sie rechtsverbindlich. Eine Eingliederungsvereinbarung ist nach § 58 SGB X nichtig, wenn sich die Nichtigkeit aus der entsprechenden Anwendung von Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches ergibt.

Der Vertrag ist ferner nichtig, wenn ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nichtig oder materiell rechtswidrig wäre oder wenn sich die Behörde eine nach § 55 SGB X unzulässige Gegenleistung versprechen ließe.

Da es sich um einen Vertrag handelt, hat die leistungsberechtigte Person die Möglichkeit, einen Gegenvorschlag/Änderungsvorschlag zur unterbreiteten Eingliederungsvereinbarung zu machen. Zu diesem Zwecke kann sie sich auch eine Bedenkzeit erbitten. Ein eigener Vorschlag kann nicht als Weigerung verstanden werden.

Bei Weigerung des Hilfebedürftigen, eine Eingliederungsvereinbarung abzuschließen, liegt kein Sanktions-Tatbestand vor.

Bei Nichtzustandekommen einer Eingliederungsvereinbarung, nach einer hinreichenden Verhandlungsphase, sollen nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II die zu bestimmenden Rechte und Pflichten durch einen Verwaltungsakt verbindlich geregelt werden. Der Verwaltungsakt kann von seinem Adressaten mit Widerspruch und Klage (Anfechtungsklage) vor dem Sozialgericht angefochten werden. Aufgrund der relativ kurzen Laufzeit des Verwaltungsakts einerseits und der relativ langen Verfahrensdauer bei den Sozialgerichten andererseits ist in der Praxis für einen effektiven Rechtsschutz auch ein Eilverfahren (Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung) erforderlich.
Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Beschluss vom 12.01.2012, - L 5 AS 2097/11 B ER
§ 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II stellt keine Rechtsgrundlage dafür dar, eine bereits abgeschlossene und weiterhin geltende Eingliederungsvereinbarung durch einen Verwaltungsakt zu ergänzen, zu ändern oder zu ersetzen.

Nach § 15 Abs. 1 Satz 6 SGB II sollen die in einer Eingliederungsvereinbarung zu treffenden Regelungen durch Verwaltungsakt erfolgen, wenn eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande kommt. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist das Nichtzustandekommen einer Eingliederungsvereinbarung zwar keine Voraussetzung für einen ersetzenden Verwaltungsakt. Vielmehr steht dem Grundsicherungsträger diese Alternative schon dann zu, wenn sie ihm als der besser geeignete Weg erscheint (Bundessozialgericht, Urteil vom 22. September 2009, B 4 AS 13/09 R).
Das bedeutet jedoch nicht, dass die Behörde eine bereits abgeschlossene und weiterhin geltende Eingliederungsvereinbarung durch einen Verwaltungsakt ergänzen, ändern oder ersetzen darf, wenn sie dies für erforderlich hält. Bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift wird deutlich, dass sie nur anwendbar ist, wenn keine Eingliederungsvereinbarung besteht.

Das ergibt sich auch aus der Gesetzesbegründung. Danach konkretisiert die Eingliederungsvereinbarung das Sozialrechtsverhältnis zwischen dem Erwerbsfähigen und der Agentur für Arbeit. Sie enthält verbindliche Aussagen zum Fördern und Fordern des Erwerbsfähigen, insbesondere zu den abgesprochenen Leistungen zur Eingliederung in Arbeit und den Mindestanforderungen an die eigenen Bemühungen um berufliche Eingliederung nach Art und Umfang. Die Eingliederungsvereinbarung soll für sechs Monate gelten. Gelingt die Eingliederung in diesem Zeitraum nicht, ist eine neue Vereinbarung zu schließen, dabei sind die gewonnenen Erfahrungen zu berücksichtigen.

Durch die Befristung sollen eine intensive Betreuung und eine zeitnahe kritische Überprüfung der Eignung der für die berufliche Eingliederung eingesetzten Mittel sichergestellt werden. Kommt eine Eingliederungsvereinbarung nicht zustande, können die vorgesehenen Festlegungen auch durch einen Verwaltungsakt getroffen werden (BT-Drucksache 15/1516, S. 54).
Der Gesetzgeber ist also davon ausgegangen, dass eine einmal abgeschlossene Eingliederungsvereinbarung grundsätzlich bis zum Ablauf der Befristung gilt. Da es sich zudem bei einer Eingliederungsvereinbarung um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag im Sinne des § 53 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) handelt (Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 26. Mai 2011, L 3 AL 120/09; Urteil vom 19. Juni 2008, L 3 AS 39/07; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 19. Juli 2007, L 7 AS 689/07; Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 17. März 2006, L 7 AS 118/05; Hessisches Landessozialgericht, Beschluss vom 17. Oktober 2008, L 7 AS 251/08 B ER, L 7 AS 252/08 B ER, L 7 AS 253/08 B ER; Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21. Oktober 2009, L 12 AS 12/09), unterliegt sie gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II den Vorgaben der §§ 53 bis 62 SGB X.

Die gesetzlichen Regelungen für eine nachträgliche Vertragsanpassung und eine Kündigung ergeben sich aus § 59 SGB X. Haben sich danach die Verhältnisse, die für die Festsetzung des Vertragsinhalts maßgebend gewesen sind, seit Abschluss des Vertrages so wesentlich geändert, dass einer Vertragspartei das Festhalten an der ursprünglichen vertraglichen Regelung nicht zuzumuten ist, so kann diese Vertragspartei eine Anpassung des Vertragsinhalts an die geänderten Verhältnisse verlangen oder, sofern eine Anpassung nicht möglich oder einer Vertragspartei nicht zuzumuten ist, den Vertrag schriftlich kündigen.

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Pet 4-17-11-81503-036141 Arbeitslosengeld II
Der Deutsche Bundestag hat die Petition am 27.06.2013 abschließend beraten und beschlossen:
Das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden konnte.
Begründung
Der Petent fordert den Deutschen Bundestag auf, den Begriff der "Eigenbemühungen" im Zweiten Buch Sozialgesetzbuch klar zu definieren. Die Auslegung sei in Praxis je nach Behörde oder Sachbearbeiter unterschiedlich.
Die Eingabe wurde als öffentliche Petition auf der Internetseite des Petitionsausschusses eingestellt. Sie wurde von 254 Mitzeichnern unterstützt. Außerdem gingen 34 Diskussionsbeiträge ein.
Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) wurde zur Abgabe einer Stellungnahme aufgefordert. Diese enthält im Wesentlichen die Wiedergabe der gegenwärtigen Rechtslage. Nach §§ 2 und 15 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) sind erwerbsfähige Leistungsberechtigte verpflichtet, durch Eigenbemühungen ihre Hilfebedürftigkeit zu beenden oder zu verringern. Das führt insbesondere zur Obliegenheit, sich eine Arbeit zu suchen. Vermittlungsvorschläge, die den Arbeitssuchenden unterbreitet werden, seien nicht den Eigenbemühungen zuzurechnen, da es sich um eine Leistung der Behörde handle (§§ 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 35 SGB III).
Die parlamentarische Prüfung führt unter Berücksichtigung der zu der Eingabe eingeholten Stellungnahme des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales zu folgenden Ergebnissen:
Eine Notwendigkeit zur gesetzlichen Konkretisierung des Begriffs Eigenbemühungen sieht der Petitionsausschuss nicht. Es handelt sich dabei um einen für die Rechtsordnung typischen unbestimmten Rechtsbegriff, der ausgelegt werden muss.

Hier bietet vor allem die Eingliederungsvereinbarung nach § 15 SGB II die Möglichkeit zu einer Konkretisierung von Art, Umfang und Inhalt der Eigenbemühungen, die der erwerbsfähige Leistungsberechtigte zu erbringen hat. Dabei richtet sich die Intensität nach den Umständen des Einzelfalles. Die Persönlichkeit, die physische und psychische Konstitution, die berufliche Qualifikation, die Dauer der Arbeitslosigkeit und die Eingliederungschancen können hier wie auch weitere äußere Umstände Berücksichtigung finden. Ausgehend von diesen Faktoren sowie vom Zweck der Eigenbemühungen, die zur Beendigung oder Verringerung der Hilfebedürftigkeit führen sollen, muss die Obliegenheitserfüllung nach Art und Umfang gewisse Mindestaussichten auf Erfolg haben. Dabei ist auch der Aufwand der jeweils möglichen Eigenbemühungen zu berücksichtigen.

Anhand der Ausführungen zu den erforderlichen Eigenbemühungen in der Eingliederungsvereinbarung können die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten im konkreten Einzelfall erkennen, was von ihnen genau erwartet wird. Wenn auch die Entgegennahme von Vermittlungsvorschlägen durch die Arbeitsagentur noch keine Eigenbemühung darstellen kann, so sind jedenfalls sich hieraus ergebende Bewerbungen, Vorsprachen und Vorstellungsgespräche genauso dem Arbeitssuchenden obliegende und bei der Erfüllung der Eingliederungsvereinbarung zu beachtende Eigenbemühungen, wie die weiteren denkbaren Formen von Eigenbemühungen. Hierzu könnte die Nutzung der Stelleninformationsdienste der Bundesagentur für Arbeit, die Auswertung von Stellenanzeigen in Tageszeitungenund im Internet, der Besuch von (ggf. fachspezifischen) Arbeitsplatzbörsen, Initiativbewerbungen sowie die Vorsprache bei Zeitarbeitsunternehmen und privaten Arbeitsvermittlern gehören.
Gesetzlich festgelegte starre Definitionen, Fristen und Regeln werden dagegen den individuellen Umständen nicht gerecht und können zu Über- aber auch Unterforderung des Leistungsberechtigten führen. Der Petitionsausschuss empfiehlt deshalb, das Petitionsverfahren abzuschließen, weil dem Anliegen nicht entsprochen werden konnte.

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,,Wenn auch die Entgegennahme von Vermittlungsvorschlägen durch die Agentur für Arbeit noch keine Eigenbemühung darstellen kann, so sind jedenfalls sich hieraus ergebende Bewerbungen, Vorsprachen und Vorstellungsgespräche genauso dem Arbeitssuchenden obliegende und bei der Erfüllung der Eingliederungsvereinbarung zu beachtende Eigenbemühungen, wie die weiteren denkbaren Formen von Eigenbemühungen."

Weitere Ausführungen....

Der Zusatz-Passus "sofern sie diese zuvor beantragt haben." stellt eine Leistungseinschränkung und keine konkrete Leistungsgewährung dar.


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So das LSG NRW.L 7 AS 2193_12 B ER.L 7 AS 2194_12 B.v.20.12.2012 -
VA rechtwidrig, wenn keine Kostenerstattungsregelung getroffen ist.
Gleichlautend LSG NRW Beschluss - 27.06.2012 - L 19 AS 923/12 B
"Ob die insoweit getroffene Regelung der Übernahme der Bewerbungskosten im Eingliederungsverwaltungsakt hinreichend konkret ist, ist fraglich (vgl. dazu auch Beschluss des Senats vom 21.06.2012 - L 19 AS 1045/12 B ER, L 19 AS 1046/12). In der Literatur (Berlit, in LPK-SGB II, 4. Aufl. 2011, § 15 Rn 24) sowie in der Rechtsprechung
(LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 04.04.2012 - L 15 AS 77/12 B ER = juris Rn 5 - zu Bewerbungskosten) wird die Auffassung vertreten, dass in dem Eingliederungsverwaltungsakt genau bestimmt sei muss, welche Leistungen die erwerbsfähige leistungsberechtigte Person zur Eingliederung in Arbeit erhält. Die
Leistungen sind danach individuell und eindeutig unter Benennung der für die Gewährung maßgeblichen Gründe festzulegen, wobei gefordert wird, dass dies in der Eingliederungsvereinbarung bzw. dem Eingliederungsverwaltungsakt genau bestimmt sein muss. Die bloße Nennung der Fördermöglichkeit - Erstattung
von Bewerbungskosten nach Maßgabe des § 16 Abs. 1 SGB II iV.m. § 45 SGB III (Anmerkung a.F. heute § 44 SGB III) - wird nach dieser Rechtsauffassung nicht als ausreichend angesehen (so ausdrücklich LSG Niedersachsen-Bremen Beschluss vom 04.04.2012 - L 15 AS 77/12 B ER = juris Rn 5 zu einer wortgleichen Klausel; vgl. zu diese Entscheidung auch den Beschluss des Senats vom 21.06.2012 - L 19 AS 1045/12 B ER, L 19 AS 1046/12)."
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Das SG Berlin mit Beschluss S 173 AS 16566/14 ER vom 20.08.2014 konkretisiert die Unbestimmtheit folgendermassen:
"Unter Berücksichtigung der vorgenannten Maßstäbe war dem Eilantrag stattzugeben. da das private
Suspensiv-Interesse überwiegt.[..]Die Regelung zu den Bewerbungskosten erfüllen diese Anforderungen nicht. Sie ist nicht hinreichend bestimmt.
Es wurde folgende Regelung getroffen:
"Das Jobcenter unterstützt Ihre Bewerbungsaktivitäten durch Übernahme von angemessenen nachgewiesenen Kosten für schriftliche (keine Email) Bewerbungen nach Maßgabe des § 16 Abs. 1 SGB ll i.V.m. § 44 5GB III, sofern Sie diese zuvor beantragt haben."

Es wird bereits nicht hinreichend deutlich. ob der Antragsgegner eine verbindliche Zusage betreffend die Übernahme angemessener nachgewiesener Bewerbungskosten gibt und der Antragsteller insoweit einen Anspruch erwirbt oder ob der Antragsgegner sich eine Ermessensentscheidung vorbehält. Diese Unklarheit ergibt sich aus dem Verweis auf § 16 Abs. 1 SGB II i.V.m. § 44 SGB III. Nach §§ 16 Abs. 1 Satz 2 SGB ll, 44 SGB III kann der Leistungsträger nach dem SGB ll Leistungen aus dem Vermittlungsbudget bei Anbahnung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung erbringen, wenn dies für die berufliche Eingliederung notwedig ist. Die Förderung umfasst die Übernahme der angemessenen Kosten.
Dem Leistungsträger steht ein Entschliessungs- und Auswahlermessen zu (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 08.11.2013 - L 19 AS 1186/13 B). § 44 SGB III erlaubt die Festlegung von Pauschalen.
Soweit der Verweis auf die genannten Vorschriften wegen der Möglichkeit einer Pauschale vorgenommen wurde, macht das nur Sinn, wenn tatsächlich eine pauschale Übernahme von Bewerbungskosten beabsichtigt ist. Dann wäre die Regelung in dem Eingliederungsverwaltungsakt deshalb unbestimmt, weil die pauschalen Beträge gerade nicht genannt werden. (Anmerkung bspw. 5,- pro schrifl. Bewerbung und 1,50 bis 2,50 je Emailbewerbung)

Zumal § 44 SGB III keine Regelung enthält, die die Übernahme von Bewerbungskosten näher regeln, kann die Unterstützung durch den Antragsgegner "nach Maßgabe" der Vorschriften - sofern es sich nicht um einen sinnlosen Verweis handelt - durch den Leistungsberechtigten so verstanden werden, dass es bei dem gesetzlich eingeräumten Ermessen bleiben soll.
Eine bloße Ermessensentscheidung wäre jedoch nicht ausreichend, da der Leistungsberechtigte insoweit ein unzumutbares Kostenrisiko tragen würde.
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(vgl. i.E. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 17.06.2013 - L 7 AS 332/13 B ER)
Auch die Wendung "sofern Sie diese zuvor beantragt haben" ist jedenfalls nicht hinreichend bestimmt. Es ist unklar, welchen Bezugspunkt "zuvor" hat: die Bewerbungsaktivität, die Entstehung der Kosten oder die Bewilligungsentscheidung durch den Antragsgegner (nach Entstehung der Kosten). Zwar erscheint letzteres am Sinnvollsten, freilich wäre das Wort "zuvor" dann unnötig (vgl LSG Hessen, Beschluss vom 16.01.2014 - L 9 AS 846/13 ER).
Außerdem wird der Begriff "Übernahme" anders als "Erstattung" im SGB III nicht verwendet, wenn Kosten bereits verauslagt wurden (vgl. § 173 SGB III; vgl. auch Bieback, in Gagel, SGB II /SGB III, Stand: 53. Ergänzungslieferung 2014, § 44 SGB III Rn. 45).
Es spricht ferner Einiges dafür, dass es nicht genügt. die Bewerbungskosten durch das Adjektiv "angemessen" zu kennzeichnen. Es erscheint zumutbar. zumindest die Vorstellungen des Antragsgegners über die übliche Gestaltung bzw. den Umfang einer Bewerbung und über die üblichen Kosten bezogen auf die Person des Leistungsberechtigten näher darzulegen. um das Risiko des Leistungsberechtigten, zu hohe Kosten aufzuwenden, gering zu hatten (a.A. etwa LSG 21.05.2013 - L 7 AS 112/13 B ER: eine
weitere Einschränkung der Kostenübernahmeregelung im Vorfeld würde mögliche Ansprüche des Antragstellers zu dessen Nachteil eingrenzen).
Die Rechtswidrigkeit der Regelung führt zur Gesamtrechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes. Da dieser nicht teilbar ist."
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Sozialgerichts Bremen, Beschluss vom 05.03.2012 – Az.: S 28 AS 266/12 ER
- LSG Niedersachsen – Bremen, Beschluss vom 04.04.2012 – Az.: L 15 AS 77/12 B ER
"Das Jobcenter unterstützt Ihre Bewerbungsaktivitäten durch Übernahme von angemessenen und nachgewiesenen Kosten für schriftliche Bewerbungen nach Maßgabe des § 16 Abs. 1 SGB II i. V. m. § 45 SGB II, sofern Sie diese zuvor beantragen (Erstattungen erfolgen nur nach Vorlage von Originalquittungen)."
Mit dieser Regelung hat der Antragsgegner keine Bestimmung im Sinne des § 15 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGB II über die Erstattung von Bewerbungskosten getroffen. Abgesehen davon, dass eine unzutreffende Rechtsgrundlage genannt wird (einschlägig wäre § 16 Abs. 1 SGB II i. V. m. § 45 SGB III), lässt die gewählte Formulierung unter Verwendung des unbestimmten Rechtsbegriffs der Angemessenheit völlig offen, ob und ggf. in welcher Höhe die Kosten für schriftliche Bewerbungen erstattet werden. Letztlich wird lediglich eine Prüfung des zu stellenden Kostenerstattungsantrags anhand der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen in Aussicht gestellt. Selbst wenn diese Bestimmungen zutreffend benannt worden wären, wäre der Adressat des Verwaltungsakts nicht in die Lage versetzt worden, die Voraussetzungen und die Höhe des ihm zustehenden Anspruchs festzustellen. Denn § 45 SGB III spricht lediglich von der Erstattung angemessener Kosten, einer erforderlichen Entscheidung des Leistungsträgers über den Umfang der zu erbringenden Leistungen und die Möglichkeit der Festlegung von Pauschalen. Der Antragsteller ist durch die fragliche Regelung auch beschwert, da sie ihm die Verpflichtung zur vorherigen 4, 7 Beantragung der Kostenerstattung auferlegt und sie zudem in Verbindung mit den weiteren Regelungen dazu führt, dass der Antragsteller die erforderlichen Eigenbemühungen mit entsprechendem Kostenrisiko durchzuführen hat.
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Sowie das LSG Hessen vom 16. Januar 2014 - Az. L 9 AS 846/13 B ER:
"Der Eingliederungsverwaltungsakt wird aber den gesetzlichen Anforderungen nicht gerecht.
Die Regelung unter Nr. 1 des Bescheides vom 18. September 2013, wonach die Übernahme von Bewerbungskosten eine vorherige Antragstellung voraussetzt, ist nicht eindeutig und damit nicht hinreichend bestimmt im Sinne des § 33 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Der Senat hat bereits mit Beschluss vom 30. Juli 2013 (s.o.) die Regelung eines Eingliederungsverwaltungsaktes, wonach die Kosten für schriftliche Bewerbungen "zuvor" zu beantragen sind, als nicht hinreichend bestimmt angesehen. Der Senat hat in dem Beschluss ausgeführt:
...
Die Formulierung kann zum einen dahingehend verstanden werden, dass die Kosten für schriftliche Bewerbungen nur erstattungsfähig sind, wenn ein entsprechender Antrag
vor dem erstmaligen Entstehen von Ausgaben gestellt wurde mit der Folge, dass die Erstattung verauslagter Kosten (Bewerbungsmappen, Portokosten) insgesamt ausscheidet.
Der Wortlaut der Bestimmung kann aber auch so verstanden werden, dass ein Antrag auf Erstattung der Kosten jedenfalls vor Erstellung und Absendung der
Bewerbungsunterlagen zu erfolgen hat. Dagegen dürfte die Regelung nicht so verstanden werden können, dass die Erstattung von Kosten lediglich von einem vorher gestellten
Antrag abhängig ist. Denn dann hätte es des Wortes "zuvor" in der Bestimmung nicht bedurft.
Die Regelung unter Nr. 1 des Bescheides vom 12. Juni 2013 ist daher schon nicht bestimmt genug.
Im Übrigen ist es nicht nachvollziehbar, dass der Antragsteller die Kosten jedenfalls für die Anzahl an Bewerbungen, zu der er nach dem Bescheid verpflichtet ist, "zuvor" zu
beantragen hat. Eine solche Verpflichtung erscheint ungeachtet ihrer Rechtmäßigkeit auch nicht sinnvoll, da die vorherige Beantragung der Kostenerstattung und die
Bescheidung durch den Antragsgegner zu zeitlichen Verzögerungen im Bewerbungsverfahren führt und daher häufig die Erfolglosigkeit solcher Bewerbungsbemühungen zur Folge haben wird."


Als Fazit kann daher festgehalten werden:

Die Worte "angemessen", zuvor beantragt" können entfernt werden, bzw. der ganze Passus durch einsetzen einer konkreten Erstattungsregelung.
Als Pauschale könnte festgelegt werden 5,00 Euro für schriftliche Bewerbungen und 1,50 bis 2,50 Euro für Email-Bewerbungen.
Ausserdem für die Antwortbögen bei Vermittlungsvorschlägen je 0,85 Euro, zusammengesetzt aus 0,70 Euro Porto und 0,15 Euro für den Briefumschlag.
Des Weiteren, wenn ein Bewerbungsanschreiben verlangt wird zur Vorlage, dann wären 0,50 Euro gem. JVEG, GKV 9000 angemessen je Seitenkopie, denn die Nachweiskosten zur Bewerbung sind nicht Teil der Bewerbungskostenerstattung, sondern fallen zusätzlich an.

dagobert

Zitat von: Sunlight am 19:31:43 Di. 01.März 2016Ausserdem für die Antwortbögen bei Vermittlungsvorschlägen je 0,75 Euro, zusammengesetzt aus 0,60 Euro Porto und 0,15 Euro für den Briefumschlag.
DIE Info ist aber nicht mehr ganz aktuell, oder?  ;)
"Sie haben die unglaubwürdige Kühnheit, sich mit Deutschland zu verwechseln! Wo doch vielleicht der Augenblick nicht fern ist, da dem deutschen Volke das Letzte daran gelegen sein wird, nicht mit ihnen verwechselt zu werden."
Thomas Mann, 1936

Sunlight

 :) Habe es jetzt eingezogen, muss es noch überarbeiten! Bei dem Porto wird man wahrscheinlich
nochmal anpassen müssen.

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